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Urteil vom 17. November 2020, I R 72/16

Grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung

ECLI:DE:BFH:2020:U.171120.IR72.16.0

BFH I. Senat

AO § 12 S 1, AO § 14 S 1, KStG § 8b Abs 5, EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 15 Abs 2, GewStG § 9 Nr 3, DBA NLD Art 5 Abs 1, DBA NLD Art 13 Abs 1, DBA NLD Art 13 Abs 4, DBA NLD Art 13 Abs 5, DBA NLD Art 20, KStG VZ 2012 , EStG VZ 2012 , GewStG VZ 2012

vorgehend FG Köln, 30. August 2016, Az: 10 K 3550/14

Leitsätze

Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung kommen auch dann zur Anwendung, wenn ein inländisches Besitzunternehmen ein im Ausland belegenes Grundstück an eine ausländische Betriebskapitalgesellschaft verpachtet.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 31.08.2016 - 10 K 3550/14 aufgehoben, soweit es zur Körperschaftsteuer 2012 ergangen ist.

Der Körperschaftsteuerbescheid 2012 vom 21.07.2017 wird dahingehend geändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... € gewinnmindernd berücksichtigt werden.

Die Neuberechnung der Körperschaftsteuer 2012 wird dem Beklagten übertragen.

Im Übrigen wird die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2012 abgewiesen.

Hinsichtlich des Bescheids über den Gewerbesteuermessbetrag 2012 wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Streitig ist die Anwendbarkeit des § 8b Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) im Rahmen einer vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) angenommenen sog. grenzüberschreitenden Betriebsaufspaltung.

  2. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung mit Sitz im Inland. Die Klägerin bildet zugleich die Konzernspitze der B-Gruppe und ist Alleingesellschafterin verschiedener Kapitalgesellschaften. Daneben war sie seit Mai 2007 im Rahmen eines Einzelunternehmens, der "B NL", in den Niederlanden im Bereich des Einzelhandels mit ... tätig. Im Betriebsvermögen befanden sich u.a. zwei bebaute Geschäftsgrundstücke in X und Z (Niederlande).

  3. Zum ...06.2011 gründete die Klägerin als Alleingesellschafterin die "B B.V." (B B.V.), eine niederländische Kapitalgesellschaft mit Sitz in Z, und brachte das bestehende niederländische Einzelunternehmen mitsamt den sich im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücken in die B B.V. ein. Am ...06.2012 veräußerte die B B.V. beide Grundstücke an die Klägerin. Das in Z belegene Grundstück wird seitdem von der Klägerin an die B B.V. verpachtet und von dieser zur Ausübung ihrer operativen Geschäftstätigkeit als Betriebsgrundstück genutzt. Das Grundstück in X wird ‑‑wie bereits zuvor‑‑ an einen fremden Dritten verpachtet.

  4. Am ...06.2012 und ...08.2012 beschloss die Gesellschafterversammlung der B B.V. die Ausschüttung einer Dividende an die Klägerin in Höhe von insgesamt ... €.

  5. Das FA nahm aufgrund der Verpachtung des Grundstücks an die B B.V. eine Betriebsaufspaltung zwischen dieser und der Klägerin an. Die hieraus erzielten Verpachtungseinkünfte seien daher als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, die jedoch nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16.06.1959 (BGBl II 1960, 1782, BStBl I 1960, 382) ‑‑DBA-Niederlande 1959‑‑ in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) von der Besteuerung freigestellt seien. Von der Gewinnausschüttung seien allerdings 5 % und somit ein Betrag in Höhe von ... € als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Das FA erließ entsprechende Bescheide über Körperschaftsteuer 2012 und den Gewerbesteuermessbetrag 2012 und wies die hiergegen erhobenen Einsprüche zurück.

  6. Die dagegen erhobene Klage hatte nur hinsichtlich der Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben in Höhe von ... € Erfolg (Finanzgericht ‑‑FG‑‑ Köln, Urteil vom 31.08.2016 - 10 K 3550/14, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2016, 1997).

