ECLI:DE:BFH:2022:U.240222.IIIR9.20.0
BFH III. Senat
EStG § 16, EStG § 34 Abs 1, EStG § 34 Abs 1, EStG § 52 Abs 47 S 1, GG Art 2 Abs 1, GG Art 3 Abs 1, GG Art 12, GG Art 14, GG Art 20 Abs 3, EStG § 32a
vorgehend FG Münster, 18. December 2019, Az: 1 K 2665/17 E
Leitsätze
1. Bei bilanzierenden Steuerpflichtigen ist Vertrauensschutz gegenüber unecht rückwirkenden Gesetzen nicht über mindestens zwei Veranlagungszeitraumwechsel hinweg zu gewähren. Der BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III vom 07.07.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06 (BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 925 ‑‑Entscheidungsformel‑‑) ist nicht nur auf Arbeitnehmerabfindungen zugeschnitten.
2. Die BVerfG-Beschlüsse Rückwirkung im Steuerrecht I vom 07.07.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 ‑‑Entscheidungsformel‑‑) und Rückwirkung im Steuerrecht II vom 07.07.2010 - 2 BvR 748/05 (BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86 ‑‑Entscheidungsformel‑‑) sind wegen des Dualismus der Einkunftsarten auf Vermögenszuwächse im Gewerbebetrieb nicht übertragbar.
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 18.12.2019 - 1 K 2665/17 E wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die auf einen gewerblichen Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entfallende Einkommensteuer im Jahr 2000 aus verfassungsrechtlichen Gründen (zumindest teilweise) nur mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG in der bis 1998 geltenden Fassung vom 29.10.1997 (EStG 1998) zu bemessen ist oder mit dem allgemeinen Steuersatz unter Berücksichtigung der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (EStG 1999/2000, BGBl I 1999, 402).
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind die Erben und (in einem Fall) Erbeserben eines im Streitjahr 2000 zusammen mit seiner Frau zur Einkommensteuer veranlagten und 2011 verstorbenen Erblassers (E).
E hielt aufgrund Vertrags vom ...1992 eine atypisch stille Unterbeteiligung am Kommanditanteil einer KG eines seiner Kinder. Im Vertrag war eine ordentliche Kündigung des Unterbeteiligungsverhältnisses erstmalig zum ...2000 unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren vorgesehen. Mit Schreiben vom ...05.1998 kündigte E das Unterbeteiligungsverhältnis zum ...2000. Das Auseinandersetzungsguthaben wurde in Raten in den Jahren 2001 bis 2012 ausgezahlt.
Zwischen der Kündigung am ...05.1998 und dem Eintritt der Kündigungsfolgen am ...2000 wurde § 34 Abs. 1 EStG für E nachteilig geändert. Der Gesetzentwurf wurde am 09.11.1998 in den Bundestag eingebracht und das Gesetz vom 24.03.1999 am 31.03.1999 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es trat mit Wirkung vom 01.01.1999 in Kraft. Mit Gesetz zur Ergänzung des Steuersenkungsgesetzes (Steuersenkungsergänzungsgesetz) vom 19.12.2000 wurde § 34 EStG mit Wirkung vom 01.01.2001 erneut geändert (vgl. zur Rechtsentwicklung Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ Rückwirkung im Steuerrecht III vom 07.07.2010 - 2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 4 ff.).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) stellte mit Bescheid für 2000 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der KG vom 08.02.2005 (Grundlagenbescheid) u.a. einen Veräußerungsgewinn des E in Höhe von ... DM (... €) fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Das FA wendete im streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 21.02.2005 (Folgebescheid) auf den Veräußerungsgewinn die Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 an und bemaß die Einkommensteuer mit dem allgemeinen Steuersatz gemäß § 32a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung vom 22.12.1999 (EStG 2000), d.h. mit dem Höchststeuersatz von (im Jahr 2000) 51 %, nicht ‑‑wie von E und seiner Frau beantragt‑‑ mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1998 (1/2 von 53 %, dem Höchststeuersatz im Jahr 1998). Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 31.07.2017) und Klage blieben erfolglos.
Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 273 veröffentlicht.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, das Finanzgericht (FG) habe zu Unrecht entschieden, im Einkommensteuerbescheid 2000 des E und seiner Frau sei der streitgegenständliche Veräußerungsgewinn mit dem allgemeinen Steuersatz gemäß § 32a EStG 2000 und nicht mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1998 zu bemessen. Die Änderung des § 34 EStG im EStG 1999/2000 sei verfassungswidrig. Das Verfahren sei auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) sei die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 das GG verletze.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung des Urteils des FG Münster vom 18.12.2019 - 1 K 2665/17 E den Einkommensteuerbescheid 2000 vom 21.02.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2017 dahingehend zu ändern, dass die auf den streitgegenständlichen Veräußerungsgewinn entfallende Einkommensteuer nur mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG 1998 bemessen wird,
hilfsweise dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf den bis zum 31.03.1999 erwirtschafteten Unternehmenswert in dem Veräußerungserlös nur mit dem halben Steuersatz gemäß § 34 EStG 1998 bemessen wird,
und dazu
das Revisionsverfahren auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG die Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 in der Fassung, welche die Vorschrift durch den BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 erhalten hat, gegen Verfassungsrecht verstößt, soweit danach für Veräußerungsgewinne i.S. des § 16 EStG die sog. Fünftel-Regelung anstelle des zuvor geltenden halben durchschnittlichen Steuersatzes zur Anwendung kommt.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist in Haupt- und Hilfsantrag unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn des E nicht mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1998 zu bemessen ist, sondern unter Berücksichtigung der Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 (hier und im Folgenden in der Fassung, welche die Vorschriften durch den BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 erhalten haben) mit dem allgemeinen Steuersatz gemäß § 32a EStG 2000. § 34 EStG und § 52 Abs. 47 Satz 1 EStG 1999/2000 sind formell verfassungsgemäß zustande gekommen (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht I vom 07.07.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 52 f.). Die Vorschriften sind auch unter keinem entscheidungserheblichen Gesichtspunkt i.S. des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG materiell-rechtlich verfassungswidrig. Das Verfahren ist nicht auszusetzen, um eine Entscheidung des BVerfG einzuholen. Auch eine verfassungskonforme Auslegung oder eine teleologische Reduktion des Gesetzes sind im Streitfall nicht geboten.
1. Der Senat kann entscheiden, obwohl die Kläger am 24.02.2022 nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Denn sie sind ausweislich der Akten ordnungsgemäß geladen und dabei darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO). Die Ladung vom 16.12.2021 ist dem Prozessbevollmächtigten am 17.12.2021 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden. Ein weiterer Antrag auf Terminsverlegung wurde nicht gestellt.
2. FA und FG haben die streitgegenständliche Einkommensteuer 2000 nach dem Wortlaut des im Streitjahr geltenden Gesetzes gemäß § 34 und § 52 Abs. 47 Satz 1 EStG 1999/2000 zutreffend bemessen; dies wird auch von den Beteiligten nicht in Frage gestellt. Die Regelung in § 34 Abs. 1 EStG 1998, wonach die Einkommensteuer unter bestimmten Voraussetzungen mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz zu bemessen war, ist gemäß § 52 Abs. 47 Satz 1 EStG 1999/2000 nur bis zum 31.12.1998 anwendbar. § 34 (Abs. 3) EStG n.F., wonach unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zur Bemessung der Einkommensteuer auf Veräußerungsgewinne mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz wieder eingeführt wurde, ist erst ab dem Veranlagungszeitraum 2001 anwendbar.
