ECLI:DE:BFH:2020:B.300920.IR12.19.0
BFH I. Senat
AStG § 8 Abs 1 Nr 6 Buchst b, DBA CHE Art 24 Abs 1 Nr 1 S 1 Buchst a, EG Art 56, AEUV Art 63, AStG § 8 Abs 3, GG Art 3 Abs 1, GG Art 2 Abs 1, GG Art 20 Abs 3, GG Art 100 Abs 1, KStG § 8 Abs 2
vorgehend FG Münster, 29. October 2014, Az: 2 K 618/11 F
Leitsätze
1. Einkünfte eines in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen aus der Vermietung eines in der Schweiz belegenen Grundstücks sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wenn das Grundstück einer Betriebsstätte "dient", die ihre Gewinne aus einer der in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Halbsatz 1 DBA-Schweiz 1971/2002 beschriebenen Tätigkeiten erzielt (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Halbsatz 2 DBA-Schweiz 1971/2002). Dies setzt voraus, dass es sich bei den Vermietungseinkünften um Nebenerträge handelt, die nach der Verkehrsauffassung zu der Tätigkeit gehören, bei der das Schwergewicht der in der Betriebsstätte ausgeübten Unternehmenstätigkeit liegt (funktionale Betrachtungsweise).
2. Die Hinzurechnung von in den Wirtschaftsjahren 2004 bis 2006 erzielten Zwischeneinkünften i.S. des § 8 Abs. 1 AStG einer in der Schweiz ansässigen Zwischengesellschaft beschränkt zwar die Kapitalverkehrsfreiheit, ist aber gerechtfertigt und verstößt daher nicht gegen Unionsrecht (Fortführung des EuGH-Urteils X vom 26.02.2019 - C-135/17, EU:C:2019:136, IStR 2019, 347, und des Senatsurteils vom 22.05.2019 - I R 11/19 (I R 80/14), BFHE 265, 322).
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 30.10.2014 - 2 K 618/11 F wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war in den Jahren 2004 bis 2006 Alleingesellschafter der J-GmbH mit Sitz in F (Schweiz). Daneben war der Kläger Gesellschafter der S-GmbH mit Sitz in F, die wiederum Gesellschafterin der S-AG war, die ihren Sitz ebenfalls in F hatte. Außerdem war der Kläger alleiniger Gesellschafter einer in I (Inland) ansässigen GmbH.
Der Kläger hatte in den Jahren 2004 bis 2006 Wohnsitze sowohl in I als auch in F. Die Ehefrau und die Kinder des Klägers lebten zunächst überwiegend in F, während sich der Kläger auch regelmäßig an seinem inländischen Wohnsitz aufhielt. Jedenfalls ab September 2005 hatten der Kläger und seine Familie ihren Lebensmittelpunkt in I.
Die J-GmbH und die S-AG besaßen zwei nebeneinander liegende Grundstücke in einer Gewerbe- und Industriezone von F. Die J-GmbH, die ihr Grundstück in ihren Bilanzen als Anlagevermögen führte, erzielte aus der Vermietung von Grundstücksteilen in den Wirtschaftsjahren 2004 bis 2006 Einkünfte, die in der Schweiz einer Steuerbelastung von weniger als 25 % unterlagen. Im Jahr 2008 reichten die J-GmbH und die S-AG gemeinsam ein sog. Umzonungsgesuch ein mit dem Ziel, das Areal in eine Wohn- und Gewerbezone umzuwandeln.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ für die Feststellungsjahre 2005 bis 2007 (Wirtschaftsjahre 2004 bis 2006) auf der Grundlage von § 18 des Gesetzes über die Besteuerung von Auslandsbeziehungen in der in den Jahren 2004 bis 2007 geltenden Fassung (Außensteuergesetz ‑‑AStG‑‑) Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, in denen er dem Kläger aufgrund seiner Beteiligung an der J-GmbH und der von dieser erzielten Vermietungseinkünfte Hinzurechnungsbeträge nach Maßgabe der §§ 7 ff. AStG in Höhe von ... € (Feststellungsjahr 2005), ... € (Feststellungsjahr 2006) und ... € (Feststellungsjahr 2007) zurechnete.