  7. Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des FG aufzuheben sowie den Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ... € herabgesetzt werden, sowie den Bescheid über Gewerbesteuermessbetrag 2012 vom 25.07.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.11.2014 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ... € herabgesetzt werden.

  8. Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, soweit es zur Körperschaftsteuer 2012 ergangen ist, und den Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 dahingehend abzuändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... € gewinnmindernd berücksichtigt werden, und im Übrigen die Revision zurückzuweisen.

  9. Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Es unterstützt, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, das Vorbringen des FA.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist begründet, soweit sie die Körperschaftsteuer 2012 betrifft; insoweit ist das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da der nach Ergehen des FG-Urteils erlassene Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 an die Stelle des ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist. Dem FG-Urteil liegt infolgedessen ein nicht mehr existierender Bescheid zu Grunde und das angefochtene Urteil kann deswegen insoweit keinen Bestand mehr haben (z.B. Senatsurteil vom 26.02.2014 - I R 56/12, BFHE 245, 143, BStBl II 2014, 703). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da sich die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch den Bescheid über Körperschaftsteuer 2012 vom 21.07.2017 nicht geändert haben. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass dem Gewinn der Klägerin ein Betrag in Höhe von ... € gemäß § 8b Abs. 5 KStG als nicht abziehbare Betriebsausgaben außerbilanziell hinzuzurechnen ist; zudem hat es ebenfalls zu Recht weitere Betriebsausgaben in Höhe von ... € angesetzt. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Die gewerblichen Einkünfte, die die Grundlage für die Ermittlung des Gewerbeertrags darstellen (§ 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes ‑‑GewStG‑‑), wurden zutreffend ermittelt.

  2. 1. Von den Bezügen i.S. des § 8b Abs. 1 KStG, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, gelten 5 % als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 8b Abs. 5 Satz 1 KStG). Zu den Bezügen i.S. des § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG gehören u.a. Dividenden i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und somit auch die Dividende der B B.V. an die Klägerin.

  3. 2. Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass diese Dividendenzahlung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S. des § 14 der Abgabenordnung (AO) erfolgt und die Klägerin insoweit nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreit ist.

  4. a) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO), von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung ist gemäß Satz 2 der Vorschrift ausgeschlossen, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (§ 14 Satz 1 AO).

  5. b) Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Beteiligung der Klägerin an der B B.V. als solche einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet.

  6. aa) Nach Auffassung der Rechtsprechung (Senatsurteile vom 30.06.1971 - I R 57/70, BFHE 103, 56, BStBl II 1971, 753; vom 27.03.2001 - I R 78/99, BFHE 195, 239, BStBl II 2001, 449; Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 19.08.2002 - II B 122/01, BFH/NV 2003, 64) und der ganz herrschenden Meinung in der Literatur (z.B. Alvermann, Finanz-Rundschau 2006, 262, 268; Buchna/Leichinger/Seeger/Brox, Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 11. Aufl., S. 286, 288 f.; Eggers, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2007, 461, 466; Engelsing/Muth, DStR 2003, 917; Meining, DStR 2006, 352, 353; Mueller-Thuns/Jehke, DStR 2010, 905; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 7 Rz 68; Wallenhorst in Wallenhorst/Halaczinsky, Die Besteuerung gemeinnütziger und öffentlich-rechtlicher Körperschaften, 7. Aufl., Rz F 46; a.A. Roolf, Der Betrieb 1985, 1156) ist die Beteiligung einer von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft an einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich der Vermögensverwaltung zuzurechnen. Eine andere Beurteilung kann dann in Betracht kommen, wenn die Körperschaft über eine Zusammenfassung mehrerer Beteiligungen in einer Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibt oder in anderer Weise entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft ausübt und damit durch sie unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt (Senatsurteil in BFHE 103, 56, BStBl II 1971, 753; ähnlich Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Cassa di Risparmio di Firenze vom 10.01.2006 - C-222/04, EU:C:2006:8, Slg. 2006, I-289, Rz 143).

