ECLI:DE:BFH:2023:B.090823.VIB1.23.0
BFH VI. Senat
EStG § 40a Abs 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 3, FGO § 116 Abs 3 S 3, SGB 4 § 7, SGB 4 § 8 Abs 1 Nr 1, SGB 4 § 8a
vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 13. December 2022, Az: 3 K 524/22
Leitsätze
NV: Die Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes für das Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) oder des § 8a SGB IV setzt eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung gemäß § 7 SGB IV voraus.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 13.12.2022 - 3 K 524/22 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Klägerin hat die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
a) Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) als Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist (Senatsbeschluss vom 12.05.2022 - VI B 73/21, Rz 3). Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist. Sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, sind eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist beziehungsweise weshalb sie gegebenenfalls einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (z.B. Senatsbeschluss vom 31.03.2022 - VI B 88/21, Rz 3).
b) Danach kommt eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts im Streitfall nicht in Betracht.
Die Klägerin misst sinngemäß der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) Voraussetzung für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist. Sie legt aber nicht dar, aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Frage zweifelhaft oder umstritten ist. Der von der Klägerin vorgetragene Umstand, die herausgestellte Rechtsfrage sei für eine erhebliche Anzahl von Fällen bedeutsam, rechtfertigt für sich allein die Zulassung der Revision nicht (s. BFH-Beschluss vom 04.12.2007 - VIII B 42/07, BFH/NV 2008, 802).
Gleiches gilt für den Hinweis, das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg habe in einem anderen Verfahren (Urteil vom 21.07.2015 - 11 K 3633/13, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2015, 2074) diese Rechtsfrage als grundsätzlich bedeutsam eingeordnet. Die Bezugnahme auf eine finanzgerichtliche Zulassungsentscheidung lässt das Erfordernis der Darlegung des Zulassungsgrundes im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde in der Regel nicht entfallen, weil das FG seine Zulassungsentscheidung anders als ein Beschwerdeführer im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde als prozessuale Nebenentscheidung nicht zu begründen braucht (s. BFH-Beschluss vom 05.06.2013 - XI B 116/12, Rz 35).
c) Darüber hinaus ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage auch offensichtlich so zu beantworten, wie es das FG getan hat.
Voraussetzung für eine Pauschalversteuerung nach § 40a Abs. 2 EStG ist unter anderem das Vorliegen von Arbeitsentgelt aus geringfügigen Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV oder des § 8a SGB IV. Beide Vorschriften setzen das Bestehen einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung voraus. Der Begriff der Beschäftigung wird für sämtliche Zweige des Sozialversicherungsrechts in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96). Ein Geschäftsführer, der zugleich alleiniger Gesellschafter ist, erfüllt die in § 7 Abs. 1 SGB IV genannten Voraussetzungen grundsätzlich nicht (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.04.2014 - B 2 U 26/12 R, Rz 16, m.w.N.).
Diese Auffassung entspricht auch der allgemeinen Auffassung im Schrifttum (s. Bull in Fuhrmann/Kraeusel/Schiffers, eKomm Ab VZ 2020, § 40a EStG Rz 14 (Aktualisierung v. 23.09.2022); Haversath in Wagner, Lohnsteuer, I Rz 63; Schmidt/Krüger, EStG, 42. Aufl., § 40a Rz 4; Seifert in Korn, § 40a EStG Rz 14; Brandis/Heuermann/Thürmer, § 40a EStG Rz 61) und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (FG Münster, Beschluss vom 02.06.2022 - 9 V 1110/22 E; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2015 - 11 K 3633/13, EFG 2015, 2074 und FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.02.2014 - 6 K 1485/11, EFG 2014, 961).
2. Die Revision ist schließlich nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zuzulassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Sie behauptet lediglich, das FG habe sich mit ihren Argumenten nicht auseinandergesetzt. Umstände, aus denen sich dies ergeben soll, trägt sie jedoch nicht vor. Solche sind auch nicht erkennbar. Allein aus dem Umstand, dass das FG der Rechtsansicht der Klägerin im Ergebnis nicht folgt, lässt sich nicht schließen, dass es ihr Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen hat (s. Senatsbeschluss vom 31.08.2015 - VI B 14/15 Rz 11).
3. Mit ihren Ausführungen wendet sich die Klägerin im Kern gegen die materielle Rechtmäßigkeit des Urteils. Der Vortrag, das Urteil der Vorinstanz sei rechtsfehlerhaft, rechtfertigt die Zulassung der Revision indessen nicht. Denn die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ‑‑von im Streitfall nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen‑‑ grundsätzlich unbeachtlich (Senatsbeschluss vom 11.05.2017 - VI B 105/16, Rz 14).
4. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.