ECLI:DE:BFH:2023:U.180123.IR9.19.0
BFH I. Senat
KStG § 1 Abs 1 Nr 6, KStG § 4 Abs 1, KStG § 4 Abs 5, KStG § 4 Abs 6 S 1 Nr 2, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 2, KStG VZ 2006 , EStG VZ 2006
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , 15. January 2019, Az: 1 K 116/13
Leitsätze
NV: Eine Zusammenfassung von BgA kraft organisatorischen Zusammenhangs (hier: in Form einer mitunternehmerischen Beteiligung der juristischen Person des öffentlichen Rechts an einer KG, die die Betriebe unterhält) kann auf der Grundlage der von der Rechtsprechung vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 6 KStG i.d.F. des JStG 2009 entwickelten Zusammenfassungsgrundsätze nicht nach dem Ablauf des Veranlagungszeitraums rückwirkend wieder aufgelöst und anderweitig vorgenommen werden.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 15.01.2019 - 1 K 116/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Möglichkeit der steuerlichen Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art (BgA).
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Stadt, hält seit dem 01.01.2005 diverse Beteiligungen an Unternehmen privatrechtlicher Rechtsform, die zuvor dezentral verschiedenen Fachdezernaten zugeordnet waren, in ihrem Eigenbetrieb "…" (EBK). Nach § 4 Abs. 1 der Betriebssatzung vom 20.09.2005 obliegt es dem EBK, Aufgaben der Klägerin hinsichtlich der Verwaltung ihrer Beteiligungen, Eigenbetriebe und Anstalten öffentlichen Rechts wahrzunehmen und dabei insbesondere eine einheitliche Willensbildung durch eine übergeordnete Steuerung zu ermöglichen. Dieses Beteiligungscontrolling (auf der Grundlage von mit dem EBK jeweils abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträgen) umfasste den Aufbau eines einheitlichen Planungs-, Melde- und Berichtswesens, die Erarbeitung kurz- und längerfristiger Ziele auf der Grundlage der politischen Leitlinien unter Einschluss der Entwicklung von Finanzvorgaben für die Beteiligungsgesellschaften, ein laufendes Controlling, die Mitwirkung bei der steuerlichen Optimierung im Gesamtkonzern sowie Beratungsleistungen.
Ab dem 1. Oktober des Streitjahres (2006) war die Klägerin zu 51 % als Kommanditistin an der Müllverbrennung … A-KG beteiligt. Zuvor stand diese Kommanditbeteiligung der G-GmbH zu, an der die Klägerin mittelbar zu 99,9 % beteiligt war und deren Vermögen zum 01.10.2006 vollständig auf die Klägerin übergegangen ist. Die weiteren 49 % der Anteile an der A-KG hielt ein privatwirtschaftliches Unternehmen.
Die A-KG betrieb zur Restabfallbehandlung eine Müllverbrennungsanlage mit zugehöriger Rauchgasfilterung. Daneben unterhielt sie ein Kraftwerk, in dem sie mit einer Entnahme-Gegendruckturbine aus dem Müllverbrennungsprozess elektrischen Strom erzeugte. Außerdem wurde der erhitzte Heißdampf nach dem Durchlaufen der Turbine in einen Wärmetauscher weitergeleitet, von dem die enthaltene Wärmeenergie in das Fernwärmenetz übertragen wurde. Der so erzeugte Strom wurde ‑‑sobald der Eigenbedarf der A-KG gedeckt war‑‑ durch Verkauf an den kommunalen Energieversorger (E-AG), an dem die Klägerin ebenfalls beteiligt war, vermarktet. Die E-AG lieferte den Strom und die (Fern-)Wärme über ihre Leitungsnetze an gewerbliche und private Endabnehmer. Die A-KG war in der Kraftwerkeinsatzsteuerung der Fernwärmeversorgung der E-AG als Grundlastlieferant eingeplant. Der Wärmebezugsvertrag sieht für den Fall des Stillstands oder des Ausfalls einer Müllverbrennungslinie den Einsatz einer mit Heizöl zu betreibenden Reserveheizanlage zur Aufrechterhaltung des Wärmebezugs vor. Eine solche wurde am Standort der Müllverbrennungsanlage von der A-KG vorgehalten. Für die Errichtung der zur Energieerzeugung erforderlichen technischen Anlagen investierte die A-KG einen Gesamtbetrag von … €. Die Kapazität der Müllverbrennungsanlage übersteigt das Maß, das erforderlich wäre, um die im Gebiet der Stadt X anfallenden Abfälle zu beseitigen; daher werden auch Abfälle des Landkreises Y sowie Abfälle gewerblicher Anlieferer verwertet.
