ECLI:DE:BFH:2022:B.200922.VIIIB82.21.0
BFH VIII. Senat
FGO § 76 Abs 1 S 1, FGO § 96 Abs 1 S 1 Halbs 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 3, FGO § 116 Abs 3 S 3, BGB § 133, BGB § 157, ZPO § 293
vorgehend FG München, 10. June 2021, Az: 13 K 1517/20
Leitsätze
NV: Ist die Auslegung eines Vertrags streitig, ist bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, weil Akteninhalt und Beteiligtenvortrag entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO vom FG nicht einwandfrei berücksichtigt worden sein sollen, der ‑‑ggf. auf einer anderen Vertragsauslegung und Sachverhaltswürdigung beruhende‑‑ materiell-rechtliche Standpunkt des FG zugrunde zu legen.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 10.06.2021 - 13 K 1517/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Verfahrensfehler des Finanzgerichts (FG) i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
1. Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und dabei die erforderlichen Beweise (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FGO) zu erheben. Ein Verfahrensmangel liegt vor, wenn das FG einen entscheidungserheblichen Beweisantrag übergeht (Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 12.02.2018 - X B 64/17, BFH/NV 2018, 538, Rz 10, 11). Dem FG ist im Streitfall jedoch kein solcher Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO unterlaufen, weil es die von den Klägern beantragte Vernehmung der Zeugen A, B und C nicht durchgeführt hat.
a) Ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag darf nur unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder untauglich ist oder wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, ist auf den materiellen Rechtsstandpunkt des FG abzustellen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 29.06.2011 - X B 242/10, BFH/NV 2011, 1715, m.w.N.; BFH-Urteil vom 16.03.2022 - VIII R 24/19, BFHE 276, 127, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2022, 1147, Rz 22, 25). Liegen diese Ausnahmetatbestände nicht vor, muss das FG angebotene Beweisunterlagen auch dann entgegennehmen und würdigen, wenn es nicht davon ausgeht, dass diese die im Beweisantrag enthaltene Tatsachenbehauptung bestätigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2018, 538, Rz 12).
b) Der Verzicht auf eine Beweiserhebung zum entscheidungserheblichen Sachverhalt, insbesondere zu einer von einem Beteiligten behaupteten Tatsache, unter dem Gesichtspunkt der Wahrunterstellung ist gerechtfertigt, wenn das Gericht zugunsten des Beteiligten den von diesem behaupteten Sachverhalt ohne jede inhaltliche Einschränkung als richtig annimmt, die behauptete Tatsache also in ihrem mit dem Parteivorbringen gemeinten Sinn so behandelt, als wäre sie nachgewiesen. Das Gericht ist daher gehalten, die Beweisbehauptung ohne jede Einengung, dem Beteiligten nachteilige Umdeutungen oder sonstige Änderungen als wahr zu behandeln. Es darf insbesondere nicht von einem anderen als dem unter Beweis gestellten Sachverhalt ausgehen oder einen Sachverhalt zugrunde legen, durch den das Beweisvorbringen in seiner Bedeutung abgeschwächt oder irrelevant wird (BFH-Urteil in DStR 2022, 1147, Rz 27).
c) Das FG musste den Zeugen A danach nicht vernehmen, weil es die unter Beweis gestellten Tatsachen zum Ablauf der Vermittlung der Kapitalanlage durch den Zeugen A und zu dessen Informationen über die Art der Kapitalbeteiligung als wahr unterstellt hat.
aa) Das FG ist aufgrund der Wahrunterstellung davon ausgegangen, dem Kläger sei bei der Vermittlung der Kapitalanlage durch den Zeugen A mitgeteilt worden, die P Inc. (P) betreibe Day-Trading-Geschäfte und es sei im Vorfeld der Anlage des Klägers Ziel der Verhandlungen gewesen, dass sich der Kläger an diesen Geschäften beteilige. Es ist nicht ersichtlich, dass das FG einen anderen als den unter Beweis gestellten Sachverhalt als wahr unterstellt oder seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, durch den das Beweisvorbringen in seiner Bedeutung abgeschwächt oder irrelevant wurde.
