ECLI:DE:BFH:2019:BA.101219.IB35.19.0
BFH I. Senat
KStG § 27 Abs 2 S 1, AO § 166, GG Art 19 Abs 4
vorgehend FG München, 27. May 2019, Az: 7 V 803/19
Leitsätze
Wird ein Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft hinsichtlich der gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos bejaht, ist jedenfalls nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Gesellschafter den sich aus § 166 AO ergebenden Beschränkungen unterworfen sind.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Finanzgerichts München vom 28.05.2019 - 7 V 803/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Antragstellerin zu 1.) ist eine Gesellschaft schottischen Rechts, die nach ihrem Typus einer deutschen Kommanditgesellschaft entspricht. Die Antragsteller und Beschwerdeführer zu 2. bis 36. (Antragsteller) sind vergleichbar einem deutschen Kommanditisten an ihr beteiligt. Die einem deutschen Komplementär entsprechende Funktion übt die B S.a.r.l. (B) aus, bei der es sich um eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts handelt.
B erwarb im Februar 2015 sämtliche Anteile an der C GmbH (C). 99,5 % dieser Anteile hielt sie treuhänderisch für die Antragstellerin zu 1., die restlichen Anteile für eine GbR.
Um der C den Erwerb einer Beteiligung zu ermöglichen, zahlte die B im März 2015 in ihrer Funktion als Gesellschafterin und Treuhänderin einen Betrag von ... € in die Kapitalrücklage der C ein. Die Bilanz zum 31.12.2015 weist eine dem entsprechende Position aus.
Die C gab in ihrer Feststellungserklärung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 4 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr (2015) geltenden Fassung (KStG) gegenüber dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 mit 0 € an. Das FA folgte der Erklärung und stellte den Bestand zum 31.12.2015 im Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG vom 14.06.2016 mit 0 € fest (im Folgenden: Bescheid vom 14.06.2016).
Einen von der C am 28.11.2017 gestellten Berichtigungsantrag gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO) wies das FA ab. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Die Antragsteller legten mit Schreiben vom 08.02.2018 Einspruch gegen den Bescheid vom 14.06.2016 ein. Sie beantragten außerdem mit Schriftsatz vom 23.05.2018 Aussetzung der Vollziehung (AdV). Diesen Antrag lehnte das FA im März 2019 ab. Die Antragsteller stellten daraufhin beim Finanzgericht München (FG) einen AdV-Antrag.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 28.05.2019 - 7 V 803/19 lehnte das FG diesen Antrag als unzulässig ab. Die Antragsteller seien mangels Beschwer nicht befugt, den Bescheid vom 14.06.2016 anzufechten.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer vom FG gemäß § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassenen Beschwerde.
Zur Begründung verweisen sie im Wesentlichen darauf, dass sich aus dem Bescheid vom 14.06.2016 für sie eine Beschwer ergebe, weil die erbrachte Einlage materiell-rechtlich fehlerhaft nicht berücksichtigt worden sei und sich bei ihnen wegen der vom erkennenden Senat angenommenen materiell-rechtlichen Bindungswirkung des Feststellungsbescheids gemäß § 27 Abs. 2 KStG für die Festsetzung der Steuer auf der Ebene der Anteilseigner unmittelbar rechtlich auswirke. Die hiermit verbundene Drittanfechtungsbefugnis (Klage- bzw. Antragsbefugnis) habe der Senat auch in anderen Konstellationen, insbesondere in Einbringungsfällen, anerkannt.
Die Antragsteller beantragen (sinngemäß), den Beschluss der Vorinstanz aufzuheben und die Vollziehung des Bescheids vom 14.06.2016 mit der Maßgabe auszusetzen, dass vorläufig bis zum Eintritt der Bestandskraft der Einspruchsentscheidung im beim FA anhängigen Einspruchsverfahren von einem Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2015 in Höhe von ... € auszugehen ist.
Das FA beantragt, den AdV-Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den AdV-Antrag zu Recht abgewiesen, weil die Antragsteller im Ergebnis nicht befugt sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit des Bescheids vom 14.06.2016 geltend zu machen.