Die Klägerin reichte zunächst am 25.06.2007 für den EBK eine Körperschaftsteuererklärung auf der Grundlage "vorläufiger Zahlen" für das Streitjahr ein. Dabei ging sie davon aus, dass es sich bei dem EBK um einen einheitlichen BgA handele, auf dessen Ebene die Ergebnisse der jeweiligen Beteiligungen steuerlich miteinander zu verrechnen seien. In dieser Erklärung waren die Ergebnisse aus der Beteiligung an der A-KG nicht enthalten, weil sie von der Klägerin für das gesamte Jahr bei der G-GmbH erfasst worden waren. Am 18.11.2010 ging eine korrigierte Körperschaftsteuererklärung beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) ein.
Das FA stellte sich im Verlauf der Veranlagungsarbeiten auf den Standpunkt, dass hinsichtlich der Beteiligungen eine spartenmäßige Trennung vorzunehmen sei. Daraufhin ergänzte die Klägerin die Erklärung am 07.04.2011 um "Sparten-Steuererklärungen" für insgesamt neun Sparten des EBK. Die Klägerin erfasste die Beteiligung an der A-KG in der Sparte 1 ("Verkehr/Versorgung/Hafen"). Daneben wurden dieser Sparte fünf Kapitalgesellschaftsbeteiligungen (neben der Beteiligung an der E-AG waren dies Beteiligungen an der … mbh, der … mbH, der … mbH und … mbH) sowie eine mitunternehmerische Beteiligung an der H-KG zugeordnet.
Am 11.05.2011 reichte die Klägerin für die Sparte 1 eine korrigierte Steuererklärung ein. Die Zuordnung der Beteiligung an der A-KG wurde damit begründet, dass die A-KG angesichts der Verwertung des erzeugten Stroms und der erzeugten Energie mit ihrem Bereich "Energiegewinnung" als Versorgungsunternehmen anzusehen sei. Da überdies der Betriebsbereich "Energiegewinnung" nicht von dem Bereich "Müllverbrennung" getrennt werden könne, sei eine Zusammenfassung mit den übrigen in der Sparte erfassten Beteiligungen in steuerlicher Hinsicht zulässig.
Die A-KG erzielte im Streitjahr Betriebserträge (ohne Lieferungen an andere Betriebszweige) in einer Gesamthöhe von … €. Davon entfielen … € (ca. 81 %) auf die Müllverbrennung und … € (ca. 19 %) auf die Energieerzeugung (dabei ca. 6 % Stromerzeugung und ca. 13 % Fernwärme). Nach Abzug der betrieblichen Aufwendungen verblieb ein Jahresgewinn von … €, wovon … € (ca. 33 % des Gesamtgewinns) auf die Energieerzeugung entfielen. In ihren Steuererklärungen differenzierte die Klägerin hinsichtlich des Beteiligungsergebnisses der A-KG nicht zwischen den Betriebsbereichen Müllverbrennung und Energieerzeugung.