3. § 34 Abs. 1 und § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 sind nicht verfassungswidrig; sie entfalten in Bezug auf die Fallkonstellation des Streitfalls keine unzulässige Rückwirkung und sind insoweit mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vereinbar.
a) Außerhalb des Strafrechts ‑‑hier gilt Art. 103 Abs. 2 GG‑‑ beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip, vor allem auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen vom 25.03.2021 - 2 BvL 1/11, BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, m.w.N.).
aa) Eine echte Rückwirkung, bei der die Rechtsfolge einer Rechtsnorm mit belastender Wirkung für vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll, also die Rückbewirkung von Rechtsfolgen, ist grundsätzlich unzulässig (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 52, m.w.N.). Im Einkommensteuerrecht betrifft dies die Änderung von Normen mit Wirkung für einen vergangenen Veranlagungszeitraum (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 55, m.w.N.; zu Ausnahmen vgl. BVerfG-Beschluss vom 12.11.2015 - 1 BvR 2961/14, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 2016, 93, Rz 56).
bb) Eine unechte Rückwirkung bzw. eine tatbestandliche Rückanknüpfung belastender Rechtsfolgen kann im Bereich des Einkommensteuerrechts vorliegen, wenn Normen für den laufenden oder für einen künftigen Veranlagungszeitraum geändert werden. Denn nach § 38 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt nach § 25 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Kalenderjahres (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 55, m.w.N.).
Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung belastender Rechtsfolgen ‑‑die Änderung des EStG für den laufenden oder für einen künftigen Veranlagungszeitraum‑‑ ist grundsätzlich zulässig, wenn sie zur Erreichung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 54 ff., m.w.N.; BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung vom 10.04.2018 - 1 BvR 1236/11, BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 136). Denn einerseits muss der Gesetzgeber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, den verfassungsrechtlich gebotenen Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Rechnung tragen. Dies gilt in besonderem Maß dann, wenn Normen mit belastenden Rechtsfolgen für den laufenden Veranlagungszeitraum geändert werden (vgl. BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138, und BVerfG-Beschluss Streubesitzbeteiligung vom 10.10.2012 - 1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, Rz 45). Andererseits würde die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bestehenden Rechtslage den Gesetzgeber lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung in nicht vertretbarer Weise zulasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 53 und 65, m.w.N.). Deshalb kann ein Steuerpflichtiger ‑‑auch dann, wenn eine Norm über längere Zeit nicht geändert wurde (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief vom 05.02.2002 - 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, unter C.II.3.b cc)‑‑ grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass das geltende Recht zukünftig unverändert fortbestehen werde, solange keine besonderen Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Dies gilt auch dann, wenn der Sachverhalt, der zur Besteuerung führt, bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung ins Werk gesetzt worden ist (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 53 und 80 f., m.w.N.; BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark vom 30.06.2020 - 1 BvR 1679/17, 1 BvR 2190/17, BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 125).
b) Nach diesen Maßstäben verstoßen § 34 Abs. 1 und § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 in keinem streitentscheidenden Punkt gegen die verfassungsrechtlich geschützten Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.
aa) Im Streitfall liegt weder ein Fall der verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässigen echten Rückwirkung bzw. der Rückbewirkung von Rechtsfolgen noch ein Fall der einer echten Rückwirkung nahestehenden, an besonders strengen Kriterien zu messenden rückwirkenden Änderung des Steuerrechts für den laufenden Veranlagungszeitraum vor. Denn die Gesetzesänderung erfolgte bereits im Jahr 1999 und die Einkommensteuerschuld entstand gemäß § 38 AO i.V.m. § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 1 EStG erst mit Ablauf des Jahres 2000.
bb) Es gelten somit die Maßstäbe, welche die Rechtsprechung für die Fälle einer unechten Rückwirkung bzw. einer Rückanknüpfung belastender Rechtsfolgen entwickelt hat, die erst in einem zukünftigen Veranlagungszeitraum eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits vorher ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden. Denn die Beendigung der Unterbeteiligung des E und damit die Besteuerung des Veräußerungserlöses im Jahr 2000 waren durch in der Vergangenheit liegende Umstände ‑‑die Vereinbarung vom ...1992 und die mit Schreiben vom ...05.1998 ausgesprochene Kündigung‑‑, bereits ins Werk gesetzt worden, bevor der Gesetzesentwurf am 09.11.1998 in den Bundestag eingebracht und das Gesetz am 31.03.1999 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde.
