ECLI:DE:BFH:2019:U.170119.IIIR35.17.0
BFH III. Senat
AO § 176 Abs 2, GewStG § 2 Abs 1 S 1, GewStG § 2 Abs 2, GewStG § 2 Abs 5, GewStG § 10a S 10, UmwG § 123 Abs 3 Nr 1, UmwStG 2006 § 1 Abs 1 S 1, UmwStG 2006 § 24 Abs 2 S 2, GewStG VZ 2009
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 29. January 2017, Az: 10 K 3703/14
Leitsätze
Überträgt eine AG ihr operatives Geschäft im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf eine KG, so geht ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag der AG jedenfalls dann nicht auf die KG über, wenn sich die AG fortan nicht nur auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der KG beschränkt .
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 30. Januar 2017 10 K 3703/14 insoweit aufgehoben, als es die gegen den Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 gerichtete Klage betrifft.
Insoweit wird die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2012 über die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme sowie gegen die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2014 wird die Sache an das Finanzgericht Baden-Württemberg zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die aus der im Jahr 2000 gegründeten A Aktiengesellschaft (AG) hervorgegangen ist. Die AG hatte sich insbesondere mit der Entwicklung von Hard- und Software im Bereich der Netzwerksicherheit befasst. Durch Vertrag vom Dezember 2009 wurde die A GmbH & Co. KG (KG) gegründet, deren alleinige Kommanditistin die AG war. Diese war auch Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH, die am Vermögen der KG nicht beteiligt war.
Durch Vertrag vom 30. Dezember 2009 wurde der Geschäftsbetrieb der AG mit Wirkung zum 29. Dezember 2009 (24:00 Uhr) gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) auf die KG ausgegliedert. Die Ausgliederung, die bis auf die von der AG gehaltenen Beteiligungen alle Aktiva und Passiva umfasste, wurde gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu Buchwerten vorgenommen. Der Kapitalanteil der AG wurde erhöht. Im Betriebsvermögen der AG verblieben die Anteile an drei ausländischen (Tochter-)Kapitalgesellschaften, an der KG sowie an der Komplementär-GmbH. Unternehmensgegenstand war nunmehr die Leitung von Unternehmen und die Verwaltung von Beteiligungen. Im Jahr 2011 wurde die AG formwechselnd in die Klägerin umgewandelt, im Jahr 2013 wurde die Komplementär-GmbH auf die Klägerin verschmolzen.
In der Gewerbesteuererklärung/Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewerbeverlustes für das Jahr 2009 (Streitjahr) begehrte die KG die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2009 von 9.048.896 €. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) stellte den Gewerbeverlust zum 31. Dezember 2009 durch Bescheid vom 24. März 2011 zunächst in der beantragten Höhe fest. Darin enthalten war ein Betrag von 9.039.441 € als "übernommener Gewerbeverlust". Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑).
Bei einer Außenprüfung, die in den Jahren 2011 und 2012 stattfand, erkannte der Prüfer den Gewerbeverlust dem Grunde nach an. Die Veranlagungsstelle des FA folgte jedoch der Rechtsauffassung des Prüfers unter Hinweis auf einen Erlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 27. Januar 2012 (Az. G 1427 - 26 - V B 4, Finanz-Rundschau ‑‑FR‑‑ 2012, 238) nicht. Das FA erließ unter dem 14. Dezember 2012 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid, durch den es den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf nur 9.455 € feststellte. Einen Antrag auf abweichende Verlustfeststellung aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) lehnte es ab. Gegen den Feststellungbescheid und gegen den Ablehnungsbescheid wandte sich die KG mit Einsprüchen. Das FA wies beide Rechtsbehelfe als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2014).
