ECLI:DE:BFH:2022:B.240322.XB1.21.0
BFH X. Senat
FGO § 115 Abs 2, AO § 171 Abs 4, EStG § 7i Abs 1 S 7, EStG § 7i Abs 2, EStG VZ 2008
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 18. November 2020, Az: 11 K 11168/20
Leitsätze
1. NV: Die Bescheinigung gemäß § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG kann nur Bindungswirkung in Bezug auf Zuschüsse haben, die von einer der für Denkmalschutz oder Denkmalpflege zuständigen Behörden für diese Zwecke gewährt worden sind; andere Zuschüsse, auch solche aus öffentlichen Kassen, gehören nicht dazu.
2. NV: Die Durchführung der Außenprüfung bei einem Bauträger als Verfahrensbevollmächtigten i.S. des § 5 VO zu § 180 Abs. 2 AO führt zur Hemmung der Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 4 AO (Anschluss an BFH-Urteil vom 16.06.2015 - IX R 51/14, BFHE 251, 98, BStBl II 2016, 13, Rz 12).
Tenor
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 18.11.2020 - 11 K 11168/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarben aufgrund eines Kauf- und Bauträgervertrages im Jahr 2007 von Herrn (Bauträger) eine von vier Eigentumswohnungen in dem Gebäude in C. Am 19.12.2007 schlossen sie mit der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) einen Vertrag über die Gewährung von Mitteln im Rahmen der Förderung von selbstgenutztem Wohneigentum. Die ILB gewährte einen Zuschuss von 39.000 €. Zweck dieser Zuwendung, die an bestimmte Einkunftsgrenzen gebunden war, war die anteilige Finanzierung der Bildung von innerstädtischem selbst genutzten Wohneigentum. Die Kläger waren u.a. verpflichtet, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der unteren Denkmalschutzbehörde vorzulegen.
Im Bescheid vom 10.12.2010 bescheinigte die Stadt als untere Denkmalschutzbehörde den Klägern die Eigenschaft des Gebäudes als Baudenkmal sowie die Höhe der Gesamtaufwendungen und die auf die Eigentumswohnung der Kläger entfallenden Aufwendungen i.S. der §§ 7i, 10f und 11b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ein Zuschuss für die Maßnahme, so die Stadt in der Bescheinigung, sei nicht gewährt worden.
Aufgrund der Erklärung des Bauträgers erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) 2011 für das Streitjahr 2008 entsprechende Feststellungsbescheide für das Gesamtobjekt und die Eigentumswohnung als Einzelobjekt. Die Feststellungen ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Am 26.03.2015 ordnete das FA beim Bauträger eine Außenprüfung für das Gesamtobjekt an. Die Prüferin bat die Kläger um Mitteilung, ob sie Zuschüsse, u.a. von der ILB, für die Baumaßnahme erhalten hätten. Sie vertrat die Ansicht, dass diese Zuschüsse die in der Bescheinigung der Stadt ausgewiesenen Aufwendungen und damit auch die Bemessungsgrundlage nach § 10f EStG minderten.
Das FA erließ anschließend einen geänderten Feststellungsbescheid für das Gesamtobjekt, den sie dem Bauträger bekanntgab, und zwei geänderte Feststellungsbescheide für die Eigentumswohnung der Kläger. Letztere adressierte es an die Kläger. Diese Feststellungsbescheide für das Einzelobjekt berücksichtigten nunmehr den von der ILB gewährten Zuschuss.
In den Einspruchsverfahren gegen beide Feststellungsbescheide vertraten die Kläger die Ansicht, dass die Bescheinigung der Stadt auch hinsichtlich der Zuschussgewährung eine Bindungswirkung entfalte, zumal die ILB aufgrund des abgeschlossenen Vertrages auch als (weitere) Denkmalschutzbehörde fungiere. Eine nachträgliche Änderung durch das FA sei deshalb nicht möglich.
Einsprüche und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vermochte eine Bindungswirkung der Bescheinigung der Stadt in Bezug auf den gewährten Zuschuss der ILB nicht erkennen. Folglich habe das FA die Aufwendungen für die Eigentumswohnung zu Recht gemindert und entsprechende Änderungsbescheide erlassen. Die ILB sei keine Denkmalschutzbehörde. Ein Verwertungsverbot bestehe ebenfalls nicht, da die Prüfungsanordnung zutreffend dem Bauträger als Verfahrensbeteiligtem gemäß § 7 Abs. 2 der Verordnung (VO) zu § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) bekannt gegeben worden sei.
Die Kläger begehren die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, Divergenz und Verfahrensmängeln.
Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) zuzulassen. Die von den Klägern bezeichnete Rechtsfrage ist entweder nicht klärungsbedürftig oder wäre in einem anschließenden Revisionsverfahren nicht klärbar.
a) Die Kläger vertreten abweichend von der Ansicht des FG die Auffassung, dass die Regelung des § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG neben den unteren und oberen Denkmalschutzbehörden der Länder auch die von den Bundesländern unterhaltenen Förderbanken umfasse, wenn diese staatliche Zuschüsse für Denkmalschutzaufgaben ausreichen, wie im Fall der Kläger die ILB. Diese Erweiterung über den formalen Begriff der Denkmalschutzbehörde i.S. des § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG hätte, so versteht der Senat die Kläger, zur Folge, dass eine Änderung der Feststellungsbescheide aus dem Jahr 2011 nicht mehr möglich wäre, da bereits verbindlich festgestellt worden wäre, dass keine Zuschüsse gewährt worden seien.
aa) An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sich ihre Beantwortung ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 07.12.2021 - XI B 11/21, BFH/NV 2022, 355).
bb) Vorliegend ergibt sich aus § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG, auf den § 10f Abs. 1 Satz 3 EStG verweist, dass die Bescheinigung der gemäß § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle die Höhe von Zuschüssen enthalten muss, die eine der für Denkmalschutz oder Denkmalpflege zuständigen Behörden dem Steuerpflichtigen gewährt. Werden dem Steuerpflichtigen solche Zuschüsse nach Ausstellung der Bescheinigung gewährt, so ist diese entsprechend zu ändern. Die Bescheinigung ist insoweit bindend für das Finanzamt (vgl. insoweit das Senatsurteil vom 19.02.2019 - X R 17/18, BFH/NV 2019, 801, Rz 17, m.w.N.).
cc) Entsprechend dem Wortlaut des § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG sind lediglich die Zuschüsse einer Behörde, die für Denkmalschutz oder Denkmalpflege zuständig ist, in der Bescheinigung aufzuführen. Davon zu unterscheiden sind andere Zuschüsse, so auch die in § 7i Abs. 1 Satz 7 EStG genannten Zuschüsse aus öffentlichen Kassen sowie private Zuschüsse. Diese sind von der Bindungswirkung des § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG nicht umfasst. Vorliegend bestimmt § 16 des Gesetzes über den Schutz und die Pflege der Denkmale im Land Brandenburg, welche Behörden für den Denkmalschutz oder die Denkmalpflege zuständig sind. Die ILB gehört nicht dazu. Zuschüsse der ILB könnten, vorausgesetzt sie sind für den Denkmalschutz oder die Denkmalpflege gewährt worden, nur solche aus öffentlichen Kassen i.S. des § 7i Abs. 1 Satz 7 EStG sein.
dd) Da der Gesetzgeber somit die Art der nach § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG zu bescheinigenden Zuschüsse klar, auch in Abgrenzung zu anderen für Zwecke des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege gewährte Zuschüsse, umrissen hat, bedarf es einer Ausdehnung über den Wortlaut hinaus nicht. Diese Begrenzung ist auch zweckmäßig, da nur Zuschüsse i.S. des § 7i Abs. 2 Satz 2 EStG der bescheinigenden Behörde bekannt sein dürften. Ob andere Zuschüsse gewährt worden sind, muss das FA deshalb selbständig prüfen. Die Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde i.S. des § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG ist nicht abschließend und hat folglich insoweit auch keine Bindungswirkung (vgl. nur Clausen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7i EStG Rz 35).
Liegen diese anderen Zuschüsse vor, sind sie vom FA zu berücksichtigen, da sie die Anschaffungs- und Herstellungskosten gemäß § 7a Abs. 1 Satz 3 EStG und damit auch die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen mindern.
ee) Aus alledem folgt, dass eine Klärungsbedürftigkeit im Revisionsverfahren nicht vorliegt.
b) Darüber hinaus ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, erkennbar ausgehend von ihrem Einzelfall formuliert, in einem Revisionsverfahren nicht klärbar. Denn selbst wenn die ILB eine Denkmalschutzbehörde i.S. des § 7i Abs. 2 Satz 1 EStG wäre, sind die hier relevanten Zuschüsse nicht für Zwecke des Denkmalschutzes oder der Denkmalpflege gewährt worden. Aufgrund der Feststellungen des FG, die die Kläger insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffen haben und die damit in einem Revisionsverfahren gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend wären, ist der Zweck der Zuwendung gemäß Nr. 1.1 des Vertrages mit der ILB die anteilige Finanzierung der Bildung von innerstädtischem selbst genutzten Wohneigentum für Haushalte. Die Kläger mussten lediglich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der unteren Denkmalschutzbehörde vorlegen, da sie den Denkmalschutz nach Nr. 3.1.2 des Vertrages zu beachten hatten. Hieraus kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, der Zuschuss sei zumindest auch für Zwecke des Denkmalschutzes oder der Denkmalpflege gewährt worden.