In einem derartigen Fall muss der Gesetzgeber Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen. Diese sind verletzt, wenn die unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Rz 131 ff.; BVerfG-Urteil Stichtagregelung im Vermögensgesetz, Rückübertragungsanspruch, Alteigentümer vom 23.11.1999 - 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, BGBl I 1999, 2484 ‑‑Entscheidungsformel‑‑; Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15.09.2010 - X R 55/03, BFH/NV 2011, 231, Rz 28).
cc) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sind § 34 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 47 EStG 1999/2000 im Streitfall mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, weil sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich sind und bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt.
(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien zum EStG 1999/2000 diente die Gesetzesänderung der Einnahmenerzielung (vgl. § 3 Abs. 1 AO) ‑‑die für sich genommen grundsätzlich noch kein den Vertrauensschutz betroffener Steuerpflichtiger überwindendes Gemeinwohlinteresse darstellt (BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 87, m.w.N.)‑‑ und der Beseitigung der über den Zweck der Progressionsglättung hinausgehenden Begünstigung der außerordentlichen Einkünfte und der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Besteuerung (BTDrucks 14/23, S. 183; BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 31). Zur Förderung dieser Gesetzeszwecke war die Gesetzesänderung unter Berücksichtigung der legislativen Entscheidungsprärogative geeignet und erforderlich.
(2) Umstände, die im Streitfall besondere Momente überwiegender Schutzwürdigkeit des E begründen könnten, liegen nicht vor.
(a) Im Streitfall liegt keine Fallkonstellation vor, in der ein besonderer Dispositionsschutz greift, weil die Disposition zeitnah Wirkungen entfalten soll und getätigt wurde, bevor das Vertrauen der Steuerpflichtigen in den Fortbestand des Rechts zerstört wurde (vgl. BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 75 ff. und 87, und BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 145 ff. und 150 ff.).
(aa) Zeitnah bedeutet in diesem Zusammenhang innerhalb des bereits laufenden Veranlagungszeitraums (vgl. BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 65 und 69) oder spätestens nach einem Veranlagungszeitraumwechsel (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 78 und 87).
(bb) Der Streitfall gehört nicht zur ersten Fallgruppe "zeitnah Wirkungen entfaltende Dispositionen", denn weder die Vereinbarung vom ...1992 noch die mit Schreiben vom ...05.1998 ausgesprochene Kündigung sollten zeitnah ‑‑nach spätestens einem Veranlagungszeitraumwechsel‑‑ ihre Wirkungen entfalten, sondern erst zum ...2000.
(cc) Der Auffassung der Kläger, der BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 (Rz 78) sei auf Arbeitnehmerabfindungen zugeschnitten, bei bilanzierenden Steuerpflichtigen sei Vertrauensschutz über mindestens zwei Veranlagungszeitraumwechsel hinweg zu gewähren, ist nicht zu folgen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach für die Ermittlung stiller Reserven und das Aufstellen einer Bilanz ein längerer Vorlauf oder eine längere Kündigungsfrist als ein Jahr notwendig ist.
(b) Im Streitfall hatte der der Besteuerung zugrunde liegende Vorgang vor Inkrafttreten der Neuregelung oder vor einem anderen maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. BVerfG-Beschluss Streubesitzbeteiligung in BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, Rz 67 ff.) auch keinen gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit erreicht.
(aa) Diesen sah das BVerfG in der bereits erwähnten zweiten Alternative in dem Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297 (Rz 88 ff.) darin, dass die Abfindung dem Steuerpflichtigen nach Abzug der nach altem Recht berechneten Lohnsteuer noch vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 31.03.1999 zugeflossen war und er davon ausgehen konnte, über den zugeflossenen Netto-Betrag ohne Rücksicht auf weitere einkommensteuerliche Pflichten frei verfügen zu können (vgl. BVerfG-Beschlüsse Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 65 ff., und Streubesitzbeteiligung in BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932, Rz 71; BFH-Beschluss vom 26.03.2021 - IX B 45/20, BFH/NV 2021, 767, Rz 16). Die bloße Erwartung, etwaige Gewinne später zu einem ermäßigten Steuersatz versteuern zu können, begründet hingegen keinen gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 64).
