ECLI:DE:BFH:2021:U.250221.IIIR67.18.0
BFH III. Senat
EStG § 15 Abs 2 S 1, GewStG § 2 Abs 1 S 3, GG Art 103 Abs 1, FGO § 96 Abs 2, FGO § 96 Abs 1 S 1, EStG § 2 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG VZ 2007 , GewStG VZ 2007
vorgehend FG Münster, 11. October 2018, Az: 14 K 799/11 E,G
Leitsätze
1. NV: Überschreitet die nachhaltige Betätigung eines Pokerspielers die Grenze zur Gewerblichkeit, macht es keinen Unterschied, ob der Spieler die Gewinne bei Pokerturnieren oder bei Spielen in Casinos erzielt.
2. NV: Ein Gewerbesteuer-Messbetrag kann bei einem Berufspokerspieler nur dann festgesetzt werden, wenn er eine Betriebsstätte im Inland unterhält. Hierzu hat das FG Feststellungen zu treffen.
Tenor
Die Revision der Kläger wird insoweit als unbegründet zurückgewiesen, als das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 12.10.2018 - 14 K 799/11 E,G die Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2007 betrifft.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil aufgehoben, soweit es die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags für das Jahr 2007 betrifft.
Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) wurde bekannt, dass der Kläger an Pokerturnieren teilnahm. Daraus resultierende Einnahmen hatten die Kläger nicht in den Einkommensteuererklärungen angegeben. Das FA führte beim Kläger im Jahr 2008 eine Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 durch. Im Verlauf der Prüfung gaben die Kläger die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 ab. Darin gaben sie an, der Kläger habe Glücksspielgewinne erzielt, diese seien aber nicht steuerpflichtig. Das FA folgte dem nicht. Mit Hilfe von Internetrecherchen schätzte es die Gewinne des Klägers aus seiner Tätigkeit als Berufsspieler und kam auf Beträge von X € (2004), X € (2005) und X € (2006). Für das Jahr 2007 (Streitjahr) setzte es einen Betrag von X € als "Pokerergebnis" an, der auf Angaben des Klägers beruhte.
Das FA erließ gegenüber den Klägern geänderte oder erstmalige Einkommensteuerbescheide, in denen gewerbliche Einkünfte des Klägers als Pokerspieler erfasst waren, u.a. einen Einkommensteuerbescheid 2007 vom 30.11.2009. Außerdem erließ es gegenüber dem Kläger Gewerbesteuer-Messbescheide, u.a. einen Bescheid für das Jahr 2007, der auf einen Betrag von X € lautet. Die dagegen gerichteten Einsprüche der Kläger (Einkommensteuer) und des Klägers (Gewerbesteuer-Messbetrag) hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 04.02.2011).
Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage, mit welcher die Kläger begehrten, die Einkünfte aus den Pokerspielen unberücksichtigt zu lassen, hinsichtlich der Jahre 2004 bis 2006 statt. Es war der Ansicht, der Kläger habe in diesen Jahren noch keine steuerpflichtigen Einkünfte als Berufspokerspieler erzielt.
Im Übrigen (2007) wies das FG die Klage ab. Ab 2007 seien gewerbliche Einkünfte angefallen. In diesem Jahr habe der Kläger das zuvor ruhende Arbeitsverhältnis endgültig beendet und damit deutlich gemacht, dass er seinen Lebensunterhalt künftig durch eine Spielertätigkeit bestreiten könne und wolle. Der angeblich schlechte Gesundheitszustand der Klägerin habe den Kläger nicht davon abgehalten, der Spieltätigkeit intensiv nachzugehen und dafür eine Wohnung in B (Spielcasino) anzumieten. Auch habe der Kläger aufgrund der Teilnahme an Pokerturnieren und an weiteren Pokerspielen umfangreiche Turniererfahrung erlangt, sodass die Gewinne nicht mehr allein von guten Karten und glücklichen Spielverläufen abhängig gewesen seien. Ende 2007/Anfang 2008 sei der Kläger von dem Veranstalter D angesprochen, später "vermarktet" und durch die Einräumung von "Gebührenvorteilen" finanziell gefördert worden. Die Höhe der vom FA für das Jahr 2007 geschätzten Einkünfte des Klägers aus seiner Pokertätigkeit war nach Ansicht des FG nicht zu beanstanden.
Gegen das Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Revision insoweit, als es das Jahr 2007 betrifft. Zur Begründung tragen sie vor, das FG habe eine Überraschungsentscheidung getroffen. Es habe angenommen, dass der Kläger ab dem Jahr 2007 aufgrund seiner Turniererfahrung und seiner gewonnenen Kenntnisse nicht mehr nur vom Spielglück abhängig gewesen sei. Bei dieser Annahme hätte der Kläger in den Folgejahren immer erfolgreicher sein müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, vielmehr habe der Kläger in den Jahren nach 2007 bei vergleichbarer Intensität Verluste erlitten. Dass das FG den Vortrag der Kläger, es seien ab 2007 Verluste entstanden, als nicht glaubhaft ansehen wolle, sei erstmals den Urteilsgründen zu entnehmen gewesen. Bis dahin sei der Vortrag unstreitig gewesen.