Das FA erkannte die Zusammenfassung der Beteiligung an der A-KG mit den weiteren Beteiligungen, die der Sparte zugeordnet worden waren, nicht an; bei der Beteiligung an der A-KG handele es sich um einen eigenständigen BgA "Beteiligung Müllverbrennung", für den eine gesonderte Steuererklärung einzureichen sei. Da eine solche Erklärung nicht abgegeben wurde, erließ das FA mit Datum vom 26.10.2011 einen Körperschaftsteuerbescheid, in dem es die von der Klägerin ermittelten Werte zu jeweils 3/12 (zeitanteilig seit Beteiligungserwerb der A-KG) berücksichtigte.
Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (FG) hat sie mit Urteil vom 15.01.2019 - 1 K 116/13 (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2019, 1458) als unbegründet abgewiesen.
Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Klägerin.
Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid 2006 vom 26.10.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.08.2013 zu ändern, das angesetzte zu versteuernde Einkommen um … € zu verringern und die Körperschaftsteuer entsprechend niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da eine Zusammenfassung des BgA "Beteiligung Müllverbrennung" mit weiteren BgA nach den von der Rechtsprechung entwickelten sog. Zusammenfassungsgrundsätzen nicht möglich ist. Da die Klägerin entgegen ihrer Verpflichtung keine Körperschaftsteuererklärung für den BgA "Beteiligung Müllverbrennung" abgegeben hat, war das FA auf der Grundlage der von ihm ermittelten bzw. nach § 162 der Abgabenordnung geschätzten Besteuerungsgrundlagen zum Erlass eines entsprechenden Körperschaftsteuerbescheides befugt.
1. BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nach den Maßgaben des § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig.
a) BgA sind nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG ‑‑mit Ausnahme der Hoheitsbetriebe (vgl. § 4 Abs. 5 KStG)‑‑ alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Unter einer Einrichtung ist jede Betätigung zur Erzielung von Einnahmen zu verstehen, die sich von der sonstigen Tätigkeit funktionell abgrenzen lässt (z.B. Senatsbeschluss vom 03.02.2010 - I R 8/09, BFHE 228, 273, BStBl II 2010, 502, Rz 11).
Beteiligt sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, wird hierdurch ein BgA begründet (Senatsurteil vom 29.11.2017 - I R 83/15, BFHE 260, 327, BStBl II 2018, 495, Rz 18, m.w.N.). Denn die aus der Beteiligung bezogenen Gewinnanteile sind Einkünfte des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung) und die einzelnen Mitunternehmer sind ‑‑entsprechend dem ertragsteuerrechtlichen Grundsatz der transparenten Behandlung der Mitunternehmerschaften‑‑ selbst als Gewerbetreibende und Steuersubjekte anzusehen. Mit der Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb werden somit regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 KStG erfüllt, wobei begrifflich insbesondere auch der Rahmen einer Vermögensverwaltung überschritten ist (Senatsurteil in BFHE 260, 327, BStBl II 2018, 495, Rz 18, m.w.N.).
b) Nach dem Wortsinn des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ist die Körperschaft des öffentlichen Rechts, soweit sie BgA unterhält, selbst Subjekt der Körperschaftsteuer im Hinblick auf jeden einzelnen Betrieb (z.B. Senatsurteil vom 10.12.2019 - I R 24/17, BFHE 267, 354, BStBl II 2022, 815, Rz 10, m.w.N.). Steuerliches Gewinnermittlungssubjekt ist allerdings nicht die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihren BgA, sondern jeweils der einzelne BgA (Senatsurteile vom 13.03.1974 - I R 7/71, BFHE 112, 61, BStBl II 1974, 391; vom 13.04.2021 - I R 2/19, BFHE 273, 29, BStBl II 2021, 777, Rz 12).
c) Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts kann mehrere BgA nebeneinander unterhalten. Ob diese nach Maßgabe der Rechtsprechung und der von ihr entwickelten sog. Zusammenfassungsgrundsätze (z.B. Senatsurteile vom 28.02.1956 - I 5/54 U, BFHE 62, 361, BStBl III 1956, 133; vom 08.02.1966 - I 212/63, BFHE 85, 213, BStBl III 1966, 287; vom 04.09.2002 - I R 42/01, BFH/NV 2003, 511) zu einem einzigen Gewinnermittlungssubjekt zusammengefasst werden können, ist auf Ebene der Körperschaft des öffentlichen Rechts zu prüfen. Diese Zusammenfassungsgrundsätze sind (erst) durch das Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74) in § 4 Abs. 6 KStG gesetzlich verankert worden (Senatsurteil in BFHE 273, 29, BStBl II 2021, 777, Rz 12), so dass für die Zeiträume davor ‑‑und damit für das Streitjahr‑‑ weiterhin auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zurückzugreifen ist (BFH-Urteil vom 26.06.2019 - VIII R 43/15, BFHE 265, 230, Rz 26).
Durch organisatorische Maßnahmen mit steuerrechtlicher Wirkung zusammengefasst werden können nach diesen Grundsätzen mehrere gleichartige Betriebe (s. jetzt § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG i.d.F. des JStG 2009) oder mehrere Versorgungs- oder Verkehrsbetriebe (s. jetzt § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG i.d.F. des JStG 2009). Betriebe, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können nur zusammengefasst werden, wenn zwischen ihnen objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht (s. jetzt § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des JStG 2009).
2. Hiervon ausgehend ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG von einem BgA "Beteiligung Müllverbrennung" ausgegangen ist und die von der Klägerin darüber hinaus angestrebte weitere Zusammenfassung mit anderen Beteiligungen bzw. BgA abgelehnt hat.
a) Dabei kann dahinstehen, ob die A-KG durch die Müllverbrennung und Energiegewinnung ‑‑wie vom FG angenommen‑‑ zwei eigenständige BgA oder ‑‑wie vom FA vertreten‑‑ einen einheitlichen BgA begründet hat. Nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) wäre auch bei Annahme zweier selbständiger BgA von einem zusammengefassten BgA "Beteiligung Müllverbrennung" auszugehen. Es kann daher offen bleiben, ob eine Mitunternehmerschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts einen oder mehrere BgA vermitteln kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 265, 230, Rz 20: "ein oder mehrere BgA") und inwiefern die Anzahl der vermittelten BgA davon abhängt, ob die betreffende Mitunternehmerschaft verschiedene Tätigkeiten mit herausgehobener wirtschaftlicher Bedeutung ausübt, die auf Ebene der juristischen Körperschaft des öffentlichen Rechts einen (eigenen) BgA darstellen würden (vgl. dahingehend Bundesministerium der Finanzen ‑‑BMF‑‑, Schreiben vom 12.11.2009, BStBl I 2009, 1303, Rz 59, und vom 21.06.2017, BStBl I 2017, 880, Rz 3 für Veranlagungszeiträume ab 2009).
aa) Bei dieser Betrachtung kann darüber hinaus offen bleiben, ob es sich bei der Müllverbrennung um eine hoheitliche Tätigkeit i.S. des § 4 Abs. 5 KStG handelt. Denn die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft begründet immer einen BgA, auch wenn deren Gegenstand bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts keinen BgA darstellen würde (Senatsurteil vom 25.03.2015 - I R 52/13, BFHE 250, 46, BStBl II 2016, 172, Rz 19, m.w.N.; BMF-Schreiben vom 08.02.2016, BStBl I 2016, 237, und in BStBl I 2017, 880, Rz 2 für Veranlagungszeiträume ab 2009; R 6 Abs. 2 Satz 4 der Körperschaftsteuer-Hinweise 2004; Bürstinghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 KStG Rz 29; Musil in Mössner/Oellerich/Valta, Körperschaftsteuergesetz, 5. Aufl., § 4 Rz 135; Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 4 Rz 32; Bott in Bott/Walter, KStG, § 4 Rz 212; Kronawitter, Deutsche Steuerzeitung ‑‑DStZ‑‑ 2010, 370, 373; a.A. Gay/Lock in Hidien/Jürgens, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 2017, § 13 Rz 178 ff.; Schiffers, DStZ 2017, 305, 307).
bb) Sofern zwei BgA vorliegen sollten, wären diese aufgrund der den Senat bindenden Feststellungen des FG als zusammengefasst anzusehen.