(bb) Der Streitfall fällt nicht in die zweite in dem BVerfG-Beschluss als schutzwürdig anerkannte Fallgruppe. Am 31.03.1999 lag nach den genannten Grundsätzen noch kein gesteigerter Grad an Abgeschlossenheit des der Besteuerung zugrunde liegenden Vorgangs vor. Die Gewinnfeststellung erfolgte erst nach dem bzw. zum ...2000, der Zufluss ab dem Jahr 2001. In den Jahren 1998 oder 1999 wusste E noch nicht sicher, ob und in welcher Höhe er im Jahr 2000 einen Gewinn erzielen würde. Er konnte auf den Gewinn vor der Gewinnfeststellung auch nicht zugreifen.
An einem gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit am Stichtag mangelt es im Streitfall erst recht, wenn man ‑‑was auch bei Gewinneinkünften in Betracht kommt (BVerfG-Beschluss Streubesitzbeteiligung in BVerfGE 132, 302, BStBl II 2012, 932 ‑‑Entscheidungsformel‑‑, Rz 71)‑‑ auf den Zufluss ab dem Jahr 2001 abstellen würde.
(cc) Der Streitfall ist hinsichtlich des Grads an Abgeschlossenheit des der Besteuerung zugrunde liegenden Vorgangs auch nicht mit den Fällen vergleichbar, die Gegenstand des BVerfG-Beschlusses Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 waren und in denen die Wertzuwächse mit dem Ablauf der Spekulationsfrist in das keiner weiteren einkommensteuerlichen Belastung mehr ausgesetzte, frei verwertbare Privatvermögen hineingewachsen waren.
Denn bei den Gewinneinkunftsarten, insbesondere bei den im Streitfall vorliegenden gewerblichen Einkünften sind Wertzuwächse grundsätzlich bis zuletzt steuerverhaftet. Die bloße Hoffnung oder Erwartung, dass Vermögensgegenstände, auf denen stille Reserven ruhen, bis zur Betriebsaufgabe oder bis zur Veräußerung im Betriebsvermögen bleiben und die Einkommensteuer danach (nach altem Recht) zum halben durchschnittlichen Steuersatz bemessen werden wird, hat nichts mit einem besonderen Grad an Abgeschlossenheit des Vorgangs zu tun und ist auch im Übrigen nicht besonders schutzwürdig. Einen allgemeinen (Vertrauens-)Schutz vor zukünftigen steuerrechtlichen Änderungen in Bezug auf noch nicht realisierte und nicht verfestigte Wertsteigerungen im Bereich der gewerblichen Einkünfte gibt es nicht (vgl. etwa BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138; BFH-Beschlüsse vom 10.07.2002 - XI B 68/02, BFHE 201, 14, BStBl II 2003, 341, unter II.2.b; in BFH/NV 2021, 767, Rz 6 und 16). Somit sind die Ausführungen des BVerfG in dem Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76 im Hinblick auf den Dualismus der Einkunftsarten, auf den das BVerfG auch in dem zitierten Beschluss ausdrücklich abgestellt hat (Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 69 ff.), nicht auf die Besteuerung gewerblicher Einkünfte übertragbar.
