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Urteil vom 15. Juni 2023, IV R 6/20

Keine erweiterte Kürzung bei geringfügiger gewerblicher Nebentätigkeit auf einem Weihnachtsmarkt

ECLI:DE:BFH:2023:U.150623.IVR6.20.0

BFH IV. Senat

GewStG § 9 Nr 1 S 1, GewStG § 9 Nr 1 S 2, GewStG § 35b Abs 2 S 2, EStG § 15 Abs 2, EStG § 15 Abs 3 Nr 2, AO § 175 Abs 1 S 1 Nr 1, AO § 171 Abs 10, EStG VZ 2013 , EStG VZ 2014 , EStG VZ 2015 , EStG VZ 2016 , GewStG VZ 2013 , GewStG VZ 2014 , GewStG VZ 2015 , GewStG VZ 2016 , GG Art 20 Abs 3

vorgehend FG Münster, 21. January 2020, Az: 6 K 1384/18 G,F

Leitsätze

1. NV: Die von einer grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft auf einem Weihnachtsmarkt ausgeübte und alle Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes erfüllende Nebentätigkeit schließt ‑‑lässt sich jene nicht unter eine der ausnahmsweise kürzungsunschädlichen Tätigkeiten subsumieren‑‑ die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) aus, auch wenn der Gewinn aus dieser Nebentätigkeit einem gemeinnützigen Verein als Spende zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke zugewendet wird.

2. NV: Unerheblich ist, ob diese originär gewerbliche Nebentätigkeit der Personengesellschaft im Verhältnis zu ihrer grundbesitzverwaltenden Tätigkeit nur äußerst geringfügig ist. Bei Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist keine ungeschriebene Geringfügigkeitsgrenze zu beachten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 21.01.2020 - 6 K 1384/18 G,F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

A.

  1. Streitig ist die Gewährung der erweiterten Kürzung für ein Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in den Erhebungszeiträumen 2013 bis 2016 (Streitjahre).

  2. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren unternehmerisches Kerngeschäft in der Vermietung und Verpachtung eigener Gebäude und Grundstücke liegt. Neben der Erzielung gewerblicher Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung eigener Immobilien betrieb sie seit Mitte der 1990er Jahre und auch in den Streitjahren an dem jeweils ersten Adventswochenende für drei Tage vier Weihnachtsmarktstände auf dem Weihnachtsmarkt in X. Dieser Weihnachtsmarkt wurde von dem gemeinnützigen Verein A e.V. (Verein A) veranstaltet. Drei der vier Weihnachtsmarktstände betrieben Mieter der Klägerin für und auf Rechnung der Klägerin. Ein Stand wurde den örtlichen Pfadfindern zur Verfügung gestellt, die ebenfalls für und auf Rechnung der Klägerin die Geschäfte abschlossen. Zwei der vier Stände gehörten der Klägerin. Sie wurden durch den Haustechniker der Komplementär-GmbH jährlich aufgebaut und instandgesetzt. Der Haustechniker war auch für die Installation der umfangreichen Beleuchtungselemente im kompletten Innenhof der Klägerin verantwortlich. Die entstandenen Kosten wurden an die Klägerin weitergereicht und von ihr beglichen. Die übrigen beiden Stände befanden sich im Eigentum der Standbetreiber. Die Klägerin war bezüglich aller vier Stände für die Beschaffung der angebotenen Waren, die Infrastruktur (Strom, Technik, Beleuchtung) und die Abrechnung mit dem Verein A im Nachgang der Veranstaltung verantwortlich. Die im Zusammenhang mit dem Weihnachtsmarkt entstandenen Erlöse wurden vollständig an die Klägerin abgeführt und in deren Buchführung erfasst. Die mit dem Weihnachtsmarktverkauf im Zusammenhang stehenden Aufwendungen wurden ebenfalls im Unternehmen der Klägerin verbucht. Die Vorsteuer aus Eingangsrechnungen wurde von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) an die Klägerin erstattet beziehungsweise mit Umsatzsteuerschulden der Klägerin verrechnet.