Der Kläger war demgegenüber der Auffassung, die Voraussetzungen der Hinzurechnung lägen nicht vor. Insbesondere handele es sich bei den Vermietungseinnahmen um Nebeneinkünfte zur Haupttätigkeit der J-GmbH, die auf den gewerblichen Grundstückshandel gerichtet gewesen sei. Die J-GmbH und die S-AG hätten ab dem Jahr 2005 bereits mit Vorbereitungen zu dem im Zusammenhang mit der Umzonung geplanten gewerblichen Grundstückshandel (Bebauung der Grundstücke mit Wohn- und Gewerbeimmobilien und anschließende Veräußerung) begonnen. Außerdem verstoße die Hinzurechnungsbesteuerung gegen die unionsrechtliche Kapitalverkehrsfreiheit und ‑‑wegen der Überschreibung abkommensrechtlich vereinbarter Besteuerungsbefugnisse‑‑ gegen das Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes (GG). Die dagegen erhobene Klage blieb jedoch ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Münster hat sie mit Urteil vom 30.10.2014 - 2 K 618/11 F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 351) als unbegründet abgewiesen.
Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Klägers.
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil und die angefochtenen Feststellungsbescheide aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Senat hat das Revisionsverfahren mit Beschluss vom 11.04.2017 - I R 78/14 gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) über das Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 12.10.2016 - I R 80/14 (BFHE 256, 223, BStBl II 2017, 615) ausgesetzt. Der EuGH hat mit Urteil X vom 26.02.2019 - C-135/17 (EU:C:2019:136, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2019, 347) über das Vorabentscheidungsersuchen entschieden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a FGO. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die in den Jahren 2004 bis 2006 von der J-GmbH erzielten Einkünfte aus der Vermietung des in der Schweiz belegenen Grundstücks beim Kläger der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen und die angefochtenen Feststellungsbescheide daher rechtmäßig sind.
1. Sind unbeschränkt Steuerpflichtige an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat und die nicht gemäß § 3 Abs. 1 KStG von der Körperschaftsteuerpflicht ausgenommen ist (ausländische Gesellschaft), zu mehr als der Hälfte beteiligt, so sind die Einkünfte, für die diese Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, bei jedem von ihnen mit dem Teil steuerpflichtig, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der Gesellschaft entfällt (§ 7 Abs. 1 AStG). Zu mehr als der Hälfte beteiligt sind unbeschränkt Steuerpflichtige i.S. von § 7 Abs. 1 AStG u.a. dann, wenn ihnen allein am Ende des Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft, in dem diese die Einkünfte nach § 7 Abs. 1 AStG bezogen hat (maßgebendes Wirtschaftsjahr), mehr als 50 % der Anteile oder Stimmrechte an der ausländischen Gesellschaft zuzurechnen sind (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AStG).
Eine ausländische Gesellschaft ist i.S. von § 7 Abs. 1 AStG Zwischengesellschaft für Einkünfte, die einer niedrigen Besteuerung (durch eine Ertragsteuerbelastung von weniger als 25 %, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht, § 8 Abs. 3 Satz 1 AStG) unterliegen und nicht aus jenen Einkünften stammen, die in § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 AStG aufgelistet sind (§ 8 Abs. 1 Halbsatz 1 AStG). Die hiernach steuerpflichtigen Einkünfte sind bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen mit dem Betrag, der sich nach Abzug der Steuern ergibt, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft von diesen Einkünften sowie von dem diesen Einkünften zugrunde liegenden Vermögen erhoben worden sind, anzusetzen (Hinzurechnungsbetrag, § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG). Der Hinzurechnungsbetrag gehört zu den Einkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und gilt unmittelbar nach Ablauf des maßgebenden Wirtschaftsjahrs der ausländischen Gesellschaft als zugeflossen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 AStG). Die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG werden nach Maßgabe des § 18 AStG gesondert festgestellt.
