ECLI:DE:BFH:2021:U.250621.IIR32.19.0
BFH II. Senat
ErbStG § 7 Abs 1 Nr 1, ErbStG § 7 Abs 1 Nr 9 S 2 Halbs 2, AStG § 15 Abs 1, ZPO § 293, GG Art 3 Abs 1, FGO § 155 S 1, FGO § 76, AO § 90 Abs 2, AEUV Art 63
vorgehend FG München, 14. May 2019, Az: 4 K 2034/16
Leitsätze
1. NV: Zwischenberechtigter einer ausländischen Vermögensmasse i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über dingliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche in Bezug auf Vermögen oder Erträge der Vermögensmasse verfügt.
2. NV: Die Ermittlung ausländischen Rechts, dem die Vermögensmasse unterliegt, ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz. In welchem Umfang das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen und ist von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig; der Vortrag der Beteiligten ist zu berücksichtigen.
3. NV: Bei Ausschüttungen aus einer ausländischen Vermögensmasse obliegt es dem Empfänger, die Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls die erforderlichen Beweismittel dafür zu beschaffen, dass ihm nach Maßgabe des einschlägigen Rechts kein Anspruch auf die Ausschüttung zugestanden habe.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 15.05.2019 - 4 K 2034/16 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war mit dem in den USA wohnhaften und in 2010 verstorbenen ... (E) verheiratet. E hatte mehrere Trusts gegründet, deren Begünstigte die Klägerin war, u.a. den hier streitgegenständlichen "..." (im Folgenden: Trust) aufgrund eines letztmals am 26.03.2010 geänderten Vertrags vom 30.05.1984 (Trustvertrag 1984). Der Trust ist unwiderruflich und bildet eine selbständige Vermögensmasse. Die Klägerin kann keinen Einfluss auf Anlageentscheidungen des Trusts nehmen.
Beginnend mit dem Tod des E sollen danach die Nettoeinnahmen des Trusts gemäß den Verfügungen der Verwalter des Trusts in vierteljährlichen Raten an die Klägerin ausgezahlt oder für sie verwendet werden. Durch Auszahlungen aus dem Grundkapital des Trusts waren diese Leistungen so aufzustocken, dass die Klägerin insgesamt jährlich mindestens ... $ erhält.
Die Klägerin, die seit 2011 einen Wohnsitz im Inland hat, bezog in diesem Jahr vier Ausschüttungen des Trusts mit einem Gesamtbetrag in Höhe von ... €, deren zweite vom 16.05.2011 sich auf ... € belief.
Am 14.12.2015 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) Schenkungsteuerbescheide gegenüber einer Privatstiftung der Klägerin und nach Einsprüchen am 21.01.2016 gegenüber der Klägerin selbst, die es als Änderungsbescheide nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bezeichnete. Die Steuer für die erste der vier Auszahlungen setzte es auf 0 €, die Steuer für die zweite Auszahlung vom 16.05.2011 nach Anrechnung des Vorerwerbs auf ... € fest und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 04.07.2016 zurück.
