ECLI:DE:BFH:2021:U.170321.IVR23.18.0
BFH IV. Senat
EStG § 4 Abs 1, EStG § 5 Abs 1, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1, EStG § 15 Abs 2, EStG § 16 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG § 20 Abs 1 Nr 7, EStG § 20 Abs 8, AO § 179, AO § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a, FGO § 40 Abs 2, FGO § 48 Abs 1 Nr 1, FGO § 48 Abs 1 Nr 5, FGO § 60 Abs 3, FGO § 118 Abs 2, FGO § 126 Abs 3 S 1 Nr 2, EStG VZ 2010
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 04. June 2018, Az: 5 K 5295/16
Leitsätze
1. NV: Der Schadensersatzanspruch eines Mitunternehmers wegen Prospekthaftung unterliegt der Einkommensteuer.
2. NV: Besteht die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung selbst, führt die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an der Kommanditbeteiligung zu einem Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Besteht die Verpflichtung Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, führt die Abtretung zu einem laufenden Sonderbetriebsgewinn nach § 15 EStG.
3. NV: Zinsen im Zusammenhang mit einem Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung sind Bestandteil derjenigen betrieblichen Einkünfte, die aus dem Schadensersatz selbst erzielt werden.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 05.06.2018 - 5 K 5295/16 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war als Kommanditist an der gewerblich tätigen A-GmbH & Co. KG (A-KG) beteiligt. Diese Beteiligung hatte die B-AG dem Kläger vermittelt. Dabei war ein Fondsprospekt verwendet worden, den die C-GmbH erstellt hatte.
Der Kläger erstritt in der Folgezeit vor dem Zivilgericht Schadensersatzleistungen nebst Rechtshängigkeitszinsen gegen die B-AG wegen fehlerhafter Angaben in dem Fondsprospekt. Der Schadensersatz wurde dem Kläger Zug um Zug gegen Abtretung seiner sämtlichen Ansprüche aus der Beteiligung an der A-KG zugesprochen. Am ...2011 wurde die Löschung der A-KG in das Handelsregister eingetragen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ unter dem 17.04.2014 für die A-KG einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr (2010). Für den Kläger stellte das FA dabei einen Sonderbetriebsgewinn von ... € fest. Dabei ging es von Sonderbetriebseinnahmen in Höhe der Schadensersatzleistung nebst Zinsen (... €) und Sonderbetriebsausgaben in Höhe von ... € aus.
In dem hiergegen gerichteten Einspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass die Schadensersatzleistung einen Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) darstelle.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 10.10.2016 als unbegründet zurück, soweit der Kläger hiervon betroffen ist. Die Schadensersatzleistungen, die der Kläger erhalten habe, seien Teil seiner laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an der A-KG.
Mit der hiergegen erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass der erhaltene Schadensersatz nebst Zinsen schon nicht einkommensteuerbar sei. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit Urteil vom 05.06.2018 - 5 K 5295/16 statt. Es sei zwar ein Mitunternehmeranteil veräußert worden. Aber das an den Kläger gezahlte Entgelt sei nicht hierfür gezahlt worden. Denn seine Beteiligung an der A-KG sei zum Stichtag objektiv wertlos gewesen. Die Leistung sei vielmehr auf Grundlage einer Schädigung gezahlt worden, die noch vor Begründung der Mitunternehmerstellung erfolgt sei. Ursächlich für den zivilgerichtlich anerkannten Schadensersatz seien unzutreffende Angaben in dem Beteiligungsprospekt gewesen. Diese Falschinformationen hätten den Kläger veranlasst, die Mitunternehmerstellung an der A-KG zu erwerben. Der gezahlte Zins als Nebenleistung teile das Schicksal der Hauptleistung. Die Schadensersatzleistung sei jedoch nicht steuerbar, da sie unter keine der Einkunftsarten des EStG falle.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG. Die durch den Kläger erlangte Schadensersatzleistung sei betrieblich veranlasst und als Sonderbetriebsgewinn zu erfassen. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kläger den Wertverlust seiner Beteiligung in der Vergangenheit steuerrechtlich habe geltend machen können. Dieser Vorteil werde nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung bei der Berechnung der Schadenshöhe deshalb nicht angerechnet, weil die Schadensersatzzahlung als steuerbar behandelt werde. Es sei nicht sachgerecht, einen Wertverlust steuerrechtlich zu berücksichtigen, dessen Entschädigung dann aber der Besteuerung vorzuenthalten.
Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG vom 05.06.2018 - 5 K 5295/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Er verteidigt das angefochtene Urteil. Hilfsweise müsse der Schadensersatz als begünstigter Veräußerungsgewinn erfasst werden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Gegenstand des Verfahrens ist die Feststellung eines Sonderbetriebsgewinns des Klägers bei der A-KG (dazu unter 1.). Das FG hat zwar zutreffend die Zulässigkeit der Klage bejaht und die Vornahme von Beiladungen unterlassen (dazu unter 2.). Es ist aber rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der dem Kläger gewährte Schadensersatz einschließlich der Zinsen außerhalb des einkommensteuerbaren Bereichs liege, und hat der Klage auf dieser Grundlage zu Unrecht stattgegeben. Dabei reichen die bisherigen Feststellungen des FG nicht aus, um zu beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger im Streitjahr ein Sonderbetriebsgewinn aus der Schadensersatzleistung entstanden ist (dazu unter 3.).
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Feststellung eines Sonderbetriebsgewinns des Klägers.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach §§ 179, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen. Solche selbständigen Feststellungen sind auch die Feststellung eines Sonderbetriebsgewinns ‑‑verstanden als Saldo von Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben‑‑ bzw. einer Sondervergütung i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (vgl. BFH-Urteile vom 20.08.2015 - IV R 12/12, Rz 8 f.; vom 30.11.2017 - IV R 33/14, Rz 22; vom 01.03.2018 - IV R 38/15, BFHE 260, 543, BStBl II 2018, 587, Rz 24; vom 23.01.2020 - IV R 48/16, Rz 17).
Vorliegend wendet sich der Kläger ausschließlich gegen die Feststellung des für ihn bei der A-KG festgestellten Sonderbetriebsgewinns in Höhe von ... €. Auch wenn der angefochtene Feststellungsbescheid insoweit gesondert Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben ausweist, ist als selbständige Feststellung allein der sich daraus als Saldo ergebende Sonderbetriebsgewinn zu verstehen.
2. Zu Recht hat das FG die Zulässigkeit der Klage bejaht und keine Beiladungen vorgenommen.
a) Die Klagebefugnis des Klägers folgt aus § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO. Bei einem Streit um die Rechtmäßigkeit der Feststellung eines Sonderbetriebsgewinns ist jedenfalls derjenige klagebefugt, für den dieser festgestellt worden ist. Denn gegen einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften kann nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO jeder Beteiligte im eigenen Namen wegen einer Frage klagen, die ihn persönlich angeht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 19.12.2019 - IV R 53/16, BFHE 267, 299, BStBl II 2020, 534, Rz 29).
b) Zutreffend hat das FG die Vornahme von Beiladungen unterlassen. Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte notwendig beizuladen, die i.S. von § 48 FGO klagebefugt sind (BFH-Urteil vom 30.08.2012 - IV R 44/10, Rz 19). Solche sind im Streitfall jedoch nicht vorhanden.
aa) Die A-KG war wegen ihrer bereits vor Klageerhebung eingetretenen Vollbeendigung nicht mehr beizuladen (vgl. BFH-Urteil vom 30.03.2017 - IV R 3/15, Rz 27 f.).
bb) Auch weitere ehemalige Gesellschafter der A-KG waren nicht notwendig zu dem Klageverfahren beizuladen. Denn vorliegend steht nur der Sonderbetriebsgewinn des Klägers bei der A-KG im Streit. Davon sind die anderen ehemaligen Gesellschafter der A-KG unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen und haben deshalb keine eigene Klagebefugnis gemäß § 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 i.V.m. § 40 Abs. 2 FGO (vgl. BFH-Urteil vom 21.12.2017 - IV R 44/14, Rz 20).
3. Das Urteil des FG ist aufzuheben, weil es nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen ist, dass ein Sonderbetriebsgewinn des Klägers bis zur Höhe des mit dem angefochtenen Bescheid festgestellten Betrags entstanden ist.
