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Urteil vom 07. März 2018, I R 12/16

Berücksichtigung negativer Anschaffungskosten im Rahmen des § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002

ECLI:DE:BFH:2018:U.070318.IR12.16.0

BFH I. Senat

UmwStG § 20 Abs 2 S 4, UmwStG § 20 Abs 4, UmwStG § 20 Abs 7 S 1, UmwStG § 20 Abs 7 S 2, UmwStG § 20 Abs 7 S 3

vorgehend Hessisches Finanzgericht , 30. November 2015, Az: 4 K 1355/13

Leitsätze

Die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden nach § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum kann auch zu einem negativen Wert führen .

Tenor

Das Verfahren wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005, Gewerbesteuermessbetrags 2005, gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2005, gesonderter Feststellungen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes zum 31. Dezember 2005 wird eingestellt, nachdem der Kläger die Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 1. Dezember 2015  4 K 1355/13 insoweit zurückgenommen hat (§ 125 Abs. 1, § 121 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung).

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 1. Dezember 2015  4 K 1355/13 aufgehoben und der Körperschaftsteuerbescheid 2005 vom 29. März 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 31. Mai 2013 dahin geändert, dass das eingebrachte Vermögen mit dem Buchwert in Höhe von 56.750,70 € zzgl. 1.000 € = 57.750,70 € angesetzt wird. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens haben bis zum Tag der mündlichen Verhandlung der Kläger zu 57 % und der Beklagte zu 43 % zu tragen; ab dem Tag der mündlichen Verhandlung trägt der Beklagte die Kosten des Revisionsverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

I.

  1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Geschäftsführer und alleiniger Anteilseigner einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (Beigeladene). Am 30. August 2005 beschloss er als alleiniger Gesellschafter eine Erhöhung des Stammkapitals der Beigeladenen von 25.000 € auf 26.000 €. Die neue Stammeinlage war als Sacheinlage durch Einbringung der Rechtsanwalts-Einzelpraxis des Klägers zu leisten. Der steuerliche Übertragungsstichtag wurde auf den 2. Januar 2005 festgelegt. Wirtschaftlich ging das eingebrachte Betriebsvermögen am 31. August 2005 auf die Beigeladene über.

  2. Da der Buchwert des einzubringenden Betriebsvermögens zum steuerlichen Übertragungsstichtag negativ war (./. 56.750,70 €), wurde bei der Beigeladenen eine Forderung gegen den Kläger in Höhe von 56.750,70 € aktiviert. Der Kläger hatte sich insoweit in dem Gesellschafterbeschluss vom 30. August 2005 verpflichtet, eventuelle Kapitaldifferenzen auszugleichen. In dem Zeitraum vom 2. Januar bis zum 30. August 2005 (Rückwirkungszeitraum) wurden im Einzelunternehmen ein Gewinn in Höhe von 1.318.021,99 € erzielt und Einlagen in Geld in Höhe von 18.475,50 € und Entnahmen in Geld in Höhe von 463.614,15 € getätigt. Hinzu kamen Nutzungsentnahmen in Höhe von 13.227,32 €, so dass der Saldo aus Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum 458.365,97 € betrug.

  3. Im Rahmen einer beim Kläger und der Beigeladenen für 2005 (Streitjahr) und 2006 durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer aufgrund des negativen Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 2 Satz 4, Abs. 7 Satz 3 und Abs. 4 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG 2002) die Ansicht, dass der Saldo der im Rückwirkungszeitraum im Einzelunternehmen getätigten Entnahmen und Einlagen das Betriebsvermögen unter Berücksichtigung der Einlageverpflichtung nicht mindern dürfe und entsprechend höhere Anschaffungskosten für das Betriebsvermögen des eingebrachten Einzelunternehmens zu berücksichtigen seien. Demgemäß sei das Betriebsvermögen der Beigeladenen als aufnehmende Gesellschaft zum 2. Januar 2005 um 458.365,97 € zu erhöhen. Auf Ebene des Klägers als Einbringenden ermittelte der Prüfer unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 2002 einen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) in Höhe von 458.365 €. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) mit Bescheid vom 29. März 2012 in der Weise, dass es entsprechend der Vorgehensweise des Prüfers für das eingebrachte Betriebsvermögen den vom Prüfer errechneten Zwischenwert unter Berücksichtigung der Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum zugrunde legte. Mit gleichem Datum wurden auch die weiteren inhaltlich von den Prüfungsfeststellungen betroffenen Bescheide geändert.

  4. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Hessisches Finanzgericht ‑‑FG‑‑, Urteil vom 1. Dezember 2015  4 K 1355/13, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2016, 687).

  5. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Revision wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005, Gewerbesteuermessbetrags 2005, gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2005, gesonderter Feststellungen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 2005 zurückgenommen.