  7. bb) Den Feststellungen des FG lässt sich indes nicht entnehmen, ob die Klägerin entscheidenden Einfluss auf die Geschäftsführung der B B.V. ausgeübt und damit durch diese unmittelbar selbst am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hat.

  8. c) Durch die Verpachtung des Grundstücks von der Klägerin an die B B.V. sind jedoch die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt, die zu einer originär gewerblichen Tätigkeit der Klägerin i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG führt und gleichfalls einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt (vgl. Senatsurteil vom 21.05.1997 - I R 164/94, BFH/NV 1997, 825, m.w.N.).

  9. aa) Eine Betriebsaufspaltung setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen voraus (vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 08.11.1971 - GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63; BFH-Urteil vom 19.07.1994 - VIII R 75/93, BFH/NV 1995, 597).

  10. (1) Die personelle Verflechtung wird durch eine Mehrheitsbeteiligung des Besitzunternehmens an dem Betriebsunternehmen hergestellt, da die Beteiligung den Gesellschafter in die Lage versetzt, in der Betriebsgesellschaft seinen Willen durchzusetzen. Eine Personenidentität in den Organen der Besitz- bzw. Betriebsgesellschaft ist nicht erforderlich. Auch gemeinnützige Körperschaften können Besitzunternehmen im Sinne der Betriebsaufspaltung sein (Senatsurteil in BFH/NV 1997, 825).

  11. (2) Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn das Besitzunternehmen der Betriebsgesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt (BFH-Urteil vom 01.06.1994 - X R 81/90, BFH/NV 1995, 154, m.w.N.). Als funktional wesentlich sind alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben, mithin für die Fortführung des Betriebs notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben (Senatsurteile vom 19.01.1983 - I R 57/79, BFHE 137, 487, BStBl II 1983, 312; vom 07.04.2010 - I R 96/08, BFHE 229, 179, BStBl II 2011, 467; BFH-Urteil vom 24.08.1989 - IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014). Auch immaterielle Wirtschaftsgüter, z.B. der Geschäftswert, die für den Betrieb wesentlich sind, können dem Betriebsunternehmen überlassen werden und eine Betriebsaufspaltung begründen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14.01.1998 - X R 57/93, BFHE 185, 230; vom 13.12.2005 - XI R 45/04, BFH/NV 2006, 1453; s. aber Senatsurteil vom 27.03.2001 - I R 42/00, BFHE 195, 536, BStBl II 2001, 771). Dabei ist nicht erforderlich, dass die wesentliche Betriebsgrundlage dem Betriebsunternehmen entgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Es genügt vielmehr eine leihweise Überlassung (BFH-Urteil vom 24.04.1991 - X R 84/88, BFHE 164, 385, BStBl II 1991, 713).

  12. bb) Die personelle und sachliche Verflechtung liegt nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) aufgrund der 100 %-igen Beteiligung der Klägerin an der B B.V. sowie der Verpachtung des der B B.V. als Geschäftslokal dienenden Grundstücks in Z durch die Klägerin vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die vorliegende Konstellation eines "inländischen Besitzunternehmens" und einer "ausländischen Betriebsgesellschaft".

  13. (1) Zwar wird im Schrifttum eine grenzüberschreitende Betriebsaufspaltung in der vorliegenden Konstellation generell abgelehnt, weil es den Regelungen der Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung widerspräche, wenn ausländische Vermietungseinkünfte zu gewerblichen Einkünften umqualifiziert würden (Dehmer, Betriebsaufspaltung, 4. Aufl., § 9 Rz 23).

  14. (2) Teilweise wird auch gefordert, dass die Betriebsgesellschaft im Inland eine Betriebsstätte haben müsse, weil andernfalls inländische Gewerbesteuer überhaupt nicht anfallen könne (Bauschatz in Carlé, Die Betriebsaufspaltung, 2. Aufl., Rz 313; Schmidt/Wacker, EStG, 39. Aufl., § 15 Rz 862; Söffing/Micker, Die Betriebsaufspaltung, 6. Aufl., Rz 942).