Schadensersatzleistungen, die ein Mitunternehmer aus Prospekthaftung erhält, sind durch seine Mitunternehmerstellung und damit betrieblich veranlasst (a). Sie können zu einem laufenden Sonderbetriebsgewinn führen, sofern nicht das wirtschaftliche Eigentum an dem Mitunternehmeranteil Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistung zu übertragen ist (b). Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen teilen das Schicksal der Schadensersatzleistung (c). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um zu beurteilen, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger im Streitjahr ein Sonderbetriebsgewinn aus der Schadensersatzleistung entstanden ist (d).
a) Schadensersatzleistungen, die ein Mitunternehmer aus Prospekthaftung erhält, sind durch seine Mitunternehmerstellung und damit betrieblich veranlasst.
aa) Zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters (Mitunternehmers) einer gewerblich tätigen Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Mitunternehmerschaft) gehören alle Einnahmen und Ausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Personengesellschaft haben. Sie sind bei ihm als Sonderbetriebseinnahmen oder Sonderbetriebsausgaben zu erfassen (z.B. BFH-Urteil vom 07.11.2018 - IV R 20/16, BFHE 262, 435, BStBl II 2019, 224, Rz 46, m.w.N.).
Erhält ein Mitunternehmer eine Leistung zum Ersatz eines Schadens, ist die erhaltene Leistung als Sonderbetriebseinnahme zu behandeln, wenn das schadenstiftende Ereignis mit der Stellung als Mitunternehmer zusammenhängt. Für Sonderbetriebseinnahmen gelten insoweit die gleichen Grundsätze wie für Betriebseinnahmen (vgl. zur Abgrenzung zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Veranlassung von Schadensersatz BFH-Urteil vom 18.06.1998 - IV R 61/97, BFHE 186, 363, BStBl II 1998, 621, unter 1.). Danach sind auch Schadensersatzleistungen, die ein Mitunternehmer auf Grundlage einer Prospekthaftung erhält, durch seine Beteiligung an der Mitunternehmerschaft veranlasst.
(1) Zivilrechtlich dient die Prospekthaftung dem Ausgleich eines Schadens, der durch unzureichende Informationen über eine eingegangene Beteiligung verursacht wurde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung muss ein Prospekt über ein Beteiligungsangebot den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten. Eine Haftung für den Inhalt des Prospekts kommt für die Gründer, Initiatoren und Gestalter der Beteiligungsgesellschaft sowie für diejenigen Personen in Betracht, die hinter der Gesellschaft stehen und auf deren Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Modells Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (z.B. BGH-Urteil vom 06.03.2008 - III ZR 89/06 in dem Prospekthaftungsverfahren betreffend die C-GmbH; grundlegend zur Prospekthaftung bei Publikums-KG BGH-Urteil vom 06.10.1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337; s.a. Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 80. Aufl., § 311 Rz 67 ff.).
Rechtsfolge einer Prospekthaftung ist der Ersatz des Schadens, den der Geschädigte erlitten hat, weil er den unzureichenden Angaben in dem Prospekt vertraut hat und deshalb eine Wertminderung seiner Beteiligung nicht erkennen oder vorhersehen konnte. Der Kapitalanleger ist danach so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Haftende seiner Aufklärungspflicht nachgekommen wäre. Wenn der Geschädigte dann der Beteiligungsgesellschaft nicht beigetreten wäre, besteht der zu ersetzende Schaden in dem ‑‑vollen oder teilweisen‑‑ Verlust der geleisteten Einlagen und eines etwaigen Agios (s. BGH-Urteil in BGHZ 79, 337, unter I.6. [Rz 31]). Der Schadensersatzanspruch ist regelmäßig auf eine Rückzahlung des aufgewandten Betrags und den Ersatz etwaiger Folgeschäden gerichtet. Dies erfolgt Zug um Zug gegen die Übertragung der Anlage, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine Beteiligung noch werthaltig ist und damit bestehende Vorteile bei dem Geschädigten abgeschöpft werden (BGH-Urteil vom 26.09.1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, unter II.3.b aa, II.4.b aa [Rz 40, 57]). Der Vorteilsausgleich des Schadensersatzrechts verlangt zudem die Anrechnung von Ausschüttungen und Zinsvorteilen, die der Geschädigte aus der Anlage erzielt hat (BGH-Urteil vom 06.02.2006 - II ZR 329/04, Neue Juristische Wochenschrift ‑‑NJW‑‑ 2006, 2042, unter II.3.b [Rz 18]).