  6. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Hessischen FG vom 1. Dezember 2015  4 K 1355/13 den Bescheid des FA wegen Körperschaftsteuer 2005 vom 29. März 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2013 dahingehend zu ändern, dass das eingebrachte Vermögen mit dem Buchwert in Höhe von 56.750,70 € zzgl. 1.000 € = 57.750,70 € angesetzt wird.

  7. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Das Verfahren wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005, Gewerbesteuermessbetrags 2005, gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31. Dezember 2005, gesonderter Feststellungen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG zum 31. Dezember 2005 ist einzustellen, nachdem der Kläger die Revision gegen das angefochtene FG-Urteil insoweit zurückgenommen hat (§ 125 Abs. 1, § 121 Satz 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

III.

  1. Die Revision wegen Körperschaftsteuer 2005 ist begründet und führt zur Aufhebung des FG-Urteils sowie zur Änderung des Körperschaftsteuerbescheids 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung gemäß dem Revisionsantrag (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass auf der Grundlage des sich aus dem § 20 Abs. 2 Satz 4, Abs. 4 Satz 1 und Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 ergebenden Regelungszusammenhangs als Einbringungswert für das vom Kläger zum 2. Januar 2005 rückwirkend eingebrachte Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens statt des von der Beigeladenen zutreffend berücksichtigten Wertes in Höhe von 0 € ein Zwischenwert in Höhe von 401.615,27 € anzusetzen wäre, weil der Saldo aus Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum in Höhe von 458.365,97 € dem Buchwert des einzubringenden Betriebsvermögens zum steuerlichen Übertragungsstichtag (./. 56.750,70 €) hinzugerechnet werden müsste.

  2. 1. Wird ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kapitalgesellschaft (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) eingebracht und erhält der Einbringende dafür neue Anteile an der Gesellschaft (Sacheinlage), so gelten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2002 für die Bewertung des eingebrachten Betriebsvermögens und der neuen Gesellschaftsanteile die nachfolgenden Absätze. Nach § 20 Abs. 8 Satz 3 UmwStG 2002 darf dabei "in anderen Fällen der Sacheinlage" die Einbringung auf einen Tag zurückbezogen werden, der höchstens acht Monate vor dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags liegt und höchstens acht Monate vor dem Zeitpunkt liegt, an dem das eingebrachte Betriebsvermögen auf die Kapitalgesellschaft übergeht. Zwischen den Beteiligten steht insoweit nicht im Streit, dass im Streitfall der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 8 Satz 3 UmwStG 2002 mit der Folge eröffnet war, dass die Einbringung des Betriebsvermögens der Einzelpraxis des Klägers auf den 2. Januar 2005 zurückbezogen werden konnte. Der Senat sieht insoweit von eigenen Ausführungen ab.

  3. 2. Für die Einkommens- und Vermögensermittlung im Streitjahr ist mit dem FG im Rahmen des bei der Beigeladenen gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG durchzuführenden Betriebsvermögensvergleichs § 20 Abs. 7 UmwStG 2002 maßgeblich. Nach dessen Satz 1 sind das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Kapitalgesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags (Abs. 8) auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Dies gilt nach dem Satz 2 der Vorschrift hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags jedoch nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen. Nach Satz 3 der Vorschrift sind die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile (Abs. 4) um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern und um den sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ergebenden Wert der Einlagen zu erhöhen.

  4. 3. Im Anwendungsbereich des § 20 UmwStG 2002 darf die aufnehmende Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2002 das eingebrachte Betriebsvermögen zwar grundsätzlich mit seinem Buchwert oder mit einem höheren Wert ansetzen. Übersteigen jedoch die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten, so hat die Kapitalgesellschaft nach § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2002 das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens so anzusetzen, dass sich die Aktivposten und die Passivposten ausgleichen; dabei ist das Eigenkapital nicht zu berücksichtigen. Insoweit hatte die Beigeladene zwar grundsätzlich das Wahlrecht, das eingebrachte Betriebsvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2002 mit seinem Buchwert anzusetzen. Dieser Buchwert betrug zum 2. Januar 2005 ./. 56.750,70 € und war demnach nach § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2002 zu korrigieren. Die Beigeladene hat dazu zutreffend und vom FA insoweit unbeanstandet eine Forderung gegen den Kläger in Höhe von 56.750,70 € ausgewiesen und unter Berücksichtigung der Erhöhung des Stammkapitals um 1.000 € einen Wert in Höhe von 57.750,70 € aktiviert.