(1) Das FG geht insoweit zutreffend davon aus, dass im Streitfall lediglich eine Zusammenfassung nicht gleichartiger Betriebe wegen einer engen wechselseitigen technisch-wirtschaftlichen Verflechtung von einigem Gewicht vorliegen könnte.
Die genannte Verflechtung setzt eine sachliche Beziehung der jeweiligen Betätigung im Sinne eines inneren wirtschaftlichen Zusammenhangs voraus, der nach den Anschauungen des Verkehrs die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit rechtfertigt (Senatsurteile in BFH/NV 2003, 511, unter II.3.b, m.w.N., und vom 16.12.2020 - I R 41/17, BFHE 271, 521, BStBl II 2021, 872, Rz 24). Dabei liegen Anhaltspunkte für eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht regelmäßig dann vor, wenn sich anlässlich des bestimmungsgemäßen Wirtschaftens eines Betriebs (hier: Müllverbrennung) gleichzeitig Vorteile für den anderen Betrieb (hier: Energieerzeugung) ergeben, die sich nicht allein auf einer Verknüpfung aufgrund einer subjektiven Willensentscheidung begründen, sondern zwangsläufig sind, z.B. aufgrund chemischer oder physikalischer Vorgänge (Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 4 KStG Rz 122; Herrmann/Heuer/Raupach/Bürstinghaus, § 4 KStG Rz 85; Bott in Bott/Walter, a.a.O., § 4 Rz 163).
Ein solcher Vorteil ist auf der Grundlage der vorinstanzlichen Feststellungen gegeben, da mittels einer Entnahme-Gegendruckturbine aus dem Müllverbrennungsprozess elektrischer Strom gewonnen und der erhitzte Heißdampf nach dem Durchlaufen der Turbine in einen Wärmetauscher weitergeleitet wird, der die enthaltene Wärmeenergie in das Fernwärmenetz überträgt. Die durch die Müllverbrennung entstehende Wärme wird somit als "Abfallprodukt" für die Energieerzeugung verwendet. Hinzu kommt, dass die hierdurch erzeugte Energie und Wärme von der Müllverbrennungsanlage selbst verwendet wurde. Es wurde lediglich die den Eigenbedarf übersteigende Strommenge an der Börse vermarktet und damit die nicht benötigte Wärme von der A-KG an die E-AG veräußert. Es liegt daher auch keine (einer Zusammenfassung entgegenstehende) reine Lieferbeziehung zwischen der Müllverbrennung und der Energieerzeugung vor.
(2) Darüber hinaus setzt eine Zusammenfassung von BgA nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen voraus, dass eine organisatorische Verflechtung vorliegt (z.B. Senatsurteil vom 11.02.1997 - I R 161/94, BFH/NV 1997, 625, unter II.1.b; s.a. Märtens in Gosch, KStG, 4. Aufl., § 4 Rz 118a; Brandis/Heuermann/Pfirrmann, § 4 KStG Rz 102; Bott in Bott/Walter, a.a.O., § 4 Rz 142; Göllner, EFG 2019, 1458; a.A. für Zeiträume ab 2009 BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 1303 Rz 1; Krämer in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 4 KStG Rz 138; Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, a.a.O., § 4 Rz 126; Jürgens/Menebröcker in Hidien/Jürgens, a.a.O., § 5 Rz 260; Herrmann/Heuer/Raupach/Bürstinghaus, § 4 KStG Rz 82; Schiffers, DStZ 2020, 323, 336), wobei eine organisatorische Verbindung allein nicht die übrigen Voraussetzungen für eine steuerliche Zusammenfassung verschiedener Betriebe ersetzt; auch die Zusammenfassung mehrerer Betriebe im Rahmen einer gemeinsamen Steuererklärung ist nicht ausreichend (Senatsurteil in BFH/NV 2003, 511, unter II.3.c, m.w.N.).