2. Die Voraussetzungen einer Hinzurechnung sind im Streitfall insoweit gegeben ‑‑und zwischen den Beteiligten außer Streit‑‑, als es sich nach den vom FG getroffenen, den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen bei der J-GmbH um eine Körperschaft i.S. des § 2 Nr. 1 KStG gehandelt hat, die weder Geschäftsleitung noch Sitz im Inland gehabt hat und an der in den Jahren 2004 bis 2006 mit dem Kläger ein in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) unbeschränkt Steuerpflichtiger zu mehr als der Hälfte beteiligt gewesen ist.
3. Auch die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen für die Hinzurechnung der in Rede stehenden Einkünfte der J-GmbH liegen vor.
a) Die von der J-GmbH im Zeitraum 2004 bis 2006 erzielten Vermietungseinkünfte sind Einkünfte, die in der Schweiz einer niedrigen Ertragsteuerbelastung i.S. von § 8 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 AStG ‑‑nämlich einer solchen von unter 25 %‑‑ unterliegen. Zu Recht hat die Vorinstanz es abgelehnt, mit Blick auf eine mögliche Besteuerung eines künftigen Veräußerungsgewinns aus einem etwaigen Verkauf des Grundstücks von einer über dem Grenzwert des § 8 Abs. 3 AStG liegenden Ertragsteuerbelastung auszugehen. Im Rahmen der Prüfung einer Niedrigbesteuerung nach Maßgabe des § 8 Abs. 3 AStG können hypothetische Steuern auf hypothetische künftige Einkünfte nicht berücksichtigt werden.
b) Es handelt sich bei den Mieteinnahmen der J-GmbH um "passive" Einkünfte, die nicht unter einen der Aktivitätstatbestände des § 8 Abs. 1 AStG zu subsumieren sind.
aa) Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung hat für die Prüfung des Aktivitätskatalogs des § 8 Abs. 1 AStG im Fall der J-GmbH eine Separierung und damit eine eigenständige Beurteilung der Einkünfte nach den Tätigkeitsbereichen, aus denen sie jeweils stammen, nicht deshalb zu unterbleiben, weil es sich um eine Kapitalgesellschaft i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG handelt. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 KStG, der zufolge bei unbeschränkt Steuerpflichtigen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln sind, gilt nicht für beschränkt Steuerpflichtige und ist daher im Rahmen der Prüfung des Aktivitätskatalogs des § 8 Abs. 1 AStG nicht anwendbar.
bb) Das FG hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die von der J-GmbH erzielten Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken zu klassifizieren sind, die nur unter den in § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b AStG genannten Voraussetzungen von der Hinzurechnung auszunehmen sind. Zutreffend ist insbesondere die Annahme der Vorinstanz, die Vermietungseinkünfte stünden nicht derart in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer anderen, "aktiven" Betätigung der J-GmbH, dass sie dieser Betätigung funktional zugeordnet werden könnten.
aaa) Im Zusammenhang mit der Subsumtion unter die Aktivitätstatbestände des § 8 Abs. 1 AStG sind allerdings wirtschaftlich zusammengehörende Tätigkeiten einheitlich zu behandeln (funktionale Betrachtungsweise). Dabei ist die Tätigkeit maßgebend, auf der nach allgemeiner Verkehrsauffassung das wirtschaftliche Schwergewicht liegt; eine nach diesen Maßgaben einheitlich zu beurteilende Tätigkeit liegt insbesondere vor, wenn Einkünfte aus Hilfs- oder Nebentätigkeiten zu einer Haupttätigkeit zu beurteilen sind, wie es z.B. bei den Einkünften aus der Verwaltung und Verwahrung von Wertpapieren durch Kreditinstitute oder solchen aus der Vermögensverwaltung durch Versicherungsunternehmen zum Zwecke der Besicherung künftiger Ansprüche der Versicherten der Fall ist (Senatsurteil vom 13.10.2010 - I R 61/09, BFHE 231, 152, BStBl II 2011, 249; Wassermeyer/Schönfeld in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld ‑‑F/W/B/S‑‑, Außensteuerrecht, § 8 AStG Rz 24, jeweils m.w.N.). Einzeltätigkeiten mit einem erheblichen wirtschaftlichen Eigengewicht sind dagegen eigenständig unter den Katalog des § 8 Abs. 1 AStG zu subsumieren, auch wenn sie mit anderen Tätigkeiten in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (Senatsurteil vom 18.12.2019 - I R 59/17, BFHE 268, 30).