  3. Die Klägerin erklärte in ihren Gewerbesteuererklärungen für 2013 bis 2016 Umsatzerlöse aus der Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz für 2013 in Höhe von 610.821,08 €, für 2014 in Höhe von 1.050.193,65 €, für 2015 in Höhe von 1.114.974,13 € und für 2016 in Höhe von 1.118.093,32 €. Den Reinerlös aus der Beteiligung an dem Weihnachtsmarkt ermittelte sie im Wege einer vereinfachten Gewinnermittlung wie folgt, wobei sie den Saldo jeweils im Folgejahr an den Verein A abführte und über den abgeführten Betrag eine Spendenbescheinigung erhielt.

    2013 

    2014 

    2015 

    2016 

    Einnahmen netto

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Ausgaben netto

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Saldo = Spende an den Verein A

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

  4. Im Rahmen der vereinfachten Gewinnermittlung berücksichtigte die Klägerin lediglich Ausgaben für den jeweiligen Wareneinkauf und für die Weihnachtsmarktstände. Weitere Aufwendungen, die im Betrieb der Klägerin (gegebenenfalls anteilig) angefallen sind (zum Beispiel Kosten, die mit der Errichtung und Aufrechterhaltung der Stände verbunden waren und insbesondere Personalkosten, die der Klägerin von ihrer Komplementärin in Rechnung gestellt und bezahlt worden sind), wurden von der Klägerin bei der Ermittlung des Spendenbetrags nicht abgezogen. Diese Aufwendungen sind in den laufenden Betriebsausgaben der Klägerin erfasst. Die Spenden wurden in den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Gewinnfeststellungsbescheide) 2013 bis 2016 als "Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke" festgestellt.

  5. Mit den Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2013 bis 2016 beantragte die Klägerin die sogenannte erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG. In den Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2015 setzte das FA ‑‑jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung‑‑ die Messbeträge zunächst antragsgemäß auf 0 € fest. Mit ebenfalls jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheiden über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes (Verlustfeststellungsbescheide) wurde der vortragsfähige Gewerbeverlust zu den jeweiligen Stichtagen wie folgt festgestellt: Zum 31.12.2013 auf 42.182 €, zum 31.12.2014 auf 45.838 € und zum 31.12.2015 auf 48.983 €.

  6. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Streitjahre vertrat der Prüfer die Auffassung, dass das Betreiben der vier Weihnachtsmarktstände für sich sämtliche Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt habe. Die Teilnahme am Weihnachtsmarkt sei kein zwingend notwendiger Teil der Grundstücksverwaltung und -nutzung. Die Klägerin habe einen Gewinn/Reinerlös erwirtschaftet und diesen anschließend an den Verein A überwiesen, der im Gegenzug eine Spendenbescheinigung ausgestellt habe. Damit habe die Klägerin nicht "ausschließlich" eigenen Grundbesitz verwaltet, so dass lediglich die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG mit 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes zu gewähren sei.

  7. Dem schloss sich das FA an, änderte die für die Jahre 2013 bis 2015 festgesetzten Gewerbesteuermessbeträge gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO auf. Weil das FA in diesen Änderungsbescheiden versehentlich falsche Einheitswerte der Grundstücke zugrunde gelegt hatte, änderte es diese Bescheide am 07.02.2018 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erneut und setzte die Gewerbesteuermessbeträge wie folgt fest: Für 2013 in Höhe von 4.277 €, für 2014 in Höhe von 5.628 €, für 2015 in Höhe von 13.034 € und für 2016 (laut Feststellungen des Finanzgerichts ‑‑FG‑‑ erstmalig) in Höhe von 10.706 €. Im Rahmen der Messbetragsfestsetzungen wurden die jeweiligen Gewinne aus Gewerbebetrieb um die Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke gemäß § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG gekürzt. Mit dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.2013 vom 25.01.2018 wurde der vortragsfähige Gewerbeverlust nach Abzug des auf den 31.12.2012 gesondert festgestellten Verlustbetrags in Höhe von 40.357 € auf 0 € festgestellt. Die Verlustfeststellungsbescheide auf den 31.12.2014 und auf den 31.12.2015 wurden mit Bescheiden vom 25.01.2018 nach § 164 Abs. 2 AO aufgehoben.

