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Urteil vom 19. Februar 2019, IX R 16/18

Objektbezogene Prüfung der Überschusserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; Beginn des Prognosezeitraums

ECLI:DE:BFH:2019:U.190219.IXR16.18.0

BFH IX. Senat

EStG § 12, EStG § 21 Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 2 Abs 1 S 1 Nr 6, EStG § 12, EStG § 21 Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 2 Abs 1 S 1 Nr 6, EStG VZ 2008 , EStG VZ 2009 , EStG VZ 2010 , EStG VZ 2011 , EStG VZ 2012

vorgehend FG München, 15. November 2017, Az: 11 K 1149/14

Leitsätze

1. NV: Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind objektbezogen zu prüfen .

2. NV: Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und anfallenden Werbungskosten ab .

3. NV: Der Prognosezeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Erwerb oder der Herstellung des für die Prognoseentscheidung maßgeblichen Objekts. Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen Vermietungstätigkeit eine andere Form der Vermietung aufzunehmen, ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 16. November 2017  11 K 1149/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr 1993 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Einnahmen aus der Verpachtung eines Hotel-Gasthofs erzielt. Gesellschafter der GbR sind jeweils zur Hälfte die Brüder A und B.

  2. Der Hotel-Gasthof wurde von der Klägerin mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 18. August 1993 zum Gesamtkaufpreis von 5.200.000 DM (entspricht 2.658.718 €) erworben. Zum Hotel- und Gaststättenkomplex gehören Nebengebäude und ein Wohnhaus sowie Wald-, Wiesen- und Landwirtschaftsflächen, für die im Kaufvertrag jeweils Einzelkaufpreise vereinbart wurden. Die Klägerin verpachtete zunächst ‑‑mit Pachtvertrag vom 4. November 1993‑‑ den Betrieb des Hotel-Restaurants an einen Fremdpächter; nach § 1 des Pachtvertrages vom 4. November 1993 waren die Nebengebäude sowie das Wohnhaus ‑‑entgegen der insoweit missverständlichen, nicht von der Aktenlage gedeckten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) Formulierung in Rz 2 des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts (FG)‑‑ nicht Gegenstand des Pachtverhältnisses. Mit Schreiben vom 11. Juni 1999 sprach die Klägerin gegenüber dem Pächter die fristlose Kündigung des Pachtvertrages aus, nachdem dieser seinen Zahlungsverpflichtungen aus dem Pachtvertrag über einen beträchtlichen Zeitraum nicht nachgekommen war. In der Folgezeit leitete die Klägerin einen Um- und Erweiterungsbau ein, mit dem nicht nur die Zahl der Hotelzimmer von ursprünglich sechs auf 22 Zimmer erhöht und das Restaurant sowie weitere Gebäude und Anlagen renoviert wurden, sondern auch eine Hebung des Hotelstandards von ursprünglich zwei Sternen auf vier Sterne verbunden war.

  3. Nach Abschluss der Um- und Erweiterungsbauarbeiten im Jahr 2001 verpachtete die Klägerin den gesamten Hotel- und Gaststättenkomplex ‑‑einschließlich Nebengebäude und Wohnhaus, in welchem sich nach dem Umbau Personalwohnungen und ein Tagungsraum befinden‑‑ durch einheitlichen Pachtvertrag an eine Betriebs-GmbH, die zunächst von fremden Geschäftsführern geführt wurde; ab 2010 übernahm die Ehefrau des Gesellschafters A die Geschäftsführung. Das Hotel und die Gastronomie werden seitdem mit angestellten Wirten betrieben.

  4. In den Streitjahren (2008 bis 2010) erklärte die Klägerin ‑‑ebenso wie in den Vorjahren seit Erwerb‑‑ Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung des Hotel- und Gaststättenkomplexes, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung stehenden Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre zunächst im erklärten Umfang anerkannte. Im Rahmen der Veranlagung 2011 führte das FA auf der Grundlage der aus den bisherigen Veranlagungen ermittelten Geschäftszahlen eine ‑‑provisorische‑‑ Überschussprognose durch und ermittelte für den Zeitraum 1995 bis einschließlich 2024 einen Totalverlust; die Jahre 1993 und 1994 blieben insoweit unberücksichtigt, da hierüber keine Unterlagen und Geschäftszahlen mehr vorlagen. Vor diesem Hintergrund erkannte das FA die Werbungskostenüberschüsse für die Streitjahre wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht mehr an und erließ ‑‑unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung‑‑ am 11. Februar 2013 entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre 2008 bis 2010 sowie am 11. Februar 2013 bzw. am 7. Februar 2014 entsprechende Erstbescheide für die Streitjahre 2011 und 2012, in denen die Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeweils mit 0 € festgestellt wurden. Die hiergegen gerichteten Einsprüche der Klägerin hatten keinen Erfolg.