Außerdem setzte das dafür zuständige Finanzamt gegenüber der Klägerin mit bestandskräftigem Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 07.02.2017 Einkommensteuer in Höhe von ... € fest. Hierbei legte es u.a. einen Hinzurechnungsbetrag in Höhe von ... € nach § 15 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (AStG a.F.) zu Grunde, der sämtliche zu Gunsten der Klägerin als Begünstigte errichtete US-Trusts erfasst. Auf den streitgegenständlichen Trust entfällt ein Teilbetrag in Höhe von ... €.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Zahlungen des Trusts seien gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) schenkungsteuerpflichtig. Die Klägerin sei Zwischenberechtigte im Sinne der Vorschrift, da sie während des Bestehens des Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten habe. Es liege keine unzulässige Doppelbesteuerung vor. Die Schenkungsteuer erfasse einen anderen Lebenssachverhalt als das AStG a.F. Die Frage der Übermaßbesteuerung könne allenfalls im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung geltend gemacht und geprüft werden. Überdies liege die Gesamtsteuerbelastung allenfalls im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts geltend. Es sei rechtswidrig, die Erträge des Trusts sowohl über § 15 AStG a.F. zuzurechnen als auch über § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Außerdem stelle die Besteuerung der Ausschüttungen einer ausländischen Vermögensmasse nicht nur einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), sondern auch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ‑‑AEUV‑‑) dar, da satzungsmäßige Ausschüttungen inländischer Stiftungen nicht der Schenkungsteuer unterlägen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung, den Schenkungsteuerbescheid vom 21.01.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 04.07.2016 aufzuheben.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Es bezieht sich im Wesentlichen auf das FG-Urteil und ergänzt, eine etwaige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sei gerechtfertigt. Da die Ausschüttungen inländischer Stiftungen nicht nach § 10 Abs. 7 ErbStG abziehbar seien, unterlägen sie über den Ersatztatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG im Ergebnis ebenfalls der Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Auf Grundlage der Feststellungen des FG lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob die Ausschüttung vom 16.05.2011 der Schenkungsteuer unterliegt.
1. Der als Änderungsbescheid ergangene Schenkungsteuerbescheid vom 21.01.2016 hat im Wege der Umdeutung als Erstbescheid Bestand, da die Rechtsfolge des durch Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakts (Besteuerung der Zuwendung vom 16.05.2011 bei der Klägerin) der des umgedeuteten Verwaltungsakts entspricht (vgl. zur umgekehrten Umdeutung Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 22.08.2007 - II R 44/05, BFHE 218, 494, BStBl II 2009, 754, unter II.B.2.a aa, m.w.N.) und als Erstbescheid vom FA hätte erlassen werden können. Sowohl die Klägerin als auch das FA haben zu Recht den als Änderungsbescheid erlassenen Bescheid als Erstbescheid betrachtet.
2. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden, was u.a. bei Aufhebung einer Stiftung erworben wird. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG steht dem gleich der Erwerb bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, sowie der Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse.
a) Die Regelungen über Vermögensmassen ausländischen Rechts in §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG wurden durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (BGBl I 1999, 402) eingeführt. Sie sollten vor allem typische und in den anglo-amerikanischen Staaten gebräuchliche Formen des sog. common law trust erfassen (BFH-Urteil vom 03.07.2019 - II R 6/16, BFHE 265, 421, BStBl II 2020, 61, Rz 40, m.w.N.). Es handelte sich um eine Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH, derzufolge die bloße Errichtung sog. Testamentstrusts, die nicht auf alsbaldige Verteilung des Trustvermögens gerichtet waren, grundsätzlich weder beim Trustverwalter noch beim Begünstigten zu einem steuerbaren Erwerb führte, während die grundsätzlich mögliche Besteuerung der (kapitalisierten) zukünftigen Erträge unter Vollzugsdefiziten litt (vgl. BFH-Urteil vom 27.09.2012 - II R 45/10, BFHE 238, 540, BStBl II 2013, 84, Rz 13, 24, m.w.N. zur früheren Rechtsprechung; s.a. BFH-Urteil vom 15.07.2014 - X R 41/12, BFHE 246, 442, Rz 42). Mit der Neuregelung hat der Gesetzgeber einen Systemwechsel vollzogen, indem er beim Zwischenberechtigten die (schrittweise) Auskehrung von Vermögen und Erträgen der Besteuerung unterworfen hat (BFH-Urteil in BFHE 238, 540, BStBl II 2013, 84, Rz 24; BTDrucks 14/443, S. 41).
