ECLI:DE:BFH:2018:B.280818.VIIIB5.18.0
BFH VIII. Senat
EStG § 3 Nr 26, EStG § 3 Nr 26a, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2
vorgehend FG Köln, 19. October 2017, Az: 15 K 2006/16
Leitsätze
NV: Für eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung ist es nicht ausreichend, wenn das Finanzgericht eine von ihm erkannte und inhaltlich akzeptierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs lediglich unzutreffend auf den konkreten Einzelfall angewandt hat.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Zulassungsgründe im Sinne des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt haben, sind diese nicht gegeben.
1. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.
a) Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung (Divergenz) im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO liegt vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als unter anderem der Bundesfinanzhof (BFH). Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt. Diesen Rechtssatz muss das FG zwar nicht ausdrücklich aufgestellt haben; es genügt vielmehr, wenn er seiner Entscheidung erkennbar zugrunde liegt. Nicht ausreichend ist es jedoch, wenn das FG eine von ihm erkannte und inhaltlich akzeptierte BFH-Rechtsprechung lediglich unzutreffend auf den konkreten Einzelfall angewandt hat. In diesem Fall leidet das erstinstanzliche Urteil zwar unter einem Rechtsfehler, der jedoch eine Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigt (z.B. BFH-Beschluss vom 27.09.1999 - I B 83/98, BFH/NV 2000, 673, m.w.N.). An einer Abweichung fehlt es ebenfalls, wenn das FG aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände des Streitfalls zu einem von der bestimmten Divergenzentscheidung abweichenden Ergebnis kommt (z.B. BFH-Beschluss vom 11.11.2013 - XI B 99/12, BFH/NV 2014, 366, m.w.N.).
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt die von den Klägern behauptete Divergenz nicht vor.
Das FG hat seine Entscheidung, die Einnahmen des Klägers aus den vier streitgegenständlichen Vortragsveranstaltungen seien nicht gemäß § 3 Nr. 26 bzw. § 3 Nr. 26a des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei, kumulativ begründet. Tragend hat das FG ‑‑sowohl in Bezug auf die Entscheidung zu § 3 Nr. 26 EStG als auch auf die Entscheidung zu § 3 Nr. 26a EStG‑‑ (auch) auf die aus seiner Sicht fehlende Nebenberuflichkeit der streitigen Tätigkeiten abgestellt.
aa) Die Kläger sind insoweit der Meinung, die angefochtene Entscheidung stelle den Rechtssatz auf, dass für die Abgrenzung einer hauptberuflichen Tätigkeit von einer nebenberuflichen Tätigkeit sowohl der Zeitaufwand als auch das wirtschaftliche Gewicht, insbesondere der Beitrag zum Lebensunterhalt entscheidend sei. Sie rügen die Abweichung der Entscheidung des FG von der des BFH vom 30.03.1990 - VI R 188/87 (BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854), nach der ein zuverlässiges Abgrenzungskriterium der jeweilige zeitliche Aufwand sei. Der BFH gehe von einer nebenberuflichen Tätigkeit aus, wenn die zu beurteilende Tätigkeit den Steuerpflichtigen vom zeitlichen Umfang her ‑‑im Verhältnis zum Vollerwerbstätigen‑‑ nur zu 33 1/3 % in Anspruch nehme. Auf den Umfang des Beitrags zum Lebensunterhalt komme es demgegenüber nicht an. Die Begründung des FG weiche in der Beurteilung, dass die Abgrenzung einer nebenberuflichen Tätigkeit von einer hauptberuflichen Tätigkeit nicht nur anhand des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit, sondern auch anhand des wirtschaftlichen Gewichts (Beitrag zum Lebensunterhalt) zu erfolgen habe, von der Rechtsprechung des BFH ab.