(3) Eine solche organisatorische Verflechtung kann mit dem FG auch bei Annahme zweier eigenständiger BgA aufgrund deren Organisation in der A-KG als Personenhandelsgesellschaft bejaht werden (vgl. auch Streck/Alvermann, KStG, 10. Aufl., § 4 Rz 44; Bott in Bott/Walter, a.a.O., § 4 Rz 46 und 142; Schiffers, DStZ 2019, 705, 714; Drüen in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 4 KStG Rz 30; a.A. wohl Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl., § 2 Rz 44). Durch die Personenhandelsgesellschaft erfolgt regelmäßig u.a. eine einheitliche Buchführung, interne Aufgabenverteilung bzw. Leitung und einheitliche Vertretungsregeln. Hierin liegen ausreichende Anhaltspunkte für eine organisatorische Verflechtung (vgl. auch Senatsurteil in BFHE 273, 29, BStBl II 2021, 777, Rz 16).
Eine anderweitige Zusammenfassung wäre allenfalls dann möglich und steuerrechtlich anzuerkennen, wenn die durch die Organisation in Form einer Personengesellschaft zum Ausdruck kommende organisatorische Verflechtung durch gegenläufige Indizien entkräftet würde (Schiffers, DStZ 2019, 705, 714). Hierfür liegen aber für das Streitjahr keine Anhaltspunkte vor. Es reicht jedenfalls nicht aus, dass später auf einer nachgelagerten Stufe ggf. eine weitergehende organisatorische Erfassung sämtlicher Beteiligung bei der Klägerin im EBK erfolgt ist.
(4) Eine einmal erfolgte Zusammenfassung kann auch nicht wieder rückwirkend aufgelöst und anderweitig vorgenommen werden. Daher hat die von der Klägerin im Jahr 2013 durchgeführte Trennung der Ergebnisse keinen Einfluss auf die tatsächlichen Verhältnisse im Streitjahr 2006. Insoweit liegt kein (steuerliches) Wahlrecht vor, das bis zu einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung beliebig ausgeübt werden könnte (vgl. auch Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, a.a.O., § 4 Rz 124; Bott in Bott/Walter, a.a.O., § 4 Rz 142).
b) Eine Zusammenfassung des (ggf. zusammengefassten) BgA "Beteiligung Müllverbrennung" mit der von der Klägerin als BgA "Verkehr/Versorgung/Hafen" bezeichneten Einheit scheidet aus, weil insoweit die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung nicht vorliegen.
aa) Insoweit ist bereits fraglich, ob und in welchem Umfang überhaupt ein BgA "Verkehr/Versorgung/Hafen" vorliegt. Offenkundig gewerblichen Charakter hat lediglich die mitunternehmerische Beteiligung der Klägerin an der H-KG. Was die Beteiligungen an den vier Kapitalgesellschaften betrifft, könnte eine gewerbliche Betätigung allenfalls dann vorliegen, wenn die Klägerin über eine Zusammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betrieben (sog. geschäftsleitende Holding) oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaften ausgeübt und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hätte. Allein das Streben nach Einfluss auf die Beteiligungsgesellschaften würde nicht ausreichen (Senatsurteil in BFHE 260, 327, BStBl II 2018, 495, Rz 20, m.w.N.).
bb) Ob die zuvor genannten Kriterien erfüllt sind, kann jedoch ebenso offen bleiben wie die Frage, ob für die Anwendung der Zusammenfassungsgrundsätze in diesem Fall überhaupt auf die jeweilige wirtschaftliche Betätigung der einzelnen Beteiligungsgesellschaften oder nicht lediglich auf die Geschäftsleitungs- bzw. Holdingtätigkeit der Klägerin abzustellen wäre. Denn die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung des BgA "Beteiligung Müllverbrennung" mit einem möglichen BgA "Verkehr/Versorgung/Hafen" würden auf der Grundlage der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen der Vorinstanz selbst dann nicht vorliegen, wenn dafür auf die wirtschaftlichen Betätigungen der einzelnen Beteiligungsgesellschaften abgestellt werden könnte.