bbb) Nach diesen Maßgaben können die Vermietungseinkünfte der J-GmbH keiner "aktiven" Betätigung funktional zugeordnet werden. Selbst wenn das Vorbringen des Klägers, die J-GmbH habe bereits ab dem Jahr 2005 mit Planung und Vorbereitung des für die Zeit nach der angestrebten Umzonung beabsichtigten Bebauung und Veräußerung des Grundstücks begonnen, als zutreffend unterstellt wird und wenn diese Betätigung als "aktive" Handelstätigkeit i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG einzuordnen wäre, ist ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der ‑‑unverändert fortgeführten‑‑ Vermietungstätigkeit einerseits und der Vorbereitung der Grundstücksveräußerung andererseits nicht erkennbar. Beide Betätigungen sind vielmehr wirtschaftlich nicht voneinander abhängig und stehen nicht in einem Verhältnis von Haupt- zu Hilfs- oder Nebentätigkeit. Im Übrigen hätten bloße Planungen und Vorbereitungshandlungen, die im relevanten Zeitraum 2004 bis 2006 noch zu keinerlei konkreten Kauf- oder Verkaufsaktivitäten geführt haben ‑‑die Umzonung wurde erst im Jahr 2008 beantragt‑‑, ohnehin ein derart geringes wirtschaftliches Gewicht, dass der Vermietungstätigkeit jedenfalls noch die dominierende Bedeutung zugekommen wäre.
cc) Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b AStG sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nur dann von der Hinzurechnung ausgenommen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Einkünfte daraus nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) steuerbefreit wären, wenn sie von den unbeschränkt Steuerpflichtigen, die gemäß § 7 AStG an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sind, unmittelbar bezogen worden wären. Zu prüfen ist mithin, ob die Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks nach dem mit dem Belegenheitsstaat Schweiz seinerzeit bestehenden DBA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen gewesen wären, wenn dem Kläger die Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung unmittelbar selbst zugeflossen wären (vgl. Wassermeyer/Schönfeld in F/W/B/S, a.a.O., § 8 AStG Rz 227).
Auf der Grundlage der vom FG getroffenen ‑‑und den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden‑‑ tatsächlichen Feststellungen ist dies zu verneinen. Für den unbeschränkt steuerpflichtigen Kläger wären die Vermietungseinkünfte nach dem Welteinkommensprinzip gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG im Inland steuerpflichtig gewesen. Sie wären nicht aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11.08.1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 12.03.2002 (BGBl II 2003, 68, BStBl I 2003, 166) ‑‑DBA-Schweiz 1971/2002‑‑ von der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen.
aaa) Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen können gemäß Art. 6 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/2002 in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem dieses Vermögen liegt, hier also in der Schweiz. Dies gilt gemäß Art. 6 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/2002 auch für Einkünfte aus der Vermietung oder Verpachtung unbeweglichen Vermögens und gemäß Art. 6 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/2002 (u.a.) für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen eines Unternehmens. Somit stünde der Schweiz abkommensrechtlich ein (Quellen-)Besteuerungsrecht im Hinblick auf die streitbefangenen Vermietungseinkünfte zu, nicht aber ein ausschließliches Besteuerungsrecht.
bbb) Die Methode zur Beseitigung der Doppelbesteuerung ergibt sich aus Art. 24 DBA-Schweiz 1971/2002, der u.a. danach unterscheidet, in welchem der Vertragsstaaten der Steuerpflichtige nach Maßgabe des Art. 4 DBA-Schweiz 1971/2002 als ansässig zu behandeln ist.