  8. Den von der Klägerin (unter anderem) gegen die vorgenannten Bescheide mit Schreiben vom 15.02.2018 eingelegten Einspruch, mit dem sie weiterhin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG begehrte, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018 zurück.

  9. Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Das FG gab der Klage mit Urteil vom 21.01.2020 - 6 K 1384/18 G,F in geringem Umfang statt. Es setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 auf 4.273 € herab und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung führte es aus, dass sich für 2013 unter Berücksichtigung des zutreffenden Einheitswerts der tenorierte Gewerbesteuermessbetrag ergebe. Die beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei der Klägerin jedoch zu versagen, weil sie nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet habe. Eine gewerbliche Betätigung, die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten unschädlichen Tätigkeiten zähle, schließe die erweiterte Kürzung aus, auch wenn sie von untergeordneter Bedeutung sei. Eine Ausnahme vom Gebot der Ausschließlichkeit werde von der Rechtsprechung zwar für Nebengeschäfte gemacht, die regelmäßig nicht mehr zu den begünstigten Tätigkeiten gehören, jedoch im Einzelfall zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung und -nutzung seien. Eine Teilnahme am örtlichen Weihnachtsmarkt sei hiervon aber nicht umfasst. Schließlich könne die Frage unbeantwortet bleiben, ob nur eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit kürzungsschädlich sei. Denn die Klägerin habe mit ihrer Aktivität auf dem dreitägigen Weihnachtsmarkt eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausgeübt. Insbesondere habe sie mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Die Klägerin habe im Rahmen ihrer Gewinnermittlung zunächst folgende Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt erklärt:

    2013 

    2014 

    2015 

    2016 

    Totalgewinn

    Einnahmen netto

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Ausgaben netto

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Gewinn

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

  10. Ein Totalgewinn ergebe sich aber auch dann, wenn man die Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt weiter aufschlüssele und die bisher in der Gewinnermittlung enthaltenen allgemeinen Kosten (insbesondere auch Personalkosten) nunmehr direkt der Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt zuordne:

    2013 

    2014 

    2015 

    2016 

    Totalgewinn

    Erlöse netto

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Ausgaben

    Ware 

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Personal

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Reinigungsmittel

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Miete Technik

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Strom 

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Weihnachtsbeleuchtung

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Sonstiges

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    Gewinn

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

    X € 

  11. Die von der Klägerin an den Verein A abgeführten Beträge seien nicht als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG berücksichtigungsfähig. Es handele sich vielmehr um Spenden. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Klägerin rechtlich verpflichtet gewesen wäre, den Reinerlös an den Verein A abzuführen. Die Klägerin und der Verein A hätten sowohl untereinander als auch gegenüber der Finanzverwaltung die Abführungen des Reinerlöses an den Verein A als Spenden behandelt. Dementsprechend habe der Verein A Spendenbescheinigungen ausgestellt. Im Übrigen seien die Spenden antragsgemäß als "Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke" in den Gewinnfeststellungsbescheiden 2013 bis 2016 festgestellt worden. Eine auf Freiwilligkeit beruhende Spende könne nicht zugleich eine Betriebsausgabe sein. Das FG sehe zwar durchaus das soziale Engagement der Klägerin. Hierin liege jedoch eine kürzungsschädliche Tätigkeit.

  12. Schließlich seien die korrigierten Gewerbesteuermessbescheide vom 07.02.2018 auch verfahrensrechtlich zutreffend auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt worden, weil der Einheitswertbescheid Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 Satz 1 AO) für den Gewerbesteuermessbescheid sei.

  13. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie eine Verletzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG rügt.