(1) Es fehlt für das Streitjahr bereits an einer organisatorischen Verflechtung des BgA "Müllverbrennung" mit den von der Klägerin dem BgA "Verkehr/Versorgung/Hafen" zugeordneten Beteiligungsgesellschaften. Wie oben ausgeführt, ermöglichen es die von der Rechtsprechung entwickelten Zusammenfassungsgrundsätze der juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht, ihre BgA nach Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums ‑‑gleichsam "am grünen Tisch"‑‑ entgegen den tatsächlichen Verhältnissen neu zu ordnen und in den aus nachträglicher Sicht günstigsten Konstellationen zusammenzufassen.
Eine Zusammenfassung des BgA "Beteiligung Müllverbrennung" mit einem etwaigen BgA "Verkehr/Versorgung/Hafen" unter dem Aspekt der Zusammenlegung mehrerer Verkehrs- und/oder Versorgungsbetriebe würde darüber hinaus daran scheitern, dass der BgA "Beteiligung Müllverbrennung" nicht als Verkehrs- oder Versorgungsbetrieb angesehen werden kann, da nach den vorinstanzlichen Feststellungen der ggf. dem Versorgungssektor zuzuordnende Bereich der "Energieerzeugung" innerhalb dieses BgA im Verhältnis zum Hauptbereich "Müllverbrennung" von lediglich untergeordneter Bedeutung ist.
(2) Auch unter dem Gesichtspunkt einer engen wechselseitigen Verflechtung von einigem Gewicht wäre nach den Feststellungen des FG eine Zusammenfassung des BgA "Beteiligung Müllverbrennung" mit einem etwaigen BgA "Verkehr/Versorgung/Hafen" nicht möglich. Das FG hat dahingehend zutreffend angenommen, dass das zivilrechtliche Vertragsverhältnis über die entgeltliche Lieferung von Energie zwischen der A-KG und der E-AG hierfür nicht ausreichen würde (vgl. allgemein Beschluss des Großen Senats des BFH vom 16.01.1967 - GrS 4/66, BFHE 88, 3, BStBl III 1967, 240).
cc) Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der BgA "Beteiligung Müllverbrennung", bei dem die Müllverbrennung das wesentliche Gewicht ausmacht, und ein angenommener BgA "Verkehr/Versorgung/Hafen" im gleichen Gewerbezweig tätig wären oder sich einander ergänzten, so dass eine Zusammenfassung wegen Gleichartigkeit ebenfalls ausscheidet.
c) Soweit die Klägerin ihre Auffassung zur Zusammenfassung auf weiteren Vortrag zu in der Vergangenheit erfolgten Umstrukturierungen im Zusammenhang mit der G-GmbH und später dem EBK stützt, kann dies keinen Erfolg haben, da der Senat an die vom FG festgestellten Tatsachen gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO) ist und neuen Tatsachenvortrag nicht berücksichtigen kann (vgl. z.B. allgemein Senatsurteil vom 25.01.2005 - I R 52/03, BFHE 209, 5, BStBl II 2005, 514). Zudem ist nicht zu erkennen, inwieweit sich durch den Vortrag der Klägerin eine anderweitige Zusammenfassung ergeben könnte. Die durch die Vermögensübertragung von der G-GmbH auf die Klägerin ausgelösten steuerlichen Folgen mag die Klägerin nicht beabsichtigt haben - gleichwohl sind sie zu ziehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.