b) Für ausländische Stiftungen hat der BFH die nachfolgenden Grundsätze aufgestellt:
aa) Das Vermögen einer wirksam gegründeten, rechtlich selbständigen und damit intransparenten Stiftung ist dem Stifter nicht mehr zuzurechnen. Ist einer solchen Stiftung vor dem Erbfall tatsächlich und rechtlich wirksam Vermögen zugeflossen, ist dieses nur noch der Stiftung zuzuordnen. Der Tod des Stifters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung (vgl. BFH-Urteil vom 05.12.2018 - II R 9/15, BFHE 263, 283, BStBl II 2020, 655, Rz 21). Sind jedoch nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen dem Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen einer ausländischen Stiftung vorbehalten, sodass die Stiftung gehindert ist, über das ihr übertragene Vermögen dem Stifter gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen, ist das Vermögen weiterhin dem Stifter zuzurechnen. Herrschaftsbefugnisse in diesem Sinne ergeben sich z.B. durch den Vorbehalt des Stifters in Bezug auf die Entscheidungen über die Anlage und Verwendung des Vermögens, durch die Möglichkeit, ganz oder teilweise die Rückübertragung des Vermögens zu verlangen und durch die Weisungsunterworfenheit der Stiftung und ihrer Organe gegenüber dem Stifter. Der Stifter kann in solchen Fällen aufgrund seiner Befugnisse über das Vermögen der Stiftung wie über ein eigenes Bankguthaben verfügen. Dies gilt vorbehaltlich Änderungen der getroffenen Vereinbarungen und Regelungen oder anderweitiger Zwischenverfügungen bis zum Todeszeitpunkt (vgl. BFH-Urteile vom 28.06.2007 - II R 21/05, BFHE 217, 254, BStBl II 2007, 669, unter II.2.b, und in BFHE 263, 283, BStBl II 2020, 655, Rz 22).
bb) Zwischenberechtigter einer ausländischen Stiftung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über eine Rechtszuständigkeit an dem in der Vermögensmasse gebundenen Vermögen und/oder an den durch die Vermögensmasse erzielten Erträgen verfügt, sei es ‑‑nach deutschem Rechtsverständnis‑‑ in Gestalt dinglichen Rechts oder in Gestalt schuldrechtlicher Ansprüche. Nicht zwischenberechtigt ist, wer über keine Rechte an der Vermögensmasse oder Ansprüche gegenüber der Vermögensmasse verfügt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 265, 421, BStBl II 2020, 61, Rz 35).
cc) Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG erstreckt sich auf Ausschüttungen aus der Vermögenssubstanz wie auch aus den Erträgen. Es besteht kein Anlass, insoweit eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Die Vorschrift stellt allein auf den Erwerb während des Bestehens der Vermögensmasse ab. Sie differenziert nicht danach, ob der Erwerb aus dem Vermögen oder den Erträgen erfolgt.
c) Diese für ausländische Stiftungen entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen auch für andere Vermögensmassen ausländischen Rechts, einschließlich anglo-amerikanischer Trusts. Ausländische Stiftungen sind lediglich ein Unterfall der in § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG genannten Vermögensmassen ausländischen Rechts. Es gibt keinen Grund, zwischen verschiedenen Arten ausländischer Vermögensmassen zu differenzieren, zumal auch "Stiftungen" unter unterschiedlichen Rechtsordnungen unterschiedlichen Rechtscharakter haben können.
3. Die Ermittlung des ausländischen Rechts, dem die Vermögensmasse unterliegt, ist grundsätzlich Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz.
a) Das maßgebende ausländische Recht ist nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 293 der Zivilprozessordnung (ZPO) von Amts wegen zu ermitteln (BFH-Urteile vom 07.12.2017 - IV R 23/14, BFHE 260, 312, BStBl II 2018, 444, Rz 37, und vom 22.03.2018 - X R 5/16, BFHE 261, 132, BStBl II 2018, 651, Rz 22). Das Gericht hat dabei nicht nur die ausländischen Rechtsnormen, sondern auch deren Anwendung in der Rechtspraxis zu ermitteln. Das Recht ist als Ganzes, d.h. in seinem systematischen Kontext, mit Hilfe der im ausländischen Rechtssystem gebräuchlichen Methoden und unter Einbeziehung der ausländischen Rechtsprechung und Rechtslehre zu erfassen (BFH-Urteil in BFHE 260, 312, BStBl II 2018, 444, Rz 37). Gegebenenfalls kann das Gericht amtliche Auskünfte bei Behörden des betreffenden Landes oder bei deutschen Botschaften, Konsulaten und Ministerien einholen oder ein Sachverständigengutachten z.B. eines wissenschaftlichen Instituts einholen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 260, 312, BStBl II 2018, 444, Rz 39).