  15. (3) Demgegenüber sollen nach anderer Ansicht auch in der vorliegenden Konstellation die Grundsätze der Betriebsaufspaltung ‑‑zur Vermeidung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten‑‑ uneingeschränkt zur Anwendung kommen (Hessisches FG, Urteil vom 26.03.2015 - 10 K 2347/09, EFG 2015, 1454; Bachmann, Die internationale Betriebsaufspaltung, 2004, S. 188; Becker/Günkel in Raupach/Uelner [Hrsg.], Ertragsbesteuerung, Festschrift für Ludwig Schmidt, 1993, S. 483, 485; Gluth in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 785; Haverkamp, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2008, 165, 170; Kußmaul/Schwarz, GmbH-Rundschau 2012, 834, 840; Krumm in Kirchhof, EStG, 19. Aufl., § 15 Rz 113; Ruf, IStR 2006, 232, 235; Schulze zur Wiesche, Betriebs-Berater 2013, 2463; Streck/Binnewies, KStG, 9. Aufl., Beratungs-ABC "Betriebsaufspaltung" Rz 16; wohl auch Homuth, Neue Wirtschafts-Briefe, Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht - Internationale Wirtschafts-Briefe 2018, 536, 543 f.).

  16. cc) Der Senat schließt sich im Ergebnis der letztgenannten Auffassung an. Der Begründung eines Gewerbebetriebs der Klägerin durch Verpachtung des Grundstücks in Z an die B B.V. steht es nicht entgegen, dass die B B.V. in Deutschland nicht der Gewerbesteuer unterliegt und sich auch ansonsten keine Auswirkungen auf das deutsche (Ertrag-)Steueraufkommen ergeben.

  17. (1) Zwar hatte der Reichsfinanzhof (RFH) das Institut der Betriebsaufspaltung ursprünglich aus Gründen der "Missbrauchsvermeidung" entwickelt und sich insofern der Reichsfinanzverwaltung angeschlossen, die die Bildung von Pachtgesellschaften als "beliebtes Mittel der Steuerersparnis" beurteilte, bei dem der Vorteil darin liege, dass der "hohe Steuertarif für Einzelunternehmer vermieden" und die "Gewerbesteuer geschmälert" werde (Reinhardt, RStBl 1936, 1041)[1]. Der RFH qualifizierte fortan das verpachtete Betriebsgrundstück als Betriebsvermögen und betonte dabei die "Einheitlichkeit" von Besitz- und Betriebsunternehmen, die dann vorliegen solle, wenn das Besitzunternehmen "in engem wirtschaftlichen Zusammenhang" mit dem Betriebsunternehmen stehe bzw. "wirtschaftlich wesensgleich" sei (z.B. RFH-Urteile vom 19.01.1938 - VI 765/37, RStBl 1938, 316; vom 26.10.1938 - VI 501/38, RStBl 1939, 282; vom 02.11.1938 - VI 585/38, RStBl 1939, 88; vom 30.11.1939 - III 37/38, RStBl 1940, 361; vom 04.12.1940 - VI 660/38, RStBl 1941, 26; vom 01.07.1942 - VI 96/42, RStBl 1942, 1081; vom 06.08.1942 - III 25/42, RStBl 1942, 970).

  18. (2) Diese die Gewerblichkeit der Einkünfte des Besitzunternehmens tragenden Erwägungen sind jedoch zwischenzeitlich durch die Fortentwicklung der Rechtsprechung überholt. Danach hat sich das Institut der Betriebsaufspaltung von der ursprünglichen Intention der Missbrauchsvermeidung gelöst und sich dogmatisch verselbständigt. Maßgeblich ist der "einheitliche geschäftliche Betätigungswille" der hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). Dieser hebt die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens deutlich von einer "normalen" Vermietung mit der Folge ab, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Besitzunternehmens von einer originär gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG auszugehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 20.08.2015 - IV R 26/13, BFHE 251, 53, BStBl II 2016, 408; vom 17.04.2019 - IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745). Auf dieser dogmatischen Grundlage gibt es aber keinen sachlichen Grund, bei der Qualifikation der Einkünfte des Besitzunternehmens danach zu differenzieren, ob sich das im Streitfall überlassene Geschäftsgrundstück ‑‑aus Sicht des Besitzunternehmens‑‑ vor oder hinter der Landesgrenze befindet.