  14. Die Klägerin beantragt,
    das Urteil des FG Münster vom 21.01.2020 - 6 K 1384/18 G,F sowie die Einspruchsentscheidung vom 03.04.2018 aufzuheben und die Gewerbesteuermessbescheide 2013 bis 2016 vom 07.02.2018 sowie die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2013, auf den 31.12.2014 und auf den 31.12.2015, alle vom 25.01.2018, dahin zu ändern, dass bei Ermittlung des Gewerbeertrags an Stelle der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewährt wird.

  15. Das FA beantragt,
    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

B.

  1. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

  2. Das FG hat die zulässige Klage (dazu I.) zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht zusteht (dazu II.1.). Zudem ist in den Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2016 vom 07.02.2018 zutreffend die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nach dem ‑‑gegebenenfalls korrigierten‑‑ Einheitswert bemessen worden (dazu II.2.).

  3. I. Zu Recht hat das FG die Klage (stillschweigend) insgesamt ‑‑auch soweit sich diese gegen die Verlustfeststellungsbescheide auf den 31.12.2013, auf den 31.12.2014 und auf den 31.12.2015 richtet‑‑ als zulässig erachtet (dazu 1.). Es hat auch nicht gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen; denn es war nicht verpflichtet, das gerichtliche Verfahren gegen die vorstehend genannten Verlustfeststellungsbescheide nach § 74 FGO auszusetzen (dazu 2.).

  4. 1. Die Klage gegen die vorstehend genannten Verlustfeststellungsbescheide war zulässig.

  5. Gemäß § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG wird der Gewerbesteuermessbescheid wie ein Grundlagenbescheid für den Verlustfeststellungsbescheid (Folgebescheid) behandelt (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 17.03.2021 - IV R 7/20, Rz 15). Dies führt jedoch nicht dazu, dass die gegen den Folgebescheid gerichtete Klage, mit der ‑‑wie hier‑‑ ausschließlich Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid vorgebracht werden, als unzulässig abzuweisen ist; diese Klage bleibt zulässig (BFH-Urteil vom 27.06.2018 - I R 13/16, BFHE 262, 340, BStBl II 2019, 632, Rz 20, m.w.N.). In einem solchen Fall ist im Rahmen der Begründetheit der Klage gegen einen Folgebescheid allerdings nur noch zu prüfen, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang eine Bindungswirkung des Grundlagenbescheids für den Folgebescheid eingetreten ist (z.B. BFH-Urteil vom 17.03.2021 - IV R 7/20, Rz 17, m.w.N.).

  6. 2. Zutreffend hat das FG ohne Aussetzung des Verfahrens auch über die Klage gegen die Verlustfeststellungsbescheide auf den 31.12.2013, auf den 31.12.2014 und auf den 31.12.2015 entschieden.

  7. Gemäß § 74 FGO kann das FG das Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, welches den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Danach kommt eine Aussetzung dann nicht in Betracht, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht in demselben Verfahren auch über das vorgreifliche Rechtsverhältnis entscheidet (z.B. BFH-Beschluss vom 17.08.1995 - XI B 123, 125/94, BFH/NV 1996, 219).

  8. So verhält es sich im Streitfall. Denn der zur Entscheidung berufene Senat des FG hat nicht nur über die vorstehend genannten Verlustfeststellungsbescheide, sondern auch über die (vorgreiflichen) Gewerbesteuermessbescheide 2013, 2014 und 2015 entschieden.

  9. II. Zu Recht haben das FG und das FA der Klägerin im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 Satz 1 GewStG die beantragte erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG versagt (dazu 1.) und nur die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG gewährt (dazu 2.).

  10. Die Klägerin unterliegt ‑‑was nicht in Streit steht‑‑ als gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG mit ihrer vermögensverwaltenden Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer (BFH-Urteil vom 20.11.2003 - IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464, unter I.1.).

  11. Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt (sogenannte einfache Kürzung). An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt (sogenannte erweiterte Kürzung). Der Zweck der erweiterten Kürzung besteht darin, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes von der Gewerbesteuer zum Zwecke der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen freizustellen, die nur private Vermögensverwaltung betreiben (z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 - GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 96, m.w.N.).

