ECLI:DE:BFH:2023:U.170823.IIIR37.20.0
BFH III. Senat
UmwStG § 4 Abs 6, UmwStG 2006 § 2 Abs 1 S 1, UmwStG 2006 § 3 Abs 1 S 2, UmwStG 2006 § 4 Abs 4, UmwStG 2006 § 4 Abs 5, UmwStG 2006 § 4 Abs 6 S 6, UmwStG 2006 § 5 Abs 1, UmwStG 2006 § 7, EStG § 6a, EStG § 20 Abs 1 Nr 1, EStG § 20 Abs 8, GG Art 3 Abs 1, EStG VZ 2015 , BGB § 187 Abs 1, BGB § 187 Abs 2
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , 28. May 2020, Az: 1 K 148/18
Leitsätze
1. Die Vorschrift des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr 2015 anwendbaren Fassung (UmwStG 2006), nach der ein Übernahmeverlust außer Ansatz bleibt, ist für im Privatvermögen und im Betriebsvermögen gehaltene Anteile an der übertragenden Körperschaft anwendbar.
2. Ein für den Abzug des Übernahmeverlusts schädlicher Anteilserwerb innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag liegt wegen der Fiktion des § 5 Abs. 1 UmwStG 2006 auch dann vor, wenn der übernehmende Rechtsträger die Anteile tatsächlich erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft hat.
3. § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 und § 7 UmwStG 2006 sind weder teleologisch zu reduzieren noch verfassungswidrig, soweit sich bei der Ermittlung des Übernahmeverlusts oder der offenen Rücklagen ausgewirkt hat, dass Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz der übertragenden Körperschaft in unterschiedlicher Höhe passiviert waren.
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 28.05.2020 - 1 K 148/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob gemäß § 4 Abs. 6 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr 2015 anwendbaren Fassung (UmwStG 2006) die Voraussetzungen für den Abzug eines Übernahmeverlusts aus der Verschmelzung einer GmbH auf ein Einzelunternehmen vorliegen.
Mit Vertrag vom xx.xx.2014 erwarb die A-KG sämtliche Anteile an der B-GmbH. An der A-KG waren die im Streitjahr zusammenveranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) und zwei weitere natürliche Personen beteiligt. Der Gesamtkaufpreis für die Anteile an der B-GmbH betrug ... €.
Der Kläger war alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der B-GmbH. Mit Vertrag vom xx.xx.2016 erwarb er von der A-KG sämtliche Anteile an der B-GmbH zu einem Kaufpreis von ... €.
Mit Vertrag vom xx.xx.2016 übertrug die B-GmbH ihr Vermögen als Ganzes im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf das Einzelunternehmen des Klägers, ihres geschäftsführenden Alleingesellschafters (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes). Die Verschmelzung wurde am xx.xx.2016 im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen. Sie erfolgte rückwirkend auf den 01.01.2016 und mit steuerlicher Wirkung zum 31.12.2015 (steuerlicher Übertragungsstichtag).
Die B-GmbH erfasste die übergehenden Wirtschaftsgüter in ihrer steuerlichen Schlussbilanz zum 31.12.2015 grundsätzlich mit den gemeinen Werten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006). Die den Kläger betreffende Pensionsrückstellung setzte sie gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006 mit dem nach § 6a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anwendbaren Fassung (EStG) ermittelten Wert an. Ausweislich der vom Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen Behördenakten wurden die "Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen" in der Steuerbilanz der B-GmbH zum 31.12.2015 mit 242.544 € passiviert; der entsprechende Wert in der Handelsbilanz der B-GmbH zum 31.12.2015 war 719.391 €.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2015 erklärten die Kläger unter anderem einen Gewinn aus dem Einzelunternehmen des Klägers in Höhe von 235.074 €, darin enthalten ein Gewinn aus der Verschmelzung der B-GmbH auf das Einzelunternehmen nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens in Höhe von 263.571,84 €. Diesen Verschmelzungsgewinn ermittelten die Kläger aus steuerpflichtigen gewerblichen Einnahmen gemäß § 7 Satz 1 UmwStG 2006 in Höhe von 453.117,16 € und einem negativen Übernahmeergebnis gemäß § 4 UmwStG 2006 in Höhe von 189.545,32 € (Übernahmeverlust). Hinsichtlich der Höhe der genannten Beträge besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit. Im Einzelnen ermittelten die Kläger den Verschmelzungsgewinn (263.571,84 €) wie folgt:
Einnahmen gemäß § 7 Abs. 1 UmwStG 2006
Eigenkapital laut Steuerbilanz zum 31.12.2015
785.872,77 €
abzüglich gezeichnetes Kapital
- 30.677,51 €
755.195,26 €
abzüglich 40 % gemäß § 3 Nr. 40 EStG
- 302.078,10 €
453.117,16 €
Übernahmeergebnis im Sinne des § 4 UmwStG 2006
Übernahmewerte gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006
785.872,77 €
abzüglich Anschaffungskosten der Anteile (inklusive Notarkosten)
- 324.573,12 €
abzüglich Kosten des Vermögensübergangs
- 22.013,26 €
Ergebnis 1. Stufe (§ 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 UmwStG 2006)
439.286,39 €
abzüglich Bezüge gemäß § 7 UmwStG 2006,
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
- 755.195,26 €
Ergebnis 2. Stufe (§ 4 Abs. 4 und 5 UmwStG 2006)
- 315.908,87 €
davon 60 % gemäß § 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG 2006
- 189.545,32 €
Ergebnis Verschmelzung:
453.117,16 €
- 189.545,32 €
= 263.571,84 €
Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom 22.12.2017 ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) den von den Klägern erklärten Übernahmeverlust von 189.545,32 € nicht zum Abzug zu, ebenso in den aus anderen Gründen geänderten Bescheiden vom 01.02.2018 und 09.10.2018.