Die anschließend erhobene Klage, mit der die Klägerin mit dem Hauptantrag die Feststellung eines vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 in Höhe von 7.746.223 € begehrte, hatte Erfolg (Urteil vom 30. Januar 2017 10 K 3703/14, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2017, 1604). Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, durch die Einbringung des Geschäftsbetriebs der AG in die KG sei die Unternehmeridentität gewahrt worden. Auch die erforderliche Unternehmensidentität liege vor, weil der gesamte operative Geschäftsbetrieb unverändert von der KG fortgeführt worden sei. Der Umstand, dass die einbringende Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft gewesen sei, ändere hieran nichts. Zwar sei die AG auch nach der Einbringung noch ein Gewerbesteuersubjekt gewesen. Aus der Sicht der aufnehmenden Personengesellschaft spiele es jedoch keine Rolle, dass auf der Ebene der Kapitalgesellschaft weiterhin ein Gewerbebetrieb anzunehmen gewesen sei. Aus der steuerrechtlichen Behandlung des umgekehrten Falles ‑‑Einbringung des Betriebs einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft‑‑ ergebe sich, dass das Merkmal der Unternehmensidentität sehr wohl bedeutsam sei. Darüber hinaus gehe aus der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 10a Satz 10 Halbsatz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ein Vorrang des gewerbesteuerlichen Verlustabzugskonzepts bei Personengesellschaften hervor.
Mit dem Hilfsantrag, das FA zu verpflichten, den vortragsfähigen Gewerbeverlust aus Billigkeitsgründen auf 7.746.223 € festzustellen, befasste sich das FG nicht, da die Klägerin bereits mit dem Hauptantrag erfolgreich war.
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des FA. Zur Begründung führt es aus, das FG habe nicht beachtet, dass bei der Fortführung von gewerbesteuerlichen Verlustvorträgen zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften zu differenzieren sei. Anders als bei einer Personengesellschaft gelte die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Das FG habe zu Unrecht die Gewerbebetriebe der AG und der KG vermischt. Bei einer Kapitalgesellschaft sei es nicht möglich, gewerbesteuerrechtliche Verluste zusammen mit einer Sachgesamtheit herauszulösen und auf eine andere Gesellschaft zu übertragen.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, aufgrund der Ausgliederung des gesamten operativen Gewerbebetriebs seien sowohl das Erfordernis der Unternehmeridentität als auch das der Unternehmensidentität erfüllt gewesen. Die Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 2009 gingen implizit von einem Fortbestand der Unternehmensidentität bei der Einbringung des Betriebs einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft aus. Die Gewerblichkeitsfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG sei bei der AG zwar unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit erfüllt gewesen. Eine tätigkeitsunabhängige Betrachtung habe jedoch keine Bedeutung für den übertragenen Geschäftsbetrieb, da dieser mit der Übertragung aus der Gewerblichkeitsfiktion herausgelöst werde. Der Einwand, wonach die AG auch nach der Betriebsübertragung einen eigenen Gewerbebetrieb geführt habe, könne durch den Hinweis darauf entkräftet werden, dass die Gefahr eines Verlustabzugs bei der AG dadurch ausgeschlossen gewesen sei, dass der Abzug auf die KG übergegangen sei. Zu Recht sei das FG der Ansicht gewesen, die Frage der Unternehmensidentität sei allein aus der Sicht der Personengesellschaft zu beurteilen. Insoweit stehe das Urteil in Einklang mit der ganz herrschenden Meinung im steuerrechtlichen Schrifttum. Das Urteil des FG werde dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer gerecht, dem zufolge eine vom vormaligen Unternehmensträger losgelöste Beurteilung der Unternehmensidentität für den übertragenen Betrieb geboten sei. Zu Recht habe das FG einen Vergleich zum umgekehrten Übertragungsweg angestellt, nämlich zur Übertragung von einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft. In einem solchen Fall werde die Unternehmensidentität nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht deshalb als entbehrlich angesehen, weil die übernehmende Kapitalgesellschaft unabhängig von ihrer Tätigkeit als gewerblich gelte (BFH-Urteil vom 2. März 1983 I R 85/79, BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427). Auch habe das FG zutreffend auf die Gesetzesbegründung zu § 10a Satz 10 Halbsatz 2 GewStG verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist hinsichtlich der Klage gegen den Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2009 begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung. Das FG war zu Unrecht der Auffassung, dass der bei der AG vorhandene gewerbesteuerliche Verlustvortrag durch die Einbringung des operativen Geschäfts in die KG auf diese übergegangen ist. Hinsichtlich des Antrags auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen führt die Revision zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Das FA konnte den Verlustfeststellungsbescheid auf den 31. Dezember 2009 vom 24. März 2011, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand (§ 164 AO), zu Lasten der Klägerin durch den Bescheid vom 14. Dezember 2012 gemäß § 164 Abs. 1 AO ändern, obwohl zu dem Zeitpunkt, als der ursprüngliche Bescheid erging, nach Verwaltungsansicht ein Gewerbeverlust von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergehen konnte. Ein nach § 176 Abs. 2 AO beachtlicher Vertrauensschutz bestand nicht.