  19. 3. Das FG ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass das Besteuerungsrecht gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 Deutschland zugewiesen und nicht gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA-Niederlande 1959 ausgeschlossen ist.

  20. a) Da das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 12.04.2012 (BGBl II 2012, 1415, BStBl I 2016, 48) ‑‑DBA-Niederlande n.F.‑‑ nach Art. 33 Abs. 2 DBA-Niederlande n.F. erst ab dem 01.01.2016 anwendbar ist (vgl. Engers/Stevens in Wassermeyer Niederlande Art. 33 Rz 6), ist im Streitjahr noch das DBA-Niederlande 1959 anzuwenden.

  21. b) Danach hat der Wohnsitzstaat gemäß Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 das Besteuerungsrecht für Dividendeneinkünfte, wenn diese von einer Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten aus dem anderen Staate bezogen werden. Bei der Klägerin, einer rechtsfähigen Stiftung mit Sitz in Deutschland, handelt es sich um eine juristische Person und somit um eine Person i.S. der Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959, die die Dividende von der B B.V. mit Sitz in "dem anderen Staate" bezogen hat (hier: Niederlande).

  22. c) Zudem handelt es sich bei den Ausschüttungen der B B.V. um Dividenden i.S. des Art. 13 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 und nicht um Unternehmensgewinne i.S. des Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959. Nach Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande 1959 hat der "andere Staat" das Besteuerungsrecht für Einkünfte, die eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten als Unternehmer oder Mitunternehmer aus einem gewerblichen Unternehmen bezieht, dessen Wirkung sich auf das Gebiet des anderen Staates erstreckt. Dies würde indes voraussetzen, dass die Klägerin (aktive) Unternehmensgewinne erwirtschaftet. Hieran fehlt es im Streitfall. Denn die Einkünfte der Klägerin resultieren aus der Vermietung des Betriebsgrundstücks an die B B.V. sowie aus Ausschüttungen von der B B.V. Unerheblich ist, dass die Einkünfte ‑‑wie vorstehend ausgeführt‑‑ aus deutscher Sicht nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung als gewerblich anzusehen sind. Denn nach ständiger Senatsrechtsprechung ist der Begriff des Unternehmensgewinns abkommensautonom mit der Folge zu bestimmen, dass abkommensrechtlich von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit auszugehen ist (vgl. Senatsurteile vom 25.05.2011 - I R 95/10, BFHE 234, 63, BStBl II 2014, 760, Rz 22; vom 09.12.2010 - I R 49/09, BFHE 232, 145, BStBl II 2011, 482, Rz 18; vom 28.04.2010 - I R 81/09, BFHE 229, 252, BStBl II 2014, 754, Rz 23).

  23. d) Schließlich ist das Besteuerungsrecht Deutschlands nicht gemäß Art. 13 Abs. 5 DBA-Niederlande 1959 ausgeschlossen. Nach Art. 13 Abs. 5 DBA-Niederlande 1959 hat (nur) "der andere Staat" (hier: Niederlande) das Besteuerungsrecht, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten eine Betriebsstätte in dem anderen Staat hat und die Einkünfte durch diese Betriebsstätte erzielt. Eine Betriebsstätte setzt gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Niederlande 1959 eine "feste Geschäftseinrichtung" voraus, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Im Streitfall ermangelt es an einer solchen festen Geschäftseinrichtung der Klägerin. Die Vermietung eines im Ausland belegenen Grundstücks macht das Grundstück nicht zu einer Betriebsstätte des im Inland ansässigen Vermieters (vgl. Senatsurteil in BFHE 234, 63, BStBl II 2014, 760, Rz 22, m.w.N.).