Eine Überraschungsentscheidung sei auch insofern anzunehmen, als das FG hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses den als Begründung angeführten schlechten Gesundheitszustand der Klägerin als nicht glaubwürdig angesehen habe. Im Vorfeld sei der diesbezügliche Vortrag nicht angezweifelt worden. Hätte das Gericht einen entsprechenden Hinweis gegeben, wäre es ohne Weiteres möglich gewesen, den Nachweis für die Richtigkeit des Vortrags zu erbringen. Soweit das FG angeführt habe, dass es angesichts des Gesundheitszustands der Klägerin nahegelegen hätte, dass der Kläger im Hinblick auf eine sichere Einkommensquelle weiterhin seiner Arbeitstätigkeit nachgegangen wäre, habe es außer Acht gelassen, dass die finanzielle Lebensgrundlage durch Ruhegehaltsansprüche der Klägerin und durch die finanzielle Unterstützung der Eltern abgesichert gewesen sei. Soweit das FG als Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers den Umstand angeführt habe, dass der Kläger in der Nähe von B eine Wohnung angemietet habe, sei darauf hinzuweisen, dass dies erst nach dem Jahr 2008 geschehen sei. Auch habe der Kläger die Wohnung nur aus Kostengründen angemietet, weil dies günstiger gewesen sei, als wenn er bei den Casinobesuchen in einem Hotel übernachtet hätte. Ein Verfahrensmangel liege darüber hinaus auch hinsichtlich der Beurteilung der Beziehungen zum Turnierveranstalter D vor. Das FG habe eine vertragliche Vereinbarung unterstellt. Den Vortrag, wonach es eine derartige Vereinbarung nicht gegeben habe, habe das Gericht als nicht glaubhaft angesehen. Wenn der Kläger akzeptiert habe, als E bezeichnet zu werden, dann habe dies daran gelegen, dass er nichts dagegen gehabt habe, mit einem der renommiertesten Anbieter in Verbindung gebracht zu werden. In den Jahren vor 2008 hätten die Beziehungen zu D ohnehin keine Rolle gespielt.
Das angefochtene Urteil sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht unrichtig. Das FG habe zu Recht angenommen, dass der Kläger in den Jahren 2004 bis 2006 nicht gewerblich tätig gewesen sei und Verluste erlitten habe. Die Teilnahme an drei Turnieren im Jahr 2006 habe das FG nicht als gewerblich angesehen, sodass die Teilnahme an nur einem Turnier im Streitjahr nicht ausreichen könne. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), in der Gewerblichkeit bejaht worden sei, könne auf Cash Games nicht übertragen werden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als es die Einkommensteuer für das Jahr 2007 betrifft und den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 30.11.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.02.2011 dahin zu ändern, dass der Ansatz von Einkünften aus Gewerbebetrieb unterbleibt.Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als es den Gewerbesteuer-Messbetrag für das Jahr 2007 betrifft, ebenso den Gewerbesteuer-Messbescheid 2007 vom 05.02.2010 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 04.02.2011.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Das FA trägt vor, das FG-Urteil sei keine Überraschungsentscheidung. Das FG habe lediglich den Vortrag der Kläger anders gewürdigt, als diese es sich erhofft hätten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet, soweit das angefochtene Urteil die gegenüber den Klägern festgesetzte Einkommensteuer für das Jahr 2007 betrifft. Insoweit wird sie zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Soweit das Urteil die Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrags 2007 gegenüber dem Kläger betrifft, ist die Revision begründet, das Urteil ist insoweit aufzuheben. Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Die Entscheidung des FG, das die Tätigkeit des Klägers als die eines Berufspokerspielers beurteilt hat, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft oder als selbständige Arbeit anzusehen ist; darüber hinaus darf es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10.12.2001 - GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
b) Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre sowie anderen Einkunftsarten andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie gewerblich sein, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 03.07.1995 - GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C.I., und in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.II.; BFH-Urteile vom 06.03.1991 - X R 39/88, BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631, unter 3.a; vom 20.12.2000 - X R 1/97, BFHE 194, 198, BStBl II 2001, 706, unter II.2.a, und vom 09.07.2019 - X R 9/17, BFHE 265, 354, BFH/NV 2020, 124).