(c) Im Streitfall ist das Vertrauen der Kläger auch nicht deshalb besonders schutzwürdig, weil sie am 09.11.1998 oder am 31.03.1999 bereits einen konkret vorhandenen Vermögensbestand im grundrechtlich geschützten Verfügungsbereich, eine verfestigte Vermögensposition oder eine verfestigte Erwartung auf Vermögenszuwächse erworben hatten oder sich in einer rechtlich konturierten Situation befanden, durch die sich ihre Position von der Situation bloß genereller Rechtsunterworfenheit abhob (zu diesen Momenten überwiegender Schutzwürdigkeit vgl. BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Rz 139 ff.; BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 140; BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, Rz 66, und Rückwirkung im Steuerrecht II vom 07.07.2010 - 2 BvR 748/05, BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86, Rz 54).
Selbst wenn man zugunsten der Kläger ihre Behauptung als richtig unterstellen würde, dass die Beteiligung des E zwischen dem ...1992 und dem 31.03.1999 kontinuierlich an Wert gewonnen hätte ‑‑was das FG nicht festgestellt hat‑‑, hatte E vor dem ...2000 jedoch noch keinen konkreten Vermögensbestand, sondern nur die Erwartung, dass Vermögensgegenstände, in denen (angeblich) stille Reserven ruhten, bis zur Aufgabe der Unterbeteiligung im Betriebsvermögen bleiben, dass eine Aufgabe oder Veräußerung der Unterbeteiligung mit Gewinn und dass die Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach altem Recht zum halben durchschnittlichen Steuersatz möglich sein würden. Eine derartige Erwartung ist nicht besonders schutzwürdig, solange keine besonderen weiteren Umstände hinzutreten (vgl. dazu unter (e)).
Die Fälle Rückwirkung im Steuerrecht I in BVerfGE 127, 1, BStBl II 2011, 76, und Rückwirkung im Steuerrecht II in BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86, auf die sich die Kläger berufen, unterscheiden sich in diesem Punkt entscheidend vom Streitfall. In dem einen Fall war die Wertsteigerung des Vermögenswerts nach Ablauf der Spekulationsfrist in das nicht mehr der Einkommensbesteuerung unterliegende Privatvermögen hineingewachsen, in dem anderen Fall erfolgte der Wertzuwachs von Anfang an im Privatvermögen, das mangels wesentlicher Beteiligung nicht der Einkommensbesteuerung unterlag. Die Überlegungen des BVerfG sind wegen des Dualismus der Einkunftsarten auf grundsätzlich steuerverhaftete Vermögenszuwächse im Gewerbebetrieb nicht übertragbar.
(d) Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 auch nicht das Vertrauen in den Fortbestand einer befristeten (Übergangs-)Vorschrift enttäuscht (zu diesem Vertrauensschutztatbestand vgl. etwa BVerfG-Beschluss Gesundheitsstrukturgesetz, Zugang zur Krankenversicherung der Rentner vom 15.03.2000 - 1 BvL 16/96, 1 BvL 17/96, 1 BvL 18/96, 1 BvL 19/96, 1 BvL 20/96, 1 BvL 18/97, BVerfGE 102, 68, BGBl I 2000, 1300, unter B.II.1.; BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 33).
Zwar wurde im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Höchstbetrags der dem halben Steuersatz unterliegenden Einkünfte von 30 Mio. DM auf 15 Mio. DM durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590, BStBl I 1997, 928) durch § 52 Abs. 24a EStG geregelt, welcher Höchstbetrag für 1998 bis 2000 (15 Mio. DM) und für den Veranlagungszeitraum 2001 und die folgenden Veranlagungszeiträume (10 Mio. DM) gelten sollte. Allerdings kann aus einer Regelung, durch welche lediglich die Höhe der begünstigten Einkünfte begrenzt wurde, nicht zwingend auf die Fortgeltung des ermäßigten Steuersatzes für außerordentliche Einkünfte für einen bestimmten Übergangszeitraum geschlossen werden (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 76; BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 33).
(e) Auch im Übrigen sind im Streitfall keine Umstände ersichtlich, die durch eine allgemeine gesetzliche Regelung oder durch Aussetzung des Verfahrens bis zum Ergehen einer einzelfallbezogenen Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO (Grundlagenbescheid) abgemildert werden müssten (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 36, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 07.03.2003 - IV B 163/02, BFH/NV 2003, 777, unter 2.b; BVerfG-Beschluss Gesundheitsstrukturgesetz, Zugang zur Krankenversicherung der Rentner in BVerfGE 102, 68, unter B.II.3.).