Auch die steuerrechtlichen Verhältnisse des Geschädigten können nach der Rechtsprechung des BGH die Bemessung seines Schadensersatzanspruchs beeinflussen. So können erlittene steuerrechtliche Nachteile seinen Anspruch erhöhen, aus der Anlage erzielte steuerrechtliche Vorteile können auf seinen Schadensersatzanspruch anzurechnen sein (z.B. BGH-Urteil in NJW 2006, 2042, unter II.3.a und II.3.c [Rz 17, 19]; zur Anrechnung lediglich außergewöhnlich hoher Steuervorteile BGH-Urteile vom 15.07.2010 - III ZR 336/08, BGHZ 186, 205, und vom 28.01.2014 - XI ZR 495/12, BGHZ 200, 110).
Eine Anrechnung ersparter Steuern auf die Schadensersatzleistung unterbleibt jedoch nach der Rechtsprechung des BGH dann, wenn die Schadensersatzleistung ihrerseits zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt (BGH-Urteile in BGHZ 186, 205, Rz 36; vom 23.09.2014 - XI ZR 215/13, Rz 26). Der BGH nimmt bei der Bemessung des Umfangs des Schadensersatzanspruchs aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung eine Einkommensteuerbarkeit der dem Geschädigten gewährten Leistungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder § 16 EStG an. Der Geschädigte muss sich deshalb eine in der Vergangenheit durch Nutzung von Verlustzuweisungen aus der Beteiligung geminderte Steuerlast auch nicht als Vorteilsausgleich auf den Schadensersatzanspruch anrechnen lassen (BGH-Urteile in BGHZ 186, 205, Rz 55, und in BGHZ 200, 110, Rz 14 ff.).
(2) Die danach von einem Mitunternehmer erlangte Schadensersatzleistung ist aus einkommensteuerrechtlicher Sicht durch dessen Beteiligung veranlasst. Schadenstiftende Ursache ist der unzureichende Prospekt, weil der Mitunternehmer unzureichend über seine eingegangene Beteiligung informiert wurde und deshalb der Gesellschaft beigetreten ist. Sinkt der Wert der Beteiligung des Mitunternehmers, gewährt der Anspruch aus Prospekthaftung einen Ausgleich für die geleisteten Einlagen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen des Mitunternehmers. Zwischen der schadenstiftenden Ursache und der mitunternehmerischen Beteiligung besteht deshalb ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang und der Anspruch aus der Prospekthaftung wirkt sich auf die Einkünfte des Mitunternehmers aus (so im Ergebnis auch Weber-Grellet, Der Betrieb 2007, 2740, 2741; Podewils, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2009, 752, 754; Knebel/Schmidt, Betriebs-Berater 2010, 1316, 1317 f.; Brendle-Weith, Zeitschrift zum Immobilien-Steuerrecht 2011, 106, 107; Jooß, DStR 2014, 6, 8 f.; Martini, DStR 2014, 2160, 2162; Schmidt/Wacker, EStG, 40. Aufl., § 16 Rz 145).
Dem steht nicht entgegen, dass das schadenstiftende Ereignis vor dem Erwerb der Beteiligung eingetreten ist. Denn einkommensteuerrechtlich stehen auch Vorbereitungshandlungen für die Aufnahme einer betrieblichen Tätigkeit in einem ausreichend engen Zusammenhang mit der betrieblichen Einkunftserzielung. Deshalb sind etwa Ausgaben gewinnmindernd zu berücksichtigen, die vor der Aufnahme der werbenden betrieblichen Tätigkeit entstanden und auf die Erzielung von betrieblichen Einkünften gerichtet sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 07.02.2018 - X R 10/16, BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630, Rz 49 f.).
bb) Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 06.09.2016 - IX R 44/14 (BFHE 255, 148, BStBl II 2018, 323) sind entgegen der Auffassung des Klägers und des FG auf Schadensersatz aus Prospekthaftung für die Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft nicht anwendbar.