bb) Soweit die Kläger der Auffassung sind, das FG habe den als wahr unterstellten Sachverhalt bei der Auslegung der zwischen dem Kläger und der P abgeschlossenen Vereinbarung der "Loan Agreements" und der Durchführung der Kapitalanlage eine größere Bedeutung bei deren Auslegung beimessen müssen, weil die vom Zeugen A erteilten Informationen die Sicht des Klägers über den Inhalt der abgeschlossenen Vereinbarung geprägt hätten, rügen die Kläger jedoch eine fehlerhafte Beweiswürdigung und Auslegungsfehler des FG bei der Bestimmung des Vertragsinhalts zwischen dem Kläger und der P. Die Sachverhaltswürdigung und Vertragsauslegung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und der Prüfung des BFH im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde entzogen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 09.09.2013 - III B 26/13, BFH/NV 2014, 46; vom 31.01.2019 - VIII B 41/18, BFH/NV 2019, 702, Rz 19).
d) Das FG musste auch den Zeugen C nicht vernehmen, weil es auch insoweit die unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt hat.
Das FG hat für den Inhalt und Umfang der als wahr unterstellten Tatsachen auf den "Sachstandsbericht Konkursangelegenheit (X) vom 31. Juli 2015" [gemeint: 13.07.2015, vgl. Bl. 27 der FG-Akte] des Zeugen C Bezug genommen. Es ist auch hier nicht ersichtlich, dass das FG aufgrund der Wahrunterstellung von einem anderen als dem unter Beweis gestellten Sachverhalt ausgegangen ist oder einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, durch den das Beweisvorbringen in seiner Bedeutung abgeschwächt oder irrelevant wurde.
Die Kläger greifen wiederum die Würdigung des FG zum tatsächlichen Geschehensablauf im Vorfeld des Abschlusses der "Loan Agreements", zur Durchführung der Kapitalanlage und zur Auslegung der Vereinbarungen nach dem objektivierten Empfängerhorizont auf der Grundlage verschiedener Tatsachen an, die das FG als wahr unterstellt hat. Hierin liegt wiederum die im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers des FG bei der tatsächlichen Würdigung des Streitfalls (BFH-Beschluss in BFH/NV 2019, 702, Rz 19), nicht jedoch eines Sachaufklärungsverstoßes.
e) Das FG hat schließlich den Beweisantrag auf Vernehmung des Zeugen B ohne Rechtsfehler als unsubstantiiert und nicht ordnungsgemäß gestellt angesehen. Es musste ihm daher nicht nachgehen.
aa) Von einer beantragten Beweiserhebung kann abgesehen werden, wenn der Beweisantrag unsubstantiiert ist, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Beweisantrag lediglich auf eine weitere Ermittlung bzw. Ausforschung abzielt und nicht erkennen lässt, welche entscheidungserheblichen Tatsachen bezeugt werden sollen, oder die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder so unbestimmt ist, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 06.09.2005 - IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166; in BFH/NV 2019, 702, Rz 16).
bb) Nach der Einlassung der Kläger im Schriftsatz an das FG vom 03.07.2020 hatte im Vorfeld des Abschlusses der "Loan Agreements" der Zeuge A als Vermittler der Kapitalanlage durch den Zeugen B als weiteren Vermittler Informationen über die Art der Kapitalanlage erhalten. In diesem Schriftsatz vom 03.07.2020 an das FG, auf den der Kläger in der mündlichen Verhandlung Bezug genommen hat, ist jedoch kein substantiierter Beweisantrag zur Vernehmung des Zeugen B enthalten. Die Kläger benennen dort keine Tatsachen, zu denen das FG Herrn B als Zeugen vernehmen sollte. Der Vortrag, auch Herr B sei in die Vermittlung der Kapitalanlagen an den Kläger involviert gewesen, ist zu unbestimmt, um hieraus auf ein konkretes Beweisthema schließen zu können. Ein substantiierter Beweisantrag setzt jedoch voraus, dass das Beweisthema und das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf einzelne konkrete Tatsachen genau angegeben werden (BFH-Beschluss vom 17.07.2014 - XI B 87/13, BFH/NV 2014, 1891, Rz 22).
cc) Wenn man zugunsten der Kläger annähme, der Beweisantrag wäre nicht zu unbestimmt, weil der Zeuge den Ablauf der Vermittlung der Kapitalanlage und die dem Kläger erteilten Informationen schildern sollte, läge gleichwohl kein Sachaufklärungsverstoß des FG vor. Das FG-Urteil könnte dann nicht auf der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung beruhen.