1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 17.05.2005 - I B 108/04, BFH/NV 2005, 1778). Eine solche gerichtliche Aussetzungsentscheidung erfordert allerdings, dass neben den in § 69 Abs. 4 FGO gesondert genannten Voraussetzungen auch die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen. Deshalb kann AdV eines Verwaltungsakts nur derjenige beantragen, der durch den Bescheid beschwert ist. Ebenso wie für die Rechtsbehelfs- bzw. Klagebefugnis gegen einen Verwaltungsakt (vgl. § 350 AO; § 40 Abs. 2 FGO) ist Voraussetzung für die Antragsbefugnis eine Verletzung rechtlich geschützter Interessen durch den angefochtenen Verwaltungsakt (Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 29.11.1995 - X B 328/94, BFHE 179, 222, BStBl II 1996, 322).
2. Es kann bei der gebotenen summarischen Prüfung dahinstehen, ob die Antragsteller, wie von ihnen geltend gemacht, antragsbefugt sind. Selbst wenn diese Befugnis zu ihren Gunsten unterstellt würde, so müssten sie den Bescheid vom 14.06.2016 gegen sich gelten lassen. Dies folgt aus § 166 AO, dessen Anwendung im Streitfall vom Senat nicht als rechtlich zweifelhaft erachtet wird.
a) Nach der Senatsrechtsprechung richtet sich der Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG ausschließlich gegen die dort genannte Kapitalgesellschaft. Obgleich dem steuerlichen Einlagekonto für die eigene Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft keine unmittelbare Bedeutung zukommt, hat der Senat dieser die Befugnis zuerkannt, gegen den Feststellungsbescheid vorzugehen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 30.01.2013 - I R 35/11, BFHE 240, 304, BStBl II 2013, 560). Dieser Bescheid entfaltet über § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner. Nach dieser Vorschrift gehören Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit für diese Eigenkapital i.S. des § 27 KStG als verwendet gilt. Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind damit die im Bescheid nach § 27 Abs. 2 KStG ausgewiesenen Bestände. Gilt danach das steuerliche Einlagekonto für die Leistung der Körperschaft als verwendet, ist diese Verwendungsfiktion auch auf der Ebene der Gesellschafter zu beachten. Ein Gesellschafter kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, das steuerliche Einlagekonto sei im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen (Senatsurteil vom 19.05.2010 - I R 51/09, BFHE 230, 128, BStBl II 2014, 937). Ob wegen der bestehenden materiell-rechtlichen Bindungswirkung auch die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft neben dieser gegen den Feststellungsbescheid als Drittanfechtungsberechtigte klagen können, hat der Senat noch nicht entschieden (bejahend z.B. Urteil des Hessischen FG vom 01.12.2015 - 4 K 1355/13, Entscheidungen der Finanzgerichte 2016, 687; Brühl, Deutsches Steuerrecht 2017, 1129; Ott, Steuern und Bilanzen 2018, 273; Streck/Binnewies, KStG, 9. Aufl., § 27 Rz 42; verneinend z.B. Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 19.09.2019 - 1 K 73/18, juris; Mössner in Mössner/Seeger, Körperschaftsteuergesetz, 4. Aufl., § 27 Rz 159; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG Rz 113a; wohl auch Wernicke in Lademann, Körperschaftsteuergesetz, § 27 Rz 118; den Streit referierend z.B. Pohl in Micker/Pohl, BeckOK KStG, § 27 Rz 257).
b) Der Senat hat insoweit zwar erhebliche Zweifel, aber selbst wenn ein Drittanfechtungsrecht der Gesellschafter bestünde, so wäre dies jedenfalls den sich aus § 166 AO ergebenden Beschränkungen unterworfen.
Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies gemäß § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
aa) Die Voraussetzungen dieser Norm sind erfüllt. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass § 166 AO nicht im engeren Sinne allein Steuerfestsetzungen gegenüber dem Steuerpflichtigen erfasst, sondern auf die den Steuerbescheiden grundsätzlich gleichgestellten (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO) Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und deren Adressaten zu erstrecken ist (Klein/Rüsken, AO, 14. Aufl., § 166 Rz 16; Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 166 AO Rz 4; Krumm in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 166 AO Rz 11; Oellerich in Gosch, AO § 166 Rz 7; Rosenke in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK AO, § 166 Rz 21). Im Streitfall ist somit der gegenüber der C ergangene Bescheid vom 14.06.2016 tatbestandlich erfasst; der Bescheid ist auch unanfechtbar geworden, weil es diesbezüglich auf den Eintritt der formellen Bestandskraft der C "gegenüber" ankommt (Krumm, a.a.O., Rz 13; Heuermann, a.a.O., Rz 6). Die weitere Voraussetzung des § 166 AO ("wer in der Lage gewesen wäre, den ... Bescheid ... kraft eigenen Rechts anzufechten") erfüllen die Antragsteller ebenfalls, wenn man ihnen ‑‑wie geltend gemacht‑‑ die Drittanfechtungsbefugnis zuspricht. Letzteres ist mangels gegenteiliger gesetzlicher Aussagen nicht auf die allgemein anerkannten Fälle des Insolvenzverwalters oder sonstiger Parteien kraft Amtes beschränkt, sondern erfasst allgemein Drittanfechtungsfälle (Krumm, a.a.O., Rz 24). Für das Merkmal "in der Lage gewesen wäre" kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob der Dritte rein tatsächlich die Möglichkeit zur Einspruchseinlegung besaß oder ob er Kenntnis vom Inhalt der von § 166 AO vorausgesetzten Steuerfestsetzung oder der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hatte. Vielmehr ist allein auf dessen rechtliche Befugnis abzustellen, aus eigenem Recht einen Bescheid anfechten zu können (zum Vorstehenden z.B. BFH-Urteil vom 20.01.1998 - VII R 80/97, BFH/NV 1998, 814, zu einer steuerfestsetzungsgleichen Lohnsteueranmeldung; Rüsken, a.a.O., Rz 7).
bb) Die Rechtsfolge des § 166 AO (vgl. Heuermann, a.a.O., Rz 3: "Art Präklusion") besteht darin, dass der Dritte, der von dem ihm zustehenden Anfechtungsrecht bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft des Bescheids nicht Gebrauch macht, die (angebliche) Rechtswidrigkeit des Bescheids ‑‑im Streitfall die unzutreffende Höhe des Bestands des steuerlichen Einlagekontos‑‑ wegen der sich auf ihn erstreckenden Bestandskraft nicht mehr geltend machen kann. Seine Klage wäre demgemäß abzuweisen. Ob als unzulässig oder unbegründet, ändert nichts an den fehlenden Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens und kann daher für Zwecke der Entscheidung über den AdV-Antrag dahinstehen.
3. Dass die Antragsteller den Bescheid hiernach nicht mehr auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen lassen können, begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Regelung des § 166 AO mit den sich aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Anforderungen grundsätzlich vereinbar ist (Krumm, a.a.O., Rz 3, m.w.N.; Oellerich, a.a.O., Rz 15).
b) Auch mit der Einbeziehung der ‑‑vom Senat unterstellten‑‑ Drittanfechtungsbefugnis in den Anwendungsbereich des § 166 AO wird der Rechtsschutz der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gegenüber dem Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert.
aa) In erster Linie gebietet es der Sachgrund der Rechtssicherheit, die ‑‑vom Senat im Rahmen des vorliegenden Beschlussverfahrens angenommene‑‑ Drittanfechtungsbefugnis der Anteilseigner dem Regime des § 166 AO zu unterwerfen.
Mit der von § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG angeordneten gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos und deren Bindungswirkung für die nächstfolgende Feststellung wollte der Gesetzgeber Rechtssicherheit für die regelungsbetroffenen Steuerpflichtigen und den Fiskus herstellen (allgemeine Meinung vgl. BTDrucks 7/1470, S. 379 und 14/2683, S. 121, zur vergleichbaren Rechtslage bei der früheren gesonderten Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 KStG a.F.; Gosch/Bauschatz, KStG, 3. Aufl., § 27 Rz 67; Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 27 KStG Rz 81). § 27 Abs. 2 KStG dient in besonderer Weise der Ordnung der