Der Einspruch und die Klage der Kläger blieben erfolglos. Das Urteil des FG vom 28.05.2020 - 1 K 148/18 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2020, 1888 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das FG habe § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 beziehungsweise § 7 Satz 1 UmwStG 2006 unzutreffend ausgelegt. Insbesondere habe es sich nicht in dem gebotenen Maße damit auseinandergesetzt, dass die nach § 7 UmwStG 2006 besteuerten offenen Rücklagen zu einem großen Teil aus der Bewertung einer Pensionsrückstellung unterhalb des gemeinen Wertes resultierten. Erforderlich sei bei Pensionsrückstellungen eine teleologische Reduktion des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 oder des § 7 Satz 1 UmwStG 2006. Sie stehe nicht im Widerspruch zum Gesetzeszweck, die Einmalbesteuerung der offenen Rücklagen sicherzustellen.
Nach dem Wertansatz gemäß § 6a EStG habe die B-GmbH nur scheinbar über größere offene Rücklagen verfügt. Die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz zum 31.12.2015 sei aber zu niedrig gewesen, um der tatsächlichen Pensionsverpflichtung nachzukommen. Die Differenz von 476.847 € zwischen handels- und steuerbilanzieller Pensionsrückstellung habe nicht für Ausschüttungen zur Verfügung gestanden. Nach dem Zweck des § 7 UmwStG 2006, die Besteuerung ausschüttungsfähiger Gewinne auf der Ebene der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sicherzustellen, sei der Differenzbetrag nicht von § 7 UmwStG 2006 zu erfassen.
Soweit die systemlogische Korrektur nicht auf diese Weise erfolge, müsse die Systemwidrigkeit auf der Ebene des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 durch Berücksichtigung des Übernahmeverlusts vermieden werden. Die teleologische Reduzierung müsse dergestalt erfolgen, dass Übernahmeverluste, die auf der steuerbilanziellen Bewertung von Pensionsverpflichtungen nach § 6a EStG unterhalb des gemeinen Werts beruhten, bei der Ermittlung des Übernahmeergebnisses uneingeschränkt Berücksichtigung fänden. Im Streitfall sei deshalb der Übernahmeverlust von 189.545,32 € bei der Ermittlung des Verschmelzungsgewinns voll abzugsfähig, da er in voller Höhe auf der steuerlichen Bewertung der Pensionsverpflichtung gemäß § 6a EStG beruhe.
Die Besteuerung des Teils der offenen Rücklagen gemäß § 7 UmwStG 2006, der auf den steuerbilanziellen Ansatz der Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG zurückzuführen sei, würde nach Auffassung der Kläger außerdem zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung führen (Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip und somit gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ‑‑GG‑‑). Hierfür bestehe kein rechtfertigender Grund.