  5. 4. Anders als das FG ausgeführt hat, folgt indessen aus dem zwischen § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2002 und § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 bestehenden Regelungszusammenhang nicht, dass § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2002 über seinen Wortlaut, der einen negativen Buchwert des Einbringungsgegenstandes am steuerlichen Übertragungsstichtag voraussetzt, hinaus im Wege der teleologischen Extension auch insoweit anzuwenden wäre, als der negative Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum (ggf. korrigiert um Einlagen im Rückwirkungszeitraum) weiter gemindert wird. Der negative Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens zum 2. Januar 2005 ist danach im Ergebnis nur um 56.750,70 € statt um 458.365,97 € (Saldo aus Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum), also bis auf Null, zu erhöhen und als Einbringungswert folglich kein Zwischenwert in Höhe von 401.615,27 € anzusetzen. Der abweichenden Ansicht des FG steht der eindeutige Wortlaut des § 20 Abs. 7 Sätze 2 und 3 UmwStG 2002 entgegen (ebenso Rödder, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 1996, 860, 862 f.; Ott, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2015, 918, 923; Krohn/Schell, Die Unternehmensbesteuerung ‑‑Ubg‑‑ 2015, 197, 205; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz R 320 und R 553; Menner in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz, 4. Aufl., § 20 Rz 670; Herlinghaus in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 20 Rz 239b und 239c; unter Annahme einer Gesetzeslücke im Ergebnis auch Dötsch, Das neue Umwandlungssteuerrecht ab 1995, Rz 216; Wochinger, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, 3. Aufl., Rz 447 f.; a.A. aber Urteil des FG Nürnberg vom 30. Juni 2009 I 21/2006, juris; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 25. März 1998, BStBl I 1998, 268, Rz 20.25; Patt/Rasche, DStR 1995, 1529, 1531 ff.; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 20 UmwStG Rz 218a und b sowie 325; Mutscher in Frotscher/Drüen, KStG/ GewStG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz 215 und 408; Hruschka/Hellmann in Haase/Hruschka, UmwStG, 2. Aufl., § 20 Rz 233; zu § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 nunmehr BMF-Schreiben vom 11. November 2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 20.19; sowie Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 7. Aufl., § 20 UmwStG Rz 249).

  6. a) § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 sieht vor, dass von den Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile i.S. des § 20 Abs. 4 UmwStG 2002 der Buchwert der Entnahmen abzuziehen und der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ergebende Wert der Einlagen hinzuzusetzen ist. Die Norm beinhaltet nach ihrem Wortlaut lediglich eine Korrektur der sich nach § 20 Abs. 4 UmwStG 2002 ergebenden Anteilsanschaffungskosten, nicht hingegen die Vorgabe eines "Mindestansatzes" des eingebrachten Betriebsvermögens (Rödder, DStR 1996, 860, 862; Ott, GmbHR 2015, 918, 923). Dem Normtext ist insbesondere nicht zu entnehmen, dass das Ergebnis der vorgenannten Rechenoperation nicht ggf. negativ sein könnte (ebenso Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 20 UmwStG Rz R 320; Menner in Haritz/Menner, a.a.O.).

  7. b) Für Letzteres spricht neben dem Wortlaut des § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG 2002 in systematischer Hinsicht auch der Umstand, dass § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG 2002 zwar "das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Kapitalgesellschaft" erfasst und diese auf Antrag so zu ermitteln sind, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags (Abs. 8) auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Für Entnahmen und Einlagen nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag enthält indessen Satz 2 der Vorschrift eine davon abweichende Anordnung, nach der Satz 1 hinsichtlich "des Einkommens und des Gewerbeertrags" nicht gilt. Satz 2 schließt demnach die Anwendung von Satz 1 auf das übergehende Vermögen nicht aus, sondern tritt als Ausnahmebestimmung (für Entnahmen und Einlagen) neben die Grundregel des Satzes 1 (Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 20 Rz 239b). Deshalb kann der Senat sich auch nicht der Auffassung anschließen, dass in § 20 UmwStG 2002 der Begriff des "eingebrachten Betriebsvermögens" einheitlich verwendet werde und § 20 Abs. 7 Satz 2 UmwStG 2002 die Anwendung des Satzes 1 ‑‑unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs‑‑ nur für "Steuern vom Vermögen" ausschließe (so aber Patt/Rasche, DStR 1995, 1529, 1532; ähnlich Patt in Dötsch/ Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 20 Rz 218a).

  8. c) § 20 Abs. 7 Sätze 2 und 3 UmwStG 2002 stellen ihrem Gesetzeszweck nach besondere Einkommensermittlungsvorschriften dar, durch die vermieden werden soll, dass durch die grundsätzliche Anwendung körperschaftsteuerlicher Vorschriften Vorgänge als verdeckte Gewinnausschüttungen besteuert werden, die nach dem Recht der Personengesellschaft Entnahmen gewesen wären (vgl. Senatsurteile vom 23. April 1986 I R 178/82, BFHE 147, 125, BStBl II 1986, 880; vom 29. April 1987 I R 192/82, BFHE 150, 412, BStBl II 1987, 797, jeweils zu § 17 Abs. 7 Satz 4 UmwStG 1969). Die Normen zielen hingegen nicht darauf, einen geänderten Entnahmezeitpunkt zu fingieren (Ott, GmbHR 2015, 918, 923; Krohn/Schell, Ubg 2015, 197, 205; Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 20 UmwStG Rz R 553; Herlinghaus in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 20 Rz 239c).