  24. 4. Demgegenüber ist nicht entscheidungserheblich und kann daher offen bleiben, ob ‑‑was zwischen den Beteiligten streitig ist‑‑ die Voraussetzungen des sog. abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs gemäß Art. 13 Abs. 4 i.V.m. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 3 DBA-Niederlande 1959 erfüllt wären. Der Senat hat mit Beschluss vom 22.09.2016 - I R 29/15 (BFH/NV 2017, 324) entschieden, dass das nationale Schachtelprivileg des § 8b Abs. 1 KStG einerseits und das abkommensrechtliche Schachtelprivileg andererseits im Ausgangspunkt selbständig nebeneinanderstehen und nicht einander ausschließen. Die Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG hat somit auch dann zu erfolgen, wenn von ausländischen Kapitalgesellschaften gezahlte Dividenden (auch) nach dem abkommensrechtlichen Schachtelprivileg von der Besteuerung auszunehmen sind (Senatsurteil in BFH/NV 2017, 324, Rz 9). In diesem Zusammenhang hat die Vorinstanz aus dem klaren Wortlaut des DBA-Niederlande zu Recht gefolgert, dass sich das Schachtelprivileg auf die (Brutto-)Dividende bezieht und sich somit aus der abkommensrechtlichen Dividendendefinition im Streitfall kein Argument gegen die außerbilanzielle Hinzurechnung der fiktiven Betriebsausgaben i.S. des § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG gewinnen lässt (zur Problematik vgl. Senatsurteil vom 14.08.2019 - I R 44/17, BFHE 267, 1, Rz 31).

  25. 5. Die Vorinstanz hat rechtsfehlerfrei über den Streitgegenstand Gewerbesteuermessbetrag 2012 entschieden, insoweit ist die Revision unbegründet. Insbesondere war bei der Ermittlung des Gewerbeertrags keine Kürzung um den auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallenden Teil vorzunehmen (§ 9 Nr. 3 GewStG). Der in § 9 Nr. 3 GewStG verwendete Begriff der Betriebsstätte bestimmt sich zwar nicht nach der Definition des einschlägigen DBA-Niederlande 1959, sondern (allein) nach innerstaatlichem Recht (Senatsurteil vom 20.07.2016 - I R 50/15, BFHE 254, 365, BStBl II 2017, 230). Jedoch ist auch nach innerstaatlichem Recht eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (§ 12 Satz 1 AO). Ein Grundstück, das ‑‑wie im Streitfall‑‑ lediglich vermietet und verpachtet wird, begründet nach ständiger BFH-Rechtsprechung keine Betriebsstätte des Vermieters oder Verpächters. Dies gilt wegen der ertragsteuerrechtlichen Selbständigkeit von Besitz- und Betriebsunternehmen auch für die Vermietungstätigkeit der Besitzgesellschaft im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (BFH-Urteile vom 10.12.1998 - III R 50/95, BFHE 188, 176, BStBl II 1999, 607; vom 04.07.2012 - II R 38/10, BFHE 238, 216, BStBl II 2012, 782, Rz 49; vgl. auch Senatsurteil in BFHE 234, 63, BStBl II 2014, 760).

  26. 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.

Fußnoten

  1. [1] Es handelt sich um einen im Reichssteuerblatt abgedruckten Vortrag des Staatssekretärs des Reichsfinanzministeriums Fritz Reinhardt, gehalten auf der Dritten Jahrestagung der Akademie für Deutsches Recht am 23.10.1936 in München. Der Senat ist sich des nationalsozialistischen Kontexts des Vortrags bewusst. Er hält die Wiedergabe des Zitats aber für geboten, um die historische Entwicklung des Instituts der Betriebsaufspaltung aufzuzeigen.

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