a) Nach § 176 Abs. 2 AO darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.
b) Aufgrund der bis einschließlich 2008 geltenden GewStR 1998 war bei einer Einbringung des Betriebs einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft der Übergang eines Gewerbeverlustes möglich (vgl. Abschn. 68 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Abs. 2 GewStR 1998). Die GewStR 2009 enthalten keine vergleichbare Regelung. Zunächst bestanden nach Ansicht des Finanzministeriums NRW keine Bedenken, die früheren Grundsätze vorerst fortzuführen (Erlass vom 11. Juni 2010 G 1310 - 10 - V B 1, FR 2010, 634, Buchst. h). Erst im Verwaltungserlass vom 27. Januar 2012 in FR 2012, 238 änderte das Finanzministerium NRW für Erhebungszeiträume ab 2009 seine Rechtsauffassung und stellte klar, dass ein Übergang des Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft nicht in Betracht komme.
c) Die Vorschrift des § 176 Abs. 2 AO ist im Streitfall schon deshalb nicht einschlägig, weil der Erlass des Finanzministeriums NRW in FR 2010, 634 für die Finanzverwaltung des Landes Baden-Württemberg keine Bindungswirkung entfalten konnte (vgl. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1992 X R 117/89, BFHE 170, 11, BStBl II 1993, 261).
d) Darüber hinaus hängt die Anwendung des § 176 Abs. 2 AO auch davon ab, dass ein bestimmtes Rechtsproblem nach der (zeitlich vorausgegangenen) allgemeinen Verwaltungsvorschrift auf andere (für den Steuerpflichtigen günstigere) Weise zu lösen ist als nach der (späteren) Gerichtsentscheidung (BFH-Urteile vom 28. September 1987 VIII R 154/86, BFHE 151, 107, BStBl II 1988, 40, und in BFHE 170, 11, BStBl II 1993, 261). Im Streitfall lag das BFH-Urteil vom 29. Oktober 1986 I R 318-319/83 (BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310), aus dem sich mittelbar ergab, dass die frühere Verwaltungsmeinung zum Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft in Ausgliederungsfällen unzutreffend war, jedoch zeitlich vor dem Erlass in FR 2010, 634, der vorerst eine Fortgeltung der früheren Grundsätze anordnete. Aufgrund dieser zeitlichen Abfolge konnte kein Vertrauensschutz zugunsten der Klägerin nach § 176 Abs. 2 AO entstehen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. April 2005 III B 40/04, BFH/NV 2005, 1480).
2. Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag bis zu einem Betrag in Höhe von 1 Mio. € um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Der 1 Mio. € übersteigende maßgebende Gewerbeertrag ist nach § 10a Satz 2 GewStG bis zu 60 % um nicht berücksichtigte Fehlbeträge der vorangegangenen Erhebungszeiträume zu kürzen. Die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge ist gesondert festzustellen (§ 10a Satz 6 GewStG).
3. Die Geltendmachung eines Gewerbeverlustes setzt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl die Unternehmensidentität als auch die Unternehmeridentität voraus.
a) Der Begriff der Unternehmensidentität besagt, dass der im Kürzungsjahr bestehende Gewerbebetrieb identisch sein muss mit dem Gewerbebetrieb, der im Verlustentstehungsjahr bestanden hat (BFH-Urteile vom 28. April 1977 IV R 165/76, BFHE 122, 307, BStBl II 1977, 666; vom 12. Januar 1983 IV R 177/80, BFHE 138, 90, BStBl II 1983, 425; vom 11. Oktober 2012 IV R 38/09, BFHE 240, 90, BStBl II 2013, 958; vom 7. September 2016 IV R 31/13, BFHE 255, 266, BStBl II 2017, 482, und vom 4. Mai 2017 IV R 2/14, BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138; Güroff in Glanegger/Güroff, 9. Aufl., § 10a Rz 10 ff.; Blümich/Drüen, § 10a GewStG Rz 45 ff.). Dieses Merkmal ergibt sich aus dem Charakter der Gewerbesteuer als Objektsteuer (z.B. BFH-Urteil in BFHE 122, 307, BStBl II 1977, 666), der es im Gewerbesteuerrecht nicht zulässt, dass Verluste des einen Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG bei einem anderen solchen Gewerbebetrieb berücksichtigt werden (Senatsurteil vom 23. Februar 2017 III R 35/14, BFHE 257, 20, BStBl II 2017, 757).