2. Soweit die Kläger die Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) begehren, fehlt es bereits an der Darlegung entsprechender Gründe. Die Kläger nennen diesen Revisionszulassungsgrund zwar, weitergehende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung jedoch nicht.
3. Ein Verfahrensmangel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, der zur Zulassung der Revision führt, ist nicht erkennbar.
a) Soweit die Kläger meinen, ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO sei deshalb gegeben, weil die Außenprüfung beim Bauträger ohne Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an sie zu einem Verwertungsverbot geführt habe, liegt ein solcher Fehler zum einen nicht vor. Zum anderen wird insoweit lediglich ein materieller Rechtsfehler gerügt, der nur gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO als qualifizierter Rechtsfehler zur Zulassung einer Revision führen könnte.
aa) Ein Verwertungsverbot ist schon deshalb zu verneinen, weil das FA zu Recht gemäß § 7 Abs. 1 VO zu § 180 Abs. 2 AO die Außenprüfung beim Bauträger durchführen durfte, was auch üblich ist (vgl. insoweit auch Egner in EStG - eKommentar, § 7i Erhöhte Absetzungen bei Baudenkmalen, Rz 14). Nur ihm gegenüber ist die Prüfungsanordnung gemäß § 7 Abs. 2 VO zu § 180 Abs. 2 AO bekanntzugeben.
Der Bauträger ist Verfahrensbeteiligter i.S. des § 5 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VO zu § 180 Abs. 2 AO, so dass die Durchführung der Außenprüfung bei ihm zur Hemmung der Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 4 AO gegenüber allen Feststellungsbeteiligten führt, auch wenn diese von der Außenprüfung keine Kenntnis haben (so schon BFH-Urteil vom 16.06.2015 - IX R 51/14, BFHE 251, 98, BStBl II 2016, 13, Rz 12). Hierzu gehören auch die Kläger, die eine Eigentumswohnung im Gesamtobjekt erworben hatten. Ein Verwertungsverbot kann folglich nicht gegeben sein. Dies ist übrigens nach der geklärten höchstrichterlichen Rechtsprechung auch deshalb nicht der Fall, weil selbst bei einer Außenprüfung ohne wirksame Prüfungsanordnung im vorliegenden Fall der zuvor erlassene Bescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden konnte (vgl. dazu nur BFH-Urteil vom 20.12.2006 - XI B 23/06, BFH/NV 2007, 648, unter 2.a, m.w.N.).
bb) Mangels Vorliegens eines einfachen Rechtsfehlers erübrigen sich weitergehende Ausführungen dazu, ob die Kläger (auch) die Zulassung der Revision wegen § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO begehren.
b) Soweit die Kläger rügen, das FG habe ihre rechtlichen Ausführungen zur Rechtsstellung der ILB außer Acht gelassen, könnten sie die Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 96 Abs. 2 FGO geltend machen. Allerdings legen die Kläger, wenn auch umfangreich, lediglich dar, warum das FG ihrer Rechtsansicht zum Begriff der Denkmalschutzbehörde im Klageverfahren nicht gefolgt ist. Eine Gehörsverletzung stellt dies nicht dar. Vielmehr wenden sich die Kläger allein dagegen, dass das FG sie nicht "erhört" hat, sich also ihren Ansichten nicht angeschlossen hat (vgl. insoweit auch Senatsbeschluss vom 07.09.2017 - X B 52/17, BFH/NV 2018, 221, Rz 22, m.w.N.).
4. Letztlich wiederholen die Kläger ‑‑in Art einer Berufungsschrift‑‑ ihre Rechtsansichten aus dem Klageverfahren. Soweit sie deshalb der Ansicht sind, das FG-Urteil sei materiell-rechtlich fehlerhaft, reicht dies jedoch nicht aus, um die Revision zuzulassen. Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen für sich genommen nicht die Zulassung der Revision (vgl. Senatsbeschluss vom 01.03.2019 - X B 45/18, BFH/NV 2019, 545, Rz 33, m.w.N.). Aus Sicht des Senats sind solche Fehler, wie dargelegt, auch nicht erkennbar.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
6. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhaltes sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.