  5. Das FG wies die von der Klägerin erhobene Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 1651 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Das FG entschied, dass die Klägerin in den Streitjahren ohne Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe. Im Streitfall sei die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin durch eine Überschussprognose zu prüfen, da es sich bei dem maßgeblichen Hotel- und Gaststättenkomplex um  eine "Gewerbeimmobilie" handele; bei der Überschussprognose sei nicht zwischen dem Hotel- und Gaststättengebäude, den Nebengebäuden und dem Wohnhaus zu differenzieren, da die Klägerin den gesamten Komplex durch einheitlichen Vertrag an die Betriebs-GmbH vermietet habe. Der Prognosezeitraum beginne im Streitfall mit der Anschaffung des Hotel- und Gaststättenkomplexes im Jahr 1993; da für die Jahre 1993 und 1994 keine Unterlagen mehr vorhanden seien, sei die Prognose mit dem Jahr 1995 zu beginnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin beginne mit dem Umbau in den Jahren 1999 bis 2001 und der anschließenden Neuverpachtung an die Betriebs-GmbH kein neuer Prognosezeitraum. Im Rahmen der danach vorzunehmenden Totalüberschussprognose sei innerhalb des Prognosezeitraums von 30 Jahren nicht mit einem Überschuss zu rechnen. Nach Überzeugung des FG habe die Klägerin den verlustträchtigen Hotelbetrieb aus privaten Gründen fortgeführt, um ihn für die nächste Generation zu erhalten.

  6. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren nach Anerkennung der Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung in den Streitjahren weiter. Die Klägerin vertritt in der Sache die Auffassung, dass das FG im angefochtenen Urteil ‑‑rechtlich unzutreffend‑‑ nicht zwischen der Vermietung des Hotel-Gasthofs und der Vermietung des Wohnhauses unterschieden und damit die Grundsätze der Objektbezogenheit bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verletzt habe; denn bei der Vermietung des Wohnhauses sei die Einkünfteerzielungsabsicht typisierend zu unterstellen. Überdies habe die Klägerin stets mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Zu Unrecht habe das FG den Beginn des Prognosezeitraums auf das Jahr 1995 gelegt; aufgrund der umfangreichen Umbauarbeiten, welche zu einer Hebung des Hotelstandards und zu einer Erweiterung des Zimmerangebots geführt hätten, habe im Jahr 2002 ein neuer Prognosezeitraum begonnen, innerhalb dessen die Klägerin mit einem Totalüberschuss rechnen könne. Überdies habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt den Hotelbetrieb aus privaten Gründen fortgeführt.

  7. Die Klägerin beantragt,
    das Urteil des FG vom 16. November 2017  11 K 1149/14 aufzuheben und die geänderten Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 bis 2010, jeweils vom 11. Februar 2013, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2011 vom 11. Februar 2013 und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 7. Februar 2014, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. April 2014, dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in folgender Höhe gesondert und einheitlich festgestellt werden:

    2008: 

    - 96.202 €

    2009: 

         - 151.763 €

    2010: 

    - 93.350 €

    2011: 

    - 167.093 €

    2012: 

    - 64.304 €

    hilfsweise, das Urteil des FG vom 16. November 2017  11 K 1149/14 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

  8. Das FA beantragt,
    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

  9. Das FA vertritt die Auffassung, dass der Prognosezeitraum ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ mit der Anschaffung des Objekts im Jahr 1993 beginne. Zutreffend habe das FG auf die Vermietung des gesamten Hotel- und Gaststättenkomplexes abgestellt und die Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung des Wohnhauses nicht typisierend unterstellt. Auf die Frage, ob die Klägerin die Verpachtung des Gesamtkomplexes aus privaten Gründen fortgeführt habe, komme es nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht an.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG ist im Streitfall zwar zutreffend davon ausgegangen, dass im Rahmen der von der Klägerin ausgeübten Vermietungstätigkeit die Überschusserzielungsabsicht ‑‑ohne typisierende Vermutung‑‑ im Einzelfall festzustellen ist; zu Unrecht hat das FG indes angenommen, dass der Überschussprognosezeitraum für den von der Klägerin vermieteten Hotel- und Gaststättenkomplex bereits mit der Anschaffung im Jahr 1993 begann.