bb) Allerdings verkennen die Kläger insoweit, dass das FG unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidung des BFH vom 30.03.1990 - VI R 188/87 (BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854) davon ausgegangen ist, dass der Begriff der nebenberuflichen Tätigkeit hauptsächlich über den Zeitaufwand definiert wird. Übe ein Steuerpflichtiger mehrere ‑‑insbesondere gleichartige‑‑ Tätigkeiten aus, bedürfe es der Prüfung, ob eine Tätigkeit in Abgrenzung zu einer Haupttätigkeit nebenberuflich sei. Hierbei sei grundsätzlich jede Tätigkeit für sich zu betrachten. Gleichartige Tätigkeiten seien jedoch zusammen zu würdigen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufes ‑‑Vollzeiterwerb oder sogenannte Halbtagsarbeit‑‑ darstellten.
Danach hat sich das FG nicht nur ausdrücklich auf die Entscheidung des BFH vom 30.03.1990 - VI R 188/87 (BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854) bezogen, ohne sich von dieser abzugrenzen. Das FG ist sogar ausdrücklich davon ausgegangen, dass der Begriff der nebenberuflichen Tätigkeit hauptsächlich über den Zeitaufwand definiert wird. Mit diesem Rechtssatz weicht das FG nicht von der Entscheidung des BFH vom 30.03.1990 - VI R 188/87 (BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854), nach der bei der Auslegung des Begriffs "nebenberufliche Tätigkeit" der Zeitaufwand das entscheidende Kriterium darstellt, ab.
Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass das FG ‑‑wie die Kläger meinen‑‑ den allgemeinen Rechtssatz aufgestellt hat, dass für die Abgrenzung von haupt- und nebenberuflicher Tätigkeit sowohl der Zeitaufwand als auch das wirtschaftliche Gewicht, insbesondere der Beitrag zum Lebensunterhalt, entscheidend sei und es damit von dem in der BFH–Entscheidung vom 30.03.1990 - VI R 188/87 (BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854) aufgestellten Rechtssatz abweicht.
Soweit das FG im Rahmen seiner Würdigung der Einzelfallumstände bei Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu der Ansicht gelangt ist, die Vortragstätigkeit des Klägers sei Teil einer parallel zur Professorentätigkeit ausgeübten weiteren hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers, bei welcher dieser Einkünfte aus selbständiger Arbeit durch Vorträge, Gutachten, Tätigkeiten in Aufsichts- oder Fachgremien oder ähnlichem erziele, und es in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass jene Tätigkeiten ein erhebliches wirtschaftliches und zeitliches Gewicht hätten und in höherem Maße zur Bestreitung des Lebensunterhaltes beitrügen als die Professorentätigkeit, ergibt sich hieraus kein von der Rechtsprechung des BFH abweichender allgemeiner Rechtssatz.
cc) Die weiteren Divergenzrügen der Kläger, die sich auf andere, vom FG kumulativ zur Begründung seiner Entscheidung herangezogene Erwägungen beziehen, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.
Stützt das FG seine Entscheidung ‑‑wie im Streitfall‑‑ kumulativ auf mehrere Gründe, von denen jeder für sich genommen das Entscheidungsergebnis trägt, so kommt eine Zulassung der Revision nur dann in Betracht, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungsstränge ein Zulassungsgrund (schlüssig) geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 05.10.2010 - X B 72/10, BFH/NV 2011, 273, und vom 22.04.2008 - X B 64/07, BFH/NV 2008, 1345, m.w.N.). Hieran fehlt es jedoch. Wie dargelegt greift die gegen die tragende Auffassung des FG zur Frage der Nebenberuflichkeit gerichtete Divergenzrüge der Kläger nicht durch.
2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
Für eine schlüssige und substantiierte Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss der Beschwerdeführer eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen und substantiiert darauf eingehen, inwieweit diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 16.07.2008 - X B 202/07, BFH/NV 2008, 1681). Hieran fehlt es. Der Beschwerdebegründung ist bereits keine hinreichend bestimmte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entnehmen.
3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.