steuerlichen Verhältnisse einer Vielzahl von Betroffenen. Die Gesamtregelung des steuerlichen Einlagekontos in § 27 KStG hat Bedeutung für die Kapitalgesellschaft ‑‑insbesondere in ihrer Eigenschaft als potentielle Haftungsschuldnerin (vgl. Senatsurteil in BFHE 240, 304, BStBl II 2013, 560)‑‑ wie auch für die an ihr beteiligten Gesellschafter, deren Zahl in die Tausende gehen kann, wie das Beispiel großer Aktiengesellschaften zeigt. Mit der gesonderten Feststellung werden jährlich sämtliche Veränderungen des Einlagekontos erfasst und zum Jahresende verbindlich festgeschrieben. Die Bindung des Folgebescheids an den Bescheid des Vorjahres (§ 27 Abs. 2 Satz 2 KStG) sorgt für eine kontinuierliche Festschreibung des Bestands und der unterjährigen Bestandsveränderungen. Ohne diese verfahrensrechtlichen Sicherungen könnte jederzeit auch für weit zurückreichende Besteuerungszeiträume die jeweils maßgebliche Höhe des Einlagekontos in Zweifel gezogen werden. Je nachdem welche und wie viele der potentiell anfechtungsberechtigten Gesellschafter von ihrem Anfechtungsrecht Gebrauch machen, bestünde zudem die Gefahr inhaltlich divergierender Entscheidungen. Dieser Gefahr könnte durch verfahrensrechtliche Sicherungen nicht hinreichend begegnet werden. So hat der Senat z.B. bereits entschieden, dass die Anfechtung des Feststellungsbescheids gemäß § 27 Abs. 2 KStG durch die Kapitalgesellschaft nach geltender Rechtslage nicht zur notwendigen Beiladung der Gesellschafter führt (Senatsbeschluss vom 25.09.2018 - I B 49/16, BFH/NV 2019, 288). Die Bestandskrafterstreckung gemäß § 166 AO dient somit sowohl der Rechtssicherheit als auch der Rechtsanwendungsgleichheit, indem sie die formelle Bestandskraft des gegenüber der Kapitalgesellschaft ergangenen Feststellungsbescheids auf etwaige Drittanfechtungsberechtigte erstreckt.
bb) Die damit verbundenen Beschränkungen des Primärrechtsschutzes ‑‑etwaige sekundärrechtliche Rechtschutzmöglichkeiten gegenüber der Kapitalgesellschaft und deren gesetzliche und bevollmächtigte Vertreter bei Abgabe fehlerhafter Feststellungserklärungen bleiben unberührt‑‑ sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) insbesondere bei sog. mehrpoligen Rechtsverhältnissen hinzunehmen (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 23.05.2006 - 1 BvR 2530/04, BVerfGE 116, 1; Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rz 22). Ein solches Rechtsverhältnis wird durch den Gesetzgeber in § 27 KStG geordnet, was angesichts der Weite des Kreises der Betroffenen und deren ggf. abweichenden Interessenlagen keiner weiteren Erläuterung bedarf.
cc) Mit der vom Senat im Streitfall befürworteten Anwendung des § 166 AO wird der Rechtsschutz gegenüber fehlerhaften Feststellungsbescheiden auch nicht in unverhältnismäßiger Weise beschnitten. Diesbezüglich ist vor allem darauf hinzuweisen, dass der Kapitalgesellschaft umfassende Anfechtungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, so dass die von Art. 19 Abs. 4 GG gebotene Kontrolle des Verwaltungshandelns dem Grunde nach sichergestellt ist (kein Rechtswegausschluss). So hat der Senat in seiner Rechtsprechung die Befugnis der Kapitalgesellschaft, gegen den Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG zu klagen, ausdrücklich bejaht (Senatsurteil in BFHE 240, 304, BStBl II 2013, 560). Darin unterscheidet sich die Rechtslage erheblich von anderen Konstellationen, in denen der Senat das Klagerecht eines Dritten anerkannt hat. So ist der von den Antragstellern angesprochene Einbringungsfall dadurch gekennzeichnet, dass die das Betriebsvermögen aufnehmende Kapitalgesellschaft den Körperschaftsteuerbescheid, in dem materiell-rechtlich bindend für den Einbringenden der Wertansatz für das eingebrachte Vermögen als "Veräußerungspreis" festgeschrieben wird, mangels eigener Beschwer nicht anfechten kann (Senatsurteil vom 25.04.2012 - I R 2/11, BFH/NV 2012, 1649, m.w.N.). Es gilt weiterhin zu bedenken, dass das Verhältnis zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern zwar vom Trennungsprinzip beherrscht wird, doch stehen sich beide Ebenen nicht beziehungslos gegenüber. Vielmehr sind Gesellschaft und Gesellschafter gesellschaftsvertraglich miteinander verbunden und die Gesellschafter können ihre daraus resultierenden Rechte (z.B. Informationsrechte) einsetzen, um die Kapitalgesellschaft zur Einlegung von Einsprüchen gegen vermeintlich rechtswidrige Feststellungsbescheide zu veranlassen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.