Hilfsweise erhalten die Kläger ihre Klagebegründung aus dem erstinstanzlichen Verfahren in vollem Umfang aufrecht. Vor dem FG hatten sie geltend gemacht, dass § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 nicht in einem Betriebsvermögen gehaltene Anteile betreffe. § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 erfasse nach seinem eindeutigen Wortlaut ferner nur entgeltliche Erwerbsvorgänge, die innerhalb von fünf Jahren vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag stattgefunden hätten; im Streitfall habe der Kläger die Anteile jedoch erst nach diesem Stichtag erworben. Für die einschränkende Auslegung des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 spreche auch, dass die Vorschrift allein der Verhinderung von Missbräuchen dienen solle (insbesondere der Umgehung einer Einmalbesteuerung); eine missbräuchliche Gestaltung in diesem Sinne liege hier nicht vor.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 28.05.2020 - 1 K 148/18 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2015 vom 09.10.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.11.2018 dahin zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um 189.545,32 € reduziert werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 sei der Übernahmeverlust von 189.545,32 € nicht zu berücksichtigen. Der Kläger habe die von der Vorschrift erfassten Anteile an der B-GmbH innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag erworben. Für die wegen der Pensionsrückstellung mit der Revision geltend gemachte teleologische Reduktion sei kein Raum. Es überzeuge nicht, dass der Gesetzgeber die Folgewirkungen der von ihm ausdrücklich angeordneten Bewertung der Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG übersehen haben soll. Vielmehr liege eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers vor, an der er trotz Kritik in der Literatur festgehalten habe.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006 gelte für Pensionsrückstellungen in der steuerlichen Schlussbilanz die Bewertungsvorschrift des § 6a EStG. Die sich nach dieser Vorschrift ergebenden Werte seien für die Berechnung des Übernahmegewinns oder -verlusts (§ 4 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 2006) und für die Besteuerung der offenen Rücklagen (§ 7 Satz 1 UmwStG 2006) zwingend. Klarstellend habe der Gesetzgeber in § 7 Satz 2 UmwStG 2006 geregelt, dass die Besteuerung der offenen Rücklagen gemäß § 7 Satz 1 UmwStG 2006 unabhängig davon zu erfolgen habe, ob ein Übernahmegewinn oder -verlust nach §§ 4 oder 5 UmwStG 2006 entstehe.
Die Betrachtung der Kläger sei zudem nicht konsequent. Wäre die Pensionsrückstellung im Wege einer teleologischen Reduktion mit dem gemeinen Wert zu bewerten, ergäbe sich insoweit zu Lasten des Klägers ein erhöhter Konfusionsgewinn.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Übernahmeverlust in Höhe von 189.545,32 € gemäß § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 außer Ansatz bleibt (siehe unter 1. und 2.). Eine Rechtfertigung für die von den Klägern mit der Revision begehrte punktuelle teleologische Reduktion ist nicht gegeben (siehe unter 3.). Von der Verfassungswidrigkeit entscheidungserheblicher Vorschriften ist der Senat nicht überzeugt (siehe unter 4.).
1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass sich die steuerlichen Folgen der Verschmelzung auf das Einzelunternehmen des Klägers nach den §§ 3 ff. UmwStG 2006 bestimmen und dass im Streitjahr 2015 die Abzugsfähigkeit eines Übernahmeverlusts in Höhe von 189.545,32 € im Streit steht.
a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 sind die übergehenden Wirtschaftsgüter bei einer Verschmelzung auf eine natürliche Person in der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden Körperschaft grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006 gilt für die Bewertung von Pensionsrückstellungen jedoch § 6a EStG, das heißt, es darf höchstens der Teilwert der Pensionsverpflichtung gemäß § 6a Abs. 3 EStG passiviert werden.
b) Die Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen beliefen sich in der steuerlichen Schlussbilanz der B-GmbH zum 31.12.2015 auf 242.544 €, wohingegen der entsprechende Wertansatz in der Handelsbilanz der B-GmbH zum 31.12.2015 mit 719.391 € erheblich höher war (Differenz 476.847 €). Der erkennende Senat ist an die Wertansätze in der Steuerbilanz der B-GmbH zum 31.12.2015 gebunden, nachdem diese im FG-Verfahren zwischen den Beteiligten unstreitig waren und die Kläger insoweit auch im Revisionsverfahren keinen zulässigen und begründeten Revisionsgrund vorgebracht haben (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
c) Ebenfalls in zutreffender Weise ging das FG davon aus, dass sich die Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit des Übernahmeverlusts in dem wegen des steuerlichen Übertragungsstichtags (31.12.2015) maßgeblichen Veranlagungszeitraum 2015 stellt und dass sich der Übernahmeverlust nach Anwendung des Teileinkünfteverfahrens auf 189.545,32 € beläuft.
2. Dieser Übernahmeverlust ist nach § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 nicht abzugsfähig.
a) Infolge des Vermögensübergangs ergibt sich ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust (vgl. § 4 Abs. 4 UmwStG 2006). Der Übernahmegewinn vermindert sich beziehungsweise der Übernahmeverlust erhöht sich um die Bezüge, die nach § 7 UmwStG 2006 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören (§ 4 Abs. 5 UmwStG 2006). Soweit ein Übernahmegewinn auf eine natürliche Person entfällt, sind die Vorschriften des Teileinkünfteverfahrens anzuwenden (§ 4 Abs. 7 UmwStG 2006 i.V.m. § 3 Nr. 40, § 3c EStG). Ein Übernahmeverlust ist nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 UmwStG 2006 abzugsfähig. Bei der Verschmelzung einer GmbH auf eine natürliche Person, wie sie im Streitfall vorliegt, kann der Übernahmeverlust in Höhe von 60 % des Verlustbetrags, höchstens jedoch in Höhe von 60 % der Bezüge im Sinne des § 7 UmwStG 2006 zu berücksichtigen sein (§ 4 Abs. 6 Satz 4 UmwStG 2006). Ganz unberücksichtigt ("außer Ansatz") bleibt ein Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 abweichend von § 4 Abs. 6 Satz 2 bis 5 UmwStG 2006, soweit bei Veräußerung der Anteile an der übertragenden Körperschaft ein Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG nicht zu berücksichtigen wäre (Alternative 1) oder soweit die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben wurden (Alternative 2).
b) Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, bei der Annahme eines etwaigen Verlustabzugsverbots gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG 2006 sei auf das im Streitfall positive Übernahmeergebnis erster Stufe und nicht auf das im Streitfall negative Übernahmeergebnis zweiter Stufe abzustellen, steht dies im Widerspruch zur Gesetzessystematik. Nach ihr führt die in § 4 Abs. 5 UmwStG 2006 vorgesehene Kürzung um die Kapitaleinkünfte im Sinne des § 7 UmwStG 2006 zu einer Verminderung des Übernahmegewinns beziehungsweise zu einer Erhöhung des Übernahmeverlusts. Erst im Anschluss daran stellt sich die Frage, ob und inwieweit aus § 4 Abs. 6 UmwStG 2006 (und insbesondere aus dessen Satz 6) ein Verlustabzugsverbot folgt. § 4 Abs. 6 UmwStG 2006 setzt daher einen sich aus der Anwendung der Absätze 4 und 5 ergebenden Übernahmeverlust voraus, das heißt ein negatives Übernahmeergebnis auf der zweiten Stufe.
c) Im Gegensatz zur Alternative 1 sind die Voraussetzungen der Alternative 2 des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 im Streitfall erfüllt. Dies hat zur Folge, dass der Übernahmeverlust des Klägers von 189.545,32 € außer Ansatz bleibt. Der Kläger hat die Anteile an der übertragenden Körperschaft (B-GmbH) im Sinne des Tatbestands der Alternative 2 "innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag" entgeltlich erworben.
aa) Wie das FG zu Recht entschieden hat, bezieht sich § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 auf sämtliche Anteile, die an der Ermittlung des negativen Übernahmeergebnisses gemäß § 4 Abs. 4 und 5 UmwStG 2006 teilnehmen; die Vorschrift ist unabhängig davon anwendbar, ob die Anteile an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen oder ‑‑wie nach den Feststellungen des FG im Streitfall‑‑ im Betriebsvermögen gehalten werden (Bron in Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG, § 4 Rz 341; Früchtl in Eisgruber, UmwStG, § 4 Rz 130; Gaffron in UmwStG - eKommentar, § 4 Rz 236); BeckOK UmwStG/Kaiser/Möller-Gosoge, 26. Ed. [15.09.2023] § 4 Rz 531; Pung/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock ‑‑D/P/M‑‑, UmwStG, § 4 Rz 154; Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 4 UmwStG Rz 138; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 4 Rz 178).
bb) Ebenfalls zu Recht hat das FG die weiteren Voraussetzungen der Alternative 2 des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 bejaht. Anteilserwerbe am steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen im Sinne des Gesetzes innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag (vgl. hierzu Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11.11.2011, sog. Umwandlungssteuererlass 2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 04.43; ähnlich Eberhardt in Bordewin/Brandt, § 4 UmwStG Rz 56; Früchtl in Eisgruber, UmwStG § 4 Rz 130; Brandis/Heuermann/Klingberg/Loose, § 4 UmwStG Rz 41a; Pung/Werner in D/P/M, UmwStG, § 4 Rz 156; Schnitter in Frotscher/Drüen, § 4 UmwStG Rz 225; eher zweifelnd oder die Auffassung der Finanzverwaltung bzw. der Vorinstanz nur berichtend Bohnhardt in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl., § 4 Rz 309; Bron in Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG, § 4 Rz 348; Gaffron in UmwStG - eKommentar, § 4 Rz 243; Otto, Betriebs-Berater 2021, 1778; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 4 UmwStG Rz 141; van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 4 Rz 179; a.A. Martini in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 4 UmwStG Rz 950 und 955).
(1) Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 fehlt es im Fall des Klägers zwar bei isolierter Betrachtung an einem Anteilserwerb innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag. Der Kläger erwarb die Anteile an der B-GmbH erst am xx.xx.2016, während der steuerliche Übertragungsstichtag (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006) bereits der 31.12.2015 war. Chronologisch erfolgte der Anteilserwerb daher erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag, so dass der Wortlaut des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 für sich betrachtet nicht erfüllt wäre.