  12. Danach setzt die erweiterte Kürzung im Grundsatz die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes voraus (Ausschließlichkeitsgebot). Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist (BFH-Urteil vom 26.02.2014 - I R 47/13, Rz 18, m.w.N.). Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten (kürzungsunschädlichen), jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt (z.B. BFH-Urteil vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 19, m.w.N.). Darüber hinaus liegen nach ständiger Rechtsprechung des BFH Nebentätigkeiten dann noch innerhalb des von dem Ausschließlichkeitsgebot gezogenen Rahmens und sind ausnahmsweise kürzungsunschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (z.B. BFH-Urteil vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 23, m.w.N.). Ist der Umfang einer derartigen Nebentätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot (z.B. BFH-Urteil vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 23, m.w.N.). Im Übrigen sind von dem Ausschließlichkeitserfordernis keine Ausnahmen wegen Geringfügigkeit, auch nicht solche aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes ‑‑GG‑‑) geboten (z.B. BFH-Urteile vom 26.02.2014 - I R 6/13, Rz 15, m.w.N.; vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 37). Ein Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot führt zur vollständigen Versagung der erweiterten Kürzung.

  13. 1. Nach Anwendung dieser Grundsätze kann der Klägerin die beantragte erweiterte Kürzung nicht gewährt werden, da sie in den Streitjahren eine kürzungsschädliche Tätigkeit ausgeübt hat.

  14. Sie hat mit ihrer Aktivität auf dem Weihnachtsmarkt in allen Streitjahren ‑‑neben ihrer begünstigten vermögensverwaltenden Tätigkeit‑‑ eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG ausgeübt (dazu a). Diese gewerbliche Nebentätigkeit gehört nicht zu den nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG erlaubten (kürzungsunschädlichen) Tätigkeiten (dazu b). Sie kann auch nicht als ein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden (dazu c). Die von der Klägerin erhobenen Einwände greifen nicht durch (dazu d).

  15. a) Die von der Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt ausgeübte Nebentätigkeit erfüllt alle Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG, insbesondere das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht. Eine derartige Nebentätigkeit einer Personengesellschaft schließt ‑‑lässt sich diese nicht unter eine der ausnahmsweise kürzungsunschädlichen Tätigkeiten subsumieren‑‑ die erweiterte Kürzung aus, auch wenn der Gewinn aus dieser Nebentätigkeit einem gemeinnützigen Verein als Spende zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke zugewendet wird.

  16. aa) Das FG hat für den erkennenden Senat bindend festgestellt (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), dass die Klägerin ihre Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt in allen Streitjahren gegen Entgelt ausgeübt hat. Denn in allen von der Klägerin für diese Aktivität aufgestellten Gewinnermittlungen sind Einnahmen enthalten. Daher kann dahinstehen, ob nur eine entgeltliche Aktivität kürzungsschädlich ist (so BFH-Vorlagebeschluss vom 21.07.2016 - IV R 26/14, BFHE 254, 371, BStBl II 2017, 202, Rz 64; Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 126; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 40) oder auch eine unentgeltliche Aktivität (dies offen lassend BFH-Urteil vom 17.01.2006 - VIII R 60/02, BFHE 213, 5, BStBl II 2006, 434, unter II.1.c dd; dies bejahend Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 23b; Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 70).

  17. bb) Im Übrigen hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass diese Nebentätigkeit alle Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt.

  18. (1) Das FG hat die in dieser Norm genannten Merkmale der Selbständigkeit, der Nachhaltigkeit und der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr in ihrer rechtlichen Bedeutung zutreffend erkannt und rechtsfehlerfrei auf den Streitfall angewendet. Die Klägerin hat sich mit ihren Ausführungen im Revisionsverfahren auch nicht (mehr) gegen das Vorliegen dieser Merkmale gewandt. Der erkennende Senat sieht daher insoweit von weiteren Ausführungen ab.