  2. 1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ‑‑in objektiver Hinsicht‑‑ ein Grundstück, ein Gebäude oder einen Gebäudeteil gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und ‑‑in subjektiver Hinsicht‑‑ beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind objektbezogen zu prüfen.

  3. a) Den objektiven Tatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht, wer unbewegliches Vermögen vermietet. Neben einem Rechtsverhältnis in Form eines Miet- oder Pachtvertrages verlangt das Gesetz ein bestimmtes Objekt (z.B. Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil), auf das sich die Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen beziehen muss.

  4. Vor diesem Hintergrund ist die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit objekt- und nicht grundstücksbezogen, d.h. sie ist auf ein bestimmtes Immobilienobjekt ausgerichtet. Vermietet der Steuerpflichtige mehrere Objekte auf der Grundlage  v e r s c h i e d e n e r  R e c h t s v e r h ä l t n i s s e (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 21. Januar 2014 IX R 37/12, BFHE 244, 550, BStBl II 2015, 631, unter II.1.a der Gründe = Rz 12, m.w.N.) oder nach Maßgabe  u n t e r s c h i e d l i c h e r  m i e t-  o d e r  p a c h t r e c h t l i c h e r  V e r t r a g s b e d i n g u n g e n  (BFH-Urteil vom 26. November 2008 IX R 67/07, BFHE 224, 58, BStBl II 2009, 370, unter II.2.a der Gründe = Rz 14), so ist jede Tätigkeit grundsätzlich je für sich zu beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Objekte auf einem Grundstück (im zivilrechtlichen Sinne) befinden.

  5. Vermietet der Steuerpflichtige demgegenüber mehrere Objekte bzw. das gesamte ‑‑etwa aus unterschiedlich genutzten Teilstücken bestehende‑‑ Grundstück auf der Grundlage lediglich  e i n e s  R e c h t s v e r h ä l t n i s s e s  ‑‑und mithin unter den  i d e n t i s c h e n  r e c h t l i c h e n  V e r t r a g s b e d i n g u n g e n ‑‑, ist die Vermietungstätigkeit einheitlich zu beurteilen (BFH-Urteil in BFHE 244, 550, BStBl II 2015, 631, unter II.2. der Gründe = Rz 15).

  6. b) Wie der objektive Tatbestand ist auch der subjektive Tatbestand ‑‑die Einkünfteerzielungsabsicht‑‑ objektbezogen. Sie ist nur dann in Bezug auf mehrere Objekte oder das gesamte Grundstück zu prüfen, wenn sich auch die Vermietungstätigkeit gleichzeitig ‑‑d.h. in objektiver Hinsicht‑‑ auf mehrere Objekte oder auf das gesamte Grundstück richtet. Werden demgegenüber verschiedene, auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile jeweils einzeln ‑‑auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse oder nach Maßgabe unterschiedlicher miet- oder pachtrechtlicher Vertragsbedingungen‑‑ vermietet, bezieht sich die Einkünfteerzielungsabsicht nur auf das jeweilige Objekt (BFH-Urteile in BFHE 244, 550, BStBl II 2015, 631, und in BFHE 224, 58, BStBl II 2009, 370, jeweils m.w.N.).

  7. c) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, den subjektiven Steuertatbestand zu verwirklichen und damit einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Dies gilt jedoch nur für die Vermietung von Wohnraum, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeimmobilien. Vielmehr ist bei Gewerbeimmobilien die Überschusserzielungsabsicht stets ohne typisierende Vermutung im Einzelfall festzustellen. Denn die Vermietung zu gewerblichen Zwecken ist wegen ihres Einflusses auf den Gebrauchswert der Immobilie nicht mit einer auf Dauer ausgerichteten Wohnraumvermietung vergleichbar. Dabei sind Gewerbeimmobilien ‑‑in Abgrenzung zu einer Wohnung‑‑ alle Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen (BFH-Urteil vom 17. April 2018 IX R 9/17, BFHE 261, 400, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