Die dann unter Beweis gestellten Tatsachen wären im Fall des Nachweises durch die Zeugenvernehmung nach dem maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des FG nicht entscheidungserheblich gewesen. Hätte der Zeuge B den Ablauf der Vermittlung der Kapitalanlagen und die hierbei erteilten Informationen zur Durchführung von Day-Trading-Geschäften des Herrn X und der P wie von den Klägern geschildert bestätigt, wäre das FG nicht zu einer anderen Entscheidung gekommen. Maßgeblich dafür, ob der Kläger mit Herrn X und der P ein verzinsliches Darlehen oder Day-Trading-Geschäfte auf seine Rechnung oder eine Gesellschaftsbeteiligung vereinbart hatte, war aus Sicht des FG, wie sich die Rechtsbeziehung aufgrund der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und bei objektiver Betrachtung der tatsächlichen Durchführung der Kapitalanlage darstellte (S. 13 des FG-Urteils, unter II.1.2.). Es war für das FG hingegen nicht entscheidungserheblich, welchen Inhalt der Vereinbarung der Kläger sich subjektiv vorgestellt hatte.
Ob dem Kläger ‑‑wie mit der Vernehmung des Zeugen B unter Beweis gestellt werden sollte‑‑ im Rahmen der Vermittlung Auskünfte über die Beteiligung an Day-Trading-Geschäften des Herrn X und der P erteilt wurden, war für das FG damit nicht entscheidungserheblich, da auf der Grundlage seiner Beurteilung nach dem objektiven Empfängerhorizont eine Vereinbarung dieses Inhalts nicht abgeschlossen wurde. Die Auslegung der abgeschlossenen Vereinbarung nach dem objektiven Empfängerhorizont ergab für das FG, dass der Kläger ‑‑trotz der ihm im Rahmen der Vermittlung über die Rechtsbeziehung zu Herrn X und der P erteilten Auskünfte zu Day-Trading-Geschäften‑‑ Darlehensvereinbarungen mit einer garantierten Festverzinsung unter Begebung eines Schuldscheins durch die P abgeschlossen hat.
f) Die weiteren von den Klägern gerügten Sachaufklärungsverstöße des FG werden nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt.
aa) Wird die Verletzung der das FG von Amts wegen treffenden Pflicht zur Sachaufklärung gerügt, muss dargelegt werden, weshalb sich auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG eine weitere Aufklärung des Sachverhalts für dieses hätte aufdrängen müssen. Dies erfordert nicht nur die genaue Angabe des Beweisthemas und der Beweismittel, die das FG nicht berücksichtigt hat. Geboten ist darüber hinaus die Darlegung, welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme nach Auffassung der Kläger erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis nach dem rechtlichen Standpunkt des FG zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27.11.2017 - IX B 144/16, BFH/NV 2018, 218, Rz 8).
bb) Hinsichtlich der Rüge, das FG habe den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen, wird nicht dargelegt, welche möglichen Aufklärungsmaßnahmen das FG unterlassen hat und warum die Entscheidung des FG auf einem solchen Sachaufklärungsverstoß beruhen soll. Das pauschale Vorbringen der Kläger, das FG habe den Sachverhalt unabhängig von den gestellten Beweismitteln ausschöpfen und von sich aus Beweise erheben müssen, genügt den Darlegungsanforderungen nicht. Zudem halten die Kläger die unterbliebene Sachverhaltsaufklärung durch das FG von Amts wegen (wie auch die unterbliebene Vernehmung der benannten Zeugen) deshalb für verfahrensfehlerhaft, weil entgegen des rechtlichen Standpunkts des FG der Inhalt der abgeschlossenen Vereinbarung nicht nach dem objektiven Empfängerhorizont, sondern danach zu beurteilen sei, was dem Kläger vor der Hingabe des Geldes tatsächlich mitgeteilt worden sei. Es ist aber nicht maßgeblich, welche Sachaufklärungsmaßnahmen auf der Grundlage eines anderen rechtlichen Standpunkts geboten gewesen wären, sondern was das FG auf der Grundlage seines rechtlichen Standpunkts hätte weiter ermitteln müssen.
cc) Der weiterhin behauptete Verfahrensfehler, das FG habe ermitteln müssen, welchen Inhalt die Vereinbarung des Klägers mit Herrn X und der P nach US-amerikanischem Recht habe, beinhaltet im Kern die Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers, der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtlich ist.