Das Urteil betrifft die Beteiligung an einer grundbesitzenden und rein vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft. Diese unterscheidet sich grundlegend von einer Mitunternehmerschaft, weil dem Gesellschafter dort nur Anteile an den Einkünften aus der Vermögensverwaltung und bestimmten steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäften der Personengesellschaft zuzurechnen sind. Anders als bei mitunternehmerischen Beteiligungen werden Vermögenszuwächse und -minderungen bei Gesellschaftern vermögensverwaltender Personengesellschaften nicht umfassend ertragsteuerrechtlich erfasst.
b) Ob die dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Schadensersatzleistungen aus Prospekthaftung zu einem laufenden Sonderbetriebsgewinn des Klägers geführt haben, hängt davon ab, ob der zur Leistung von Schadensersatz Verpflichtete durch das zivilgerichtliche Urteil zur Leistung Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung selbst verpflichtet wurde oder Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen, die nicht dem Erwerb der Beteiligung entsprechen.
aa) Enthält das zivilgerichtliche Urteil eine Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung selbst, kann dies im Streitjahr nur zu einem (im Gewinnfeststellungsbescheid nicht festgestellten) Veräußerungsgewinn des Klägers nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG führen, nicht aber zu einem laufenden Sonderbetriebsgewinn.
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Gewinn aus der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist. Veräußerung ist die entgeltliche Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils. Die Übertragung des Mitunternehmeranteils Zug um Zug gegen Erhalt von Schadensersatzleistungen erfüllt diese Voraussetzungen. Welcher Rechtsgrund der Übertragung zugrunde liegt, ist ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein, dass die Übertragung nicht unentgeltlich erfolgen soll und der Übertragende im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Übertragung vom Übertragungsempfänger oder einem Dritten Leistungen erhält. Demgegenüber setzt eine unentgeltliche Übertragung voraus, dass der Übertragende beabsichtigt, den Empfänger unentgeltlich zu bereichern (BFH-Urteil vom 26.06.2002 - IV R 3/01, BFHE 199, 482, BStBl II 2003, 112, unter 4.a).
Erhält der Mitunternehmer eine Schadensersatzleistung aus Prospekthaftung Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der Personengesellschaft, stehen der Anspruch des Mitunternehmers auf Schadensersatzleistung und der Anspruch des Schadensersatzverpflichteten auf Übertragung der Gesellschaftsanteile wirtschaftlich in einem vergleichbar engen Zusammenhang wie im Fall einer Veräußerung der Anteile durch den Mitunternehmer an den Schadensersatzverpflichteten. Deshalb ist der Vorgang ebenso zu behandeln wie die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils. Eine Absicht des Übertragenden, den Übertragungsempfänger zu bereichern, kann ausgeschlossen werden. Dem Übertragenden geht es um den Erhalt der Schadensersatzleistung, der durch das zivilgerichtliche Urteil notwendig mit der Übertragung der Beteiligung auf den Schadensersatzverpflichteten verbunden ist. Grundlage der Verpflichtung zur Übertragung des Anteils ist das zivilrechtliche Schadensersatzrecht, das die Anrechnung gezogener Vorteile beinhaltet (Vorteilsausgleich, dazu oben unter II.3.a aa (1)), kein Wille zur Vornahme einer unentgeltlichen Zuwendung.
bb) Erhält der Mitunternehmer die Schadensersatzleistung aus Prospekthaftung Zug um Zug gegen die Abtretung von Ansprüchen, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, kann dadurch ein laufender Sonderbetriebsgewinn entstehen. Auch in diesem Fall liegt ein Veräußerungsgeschäft vor, denn die Übertragung (Abtretung) soll nicht unentgeltlich erfolgen und der Übertragende erhält mit der Übertragung vom Übertragungsempfänger Leistungen. Aus diesem Vorgang entsteht allerdings ein laufender Sonderbetriebsgewinn nach § 15 EStG und kein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, da Gegenstand der Übertragung kein Mitunternehmeranteil ist.