  8. aa) Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielbaren steuerpflichtigen Erträge und anfallenden Werbungskosten ab. Für die nach Maßgabe der insbesondere im BFH-Urteil vom 6. November 2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726) aufgeführten Grundsätze durchzuführende Totalüberschussprognose ist auf einen typisierten Zeitraum von 30 Jahren abzustellen; sie ist aus der Sicht ex ante und auf den Schluss des jeweils streitigen Veranlagungszeitraums aufzustellen (BFH-Urteile vom 12. Juli 2016 IX R 21/15, BFH/NV 2016, 1695, und vom 31. Januar 2017 IX R 23/16, BFH/NV 2017, 897). Zu berücksichtigen ist u.a., dass die zukünftig zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben nur dann anhand des Durchschnitts der in der Vergangenheit angefallenen Einnahmen und Werbungskosten zu schätzen sind, wenn keine ausreichenden objektiven Umstände für die zukünftige Entwicklung der Mieteinnahmen und Ausgaben vorliegen (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 2013 IX R 26/11, BFHE 241, 261, BStBl II 2013, 613; vom 16. September 2015 IX R 31/14, BFH/NV 2016, 188).

  9. bb) Der Prognosezeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Erwerb oder der Herstellung des für die Prognoseentscheidung maßgeblichen Objekts (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, unter II.1.g der Gründe = Rz 31). Entschließt sich der Steuerpflichtige, nach einer vorangegangenen Vermietungstätigkeit eine andere Form der Vermietung ‑‑etwa durch die gleichzeitige Vermietung mehrerer Objekte, die vorher einzeln oder gar nicht vermietet waren, im Rahmen eines einheitlichen Mietvertrages‑‑ aufzunehmen, ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in diesem Zeitpunkt neu zu bewerten (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 8. Januar 2019 IX R 37/17, juris, unter II.4.a der Gründe = Rz 23, m.w.N., zum Wechsel von einer dauerhaften Vermietung zur Ferienwohnvermietung).

  10. cc) Die Feststellung, ob im Einzelfall die Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung als Tatfrage zu entscheiden (BFH-Urteil in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726).

  11. dd) Bei einem nach objektiver Betrachtung nicht zu erwartenden Totalüberschuss kommt es für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht darauf an, aus welchen Gründen ‑‑etwa der Lebensführung i.S. von § 12 EStG‑‑ der Steuerpflichtige den Werbungskostenüberschuss hinnimmt (vgl. BFH-Urteile vom 25. Juni 2009 IX R 24/07, BFHE 225, 440, BStBl II 2010, 127, und in BFH/NV 2017, 897).

  12. 2. Diesen Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht das angefochtene Urteil nicht in vollem Umfang; es ist daher aufzuheben.

  13. a) Zutreffend kommt das FG im Streitfall zu dem Schluss, dass im Rahmen der von der Klägerin ausgeübten Vermietungstätigkeit die Überschusserzielungsabsicht im Einzelfall festzustellen ist, da es sich bei dem vermieteten Hotel- und Gaststättenkomplex um eine Gewerbeimmobilie handelt und mithin die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin nicht typisierend vermutet werden kann. Das FG hat auch zutreffend im Rahmen der Überschussprognose auf den gesamten Hotel- und Gaststättenkomplex ‑‑einschließlich Nebengebäuden und Wohnhaus‑‑ abgestellt; denn nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin nicht mehrere Objekte in Gestalt einzelner Gebäude oder Gebäudeteile auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse oder nach Maßgabe unterschiedlicher miet- oder pachtrechtlicher Vertragsbedingungen, sondern den gesamten Komplex auf der Grundlage lediglich eines Rechtsverhältnisses ‑‑und mithin als ein Objekt‑‑ an die Betriebs-GmbH verpachtet. Die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin ist mithin in Bezug auf alle Objekte, die von dem mit der Betriebs-GmbH geschlossenen Pachtvertrag umfasst sind, einheitlich zu prüfen, da sich die Vermietungstätigkeit der Klägerin in objektiver Hinsicht auf diese Immobilienobjekte in ihrer Gesamtheit richtet.