  19. (2) Ebenso hat das FG das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht rechtsfehlerfrei bejaht. Daher kann auch dahinstehen, ob nur eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit zur Versagung der Kürzung führt (so ggf. BFH-Urteil vom 31.07.1980 - I R 30/77, BFHE 130, 543, BStBl II 1980, 662, unter 1.b) oder auch eine solche ohne Gewinnerzielungsabsicht (so Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 126; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 23b; Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 73; so ggf. auch BFH-Urteil vom 05.03.2008 - I R 56/07, BFH/NV 2008, 1359, unter II.2.a; so wohl auch BFH-Urteil vom 23.03.2023 - III R 49/20, BFHE 279, 10, Rz 25).

  20. (2.1.) Das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht ist als Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung vom Revisionsgericht nur daraufhin zu prüfen, ob die Würdigung durch das FG gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BFH-Urteil vom 16.02.2016 - IX R 28/15, Rz 12, 16, zur Einkünfteerzielungsabsicht; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 142). Werden über mehrere Jahre hinweg tatsächlich Gewinne erzielt, liegt darin ein kaum zu widerlegendes Indiz dafür, dass die Tätigkeit in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wurde (z.B. BFH-Urteil vom 19.07.1990 - IV R 82/89, BFHE 161, 144, BStBl II 1991, 333, unter 3.b, m.w.N.).

  21. Danach durfte das FG aus dem Umstand, dass die Klägerin in allen Streitjahren tatsächlich Gewinne aus ihrer Tätigkeit auf dem Weihnachtsmarkt erzielt hat, ohne weiteres die Schlussfolgerung ziehen, sie habe die Absicht gehabt, Gewinne zu erzielen.

  22. (2.2.) Diese Würdigung durch das FG ist nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil ‑‑wie die Klägerin meint‑‑ sie aus dieser Tätigkeit in den Streitjahren Verluste erzielt habe. Denn das FG hat den von der Klägerin an den gemeinnützigen Verein A abgeführten Reinerlös im Rahmen der Gewinnermittlung der Klägerin zu Recht nicht als eine abziehbare Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 EStG), sondern als eine Spende für gemeinnützige Zwecke behandelt.

  23. Spenden sind Ausgaben, die vom Steuerpflichtigen freiwillig und ohne Gegenleistung zur Förderung der gesetzlich festgelegten steuerbegünstigten Zwecke geleistet werden (z.B. BFH-Urteil vom 12.10.2011 - I R 102/10, BFHE 235, 394, BStBl II 2014, 484, Rz 16, m.w.N.). Maßgebend für die Abgrenzung von Betriebsausgaben und Spenden für gemeinnützige Zwecke sind die Motive des Steuerpflichtigen, wie sie durch die äußeren Umstände erkennbar sind (z.B. BFH-Beschluss vom 02.02.2011 - IV B 110/09, Rz 4, m.w.N.). Dabei setzt die Würdigung eines Geldtransfers als "Spende" eine deutlich überwiegende und im Vordergrund stehende Spendenmotivation voraus (BFH-Urteil vom 12.09.1990 - I R 65/86, BFHE 162, 407, BStBl II 1991, 258, unter II.3.b). Diese Würdigung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (z.B. BFH-Beschluss vom 02.02.2011 - IV B 110/09, Rz 4, m.w.N.).

  24. Danach hält die ‑‑von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffene‑‑ Würdigung des FG einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die Klägerin nicht zur Abführung des Reinerlöses an den Verein A verpflichtet gewesen sei. Für eine derartige Verpflichtung habe die Klägerin ‑‑so das FG‑‑ keinen Nachweis erbracht. Weiter hat das FG festgestellt, dass der Verein A der Klägerin über die abgeführten Beträge entsprechende Zuwendungsbestätigungen (Spendenbescheinigungen) ausgestellt habe. Ebenso seien diese Beträge in den Gewinnfeststellungsbescheiden als "Zuwendungen für steuerbegünstigte Zwecke" festgestellt worden. Im Übrigen ist in den angegriffenen Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2016 der Gewinn jeweils nach § 9 Nr. 5 Satz 1 GewStG um diese Beträge als Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke gekürzt worden. Aus diesen Umständen lässt sich ‑‑ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze‑‑ zum einen folgern, dass die Klägerin den Reinerlös freiwillig, das heißt ohne rechtliche Verpflichtung abgeführt hat, und zum anderen, dass die Klägerin den Geldtransfer unentgeltlich, das heißt mit einer deutlich überwiegenden Spendenmotivation ‑‑ohne einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen einer Leistung und Gegenleistung‑‑ durchgeführt hat.