Ermittelt die Personengesellschaft ‑‑wie die A-KG‑‑ ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG, entsteht der Gewinn (erst) mit der wirksamen Abtretung der Ansprüche. Auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Schadensersatzzahlung kommt es nicht an.
cc) Unerheblich ist im Streitfall, ob die Gewinnrealisierung noch während der fortlaufenden werbenden Tätigkeit der A-KG erfolgte oder erst nach Beginn der Betriebsaufgabe. Bestand die Verpflichtung zur Schadensersatzzahlung Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung selbst, wäre der daraus entstehende Gewinn auch im Fall einer Betriebsaufgabe nicht als ein laufender Sonderbetriebsgewinn festzustellen. Bestand die Verpflichtung zur Schadensersatzzahlung hingegen Zug um Zug gegen die Abtretung von Ansprüchen, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, wäre der daraus entstehende Gewinn auch im Fall einer Betriebsaufgabe als ein laufender Sonderbetriebsgewinn festzustellen, denn er stünde nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe, sondern fiele lediglich zufällig zeitlich mit ihr zusammen.
c) Zinsen im Zusammenhang mit einem Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung sind der betrieblichen Einkunftserzielung zuzuordnen, wenn der Schadensersatzanspruch betrieblich veranlasst ist. Sie sind Bestandteil derjenigen betrieblichen Einkünfte, die aus dem Schadensersatz selbst erzielt werden.
aa) Zinsen wegen Verzugs oder für die Dauer der Rechtshängigkeit einer Zivilklage nach §§ 286, 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) stellen einen Ausgleich dafür dar, dass dem säumigen Schuldner Kapital auf Zeit überlassen wird, bzw. bei dem Rechtshängigkeitszins auch dafür, dass der Schuldner den Gläubiger zur Klageerhebung zwingt und ihn damit einem Prozessrisiko aussetzt (vgl. BGH-Beschluss vom 28.05.2008 - XII ZB 34/05, unter III.3.). Ertragsteuerrechtlich gehören diese Zinsen nach § 20 Abs. 8 EStG vorrangig zu der Einkunftsart, zu der die verzinsliche Forderung gehört (vgl. BFH-Urteil vom 24.05.2011 - VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254, Rz 13). Ist die Hauptforderung Bestandteil eines Betriebsvermögens, ist deshalb auch der Zinsanspruch aus dieser Forderung Bestandteil des Betriebsvermögens.
bb) Verzugs- und Rechtshängigkeitszinsen, die der Geschädigte im Zusammenhang mit dem Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung erhält, sind nach Auffassung des Senats dem Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils zuzuordnen, wenn ein solcher erzielt wird (s. vorstehend unter II.3.b aa). Führt der Schadensersatz zu einem laufenden Sonderbetriebsgewinn des Mitunternehmers, gehören auch die Zinsen zu den Sonderbetriebseinnahmen.
d) Die bisher getroffenen Feststellungen lassen keine abschließende Beurteilung der Frage zu, ob dem Kläger im Streitjahr ein Sonderbetriebsgewinn aus der Schadensersatzleistung einschließlich der Zinsen entstanden ist.
Die angefochtene Feststellung eines laufenden Sonderbetriebsgewinns im Streitjahr (2010) kann nach den vorstehenden Erwägungen nur dann rechtmäßig sein, wenn der Kläger nach dem zivilgerichtlichen Urteil die Schadensersatzleistung aus Prospekthaftung Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen erhalten sollte, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, und wenn der Kläger diese Leistung im Streitjahr erbracht hat. Die bisherigen Feststellungen des FG reichen jedoch nicht aus, um zu entscheiden, ob Gegenstand des zivilgerichtlichen Urteils die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung selbst war oder zur Zahlung Zug um Zug gegen die Abtretung von Ansprüchen, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, und ob der Kläger die entsprechende Leistung im Streitjahr bereits tatsächlich erbracht hat.