(1) Für den Zeitraum, in dem der Kläger, der in beiden Vertragsstaaten jeweils über einen Wohnsitz verfügt hat, die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen (Mittelpunkt der Lebensinteressen) im Inland gehabt hat ‑‑d.h. spätestens ab September 2005‑‑ gilt der Kläger gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-Schweiz 1971/2002 im Sinne des Abkommens als im Inland ansässig. Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a DBA-Schweiz 1971/2002 werden bei einer in Deutschland ansässigen Person von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen Gewinne i.S. des Art. 7 des Abkommens (Unternehmensgewinne), soweit die Gewinne nachweislich durch Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Montage von Gegenständen, Aufsuchen und Gewinnung von Bodenschätzen, Bank- und Versicherungsgeschäfte, Handel oder Erbringung von Dienstleistungen unter Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr erzielt werden (Halbsatz 1); Gleiches gilt für die Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, das einer solchen Betriebsstätte dient (Halbsatz 2).
Das FG hat die Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Halbsatz 2 DBA-Schweiz 1971/2002 für den im Streitfall relevanten Zeitraum 2004 bis 2006 im Ergebnis zu Recht als nicht gegeben angesehen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats gelten für das Verhältnis der in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Halbsatz 2 DBA-Schweiz 1971/2002 genannten passiven Einkünfte zu den in Halbsatz 1 der Norm aufgeführten unternehmerischen Betätigungen die gleichen Anforderungen ("funktionale Betrachtungsweise"), wie sie allgemein für die Zuordnung von "passiven" Einkünften zu den Unternehmensgewinnen i.S. von Art. 7 DBA-Schweiz 1971/2002 gelten und die wiederum den Voraussetzungen für die Zuordnung passiver Einkünfte zu damit wirtschaftlich zusammenhängenden "aktiven" Betätigungen im Rahmen des § 8 Abs. 1 AStG entsprechen (vgl. Senatsurteile vom 30.08.1995 - I R 112/94, BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563; vom 29.11.2000 - I R 84/99, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2001, 1053, jeweils zu Lizenzeinkünften). Danach setzt der Tatbestand des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Halbsatz 2 DBA-Schweiz 1971/2002 in Bezug auf Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens voraus, dass es sich um Nebenerträge handelt, die nach der Verkehrsauffassung zu der Tätigkeit gehören, bei der das Schwergewicht der in der Betriebsstätte ausgeübten Unternehmenstätigkeit liegt (vgl. Senatsurteil in BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563 zu Lizenzeinkünften). Aus den oben ausgeführten Gründen ist ein derartiger Zusammenhang der Vermietungseinkünfte zu einer aktiven unternehmerischen Betätigung der J-GmbH indessen nicht gegeben, sodass die Vermietungseinkünfte im Falle eines Direktbezugs durch den Kläger nicht gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Halbsatz 2 DBA-Schweiz 1971/2002 aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen wären. Die Doppelbesteuerung würde in diesem Fall vielmehr gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971/2002 i.V.m. § 34c EStG durch Anrechnung der schweizerischen Steuer auf die deutsche Steuer beseitigt.
(2) Das FG hat offengelassen, ob der Kläger in der Zeit bis September 2005 den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in F gehabt und deshalb gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-Schweiz 1971/2002 bis dahin für die Zwecke des Abkommens als in der Schweiz ansässig gegolten hat. Nähere Feststellungen hierzu sind für die Entscheidung des Rechtsstreits auch nicht erforderlich. Denn auch unter diesen Gegebenheiten wären die Vermietungseinkünfte im Falle eines Direktbezugs durch den Kläger nicht aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer auszunehmen.