b) Wie das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dabei lassen sich die Anforderungen an Umfang und Intensität der Ermittlungspflicht des Tatrichters nur in sehr eingeschränktem Maße generell-abstrakt bestimmen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 261, 132, BStBl II 2018, 651, Rz 23; BFH-Beschluss vom 17.07.2019 - II B 35-37/18, BFHE 265, 14, BStBl II 2020, 394, Rz 18; Beschluss des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 30.03.2021 - XI ZB 3/18, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2021, 916, Rz 59 ff., jeweils m.w.N.). Geleitet wird die Ermessensausübung des FG durch die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen, aber auch den Vortrag der Beteiligten (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2020 - VI R 22/18, BFH/NV 2021, 758, Rz 23; BGH-Beschluss vom 17.05.2018 - IX ZB 26/17, Monatsschrift für Deutsches Recht ‑‑MDR‑‑ 2018, 1079, Rz 19, m.w.N.). Die Komplexität ausländischen Rechts entbindet das FG jedoch nicht von seiner Ermittlungspflicht. Auch eine Entscheidung nach den Grundsätzen der Feststellungslast ist in diesem Bereich nicht möglich. Die ausländischen Rechtssätze werden nicht zu Tatsachen (vgl. BFH-Urteile vom 13.06.2013 - III R 10/11, BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706, Rz 29, und in BFHE 261, 132, BStBl II 2018, 651, Rz 23; BGH-Beschluss in MDR 2018, 1079, Rz 19, jeweils m.w.N.).
c) Der Anwendungsbereich des § 293 ZPO bezieht sich nur auf Rechtsfragen und nicht auf entscheidungserhebliche Tatsachen. Für diese gelten die allgemeinen Anforderungen an die Darlegungs- und Feststellungslast (vgl. BGH-Urteil vom 25.06.2019 - X ZR 166/18, MDR 2019, 1303, Rz 25, m.w.N.). Das FG ist als Tatsacheninstanz gemäß § 76 Abs. 1 FGO von Amts wegen verpflichtet, den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel zu erforschen. Die Beteiligten haben bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben (§ 76 Abs. 1 Sätze 2, 3 FGO). Bei einem Sachverhalt, der sich auf Vorgänge im Ausland bezieht, trifft den Steuerpflichtigen nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO eine erhöhte Aufklärungs- und Beweismittelbeschaffungspflicht. Dazu gehört nach § 90 Abs. 2 Satz 1 AO insbesondere, dass die Beteiligten den Sachverhalt aufzuklären, die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen haben und dem FA oder dem FG zur Verfügung zu stellen haben (vgl. BFH-Urteil vom 07.11.2001 - I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl II 2002, 861, unter II.10.). Zu beachten bleibt jedoch, dass auch die erweiterte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO auf Tatsachen beschränkt bleibt (BFH-Urteil in BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706, Rz 27, 29 ff.).
4. Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein Erwerb nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG, dort insbesondere das Tatbestandsmerkmal "Zwischenberechtigter", streitig ist.
a) Das FG muss zunächst das ausländische Recht ermitteln und prüfen, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen einem Begünstigten einer ausländischen Vermögensmasse eine nicht ohne weiteres entziehbare Rechtszuständigkeit an Vermögenssubstanz und/oder -erträgen (s. dazu oben unter II.2.b bb) nach dem jeweils maßgebenden Recht zusteht. Über den Umfang der Ermittlungen entscheidet das FG in pflichtgemäßem Ermessen nach den Umständen des Einzelfalls.
b) Soweit es die Tatsachen betrifft, die das Tatbestandsmerkmal "Erwerb durch Zwischenberechtigte" i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG ausfüllen, sind die Grundsätze zur Ermittlung von Auslandssachverhalten zu beachten. Es handelt sich zwar um eine steuerbegründende Tatsache, für die die Finanzbehörde im finanzgerichtlichen Verfahren die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt. Die nach § 90 Abs. 2 AO erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen erfasst aber auch Ausschüttungen aus einer ausländischen Vermögensmasse. Tatsächlich ist allein der Empfänger solcher Ausschüttungen in der Lage, Auskunft zu den konkreten Verhältnissen dieser Vermögensmasse zu geben. Ihm obliegt es daher, die Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls die erforderlichen Beweismittel dafür zu beschaffen, dass ihm nach Maßgabe des einschlägigen Rechts kein Anspruch auf die Ausschüttung zugestanden habe und umgekehrt die jeweils zuständigen Organe der Vermögensmasse (etwa Treuhänder oder Stiftungsrat) in der Entscheidung über die Person des Empfängers und die Höhe der Ausschüttung rechtlich und tatsächlich frei gewesen seien, er mithin nach den in dem BFH-Urteil in BFHE 265, 421, BStBl II 2020, 61, Rz 35, aufgestellten Grundsätzen nicht Zwischenberechtigter i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG gewesen sei. In einem solchen Fall bleibt jedoch zu prüfen, ob eine Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliegt. Auf die dazu entwickelten allgemeinen Grundsätze wird verwiesen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 265, 421, BStBl II 2020, 61, Rz 13 ff., m.w.N.).
5. Die Vorentscheidung ist aufzuheben. Das FG ist von abweichenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Der BFH vermag auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend zu entscheiden, ob ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang vorlag und sich die Entscheidung deshalb im Ergebnis als richtig erweist.
a) Das FG hat festgestellt, dass es sich bei dem Trust um eine selbständige Vermögensmasse ausländischen Rechts i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG handelt. Es hat die Klägerin im Hinblick auf die Auszahlungen des Jahres 2011 als Zwischenberechtigte angesehen, da es nach der früheren Rechtsprechung lediglich darauf ankam, dass ein Begünstigter während des Bestehens eines Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten hat und weder Anfangs- noch Endberechtigter des Trusts war. Das FG konnte weder die in dem BFH-Urteil in BFHE 265, 421, BStBl II 2020, 61 enthaltenen Modifikationen dieses Rechtssatzes noch die auf dieser Grundlage fortentwickelten Grundsätze zur Feststellung, wann jemand Zwischenberechtigter ist, berücksichtigen.
b) Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang zunächst anhand der dargelegten Vorgaben ermitteln müssen, welches Recht für den Trust gilt und unter welchen Voraussetzungen dieses Rechts Ausschüttungen vorgenommen werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bestimmungen des Trustvertrags 1984 lediglich die Maßgaben für die Errichtung des Trusts enthalten. Wie der Trust tatsächlich ausgestaltet ist, ergibt sich aus dem Trustvertrag 1984 nicht zwingend. Im Rahmen dieser Ermittlungen obliegt es gegebenenfalls der Klägerin, die Beweismittel dafür zu beschaffen, dass die Ausschüttungen nach dem mittlerweile konkretisierten Begriff des Zwischenberechtigten i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG nicht durch Ansprüche gedeckt waren. Sollte das FG zum Ergebnis kommen, dass die Klägerin keine Zwischenberechtigte i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG gewesen ist, ist zu prüfen, ob freigebige Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorlagen. Fehlt es daran, wären die Ausschüttungen schenkungsteuerfrei.