c) In der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung ist anerkannt, dass bei einem "reinen" Glücksspiel keine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt, da es an einer Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung fehlt (vgl. BFH-Urteile vom 11.11.1993 - XI R 48/91, BFH/NV 1994, 622; vom 16.09.2015 - X R 43/12, BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48, Rz 19, und vom 07.11.2018 - X R 34/16, BFH/NV 2019, 686). Eine gewerbliche Betätigung ist daher verneint worden bei Rennwetten (Urteil des Reichsfinanzhofs ‑‑RFH‑‑ vom 30.06.1927 - VI A 261/27, RFHE 21, 244; BFH-Urteil vom 24.10.1969 - IV R 139/68, BFHE 98, 494, BStBl II 1970, 411) oder bei Lotteriespielen (RFH-Urteil vom 14.03.1928 - VI A 783/27, RStBl 1928, 181; BFH-Urteil vom 16.09.1970 - I R 133/68, BFHE 100, 199, BStBl II 1970, 865). Derartige Spielgewinne sind vom Zufall abhängige Einnahmen, die zwar ohne Beteiligung am Spiel nicht zu erzielen sind, jedoch nicht ein Entgelt für die Spieltätigkeit darstellen.
d) Dagegen handelt es sich beim Poker nicht um ein reines Glücksspiel, vielmehr ist es als eine Mischung aus Glücksspiel und Geschicklichkeitsspiel einzustufen (BFH-Urteile in BFHE 251, 37, BStBl II 2016, 48, und in BFH/NV 2019, 686). Insofern kann eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zu bejahen sein (vgl. Ebner, Neue Wirtschafts-Briefe 2016, 1584). Ein erfahrener Pokerspieler kann durch Taktik, Menschenkenntnis, Nervenstärke, Mimik u.Ä. die Gewinnchancen bei Pokerspielen erheblich steigern. Einnahmen aus Pokerspielen können damit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Dies gilt sowohl für Pokerturniere, bei denen die Gewinne der Erstplatzierten aus den vom Veranstalter ausgelobten Prämien resultieren, als auch für sog. Cash Games, bei denen der Pokergewinn eines Spielers unmittelbar auf den Verlusten der Mitspieler beruht. Ist die Tätigkeit eines Pokerspielers als gewerblich zu beurteilen, so macht es keinen Unterschied, ob er gewerbliche Einkünfte durch die Teilnahme an Pokerturnieren oder durch Pokerspiele in Spielcasinos erzielt.
e) Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger ist dem BFH-Urteil in BFH/NV 2019, 686 nichts anderes zu entnehmen. In dem Fall, der diesem Urteil zugrunde lag, waren die Gewinne aus sog. Cash Games, die aus Poker und dem Glücksspiel "Black Jack" resultierten, zusammengefasst, obwohl die Gewinne aus "Black Jack" auszuscheiden gewesen wären; die Sache wurde (u.a.) aus diesem Grund zurückverwiesen. Im Streitfall hat das FA jedoch von vornherein nur das von den Klägern angegebene "Pokerergebnis" herangezogen.
2. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die tatsächlichen Umstände des Streitfalles dahingehend gewürdigt, dass die Betätigung des Klägers als Pokerspieler im Streitjahr 2007 die Grenze zur Gewerblichkeit überschritt. Das FG hat dies zunächst daraus abgeleitet, dass der Kläger vor dem Streitjahr bereits an neun Pokerturnieren sowie an zahlreichen weiteren Pokerspielen teilgenommen hatte und im Streitjahr damit über Turniererfahrung, Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte, die ihn nicht mehr nur von guten Karten und glücklichen Spielverläufen abhängig machten. Darüber hinaus hat es berücksichtigt, dass der Kläger Ende 2007/Anfang 2008 vom Veranstalter D vermarktet und durch "Gebührenvorteile" gefördert wurde. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das FG es als Indiz für ein Überschreiten der Grenze zur Gewerblichkeit gewertet hat, dass der Kläger das bisherige Arbeitsverhältnis, von dem er ohne Lohnbezug beurlaubt gewesen war, im Streitjahr endgültig löste und damit erkennbar machte, dass er seinen Lebensunterhalt künftig durch eine Tätigkeit als Spieler bestreiten wollte. Diese Würdigung der tatsächlichen Umstände durch das FG ist möglich und damit für das Revisionsverfahren bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).
3. Die von den Klägern erhobenen Verfahrensrügen (§ 118 Abs. 3 FGO) greifen nicht durch. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ‑‑GG‑‑, § 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor. Das Urteil war für die Kläger keine Überraschungsentscheidung.