(aa) Zwar ist es naheliegend, dass die seit Jahrzehnten geltende ermäßigte Besteuerung unter Umständen auch Bestandteil eines Konzepts der Altersversorgung von Unternehmern war, weshalb die Änderung im Einzelfall zu einer gravierenden Gefährdung der Altersversorgung führen könnte (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 36).
Im Fall des E wurde Derartiges vom FG jedoch nicht festgestellt und von den Klägern auch nicht vorgetragen. Die streitgegenständliche Beteiligung des E bestand bis zur Neuregelung nur gut sechs Jahre und jedenfalls nicht annähernd ein Arbeitsleben lang. Diese Beteiligung war auch nicht die einzige Beteiligung des E, der über laufende Einkünfte verfügte, die zur Anwendung des Spitzensteuersatzes führten. Umstände, wonach die Steuerrechtsänderung ein Altersversorgungskonzept tangierte oder sonst mit gravierenden Folgen für E verbunden war, die über die allgemeinen Folgen einer jeden Besteuerung hinausgehen, sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich und wurden von den Klägern auch nicht geltend gemacht.
(bb) Der Vortrag, E habe 1998 keine Möglichkeit zur Risikovorsorge durch eine abweichende Vertragsgestaltung gehabt (vgl. BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht III in BVerfGE 127, 31, BGBl I 2010, 1297, Rz 76, und BVerfG-Beschluss Erbbauzinsen in BVerfGE 157, 177, BGBl I 2021, 1800, Rz 69, m.w.N.), da es sich bei der Kündigung um eine einseitige Gestaltungserklärung gehandelt habe, rechtfertigt keine für die Kläger günstige Entscheidung. Eine Vorsorge gegen steuerliche Risiken hätte z.B. bei Abschluss des Unterbeteiligungsvertrags im Jahr 1992, eventuell auch noch ‑‑durch eine Vertragsänderung‑‑ im Vorfeld der Kündigung getroffen werden können. Im Übrigen bestimmt sich die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Rechtsänderung nicht entscheidend danach, ob der Steuerpflichtige ihr ausweichen kann. Entscheidend ist, ob sie sachlich gerechtfertigt ist (BFH-Urteil vom 09.03.2010 - VIII R 109/03, BFH/NV 2010, 1266, Rz 30).
(3) Mangels Umständen, die in der Fallkonstellation des Streitfalls besondere Momente überwiegender Schutzwürdigkeit begründen, reichte insoweit das Änderungsinteresse des Gesetzgebers zur Rechtfertigung der Enttäuschung des allgemeinen, nicht in besonderen Maß schutzwürdigen Vertrauens in den Fortbestand der ermäßigten Besteuerung nach § 34 EStG a.F. aus (ähnlich BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 35). Das GG schützt nicht vor jeder Enttäuschung einer Erwartung in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage (BVerfG-Urteil Gewerbesteuerpflicht Mitunternehmeranteilsveräußerung in BVerfGE 148, 217, BStBl II 2018, 303, Rz 138; BFH-Beschlüsse in BFHE 201, 14, BStBl II 2003, 341, unter II.2.b; in BFH/NV 2021, 767, Rz 6 und 16).
4. Art. 12 und Art. 14 GG sind im Streitfall gleichfalls nicht verletzt.
Diese Grundrechte schützen grundsätzlich nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten, insbesondere nicht gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Einkommensteuer, es sei denn, sie würde den Betroffenen übermäßig belasten und ihn grundlegend in seinen Vermögensverhältnissen beeinträchtigen (BVerfG-Beschluss vom 29.11.1989 - 1 BvR 1402/87, 1 BvR 1528/87, BVerfGE 81, 108, BStBl II 1990, 479) oder objektiv eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen, die eine Berufstätigkeit unmittelbar unterbindet oder beschränkt (BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Rz 95). Von einer erdrosselnden Wirkung der Einkommensteuer durch die Einführung der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 statt der Besteuerung mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz, einer berufsregelnden Tendenz oder einem Eingriff, welcher z.B. die Aufgabe von Beteiligungen an Personengesellschaften nahegelegt hätte, kann in der streitgegenständlichen Fallkonstellation keine Rede sein (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 231, Rz 23 und 24).