Bei einer Personengesellschaft ist darauf abzustellen, ob die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes) die gleiche geblieben ist (BFH-Urteil in BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138, Rz 34). Bei einer Kapitalgesellschaft, die eine betriebliche Einheit auf einen anderen Rechtsträger überträgt, stellt sich das Problem der Unternehmensidentität nicht, weil deren Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt (BFH-Urteil in BFHE 148, 158, BStBl II 1987, 310; BFH-Beschluss vom 26. Februar 2014 I R 59/12, BFHE 246, 27, BStBl II 2014, 1016, Rz 35, und BFH-Urteil in BFHE 258, 470, BStBl II 2017, 1138, Rz 31). Eine Änderung der wirtschaftlichen Betätigung einer Kapitalgesellschaft berührt die Unternehmensidentität nicht.
b) Als weitere Voraussetzung für einen Verlustabzug nach § 10a GewStG muss hinzukommen, dass der Gewerbetreibende den Verlust in eigener Person erlitten hat (Unternehmeridentität). Bei einem Unternehmerwechsel entfällt der Verlustabzug (§ 10a Satz 8 GewStG i.V.m. § 2 Abs. 5 GewStG). Bei Personengesellschaften hängt die Unternehmeridentität von der Identität der Gesellschafter ab, so beim Gesellschafterwechsel (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 2014 IV R 34/10, BFHE 245, 253, BStBl II 2017, 233). Bei einer Kapitalgesellschaft ist die Unternehmeridentität gewahrt, wenn sie trotz eines Umwandlungsvorgangs ihre rechtliche Identität bewahrt hat.
4. Entgegen der Rechtsansicht des FG und der Klägerin war eine Übernahme des bei der AG entstandenen Gewerbeverlustes durch die KG nicht möglich.
a) Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der KG begehrt die Berücksichtigung des Gewerbeverlustes, der bis zur Ausgliederung bei der AG angefallen war. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG kann der maßgebende Gewerbeertrag der übernehmenden Personengesellschaft oder natürlichen Person nicht um Fehlbeträge der übertragenden Körperschaft i.S. des § 10a GewStG gekürzt werden. Die Vorschrift des § 18 UmwStG betrifft den Vermögensübergang durch Verschmelzung, Auf- oder Abspaltung sowie den Formwechsel von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder natürliche Person (Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 8. Aufl., § 18 UmwStG Rz 7). Im Fall der Abspaltung auf eine Personengesellschaft (§ 123 Abs. 2 UmwG) mindern sich verbleibende Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft in dem Verhältnis, in dem bei Zugrundelegung des gemeinen Werts das Vermögen auf eine andere Körperschaft übergeht (§ 18 Abs. 1 Satz 1, § 16 i.V.m. § 15 Abs. 3 UmwStG). Die genannten Vorschriften sind auf eine Ausgliederung i.S. des § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG, wie sie im Streitfall zu beurteilen ist, jedoch nicht anwendbar (§ 1 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Es fehlt an einer spezialgesetzlichen Regelung, die den Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine übernehmende Personengesellschaft anlässlich einer Ausgliederung verbietet oder gestattet.
b) Aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen über den gewerbesteuerrechtlichen Verlustübergang bei Unternehmens- und Unternehmeridentität ergeben sich keine für die Klägerin günstigen Rechtsfolgen.
aa) Diese Grundsätze sind im Streitfall nicht einschlägig, da der Rechtsträger, bei dem der Gewerbeverlust entstanden war (AG), auch nach der Ausgliederung noch existierte und der vor der Übertragung bestehende Betrieb der AG aufgrund der Gewerblichkeitsfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG identisch war mit dem nach der Übertragung noch vorhandenen Betrieb; dies gilt ungeachtet dessen, dass sich die AG nach der Übertragung auf eine Holding-Funktion beschränkte. In einem derartigen Fall stellt sich die Frage des Übergangs eines Gewerbeverlustes nicht. Der Streitfall ist ‑‑entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin und des FG‑‑ nicht mit Fällen vergleichbar, in denen ein Betrieb durch einen Umwandlungsvorgang von einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft übergeht und die Personengesellschaft dadurch ihre rechtliche Existenz verliert. Die vom FG und von der Klägerin in diesem Zusammenhang zitierten Urteile des BFH in BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427 und des FG Düsseldorf vom 28. Oktober 2010 11 K 3637/09 F (EFG 2011, 477) sind nicht einschlägig.