(2) Bei systematischer Gesetzesauslegung ist § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 aber im Zusammenhang mit der nachfolgenden Vorschrift des § 5 UmwStG 2006 zu lesen. Gemäß § 5 Abs. 1 UmwStG 2006 ist der Gewinn des Anteilseigners (übernehmender Rechtsträger), wenn er die Anteile an der übertragenden Körperschaft erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft hat, so zu ermitteln, als hätte er die Anteile am steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft. Entgegen der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung ist die Fiktion des § 5 Abs. 1 UmwStG 2006 im Rahmen des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 zu beachten, ohne dass es hierfür eines ausdrücklichen Verweises in § 4 Abs. 6 UmwStG 2006 bedarf. Denn sowohl § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 als auch § 5 Abs. 1 UmwStG 2006 beziehen sich auf die Ermittlung des Gewinns des übernehmenden Rechtsträgers.
Ungeachtet des tatsächlichen Erwerbs im ... 2016 ist danach im Streitfall von einem fiktiven Anteilserwerb des Klägers am 31.12.2015 (dem steuerlichen Übertragungsstichtag im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006) auszugehen. Hieraus allein folgt allerdings noch nicht zwingend, dass der Anteilserwerb im Sinne des Gesetzes "innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag" erfolgt ist. Es ließe sich nämlich auch die Auffassung vertreten, dass ein Erwerb der Anteile an der übertragenden Körperschaft vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag spätestens am Vortag dieses Tages (hier am 30.12.2015) erfolgt sein muss, mit anderen Worten nicht erst am steuerlichen Übertragungsstichtag selbst (hier am 31.12.2015) erfolgt sein kann.
(3) Für die Einbeziehung des am steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgten Anteilserwerbs in den Fünfjahreszeitraum spricht jedoch die entsprechende Anwendung des bürgerlich-rechtlichen Fristenrechts (vgl. § 108 Abs. 1 der Abgabenordnung i.V.m. §§ 187, 188 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑). Es handelt sich bei der Fünfjahresfrist des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 um eine "rückwärtslaufende Frist" (vgl. Staudinger/Repgen (2019), BGB, § 187 Rz 7), das heißt um eine Frist, die von einem späteren Zeitpunkt zu einem früheren Zeitpunkt und somit zurück in die Vergangenheit läuft (vgl. zur Rückwärtsberechnung auch die Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 06.06.2001 - II R 56/00, BFHE 195, 423, BStBl II 2002, 96 und vom 28.03.2012 - II R 43/11, BFHE 237, 192, BStBl II 2012, 599). Der Tag, an dem das fristauslösende Geschehen stattfindet, ist trotz des unterschiedlichen Fristbeginns sowohl bei einer sogenannten Ereignisfrist (§ 187 Abs. 1 BGB) als auch bei einer sogenannten Beginnfrist (§ 187 Abs. 2 BGB) in den Fristlauf einzubeziehen; mit der Annahme einer Ereignisfrist wird für die betreffende Frist nämlich lediglich eine im Vergleich zur Beginnfrist verlängernde Berechnungsweise festgelegt (vgl. Staudinger/Repgen (2019), BGB, § 187 Rz 2 ff., wonach das fristauslösende Ereignis auch dann innerhalb der Frist liegt, wenn die nach ganzen Tagen erfolgende Berechnung der Fristdauer erst am Folgetag beginnt). Schon deshalb ist im Streitfall die Einbeziehung des 31.12.2015 unabhängig davon zu bejahen, von welcher Art der Frist im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgegangen wird (a.A. Martini in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 4 UmwStG Rz 950 und 955). Darauf, wann die Rückwärtsfrist endet beziehungsweise ob wegen der Annahme einer Ereignisfrist im Streitfall auch der 31.12.2010 noch als innerhalb des Fünfjahreszeitraums im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 liegend anzusehen wäre, kommt es für die das Streitjahr 2015 betreffende Entscheidung nicht an.
(4) Für die Auffassung, den steuerlichen Übertragungsstichtag in den Fünfjahreszeitraum der Alternative 2 des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 einzubeziehen, spricht auch die teleologische Auslegung der Norm. In der Begründung des Gesetzentwurfs brachte die Bundesregierung zwar nur knapp zum Ausdruck, dass § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 der "Verhinderung von Missbräuchen" diene (vgl. BTDrucks 16/2710, S. 39). Das allein erlaubt noch keine klare Konkretisierung des Beginns und des Endes der Fünfjahresfrist. Gleichwohl besteht nach der Zwecksetzung, Anteilserwerbe "innerhalb der letzten fünf Jahre" mit einer Sonderregelung zur "Missbrauchsverhinderung" zu erfassen, kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung eines Anteilserwerbs am Vortag des steuerlichen Übertragungsstichtags einerseits und eines Anteilserwerbs am steuerlichen Übertragungsstichtag andererseits. Zur Vermeidung einer zweckwidrigen Ungleichbehandlung ist die Einbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags in die Fünfjahresfrist vielmehr zu bejahen. Da § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 der Missbrauchsverhinderung dienen soll und die Missbrauchsgefahr mit größerer zeitlicher Entfernung vom Übertragungsstichtag abnimmt, entspricht es dem Sinn und Zweck der Norm, den Übertragungsstichtag miteinzubeziehen. Denn hier ist die zeitliche Nähe zum Übertragungsstichtag und damit nach der Wertung des Gesetzgebers die Missbrauchsgefahr am größten.