6. Sollte sich hingegen herausstellen, dass die Klägerin die Ausschüttungen aus dem Trust entweder als Zwischenberechtigte oder im Wege der freigebigen Zuwendung erworben hat, weist der Senat ‑‑ohne Bindungswirkung nach § 126 Abs. 5 FGO‑‑ für den zweiten Rechtsgang zu der Frage der doppelten Besteuerung auf Folgendes hin:
a) Es bestehen bereits Zweifel, ob eine doppelte steuerliche Erfassung desselben Lebenssachverhalts vorliegt. Über § 15 Abs. 4, Abs. 1 Satz 1 AStG a.F. werden Vermögen und Einkommen der ausländischen Vermögensmasse dem Stifter oder den bezugs- oder anfallsberechtigten Personen zugerechnet. Die ertragsteuerrechtliche Zurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG a.F. setzt mithin gerade keine Ausschüttung in Gestalt eines tatsächlichen Zuflusses an den Begünstigten voraus (vgl. Schienke-Ohletz/Kühn, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2015, 150; Wassermeyer, Internationales Steuerrecht 2009, 191 ff.). Demgegenüber knüpft die Schenkungsteuer ausdrücklich an die Ausschüttung an.
b) Ungeachtet dessen ist der Senat nicht davon überzeugt, dass das Zusammentreffen von Schenkungsteuer und Einkommensteuer in der vorliegenden Konstellation gegen Verfassungsrecht verstieße. Der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers wird für den Bereich des Steuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt, die Prinzipien der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.2006 - 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.2., m.w.N.). Das Grundgesetz selbst kennt eine Vielzahl von Steuern (vgl. Art. 105 ff. GG). Es gibt keinen Verfassungsgrundsatz des Inhalts, dass alle Steuern aufeinander abgestimmt und dass Lücken sowie eine mehrfache Besteuerung des nämlichen Sachverhalts vermieden werden müssten (vgl. BFH-Urteil vom 06.12.2016 - I R 50/16, BFHE 256, 122, BStBl II 2017, 324, Rz 18, m.w.N.). Kommt es zu Doppelbelastungen bei folgerichtiger Ausgestaltung jeder Einzelsteuer, ist das unvermeidlich und nicht verfassungswidrig (BFH-Urteil vom 27.09.2017 - II R 15/15, BFHE 260, 75, BStBl II 2018, 281, Rz 20, m.w.N.). Der Gesetzgeber hat insoweit konsequent die Doppelbelastung durch Schenkungsteuer und Einkommensteuer einschließlich der damit verbundenen Härten grundsätzlich in Kauf genommen (vgl. BFH-Urteil vom 17.02.2010 - II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641, Rz 17), indem er die Steuerermäßigung nach § 35b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ausdrücklich auf die Vorbelastung mit Erbschaftsteuer ‑‑und nicht mit Schenkungsteuer‑‑ begrenzt hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 13.03.2018 - IX R 23/17, BFHE 261, 385, BStBl II 2018, 593, Rz 22). Es ist daher nicht geboten, im Wege verfassungskonformer Auslegung bei einer Ausschüttung aus einem Trust ‑‑unabhängig davon, ob sie der Dividendenausschüttung einer Kapitalgesellschaft vergleichbar ist‑‑ die Schenkungsteuer gegenüber einer etwaig zusätzlich anfallenden "spezielleren" Einkommensteuer zurücktreten zu lassen. Der BFH-Beschluss vom 21.07.2014 - II B 40/14 (BFH/NV 2014, 1554, Rz 15 f.) hegte lediglich im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes Zweifel an der Zulässigkeit einer derartigen Doppelbelastung und steht dem nicht entgegen.
7. Ob die Besteuerung von Ausschüttungen ausländischer Vermögensmassen beim Zwischenberechtigten eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV darstellt und ob diese gegebenenfalls gerechtfertigt ist, bedarf aufgrund der Zurückverweisung an das FG keiner Entscheidung.
8. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.