  25. b) Auch lässt sich die von der Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt ausgeübte Tätigkeit unter keine der in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählten erlaubten (kürzungsunschädlichen) Tätigkeiten subsumieren. Da keiner der Beteiligten hiervon Abweichendes geltend macht, sieht der erkennende Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.

  26. c) Des Weiteren hat das FG zu Recht entschieden, dass die vorbezeichnete Aktivität kein zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Grundstücksverwaltung und -nutzung durch die Klägerin ist. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Betreiben der Stände auf dem Weihnachtsmarkt für die Klägerin zwingend erforderlich gewesen ist, um den eigenen Grundbesitz wirtschaftlich sinnvoll nutzen und verwalten zu können.

  27. d) Die von der Klägerin erhobenen Einwände greifen nicht durch.

  28. aa) Soweit die Klägerin vorträgt, das FG habe verkannt, dass sie ihre Aktivität auf dem Weihnachtsmarkt ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt habe, überzeugt dies nicht.

  29. (1) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das FG nicht einen einheitlichen Lebenssachverhalt gekünstelt in zwei Teilbereiche aufgespalten, sondern es hat den von der Klägerin verwirklichten Lebenssachverhalt ‑‑in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise‑‑ den beiden Bereichen "Gewinnerzielung" und "Gewinnverwendung" zugeordnet. Für die steuerrechtliche Beurteilung bleibt maßgeblich, welche steuerrechtlichen Vorschriften das Verhalten des Steuerpflichtigen erfüllt. Die Gewinnerzielungsabsicht lässt sich nur anhand äußerer Umstände feststellen (z.B. BFH-Urteil vom 07.04.2016 - IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 19, m.w.N.). Dabei sind tatsächlich erzielte Gewinne ein kaum zu widerlegendes Indiz für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht. Im Übrigen liegt es im Streitfall sehr nahe, dass die Klägerin auch solche Gewinne erzielen wollte, um möglichst hohe Beträge an den Verein A spenden zu können. Es ist daher unerheblich, dass die Nebentätigkeit der Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt nach Abzug der Spendenbeträge gegebenenfalls zu negativen Salden geführt hat.

  30. (2) Ebenso hat das FG die von der Klägerin an den gemeinnützigen Verein A abgeführten Reinerlöse in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als Spenden qualifiziert. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob das FG die von der Klägerin in ihrer Revisionsbegründung angeführten beiden Schreiben ‑‑das des FA an den Verein A vom 17.01.2017 und das der B Steuerberatungsgesellschaft mbH an das FA vom 30.11.2017‑‑ überhaupt zum Gegenstand seiner tatsächlichen Feststellungen gemacht hat und diese Schreiben daher revisionsrechtlich Berücksichtigung finden dürfen.

  31. Abgesehen davon enthält das Schreiben des FA vom 17.01.2017, in dem der Verein A darauf hingewiesen wurde, dass er Zuwendungsbestätigungen an Standbetreiber für Zusatzspenden im Zusammenhang mit vertraglich vereinbarten Platzzusagen nicht ausstellen dürfe, keine Aussage dazu, wie dieser Geldtransfer beim Standbetreiber steuerrechtlich zu beurteilen ist. Aber selbst wenn es sich bei den Geldtransfers dieser Standbetreiber an den Verein A um Betriebsausgaben (Standgeld) gehandelt haben sollte, ist weder ersichtlich noch vom FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass auch die Klägerin mit dem Verein A eine derartige Platzzusage vertraglich vereinbart hat. Dies wurde von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

  32. bb) Schließlich ergibt sich Abweichendes nicht daraus, dass die Aktivität der Klägerin auf dem Weihnachtsmarkt im Verhältnis zu ihrer grundstücksverwaltenden Tätigkeit nur äußerst geringfügig gewesen ist. Es existiert keine ungeschriebene Geringfügigkeitsgrenze, bei deren Unterschreiten ‑‑trotz Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot‑‑ die erweiterte Kürzung zu gewähren wäre.