(5) Danach sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 im Streitfall erfüllt. Da der tatsächlich erst im Jahr 2016 erfolgte Anteilserwerb auf den steuerlichen Übertragungsstichtag (31.12.2015) zurückzubeziehen ist (§ 5 Abs. 1 UmwStG 2006), liegt er im Sinne des Gesetzes innerhalb des für den Abzug des Übernahmeverlusts nach § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 schädlichen Fünfjahreszeitraums.
3. Eine teleologische Reduktion des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 ist nicht geboten. Dasselbe gilt für § 7 UmwStG 2006, insbesondere lässt sich die von den Klägern geltend gemachte "punktuelle" oder "isolierte" teleologische Reduktion nicht auf das BFH-Urteil vom 11.04.2019 - IV R 1/17 (BFHE 264, 13, BStBl II 2019, 501) stützen.
a) Die teleologische Reduktion einer Gesetzesbestimmung zielt darauf ab, den Geltungsbereich der Norm mit Rücksicht auf ihren Zweck gegenüber ihrem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken. Sie ist jedoch nicht schon dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr kommt eine teleologische Reduktion grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Auslegung nach dem Wortlaut zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (vgl. BFH-Urteile vom 26.06.2007 - IV R 9/05, BFHE 219, 173, BStBl II 2007, 893, Rz 25 ff.; vom 22.10.2015 - IV R 37/13, BFHE 252, 68, BStBl II 2016, 919, Rz 24; vom 13.12.2022 - VIII R 23/20, BFHE 279, 132, BStBl II 2023, 480, Rz 19 und vom 09.03.2023 - IV R 25/20, BFHE 279, 545, BStBl II 2023, 836, Rz 25).
b) Diese Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion sind im Streitfall im Hinblick auf § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 nicht erfüllt.
aa) Das durch den Gesetzgeber bewusst angeordnete "Außer-Ansatz-Bleiben" des Übernahmeverlusts bewirkt kein sinnwidriges, sondern ein dem Zweck des Gesetzes entsprechendes Ergebnis (vgl. zum Zweck des § 4 Abs. 6 UmwStG 2006, zur Entstehungsgeschichte, zur Verneinung einer teleologischen Reduktion mit dem Ziel der Berücksichtigung eines Übernahmeverlusts sowie insbesondere zur Rechtfertigung der vom Gesetzgeber gewählten Lösung durch Vereinfachungserfordernisse das BFH-Urteil vom 22.10.2015 - IV R 37/13, BFHE 252, 68, BStBl II 2016, 919, Rz 23 ff.; zur Kritik am Gesetz vgl. Rödder/Schumacher, Der Betrieb 2006, 1525, 1532; Lemaitre/Schönherr, GmbH-Rundschau 2007, 173, 180; Blöchle/Weggenmann, Internationales Steuerrecht 2008, 87, 94; Desens, Finanz-Rundschau 2008, 943, 947 ff.; vgl. in diesem Zusammenhang auch van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 4 Rz 184 ff.). Bereits bei der Vorgängervorschrift des § 4 Abs. 6 UmwStG 2002 (UmwStG 1995 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung vom 23.10.2000) hatte der BFH eine teleologische Reduktion verneint (vgl. Senatsurteil vom 05.11.2015 - III R 13/13, BFHE 252, 322, BStBl II 2016, 468, Rz 47 ff.).
bb) Das Vorliegen einer missbräuchlichen Gestaltung ist, auch wenn deren Verhinderung den Gesetzgeber zur Normsetzung veranlasst hat, kein Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006. Die Norm findet vielmehr auch dann Anwendung, wenn eine derartige Gestaltung nicht vorliegt und das Ergebnis als "überschießend" verstanden werden könnte (vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2015 - IV R 37/13, BFHE 252, 68, BStBl II 2016, 919, Rz 41). Denn ebenso wie vom BFH jüngst zur Vorschrift des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 2006 entschieden (vgl. Urteil vom 12.04.2023 - I R 48/20, BFH/NV 2023, 1165, Rz 15), lässt der eindeutige Normwortlaut des § 4 Abs. 6 Satz 6 UmwStG 2006 eine teleologische Reduktion der Norm nicht zu.