  9. d) Diesem Verständnis steht auch der vom historischen Gesetzgeber zur Vorgängervorschrift des § 17 Abs. 7 UmwStG 1969 geäußerte Wille nicht entgegen, demzufolge Entnahmen nach dem Umwandlungsstichtag von den Anschaffungskosten der bei der Einbringung erhaltenen Gesellschaftsanteile abzusetzen und die entsprechenden Einlagen diesen Anschaffungskosten zuzusetzen sind, um zu verhindern, dass diese Entnahmen und Einlagen sich bei einer späteren Veräußerung der Gesellschaftsanteile erfolgswirksam auswirken (vgl. Bericht des Finanzausschusses über den Entwurf eines Gesetzes über Steuererleichterungen bei Änderung der Unternehmensform, BTDrucks V/4245, S. 6). Der Gesetzgeber hat durch den Satz 2 der Vorschrift die Anwendung des Satzes 1 zunächst nur bezogen auf das Einkommen und den Gewerbeertrag ausgeschlossen. Er hat zudem im Wortlaut des Satzes 3 auch nicht zum Ausdruck gebracht, dass die dort gewählte Berechnung nicht zu einem negativen Wert führen dürfe.

  10. e) Das vom Gesetzgeber mit § 20 Abs. 7 Sätze 2 und 3 UmwStG 2002 verfolgte Ziel, dass sich die im Rückwirkungszeitraum vorgenommenen Entnahmen und Einlagen bei einer späteren Veräußerung der Gesellschaftsanteile nicht erfolgswirksam auswirken sollen, lässt sich zudem statt durch sofortige Zwangsrealisierung aller im eingebrachten Betriebsvermögen vorhandener stiller Reserven auch durch die Anerkennung negativer Anteilsanschaffungskosten erreichen (dafür Widmann in Widmann/Mayer, a.a.O., § 20 UmwStG Rz R 320; Menner in Haritz/Menner, a.a.O., § 20 Rz 670; Ott, GmbHR 2015, 918, 923; Krohn/Schell, Ubg 2015, 197, 205). Auch gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Ertragssteuerrechts, der dies von vornherein ausschlösse (so aber Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 20 UmwStG Rz 218a; Hruschka/Hellmann in Haase/Hruschka, a.a.O., § 20 Rz 233). Derartiges folgt ‑‑entgegen der Annahme des FA‑‑ auch nicht aus § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG 2002, der lediglich den Fall regelt, dass die Passivposten des eingebrachten Betriebsvermögens die Aktivposten übersteigen. Ein genereller Rechtssatz, dass ‑‑sei es allgemein, sei es nur im Anwendungsbereich des Umwandlungssteuergesetzes 2002‑‑ unter keinen Umständen negative Anschaffungskosten anerkannt werden dürften, kann hieraus nicht abgeleitet werden. Vielmehr hat die höchstrichterliche Rechtsprechung negative Anschaffungskosten im Zusammenhang mit im Privatvermögen gehaltenen Anteilen zur Schließung einer ansonsten drohenden Besteuerungslücke bereits (vgl. Senatsurteil vom 26. April 2006 I R 49, 50/04, BFHE 213, 374, BStBl II 2006, 656) für den Sonderfall einer Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 4 EStG 1997 und die Berücksichtigung von Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft aus dem verwendbaren Eigenkapital i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG (EK 04) befürwortet (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. April 1999 VIII R 44/96, BFHE 188, 352, BStBl II 1999, 698).

  11. 5. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist sein Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Bescheid wegen Körperschaftsteuer 2005 vom 29. März 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2013 ist dahingehend zu ändern, dass das eingebrachte Vermögen mit dem Buchwert in Höhe von 56.750,70 € zzgl. 1.000 € = 57.750,70 € angesetzt wird.

IV.

  1. Die Kostenentscheidung beruht ‑‑soweit die Revision zurückgenommen worden ist‑‑ auf § 143 Abs. 1, § 136 Abs. 2 FGO, im Übrigen auf § 135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht nach § 139 Abs. 4 FGO zu erstatten. Es entspricht nicht der Billigkeit, den Beteiligten diese Kosten aufzuerlegen, weil die Beigeladene das Revisionsverfahren weder durch Schriftsätze gefördert noch durch Stellung eines Antrags ein Kostenrisiko getragen hat (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 1997 I R 10/92, BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63).

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