ECLI:DE:BFH:2018:B.210318.VB144.17.0
BFH V. Senat
UStG § 27 Abs 19, FGO § 74, FGO § 132, UStG VZ 2009
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 18. October 2017, Az: 5 K 5261/15
Leitsätze
NV: Ist in einem Klageverfahren die Rechtmäßigkeit eines nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erlassenen Änderungsbescheids streitig, muss das FG selbst über das Bestehen des Nachforderungsanspruchs (§ 27 Abs. 19 Satz 3 UStG) entscheiden und darf das Verfahren nicht nach § 74 FGO bis zum Ergehen einer zivilgerichtlichen Entscheidung aussetzen .
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Oktober 2017 5 K 5261/15 aufgehoben.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) erbrachte an die Q-KG Bauleistungen. Der Kläger und die Q-KG gingen von einer Steuerschuldnerschaft der Q-KG nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) aus. Im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. August 2013 V R 37/10 (BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128) beantragte die Q-KG die Erstattung der von ihr als Leistungsempfänger gezahlten Steuer, für die sie keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht hatte. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG einen Änderungsbescheid gegen den Kläger, nach dem er die an Q-KG erbrachte Bauleistung als Steuerschuldner zu versteuern habe. Hiergegen legte der Kläger ohne Erfolg Einspruch ein. Im finanzgerichtlichen Verfahren setzte das Finanzgericht (FG) das Verfahren bis zum Ergehen einer zivilgerichtlichen Entscheidung über das Bestehen eines vom Kläger abzutretenden Nachforderungsanspruchs gegen die Q-KG aus. Dem FA wurde aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2017 die Klageerhebung nachzuweisen. Zur Begründung wies das FG darauf hin, dass es nach dem BFH-Beschluss vom 6. August 1985 VII B 3/85 (BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672) über das Bestehen einer rechtswegfremden Gegenforderung in Aufrechnungsfällen nicht entscheiden dürfe. So sei es auch, wenn das Bestehen eines rechtswegfremden abtretungsfähigen Anspruchs i.S. von § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG in Rede stehe.
Hiergegen wendet sich das FA mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat. Es berichtigte nur den Tenor seiner Entscheidung dahingehend, dass es auf das Bestehen eines abtretungsfähigen Nachforderungsanspruchs ankomme.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde des FA ist begründet und führt zur Aufhebung des FG-Beschlusses (§ 132 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Der Senat hat in seinem Urteil vom 23. Februar 2017 V R 16, 24/16 (BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz 24) entschieden, dass das FA die Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann ändern darf, wenn diesem ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht. Das FA ist hierfür nachweispflichtig. Erbringt es diesen Nachweis nicht, ist der auf § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gestützte Änderungsbescheid aufzuheben.
Ist in einem Klageverfahren die Rechtmäßigkeit eines nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erlassenen Änderungsbescheids streitig, hat das FG über das Bestehen des Nachforderungsanspruchs (§ 27 Abs. 19 Satz 3 UStG) selbst zu entscheiden. Dementsprechend hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 257, 177, BStBl II 2017, 760, Rz 49 das Bestehen des Nachforderungsanspruchs geprüft und bejaht.
Entgegen dem Beschluss des FG ist dabei für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO entsprechend dem BFH-Beschluss in BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672 kein Raum. Danach kann im Falle der Aufrechnung mit einer rechtswegfremden strittigen Gegenforderung das finanzgerichtliche Verfahren ausgesetzt werden. Um eine Aufrechnung geht es hier indes nicht. Zwar mag die in § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG vorgesehene Abtretung einer späteren Aufrechnung dienen. Für die Rechtmäßigkeit eines nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG erlassenen Änderungsbescheids kommt es indes nur auf das Bestehen eines abtretbaren Nachforderungsanspruchs, nicht aber auf eine spätere Aufrechnung an, so dass der BFH-Beschluss in BFHE 144, 207, BStBl II 1985, 672 für den Streitfall ohne Bedeutung ist.
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung des FG vorbehalten.