AEUV Art 45 ; EGV 883/2004 Art 4 ; EGV 883/2004 Art 7 ; EGV 883/2004 Art 67 ; EUV 492/2011 Art 7 Abs 2 ; EGV 883/2004 Art 3 Abs 1 Buchst j ; EGV 883/2004 Art 1 Buchst z
Klage der Kommission gegen Italien, eingereicht am 26.09.2024, mit dem Antrag,
- festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch, dass sie in das Decreto legislativo Nr. 230 vom 29. Dezember 2021 "Istituzione dell'assegno unico e universale per figli a carico" (Einführung der einheitlichen, allgemeinen Beihilfe für unterhaltsberechtigte Kinder) das Erfordernis des Wohnsitzes eingeführt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 45 AEUV, Art. 4, 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßen hat;
- der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.
Klagegründe und wesentliche Argumente
Die Kommission hat am 26. September 2024 den Gerichtshof angerufen und beantragt, festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch, dass sie in das Decreto legislativo Nr. 230 vom 29. Dezember 2021 "Istituzione dell'assegno unico e universale per figli a carico" (Einführung einer einheitlichen, allgemeinen Beihilfe für unterhaltsberechtigte Kinder) (im Folgenden: einheitliche Beihilfe) das Erfordernis des Wohnsitzes eingeführt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 45 AEUV, Art. 4, 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 verstoßen hat.
Sie macht geltend, dass die einheitliche Beihilfe eine Familienleistung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. j in Verbindung mit Art. 1 Buchst. z der Verordnung Nr. 883/2004 und gleichzeitig auch eine steuerliche Vergünstigung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 darstelle. Da sie in den Geltungsbereich der genannten Verordnungen falle, müsse die einheitliche Beihilfe innerhalb der Union im Sinne der Art. 7 und 67 der Verordnung Nr. 883/2004 "ausgeführt" und im Sinne von Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 492/2011 ohne Diskriminierung gewährt werden können. Die letztgenannten Vorschriften stellten nämlich beide eine Ausprägung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gemäß Art. 45 AEUV (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) im Bereich der Beschäftigungsbedingungen dar.
Die Gewährung der einheitlichen Beihilfe in Italien setze jedoch einen Wohnsitz in Italien voraus. Bei Personen, die in Italien Einkommen erzielten, aber ihren Wohnsitz nicht oder nicht seit mindestens zwei Jahren in Italien hätten (oder keinen Arbeitsvertrag von einer Dauer von mindestens sechs Monaten hätten) oder im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und d des Decreto legislativo Nr. 230/2021 ihren Wohnsitz in Italien hätten, ohne dass ihre Kinder dort ihren Wohnsitz hätten, verhindere eine solche Voraussetzung des Wohnsitzes die "Ausfuhr" der einheitlichen Beihilfe. Sie stelle insbesondere hinsichtlich der sozialen Vergünstigungen gleichzeitig auch eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar und sei daher nur zulässig, wenn mit ihr ein objektiv legitimes Ziel verfolgt werde und sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel geeignet und verhältnismäßig sei, was die italienischen Behörden nachzuweisen hätten, aber nicht getan hätten.