Nach der Rechtsprechung des Senats erfordert die Veräußerung des Mitunternehmeranteils jedenfalls eine Verpflichtung zur Übertragung von Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative auf den Erwerber (vgl. BFH-Urteil vom 22.06.2017 - IV R 42/13, BFHE 259, 258, Rz 34). Das FG hat indes im Tatbestand seines Urteils bisher nur festgestellt, dass nach dem zivilgerichtlichen Urteil der Kläger "sämtliche Ansprüche aus seiner Beteiligung" an die B-AG abzutreten hat. Es hat indes nicht festgestellt, ob es sich bei diesen "Ansprüchen aus der Beteiligung" lediglich um ohne Weiteres übertragbare Ansprüche auf Gewinnbeteiligung oder auf einen Liquidationserlös handelt, oder ob die Abtretung auch die Verwaltungsrechte aus der Inhaberschaft des Kommanditanteils selbst umfasst. Für den Kommanditisten bestehen diese insbesondere aus seinem Informations- und Kontrollrecht nach § 166 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und seinem Widerspruchsrecht nach § 164 HGB. Fehlt es an der Einräumung jeglicher Verwaltungsrechte an den Erwerber, so ist keine Übertragung von Mitunternehmerinitiative erkennbar.
An den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nach § 118 Abs. 2 FGO fehlt es auch für die in den Entscheidungsgründen des FG-Urteils geäußerte Annahme, der Kläger habe seinen Kommanditanteil bereits vollständig auf die B-AG übertragen, die Veräußerung sei mithin bereits erfolgt. Denn für eine wirksame Abtretung des Kommanditanteils nach §§ 413, 389 ff. BGB bedarf es der Zustimmung der anderen Gesellschafter bzw. der durch den Gesellschaftsvertrag für einen solchen Vorgang bestimmten Personen, sofern die Übertragung nicht bereits im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist (vgl. BGH-Urteil vom 08.07.1957 - II ZR 54/56, BGHZ 25, 115, unter IV.2.a; BFH-Urteil vom 22.06.2017 - IV R 42/13, Rz 39; auch Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 40. Aufl., § 161 Rz 8, § 105 Rz 70; MüKoHGB/Schmidt, 4. Aufl., § 105 Rz 214 ff., und MüKoHGB/Grunewald, a.a.O., § 161 Rz 43). Es fehlen insoweit insbesondere Feststellungen, welche Anforderungen der Gesellschaftsvertrag der A-KG an eine wirksame Übertragung des Kommanditanteils gestellt hat und wodurch diese Voraussetzungen erfüllt gewesen sein sollen.
Eine zivilrechtlich wirksame Abtretung des Kommanditanteils lässt sich entgegen der Annahme des FG nicht damit begründen, dass das zivilgerichtliche Urteil nach § 894 der Zivilprozessordnung (ZPO) insoweit die hierfür notwendige Willenserklärung des Klägers ersetzt habe. Dies kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das FG nicht festgestellt hat, dass es einen entsprechenden vollstreckbaren Titel gegen den Kläger gab, der ihn zur Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verpflichtet hätte. Denn aus der Verurteilung der B-AG zum Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung durch den Kläger ergibt sich kein Titel zur Abgabe einer Abtretungserklärung durch den Kläger selbst. Bei einer Verurteilung zu einer Leistung Zug um Zug gegen eine andere Leistung erstreckt sich die Rechtskraft des Urteils nicht auf den Anspruch auf die Gegenleistung. Durch die Verurteilung Zug um Zug gegen Erbringung einer Leistung wird dem Beklagten nichts zugesprochen (BGH-Urteil vom 19.12.1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, unter II.1.a [Rz 7]; s.a. Zöller/G. Vollkommer, ZPO, 33. Aufl., vor § 322 Rz 34).
Mit der Zurückverweisung erhält das FG die Gelegenheit, die noch fehlenden Feststellungen nachzuholen. Das FG-Urteil ist danach aufzuheben und die Sache mangels Spruchreife nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
5. Die Entscheidung ergeht nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Sie erfolgt im allseitigen Einverständnis der mitwirkenden Richter aufgrund einer Beratung und Abstimmung im Rahmen einer Videokonferenz (zur Zulässigkeit einer Entscheidung aufgrund einer solchen Beratung s. BFH-Urteil vom 10.02.2021 - IV R 35/19, BFHE 272, 152).