  14. b) Zu Unrecht hat das FG jedoch bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin einen mit der Anschaffung des Hotel- und Gaststättenkomplexes beginnenden Prognosezeitraum zugrunde gelegt. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin zunächst den Betrieb des Hotel-Restaurants mit Pachtvertrag vom 4. November 1993, auf den das FG Bezug genommen hat und den der Senat deshalb berücksichtigen darf, einem Fremdpächter zur Nutzung überlassen; die Nebengebäude sowie das Wohnhaus waren jedoch, entgegen der Feststellung in Rz 2 und 22 der angefochtenen Vorentscheidung, nicht Gegenstand des Pachtverhältnisses. Nach dem Umbau und der Erweiterung des Hotel- und Gaststättenbetriebes verpachtete die Klägerin den gesamten Hotel- und Gaststättenkomplex ‑‑einschließlich Nebengebäude und Wohnhaus‑‑ im Jahr 2001 durch einheitlichen Pachtvertrag an die Betriebs-GmbH. Da von diesem neuen Pachtverhältnis nicht lediglich der Betrieb des Hotel-Restaurants, sondern mehrere unterschiedliche Immobilienobjekte (Hotel-Gasthof; Nebengebäude; Wohnhaus; umliegende Flächen) erfasst waren, die von der Klägerin durch  e i n h e i t l i c h e n  V e r t r a g  zur Nutzung überlassen wurden, bezieht sich die Vermietungstätigkeit der Klägerin von diesem Zeitpunkt an auf ein  a n d e r e s  " O b j e k t "  i.S. der Senatsrechtsprechung; aus diesem Grund ist der subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ‑‑ebenfalls in diesem Zeitpunkt‑‑ neu zu bewerten.

  15. Auf die Frage, ob der von der Klägerin initiierte, mit einer Erweiterung des Hotel-Gasthofs verbundene Umbau, welcher mit einer Hebung des Hotelstandards von ursprünglich zwei Sternen auf vier Sterne einherging, dem gesamten Immobilienobjekt ein derart verändertes Gepräge geben könnte, dass auch aus diesem Grund der 30-jährige Prognosezeitraum von Neuem beginnen müsse, kommt es danach nicht mehr an.

  16. c) Da die Revision bereits aus materiellen Gründen Erfolg hat, kommt es auf die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensrügen nicht an.

  17. 3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der BFH kann als Revisionsgericht die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nicht selbst vornehmen. Daher wird das FG im zweiten Rechtsgang die Einkünfteerzielungsabsicht für die Streitjahre insgesamt erneut zu beurteilen haben.

  18. a) Im Rahmen der Prognoseentscheidung wird das FG berücksichtigen, dass die Höhe des von der Klägerin getätigten, durch die Um- und Erweiterungsbauarbeiten ausgelösten (und nach Maßgabe der einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften verteilten) Aufwands nicht schon für sich genommen dazu führen darf, die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin in Frage zu stellen; denn die mit einem solchen Umbau einhergehende Hebung des Hotel- und Gaststättenstandards ist lediglich die erforderliche und angemessene Reaktion des Steuerpflichtigen auf eine fehlende oder eingeschränkte Marktgängigkeit des Vermietungsobjekts. Schließlich verlangt die höchstrichterliche Rechtsprechung ‑‑so etwa in Leerstandsfällen‑‑ vom Steuerpflichtigen, "zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen" (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 49/09, BFHE 230, 385, BStBl II 2010, 1038); diesen Anforderungen darf dann aber nicht auf der Gegenseite entgegengehalten werden, solche vom Steuerpflichtigen getätigte ‑‑angemessene‑‑ Investitionen würden den Rahmen der Prognoserechnung sprengen.

  19. b) Ferner wird das FG zu prüfen haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten Maßnahmen zur Verringerung der Verbindlichkeiten als tatsächliche Reaktion auf die in der Vergangenheit entstandenen Werbungskostenüberschüsse zu werten und mithin in positiver Weise in die Überschussprognoserechnung mit einzubeziehen sind (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 188, unter II.3. der Entscheidungsgründe = Rz 22; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz 218).

  20. c) Bei einem nach objektiver Betrachtung nicht zu erwartenden Totalüberschuss kommt es für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht darauf an, ob die Klägerin aus familiären Gründen ihre Vermietungstätigkeit fortgesetzt hat. Ist ein Totalüberschuss innerhalb des Prognosezeitraums nicht zu erwarten, kann die Klägerin aber gleichwohl nachweisen, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt (Beginn der Vermietung an die Betriebs-GmbH) die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet hat, zunächst angefallene Werbungskostenüberschüsse würden im Laufe der Tätigkeit durch Einnahmeüberschüsse ausgeglichen, sodass insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werde. Der Senat verweist insoweit auf seine einschlägige Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2017, 897, und in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726).

  21. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

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