Dies folgt aus der Regelung des Art. 4 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/2002 (sog. überdachende Besteuerung). Danach kann Deutschland eine natürliche Person, die nach Art. 4 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/2002 als in der Schweiz ansässig gilt und in Deutschland über eine ständige Wohnstätte verfügt oder dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt von mindestens sechs Monaten im Kalenderjahr hat, ungeachtet anderer Bestimmungen des Abkommens nach den Vorschriften über die unbeschränkte Steuerpflicht besteuern (Satz 1). Deutschland wendet jedoch Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz 1971/2002 auf die dort genannten, aus der Schweiz stammenden Einkünfte und in der Schweiz belegenen Vermögenswerte an (Satz 2 Halbsatz 1); auf andere aus der Schweiz stammende Einkünfte und in der Schweiz belegene Vermögenswerte rechnet Deutschland in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Rechts über die Anrechnung ausländischer Steuern die von diesen Einkünften oder Vermögenswerten erhobene schweizerische Steuer auf die deutsche Steuer (mit Ausnahme der Gewerbesteuer) von diesen Einkünften oder Vermögenswerten an (Satz 2 Halbsatz 2).
Nach den Feststellungen der Vorinstanz, gegen die aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ist und die auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen werden, wären die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 DBA-Schweiz 1971/2002 im Streitfall erfüllt. Danach hat der Kläger auch in der Zeit vor September 2005 in Deutschland eine ständige Wohnstätte gehabt und hat sich dort außerdem auch regelmäßig aufgehalten. Rechtsfolge der überdachenden Besteuerung wäre gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2002, dass Deutschland den Kläger auch auf abkommensrechtlicher Ebene grundsätzlich nach den Regeln der unbeschränkten Steuerpflicht und damit nach dem Welteinkommensprinzip besteuern dürfte. Da ‑‑wie oben ausgeführt‑‑ die hier interessierenden Vermietungseinkünfte, falls sie vom Kläger unmittelbar bezogen worden wären, nicht der Freistellungsregel des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Halbsatz 2 (hier i.V.m. Art. 4 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1) DBA-Schweiz 1971/2002 unterfallen würden, wäre Art. 4 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 DBA-Schweiz 1971/2002 einschlägig, der für sonstige aus der Schweiz stammende Einkünfte die Anwendung der Anrechnungsmethode vorsieht.
4. Die Höhe der in den angefochtenen Bescheiden festgestellten Hinzurechnungsbeträge ist vom Kläger nicht angegriffen worden. Auch der Senat vermag insoweit keine Fehler zu erkennen.
5. Die Hinzurechnung der von der J-GmbH erzielten Zwischeneinkünfte für die Wirtschaftsjahre 2004 bis 2006 (Feststellungsjahre 2005 bis 2007) verstößt nicht gegen die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit.
a) Die Prüfung, ob die Hinzurechnung der Zwischeneinkünfte mit den unionsrechtlichen Grundfreiheiten vereinbar ist, ist im Rahmen des Feststellungsverfahrens nach § 18 AStG und nicht im Rahmen der nachfolgenden Steuerfestsetzung durchzuführen (Senatsurteil vom 14.11.2018 - I R 47/16, BFHE 263, 393, BStBl II 2019, 419).
b) Der Senat hat im Anschluss an das EuGH-Urteil X (EU:C:2019:136, IStR 2019, 347) dahin erkannt, dass die Hinzurechnung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter i.S. von § 7 Abs. 6, 6a AStG einer in der Schweiz ansässigen Zwischengesellschaft für das Wirtschaftsjahr 2006/Feststellungsjahr 2007 zwar zu einer Beschränkung des durch Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte ‑‑EG‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002, Nr. C 325, 1), jetzt Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ‑‑AEUV‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) geschützten freien Kapitalverkehrs führt. Diese Beschränkung ist aber unter Berücksichtigung des hinsichtlich der Jahre 2006 und 2007 für den Auskunftsverkehr zwischen deutschen und Schweizer Behörden bestehenden Rechtsrahmens aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses und insbesondere der Verhinderung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung gerechtfertigt und verstößt daher nicht gegen Unionsrecht. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des Senatsurteils vom 22.05.2019 - I R 11/19 (I R 80/14) (BFHE 265, 322) verwiesen.
c) Die Erwägungen des Senatsurteils in BFHE 265, 322 gelten gleichermaßen für die im Streitfall zu beurteilenden "allgemeinen" Zwischeneinkünfte i.S. von § 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 AStG (Senatsurteil in BFHE 268, 30). Sie sind des Weiteren auch auf die Zwischeneinkünfte der Wirtschaftsjahre 2004 und 2005 (Feststellungsjahre 2005 und 2006) zu übertragen, in denen sich die für die unionsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Auskunftsmöglichkeiten der deutschen Steuerbehörden gegenüber den Schweizer Behörden nicht anders dargestellt haben als in den Jahren 2006/2007.
