EUV 952/2013 Art 42 Abs 2 ; EUGrdRCh Art 17 Abs 1 ; EUV 952/2013 Art 42 Abs 1 ; EUGrdRCh Art 49 Abs 3 ; EURL 42/2014 Art 2 Nr 4
Vorabentscheidungsersuchen des Rayonen sad Svilengrad (Bulgarien), eingereicht am 23.11.2022, zu folgenden Fragen:
1. Ist Art. 42 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, der abschließend die Arten von Verwaltungssanktionen nennt, die bei Zuwiderhandlungen gegen die zollrechtlichen Vorschriften verhängt werden können, in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die des Art. 233 Abs. 6 des Zakon za mitnizite (Zollgesetz) unzulässig ist, die als zusätzliche Verwaltungssanktion die Einziehung (Entziehung des Eigentums zugunsten des Staates) des Gegenstands der Zuwiderhandlung vorsieht? Ist die Einziehung des Gegenstands der Zuwiderhandlung in den Fällen zulässig, in denen der eingezogene Vermögensgegenstand einer anderen Person als dem Zuwiderhandelnden gehört?
2. Ist Art. 42 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 in Verbindung mit Art. 49 Abs. 3 der Charta dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die des Art. 233 Abs. 6 des Zakon za mitnitsite, die neben der Sanktion "Geldbuße" als zusätzliche Sanktion die Einziehung (Entziehung des Eigentums zugunsten des Staates) des Gegenstands der Zuwiderhandlung vorsieht, in folgenden Fällen als unverhältnismäßiger sanktionierender Eingriff in das Eigentumsrecht, der außer Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Ziel steht, unzulässig ist: Allgemein in den Fällen, in denen der eingezogene Vermögensgegenstand, der Gegenstand der Zuwiderhandlung war, dem Zuwiderhandelnden gehört, und in den Fällen, in denen er einem Dritten gehört, der nicht der Zuwiderhandelnde ist, und insbesondere in den Fällen, in denen der Täter die Zuwiderhandlung nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig begangen hat?
3. Sind die Bestimmungen des Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2005/(212) in Verbindung mit Art. 17 Abs. 1 der Charta und unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Februar 2021 in der Rechtssache C-393/19 im Wege des argumentum a fortiori dahin auszulegen, dass sie auch für Fälle gelten, in denen die Tat keine Straftat, sondern eine verwaltungsrechtliche Zuwiderhandlung darstellt, wobei der Unterschied zwischen beiden lediglich in dem Kriterium "in großem Umfang" gemäß dem von der Rechtsprechung angenommenen Wert des Gegenstands des Schmuggels liegt(?) Sind in diesem Fall Art. 1 vierter Gedankenstrich des Rahmenbeschlusses 2005/212/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Einziehung von Erträgen, Tatwerkzeugen und Vermögensgegenständen aus Straftaten und Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union dahin auszulegen, dass der Begriff "Einziehung" speziell eine Strafe oder Maßnahme bezeichnet, die von einem Gericht zu verhängen ist und nicht von einer Verwaltungsbehörde angeordnet werden darf, und ist in diesem Sinne eine nationale Regelung wie die des Art. 233 Abs. 6 in Verbindung mit Art. 231 des Zakon za mitnitsite unzulässig(?)