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und ‑‑gegebenenfalls‑‑ Beweisergebnissen zu äußern, sowie in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesentlich halten. Darüber hinaus gebietet es der Anspruch auf rechtliches Gehör, für die Prozessbeteiligten überraschende Entscheidungen zu unterlassen. Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das FG sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten oder nicht bekannten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl der vertretbaren Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein entscheidungserheblicher Umstand vom FG erst mit dem Urteil in das Verfahren eingebracht wird (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 03.04.2019 - III B 80/18, BFH/NV 2019, 841, m.w.N.).
b) Die Kläger tragen vor, sie seien davon überrascht worden, dass das FG ihrem Einwand, der Kläger habe in den Jahren nach 2008 Verluste erzielt, dadurch begegnet sei, dass es die Richtigkeit der Behauptung als nicht belegt angesehen habe. Die Kläger waren jedoch nicht davon überrascht oder konnten jedenfalls nicht davon überrascht sein, dass das FG von der Richtigkeit ihrer unbewiesenen Behauptung nicht überzeugt sein würde. Das FG musste etwaige in den Jahren nach 2008 entstandene Spielverluste auch dann nicht als wahr unterstellen, wenn das FA dem entsprechenden Tatsachenvortrag der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht widersprochen haben sollte. Unabhängig hiervon hätten in späteren Jahren erzielte Spielverluste nicht zwingend einen Einfluss auf die Beurteilung der Frage, ob die Schwelle zur Gewerblichkeit im Streitjahr 2007 überschritten war.
c) Ebenso wenig konnten die Kläger davon überrascht sein, dass das FG dem Vortrag der Kläger, das Arbeitsverhältnis sei wegen des schlechten Gesundheitszustands der Klägerin und nicht wegen der Tätigkeit des Klägers als Pokerspieler beendet worden, nicht folgte. Wenn es der Wahrheit entspräche, dass die behauptete Erkrankung der Klägerin die vermehrte Anwesenheit des Klägers zur Pflege und Wartung seiner Ehefrau erforderlich machte, dann wäre damit die mit der Teilnahme an Pokerturnieren verbundene Abwesenheit des Klägers nur schwerlich zu vereinbaren gewesen. Diese naheliegende Überlegung hätte sich auch den Klägern aufdrängen müssen.
d) Weiterhin ist auch keine Überraschungsentscheidung darin zu sehen, dass das FG den Umstand, dass der Kläger ‑‑nach seiner Behauptung erst nach dem Streitjahr‑‑ in der Nähe von B wegen seiner Besuche im Spielcasino ein Zimmer anmietete, als Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit wertete. Auch diese Überlegung des Gerichts war naheliegend. Dass das FG die Gewerblichkeit im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits für das Streitjahr bejahte, ändert hieran nichts. Darüber hinaus wird aus dem Vortrag der Kläger, das Zimmer sei nur aus Kostengründen angemietet worden, weil dies günstiger gewesen sei als die Übernachtung in Hotels, nicht ersichtlich, weshalb dies eine für die Kläger günstigere Beurteilung zur Folge hätte haben können.
e) Schließlich konnten die Kläger auch nicht davon überrascht sein, dass das FG annahm, es habe zwischen dem Kläger und dem Veranstalter D eine Vereinbarung existiert. Unstreitig hat der Veranstalter den Kläger vermarktet, unstreitig wurden dem Kläger "Gebührenvorteile" eingeräumt. Das FG konnte daraus die ‑‑wenig überraschende‑‑ Schlussfolgerung ziehen, dass hierzu eine entsprechende Abmachung existierte, die nicht notwendig schriftlich abgeschlossen zu sein brauchte.
4. Auch die Rüge der Kläger, das Gericht habe die Pflicht zur Sachaufklärung verletzt (§ 76 Abs. 1 FGO), führt nicht zum Erfolg. Insoweit sieht der Senat von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
5. Das angefochtene Urteil verletzt somit insoweit, als es die Einkommensteuerfestsetzung betrifft, kein Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Insoweit hat die Revision der Kläger keinen Erfolg.
6. Über die vom Kläger eingelegte Revision in Sachen Gewerbesteuer-Messbetrag 2007 kann der Senat nicht abschließend entscheiden, insoweit liegt keine Spruchreife vor. Der Kläger hat zwar im Streitjahr aufgrund seiner Tätigkeit als Pokerspieler ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des EStG betrieben (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes ‑‑GewStG‑‑). Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass der Kläger einen im Inland betriebenen stehenden Gewerbebetrieb unterhalten hat, denn hierfür müsste eine Betriebsstätte im Inland vorgelegen haben (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Ob dies der Fall war, hat das FG nicht festgestellt. Entsprechende Feststellungen wären nötig gewesen, da eine Betriebsstätte bei einem gewerblich tätigen Pokerspieler nicht zwingend erforderlich ist. Das FG wird die notwendigen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Das FG hat mit Rücksicht auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch über die Kosten des durch dieses Urteil rechtskräftig abgeschlossenen Teils des Verfahrens zu entscheiden (Senatsurteil vom 13.06.2013 - III R 10/11, BFHE 241, 562, BStBl II 2014, 706; BFH-Urteil vom 06.06.2019 - IV R 11/19, IV R 27/14, BFH/NV 2019, 1243).