aaa) Unterliegt ein Vertrag gemäß den Vorschriften des Internationalen Privatrechts ausländischem Recht, ist die Auslegung des Vertrags nach jenem ausländischen Recht vorzunehmen. Denn das auf einen Vertrag anzuwendende Recht (das Vertragsstatut) ist maßgebend für die Vertragsauslegung (Art. 32 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der für den streitgegenständlichen Vertrag geltenden Fassung). Die bei der Vertragsauslegung anzuwendenden Auslegungsmethoden sind danach dem ausländischen Recht zu entnehmen. Die §§ 133, 157 BGB finden keine Anwendung. Den von den Vertragsparteien im Vertragstext verwendeten Rechtsbegriffen ist die Bedeutung beizumessen, die ihnen nach der ausländischen Rechtsordnung zukommt. Das deutsche Gericht hat das ausländische Recht so anzuwenden, wie es die Gerichte des ausländischen Staates auslegen und anwenden (BFH-Urteil vom 07.12.2017 - IV R 23/14, BFHE 260, 312, BStBl II 2018, 444, Rz 27, 28).
Es gehört gemäß § 155 FGO i.V.m. § 293 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu den Aufgaben des FG als Tatsacheninstanz, das einschlägige ausländische Recht festzustellen. Wie das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dabei lassen sich die Anforderungen an Umfang und Intensität der Ermittlungen des Tatrichters nur in sehr eingeschränktem Maße generell-abstrakt bestimmen. An die Ermittlungspflicht werden umso höhere Anforderungen zu stellen sein, je komplexer oder je fremder das anzuwendende Recht im Vergleich zum eigenen ist. Aufgrund einer entsprechenden Verfahrensrüge ist zu prüfen, ob das FG die Ermittlungen frei von Verfahrensmängeln durchgeführt hat, insbesondere das ihm eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt und die ihm eröffneten Erkenntnisquellen genutzt hat (BFH-Urteile vom 22.03.2018 - X R 5/16, BFHE 261, 132, BStBl II 2018, 651, Rz 22 ff.; vom 27.03.2019 - I R 33/16, BFH/NV 2020, 201, Rz 53; BFH-Beschluss vom 17.07.2019 - II B 35-37/18, BFHE 265, 14, BStBl II 2020, 394, Rz 18). Die Voraussetzungen einer solchen Verfahrensrüge sind darzulegen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
bbb) Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass die Geltung ausländischen Rechts übersehen wurde. Hat der Tatrichter eine Rechtsfrage, für die nicht revisibles Recht galt, nach revisiblem Recht entschieden oder umgekehrt, oder hat er einen Vertrag, auf den nicht revisibles Recht anzuwenden war, nach revisiblem Recht ausgelegt oder umgekehrt, dann bedeuten Anwendung bzw. Nichtanwendung revisiblen Rechts eine Verletzung revisibler Rechtssätze. Die Rüge eines solchen Verstoßes zielt auf den Verstoß gegen materielles Bundesrecht ab (BFH-Urteil in BFHE 260, 312, BStBl II 2018, 444, Rz 33 f.).
ccc) Zur Darlegung eines Verfahrensfehlers der unterbliebenen Aufklärung des ausländischen Rechts müssten die Kläger erläutern, ob die Vereinbarungen des Klägers mit Herrn X und der P nach den Regelungen des Internationalen Privatrechts dem US-amerikanischen Zivilrecht und dessen Auslegungsregeln unterlagen, sowie, dass das FG im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht deshalb den Inhalt der US-amerikanischen Auslegungsregeln nach den ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen hätte ermitteln können und müssen. An einem solchen Vorbringen fehlt es jedoch. Die Kläger legen nur dar, dass ein US-Konkursgericht nach Insolvenz der P, einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft, deren Zahlungen an den Kläger nicht als Zinszahlungen, sondern als Kapitalrückzahlungen eingeordnet habe. Hieraus ist nicht ableitbar, dass die Vereinbarung über das Rechtsverhältnis des Klägers zur P vorrangig dem US-amerikanischen Zivilrecht sowie dessen Auslegungsmethoden unterfiel, deren Inhalt das FG hätte ermitteln können und müssen. Die Kläger rügen im Kern einen im Beschwerdeverfahren unbeachtlichen Rechtsfehler, denn ihr Vorbringen zielt sinngemäß darauf ab, dass das FG die Bedeutung des US-amerikanischen Zivilrechts als (ggf.) gegenüber §§ 133, 157 BGB vorrangigen Auslegungsmaßstab gänzlich übersehen hat.