Der Einwand des Klägers, er habe im Streitfall dem FA die sachlichen, rechtlichen und buchhalterischen Grundlagen der Einkünfteerzielung der J-GmbH in vollem Umfang offengelegt, sodass das FA den Sachverhalt aus eigener Kenntnis und ohne Auskunftsersuchen gegenüber den Schweizer Behörden beurteilen könne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach dem EuGH-Urteil X (EU:C:2019:136, IStR 2019, 347) kommt es für die Rechtfertigungsprüfung darauf an, ob ein "rechtlicher Rahmen" besteht, der insbesondere vertragliche Verpflichtungen vorsieht, die es den Steuerbehörden des Ansässigkeitsstaats ermöglichen können, die Richtigkeit der Informationen in Bezug auf die betreffende Gesellschaft zu überprüfen. Ob die Finanzbehörden im jeweiligen Einzelfall einen konkreten Anlass für die Verifikation der Angaben des Steuerpflichtigen durch ein Auskunftsersuchen gegenüber den Drittstaatsbehörden haben oder nicht, ist danach nicht maßgeblich.
d) Soweit der Kläger in der Revisionsinstanz erneut die in § 8 Abs. 3 Satz 1 AStG festgelegte Aufgriffsschwelle für die Annahme einer Niedrigbesteuerung der ausländischen Gesellschaft von weniger als 25 % vor dem Hintergrund infrage stellt, dass der Körperschaftsteuersatz für unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften in Deutschland mittlerweile auf 15 % abgesenkt worden sei, ist dem bereits das FG mit dem zutreffenden Hinweis darauf begegnet, dass in dem für den Streitfall relevanten Zeitraum von 2004 bis 2006 der Körperschaftsteuersatz noch 25 % betragen hat. Insoweit kann es für die unionsrechtliche Beurteilung der Aufgriffsschwelle im Streitfall auch keine maßgebliche Rolle spielen, in welchem Umfang Einkünfte einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft aus der Vermietung eines in der Schweiz belegenen Grundstücks neben der Körperschaftsteuer auch der Gewerbesteuer unterlegen hätten.
e) Soweit der Kläger als diskriminierend rügt, dass er als in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger mit Vermietungseinkünften aus Schweizer Immobilien steuerlich schlechter gestellt werde als ein in der Schweiz unbeschränkt Steuerpflichtiger mit Vermietungseinkünften aus deutschen Immobilien, ist dem Unionsrecht keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu entnehmen, ihre Besteuerung an das Besteuerungssystem bzw. das Besteuerungsniveau eines anderen Staats anzupassen.
6. Über die Revision ist abschließend zu entscheiden. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 GG i.V.m. § 13 Nr. 11 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) liegen nicht vor. Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der im Streitfall anzuwendenden Vorschriften des Außensteuergesetzes überzeugt. Was die Vereinbarkeit des § 20 Abs. 1 AStG, der u.a. den Bestimmungen der §§ 7 bis 18 AStG den Vorrang vor (etwaigen) entgegenstehenden DBA-Vorschriften einräumt, mit dem Rechtsstaatsgebot betrifft, hat das BVerfG entschieden, dass derartige unilaterale Abkommensüberschreibungen zulässig sind (Beschluss vom 15.12.2015 - 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1; s. speziell zur Hinzurechnungsbesteuerung auch Senatsurteil in BFHE 268, 30). Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass die Hinzurechnungsbesteuerung unter dem Aspekt der Verletzung des Leistungsfähigkeitsprinzips zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG führt (s. dazu wiederum das Senatsurteil in BFHE 268, 30).
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.