cc) Insbesondere führen auch die von den Klägern im Revisionsverfahren in den Vordergrund ihrer Argumentation gestellte Pensionsrückstellung und deren Bewertung in der Steuerbilanz gemäß § 6a EStG nicht zu einem sinn- oder zweckwidrigen Ergebnis. Zum einen sind Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz nicht nur bei Pensionsrückstellungen denkbar. Zum anderen wird der Wertansatz gemäß § 6a EStG durch die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 2006 ausdrücklich angeordnet, die Bewertung nach § 6a EStG entspricht also dem Zweck des Gesetzes (vgl. hierzu auch die Parallelvorschriften in § 11 Abs. 1 Satz 2, § 20 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und § 24 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 UmwStG 2006).
dd) Gegen die teleologische Reduktion des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 spricht nicht zuletzt auch, dass der Gesetzgeber seit dessen Inkrafttreten keine Veranlassung für dessen Änderung gesehen hat. Dass der Gesetzeswortlaut gemessen am Gesetzeszweck zu weit gefasst wäre und ein Versehen des Gesetzgebers vorliegen könnte, ist auch insofern nicht ersichtlich.
c) Eine teleologische Reduktion des § 7 UmwStG 2006, die ‑‑zumindest bei isolierter Betrachtung‑‑ ebenfalls zu den im Sinne des Klageantrags geringeren Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb im Streitjahr führen könnte, ist ebenfalls nicht geboten.
aa) Nach § 7 Satz 1 UmwStG 2006 ist dem Anteilseigner der Teil des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), der sich nach Anwendung des § 29 Abs. 1 KStG ergibt, in dem Verhältnis der Anteile zum Nennkapital der übertragenden Körperschaft als Einnahmen aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen. Dies gilt gemäß § 7 Satz 2 UmwStG 2006 unabhängig davon, ob für den Anteilseigner ein Übernahmegewinn oder Übernahmeverlust nach § 4 oder § 5 UmwStG 2006 ermittelt wird. Gegebenenfalls erfolgt nach § 20 Abs. 8 EStG eine Umqualifizierung der Einnahmen (vgl. BFH-Urteile vom 11.04.2019 - IV R 1/17, BFHE 264, 13, BStBl II 2019, 501, Rz 16 und vom 09.05.2019 - IV R 13/17, BFHE 264, 430, BStBl II 2019, 754, Rz 37).
Im Streitfall betragen die gemäß § 7 Satz 1 UmwStG 2006 nach dem Wortlaut anzusetzenden Einnahmen 755.195,26 € (vor Anwendung des Teileinkünfteverfahrens). Die für die Berechnung relevanten Beträge sind zwischen den Beteiligten ihrer Höhe nach unstreitig und für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO).
bb) Der Zweck der Zurechnung nach § 7 UmwStG 2006 durch eine Fiktion der Totalausschüttung besteht neben der Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts darin, zu verhindern, dass bisher unbesteuerte Gewinnrücklagen dadurch endgültig der Besteuerung entzogen werden, dass sie nach der Umwandlung in ein Personenunternehmen ohne ertragsteuerliche Belastung entnommen werden können (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.2019 - IV R 1/17, BFHE 264, 13, BStBl II 2019, 501, Rz 15 und 23). Soweit die steuerliche Bewertungsvorschrift des § 6a EStG dazu führt, dass in der Steuerbilanz ein höheres Eigenkapital als in der Handelsbilanz ausgewiesen wird, besteht gemessen an dem dargelegten Zweck des § 7 UmwStG 2006 keine Veranlassung für eine teleologische Reduktion. Denn § 7 UmwStG 2006 stellt explizit auf das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital ab, und zwar unabhängig davon, ob und gegebenenfalls aus welchem Grund dieses höher als das in der Handelsbilanz ausgewiesene Eigenkapital ist. Eine Sonderstellung der Pensionsrückstellung, deren steuerliche Bewertung nach § 6a EStG durch § 3 Abs. 1 Satz 2 und weitere Vorschriften des UmwStG 2006 ausdrücklich angeordnet wird, ist insoweit nicht gegeben.