  33. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich eine solche Geringfügigkeitsgrenze auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 06.06.2019 - IV R 30/16 (BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649) ableiten. Dieses Urteil betrifft die Auslegung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG a.F. (= § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alternative 2 EStG i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451). Der erkennende Senat entschied, dass diese Norm auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze verfassungsgemäß ist (BFH-Urteil vom 06.06.2019 - IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649, Rz 19 ff.). Der sich hieraus in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht ergebenden, sachlich nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung der Personengesellschaft gegenüber einem Einzelunternehmer (Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG) wurde dadurch begegnet, dass die "aufwärts abgefärbte" gewerbliche Oberpersonengesellschaft nicht der sachlichen Gewerbesteuerpflicht unterliegt (BFH-Urteil vom 06.06.2019 - IV R 30/16, BFHE 265, 157, BStBl II 2020, 649, Rz 39 ff.). Bei der Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist hingegen zu beachten, dass der Gesetzgeber in dieser Vorschrift ausdrücklich ein strenges Ausschließlichkeitsgebot normiert und in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG die ausnahmsweise kürzungsunschädlichen Tätigkeiten aufgezählt hat. Angesichts dieses klaren Wortlauts bleibt kein Raum für eine ungeschriebene Geringfügigkeitsgrenze.

  34. Im Übrigen stellt sich die alleinige Herausnahme der ausschließlich vermögensverwaltenden grundbesitzbezogenen Erwerbstätigkeit aus der gewerbesteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage als eine folgerichtige Umsetzung des gewerbesteuerrechtlichen Belastungsgrundes dar (vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.09.2018 - GrS 2/16, BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 97 f.). Die enge Ausgestaltung der Tatbestandsvoraussetzungen der erweiterten Kürzung entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Folgerichtigkeit. Dem würden Geringfügigkeitsgrenzen zuwiderlaufen. Solche Grenzen sind daher auch nicht aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten (BFH-Urteil vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 37). Hieran ändert auch der Umstand, dass die Klägerin mit ihrer ‑‑geringfügigen‑‑ kürzungsschädlichen Tätigkeit einen gemeinnützigen Verein unterstützt hat, nichts.

  35. 2. Danach hat das FA in den Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2016 vom 07.02.2018 zu Recht nur die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG gewährt.

  36. a) Zutreffend hat das FA die aufgrund der Außenprüfung nach § 164 Abs. 2 AO geänderten ‑‑bereits die einfache Kürzung gewährenden‑‑ Gewerbesteuermessbescheide 2013 bis 2015 zwecks Übernahme der richtigen Kürzungsgrundlage verfahrensrechtlich nochmals mit auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Bescheiden vom 07.02.2018 korrigiert. Denn der das Grundstück betreffende Einheitswertbescheid ist für den Gewerbesteuermessbescheid ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 171 Abs. 10 AO, soweit die Kürzungsgrundlage in § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG an den Einheitswert gebunden ist (Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Nr. 1 Rz 70; Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 17; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 12; Brandis/Heuermann/Gosch, § 9 GewStG Rz 35; R 9.1 Abs. 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009). Gleiches würde auch für den Gewerbesteuermessbescheid 2016 vom 07.02.2018 gelten, sollte es sich bei diesem Bescheid nicht um einen Erstbescheid, sondern ebenfalls um einen Änderungsbescheid handeln.

  37. b) Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die der einfachen Kürzung in den Gewerbesteuermessbescheiden 2013 bis 2016 vom 07.02.2018 zugrunde gelegten Einheitswerte unzutreffend sind.

  38. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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