2. Die Rüge, das FG habe seine Überzeugung entgegen der Vorgaben aus § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen, ist ebenfalls unbegründet.
a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gesamtergebnis des Verfahrens umfasst den gesamten durch das Klagebegehren begrenzten und durch die Sachaufklärung des Gerichts und die Mitverantwortung der Beteiligten konkretisierten Prozessstoff. Insbesondere verpflichtet § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO das Gericht, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist danach z.B. verletzt, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde legt, der dem schriftlich festgehaltenen Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder wenn eine nach den Akten klar feststehende Tatsache oder sonst Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt geblieben sind (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 26.06.2021 - VIII B 46/20, BFH/NV 2021, 1511, Rz 23, m.w.N.). Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist der ‑‑ggf. auf einer anderen Vertragsauslegung und Sachverhaltswürdigung beruhende‑‑ materiell-rechtliche Standpunkt des FG zugrunde zu legen (BFH-Beschluss vom 15.12.2008 - IX B 39/08, juris, unter 2.b).
b) Einen Verstoß gegen die Verpflichtung aus § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO zeigen die Kläger jedoch nicht auf.
aa) Zwar kann die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 18.03.2021 - VIII B 76/20, BFH/NV 2021, 1076, Rz 9). Die Entscheidung des FG muss jedoch nach dessen materiell-rechtlichem Standpunkt auf dem Verstoß gegen den klaren Akteninhalt oder der Nichtberücksichtigung einer Tatsache oder des Beteiligtenvortrags beruhen können (BFH-Beschluss vom 23.07.2020 - VIII B 157/19, BFH/NV 2021, 10, Rz 15).
bb) Auf dieser Grundlage ist nicht ersichtlich, dass das FG den Akteninhalt und den Beteiligtenvortrag nicht in die Auslegung der Vereinbarungen einbezogen hat.
Die Kläger machen geltend, das FG sei trotz des gesamten Akteninhalts, der nach dem Ablauf der Vermittlung der Kapitalanlage für die Hingabe von Kapital für Day-Trading-Geschäfte spreche, zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger habe mit der P Darlehensvereinbarungen abgeschlossen. Auch die tatsächliche Durchführung der Kapitalanlage spreche nicht für den Abschluss von Darlehensvereinbarungen.
Nach dem rechtlichen Standpunkt des FG waren die "Loan Agreements" nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen und nach ihrem Wortlaut als Darlehensverträge zu qualifizieren. Zudem hat das FG das Verhalten des Klägers nach dem tatsächlichen Geschehensablauf in der darlehensweisen Hingabe von Geld gegen garantierte Zinsbeträge und nicht in einer Teilhabe an Day-Trading-Geschäften der P gesehen. Die Kläger verdeutlichen nicht, dass im Hinblick auf die vom FG vorgenommene Vertragsauslegung und Sachverhaltswürdigung zum Ablauf der Investition der aus ihrer Sicht nicht berücksichtigte Akteninhalt und ihr nicht berücksichtigtes Vorbringen entscheidungserheblich waren. Denn es ist unerheblich, wie die Vermittlung der Kapitalanlage abgelaufen ist, wenn der Kläger letztlich eine Vereinbarung anderen Inhalts abgeschlossen hat und dem Kläger gegenüber, auch in der Durchführung der Vereinbarung nach einem festen Zinssatz, Zinseinnahmen und nicht Gewinne aus einzelnen Wertpapiergeschäften gutgeschrieben wurden.
cc) Soweit die Kläger dem FG vorhalten, dass es außerhalb der Vertragsurkunde der "Loan Agreements" liegende Umstände des Sachverhalts nicht berücksichtigt habe, rügen die Kläger einen Rechtsfehler des FG, der nicht zur Revisionszulassung führen kann. Eine (vermeintlich im Widerspruch zum Akteninhalt stehende) unzutreffende Vertragsauslegung durch das FG betrifft die Verletzung materiellen Rechts; die damit geltend gemachte fehlerhafte Rechtsanwendung vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen (BFH-Beschluss vom 15.12.2008 - IX B 39/08, juris, unter 1. und 2.a).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.