Art. 12 und Art. 14 GG bieten grundsätzlich auch keine Wertgarantie für vermögenswerte Rechtspositionen und keinen Vertrauensschutz wegen frustrierter Investitionen (BVerfG-Beschluss WindSeeG, Offshore-Windpark in BVerfGE 155, 238, BGBl I 2020, 1993, Leitsatz 2, Rz 88, 96 und 110; BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.I.1.). Das gesetzliche Angebot einer teilweisen Steuerverschonung (das durch die Gesetzesänderung eingeschränkt oder aufgehoben worden ist) ist gleichfalls nicht durch Art. 12 oder Art. 14 GG geschützt (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.I.3. zu Art. 14 GG).
5. Soweit die streitgegenständliche Gesetzesänderung ‑‑wie jede Aufhebung einer Steuerbefreiung‑‑ am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.II.1.a), ist die für die Zukunft wiederhergestellte Regelbelastung grundsätzlich mit Art. 2 Abs. 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Die Aufhebung einer Steuerbefreiung dient dazu, steuerliche Vorteile für einzelne Steuerpflichtige zu beseitigen sowie die steuerliche Belastungsgleichheit wiederherzustellen und wird somit regelmäßig durch einen hinreichenden Legitimationsgrund getragen (BVerfG-Beschluss Sozialpfandbrief in BVerfGE 105, 17, unter C.II.1.b).
6. Die für die Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 geltende Regelung des § 34 Abs. 1 EStG 1999/2000 verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 GG.
a) Die unterschiedliche einkommensteuerliche Behandlung von Wertsteigerungen im Privat- und im Betriebsvermögen infolge des Dualismus der Einkunftsarten ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (BVerfG-Beschluss Rückwirkung im Steuerrecht II in BVerfGE 127, 61, BStBl II 2011, 86, Rz 64).
b) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt auch nicht deshalb vor, weil bis zum Jahr 1998 eine Besteuerung mit dem halben durchschnittlichen Steuersatz möglich war (BFH-Urteil vom 20.10.2010 - IX R 56/09, BFHE 231, 173, BStBl II 2011, 409; BFH-Beschluss in BFH/NV 2021, 767, Rz 6) und ab dem Jahr 2001 ‑‑mit Einschränkungen‑‑ wieder möglich ist.
Im Hinblick auf den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung kann der Fall des E nicht unmittelbar mit der Besteuerung der Gewinne, die in einem anderen Veranlagungszeitraum zugeflossen sind, verglichen werden. Die Neuregelung des § 34 Abs. 3 EStG ab dem Jahr 2001 war zudem keine Folge einer Änderung des Binnensystems des § 34 EStG, sondern eine Folge der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens. Bei einem derartigen Systemwechsel ist der Gesetzgeber berechtigt, die Neuregelung erst mit dem Systemwechsel wirksam werden zu lassen, ohne einen gleitenden Übergang vorsehen zu müssen. Eine rückwirkende Besserstellung ist ‑‑wie das FG zutreffend ausgeführt hat‑‑ verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 201, 14, BStBl II 2003, 341, unter II.2.b; BFH-Urteile in BFHE 231, 173, BStBl II 2011, 409, Rz 27 ff.; in BFH/NV 2011, 231, und vom 21.01.2003 - X B 106/02, BFH/NV 2003, 618).
7. Da gegen die Vorentscheidung keine weiteren revisionsrechtlich beachtlichen Rügen erhoben wurden und die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2000 zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitig ist, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.
8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 1 FGO.