bb) Der Einwand der Klägerin, die Frage der Unternehmer- und Unternehmensidentität sei nicht aus der Sicht der AG, sondern allein aus der Sicht der KG zu beurteilen ("Vorrang des Personengesellschaftskonzepts"), zielt darauf, den Umstand, dass die AG weiterhin existierte und Inhaberin eines stehenden Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 GewStG war, zu negieren. Dies ist indessen nicht möglich (i.E. ebenso Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 24 Rz 127; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, a.a.O., § 24 UmwStG Rz 262, 263; Jäschke in Lademann, EStG, § 24 UmwStG Rz 54; a.A. Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz 2185; Kleinheisterkamp in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 10a Rz 41, 66; Suchanek/Hesse in Wendt/ Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, § 10a Rz 91; Suchanek, FR 2012, 296; Ley, Kölner Steuerdialog 2013, 18466).
cc) Ob ausnahmsweise ein Verlustübergang in Betracht kommt, wenn ein Gewerbebetrieb im Ganzen im Wege der Ausgliederung von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft übergeht und die Kapitalgesellschaft sich fortan auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der Personengesellschaft beschränkt, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Für eine derartige Konstellation wird die Auffassung vertreten, dass ein Verlustvortrag auf die übernehmende Personengesellschaft übergeht (Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 24 UmwStG Rz 212; Mutscher in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz 253). Im Streitfall ging jedoch nicht der Betrieb der AG im Ganzen auf die KG über, vielmehr verblieben neben dem Kommanditanteil und der Beteiligung an der Komplementär-GmbH auch die drei Beteiligungen an den Tochter-Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen der AG. Der Ausnahmefall, für den die genannten Autoren einen Verlustübergang befürworten, liegt somit nicht vor.
c) Der Hinweis der Klägerin auf die Gesetzesbegründung zur Anfügung des § 10a Satz 10 Halbsatz 2 GewStG durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794) führt zu keinem anderen Ergebnis.
Nach den Intentionen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 16/11108, S. 30) sollte Gestaltungen entgegengewirkt werden, mit denen die Folgen eines Gesellschafterwechsels bei einer Kapitalgesellschaft für einen bei der Gesellschaft vorhandenen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag vermieden werden sollten (vgl. Behrendt/Arjes/Nogens, Betriebs-Berater 2008, 367). Nach früherer Verwaltungsansicht war, wie oben ausgeführt, der Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft möglich. Von diesem Verständnis ging auch der Gesetzgeber aus, als er an § 10a Satz 10 GewStG einen Halbsatz anfügte. Unter Hinweis darauf und auf Abschn. 68 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Abs. 2 GewStR 1998 wurde in der steuerrechtlichen Literatur die Meinung vertreten, dass der Übergang eines Gewerbeverlustes von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft möglich sein müsse (Beinert/Benecke, Die Unternehmensbesteuerung ‑‑Ubg‑‑ 2009, 169, 172; Patt, Der Ertragsteuerberater 2010, 146; Schober, Anm. zu EFG 2017, 1604; Schöneborn, Neue Wirtschaftsbriefe 2011, 366, 367; Weber, Ubg 2010, 201, 204). Im Gesetzeswortlaut hat sich dieses Rechtsverständnis allerdings nicht niedergeschlagen. Die Vorschrift des § 10a Abs. 10 Halbsatz 2 GewStG hat keine konstitutive Wirkung dergestalt, dass sie den Übergang eines gewerbesteuerrechtlichen Verlustvortrags von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft möglich macht, der nach allgemeinen Grundsätzen nicht möglich ist. Die Gesetzesbegründung beruhte auf der damals vorherrschenden, allerdings unzutreffenden Rechtsansicht.
5. Über die Klage gegen die Versagung einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO hat das FG ‑‑aus seiner Sicht folgerichtig‑‑ nicht entschieden, da es dem Hauptantrag stattgegeben hat. Es muss sich nunmehr, nachdem die Klage im Hauptantrag abgewiesen wird, mit dem Hilfsantrag befassen. Zu diesem Zweck wird die Sache an das FG zurückverwiesen.
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.