cc) Aus der im BFH-Urteil vom 11.04.2019 - IV R 1/17 (BFHE 264, 13, BStBl II 2019, 501) bejahten teleologischen Reduktion des § 7 UmwStG 2006 kann eine solche für den Streitfall ebenfalls nicht abgeleitet werden. Der IV. Senat des BFH hat den Begriff des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Eigenkapitals unter Verweis auf den Gesetzeszweck einschränkend dahin ausgelegt, dass ein außerbilanziell gebildeter und dem Gewinn noch nicht nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hinzugerechneter Investitionsabzugsbetrag das steuerbilanzielle Eigenkapital im Sinne des § 7 Satz 1 UmwStG 2006 mindere (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.2019 - IV R 1/17, BFHE 264, 13, BStBl II 2019, 501, Rz 22 ff. mit Nachweisen auch zur Gegenmeinung, Rz 30; dem Urteil zustimmend z.B. Reddig in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7g EStG, Rz 6; zweifelnd z.B. Schmidt/Kulosa, EStG, 42. Aufl., § 7g Rz 47). Diese vom BFH bejahte teleologische Reduktion des § 7 Satz 1 UmwStG 2006 betrifft aber nur diejenigen Beträge, für die nach § 247 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs in dessen Fassung vor Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25.05.2009 (HGB a.F.) ein Sonderposten mit Rücklageanteil in der Handels- und Steuerbilanz gebildet werden konnte (vgl. dazu auch § 273 HGB a.F. und Art. 67 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch). Beträge wie die Ansparrücklage gemäß § 7g EStG a.F. wurden passiviert und führten so ‑‑anders als der außerbilanzielle Investitionsabzugsbetrag‑‑ zu einer Verringerung des steuerlichen Eigenkapitals. Demgegenüber waren Pensionsrückstellungen im Streitjahr nach wie vor in der Handelsbilanz wie auch in der Steuerbilanz zu passivieren. Lediglich die Bewertung der Pensionsrückstellung ist durch § 6a EStG steuerrechtlich besonders geregelt. Ein unterschiedlicher Wertansatz in der Handels- und Steuerbilanz als solcher rechtfertigt hingegen keine teleologische Reduktion, da auch auf der Ebene des § 7 UmwStG 2006 kein sinn- oder zweckwidriges, sondern ein dem Normzweck entsprechendes Ergebnis resultiert.
dd) Da die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion nicht vorliegen, muss erst recht die von den Klägern erstrebte "punktuelle" beziehungsweise "isolierte" Normreduktion ausscheiden. Auf den zutreffenden Einwand des FA, dass sich nach der Argumentation der Kläger ein höherer Konfusionsgewinn ergäbe (vgl. dazu § 6 Abs. 1 UmwStG 2006), muss nicht mehr eingegangen werden.
4. Der erkennende Senat ist mit Blick auf das Streitjahr 2015 schließlich weder von der Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 UmwStG 2006 noch von jener des § 7 UmwStG 2006 überzeugt.
a) In Übereinstimmung mit den einschlägigen bereits ergangenen Entscheidungen ist davon auszugehen, dass die Verlustabzugsbeschränkung gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG 2006 trotz nicht ausgeräumter rechtspolitischer Zweifel bezüglich ihres weiten Anwendungsbereichs in den für den Streitfall relevanten Punkten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist und insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt (vgl. BFH-Urteil vom 22.10.2015 - IV R 37/13, BFHE 252, 68, BStBl II 2016, 919 und vorgehend FG Nürnberg, Urteil vom 18.09.2013 - 3 K 1205/12, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2014, 1035, Rz 32 ff.; vgl. auch Gaffron in UmwStG - eKommentar, § 4 Rz 48, sowie zur Vorinstanz des vorliegenden Revisionsverfahrens die Anmerkung von Göllner, EFG 2020, 1888, m.w.N.; vgl. zur früheren Gesetzesfassung des § 4 Abs. 6 UmwStG 2002 ferner die BFH-Urteile vom 24.06.2014 - VIII R 35/10, BFHE 245, 565, BStBl II 2016, 916, Rz 20 f., 22 ff. und vom 28.09.2017 - IV R 51/15, BFH/NV 2018, 246, Rz 24 sowie das Senatsurteil vom 05.11.2015 - III R 13/13, BFHE 252, 322, BStBl II 2016, 468).
Ein Verfassungs- beziehungsweise Gleichheitsverstoß wegen einer konkreten Mehrfach- oder Doppelbesteuerung wird in der Revisionsbegründung im Übrigen zwar behauptet, aber nicht substantiiert nach Maßgabe der verfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstäbe dargelegt (vgl. hierzu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28.07.2023 - 2 BvL 22/17, Deutsches Steuerrecht 2023, 2051, Rz 43 ff.). Die Kläger haben sich zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit zudem nicht auf Fundstellen aus dem Schrifttum berufen können (vgl. z.B. Schnitter in Frotscher/Drüen, UmwStG, § 4 U Rz 207a, mit Verweis auf die bisherige Rechtsprechung, in der die Frage der Verfassungsmäßigkeit bejaht wurde).
b) Hinsichtlich der Vorschrift des § 7 UmwStG 2006, soweit diese für die im Streit stehenden gewerblichen Einkünfte des Klägers erheblich ist, sieht der Senat gleichfalls keine Anhaltspunkte, die für eine Verfassungswidrigkeit sprechen könnten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.