ECLI:DE:BFH:2017:B.230817.XR9.15.0
BFH X. Senat
FGO § 120 Abs 3, EStG § 15 Abs 2, FGO § 125 Abs 1
vorgehend FG Düsseldorf, 10. December 2014, Az: 16 K 2972/14 G
Leitsätze
NV: Eine zulässige Revisionsbegründung setzt eine zumindest kurze Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils voraus. Diese muss erkennen lassen, dass der Revisionskläger die Begründung des FG-Urteils und sein eigenes Vorbringen überprüft hat .
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. Dezember 2014 16 K 2972/14 G wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
Die 1966 geborene Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist seit 2001 verheiratet. Sie hat mit ihrem 1940 geborenen Ehemann (M) Gütertrennung vereinbart.
M hatte der Klägerin im Januar 2005 eine Eigentumswohnung geschenkt, die sich im Erdgeschoss eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in der X-Straße in Y (Grundstück) befand. Die Klägerin beauftragte daraufhin einen Makler zunächst mit der Suche nach einem Mieter und später nach einem Käufer für die Eigentumswohnung. Am 3. August 2005 veräußerte sie diese für 370.000 €.
Einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück hatte M im Jahr 1992 entgeltlich von seiner Tante und den anderen Miteigentumsanteil im Jahr 2000 von seiner Mutter unentgeltlich erworben. Von 2001 bis Anfang 2004 hatte er das Gebäude grundlegend saniert und 2003 in fünf Eigentumswohnungen aufgeteilt. M hat im Zeitraum von August 2004 bis November 2004 drei Eigentumswohnungen veräußert.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) sah im Anschluss an eine Außenprüfung bei der Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel als gegeben an. Das FA erließ einen Gewerbesteuermessbescheid 2005, in dem es von einem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 140.751 € ausging. Die drei von M als Rechtsvorgänger verkauften Wohnungen sowie die von ihr verkaufte Wohnung seien als Zählobjekte in die Prüfung der Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels einzubeziehen. Grund sei die Unentgeltlichkeit der Grundstücksübertragung und der zeitliche Zusammenhang der Veräußerungen von Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolgerin. Der Erlös aus der Veräußerung des vierten Objekts sei der Klägerin zuzurechnen.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Klägerin habe im Jahr 2005 keinen Gewerbebetrieb unterhalten. Die Annahme einer steuersubjektübergreifenden Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze sei entgegen der vom FA unter Hinweis auf Rz 9 Satz 3 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 26. März 2004 IV A 6-S 2240-46/04 (BStBl I 2004, 434) vertretenen Ansicht aufgrund der zum gewerblichen Grundstückshandel ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgeschlossen. Ebenso wenig sei im Streitfall eine Ausnahme von der Drei-Objekt-Grenze mit der Konsequenz anzunehmen, dass die Klägerin sich bereits allein durch die Veräußerung ihrer Eigentumswohnung als gewerbliche Grundstückshändlerin betätigt und damit den Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschritten habe. Darüber hinaus sei das für die Annahme gewerblicher Einkünfte erforderliche Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit nicht erfüllt.
Zur Begründung seiner Revision führt das FA aus, dass ‑‑falls der erkennende Senat die Auffassung bestätige, das Vorliegen der bedingten Veräußerungsabsicht sei als Tatsachenfeststellung wegen § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht zugänglich‑‑ für die Anwendung der Rz 9 im BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 434 kein Raum bleibe. Durch die Zuordnung der vierten Wohnung zum Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückhandels des Klägers komme es aufgrund der unentgeltlichen Übertragung der Eigentumswohnung zwangsläufig zu einer erfolgswirksamen Entnahme des Objekts und infolgedessen zu einer Versteuerung des Veräußerungs-/Entnahmegewinns auf der Ebene des M und nicht ‑‑wie Rz 9 des BMF-Schreibens verlange‑‑ zur Versteuerung des Veräußerungsgewinns bei der Klägerin.
Folge der Bundesfinanzhof (BFH) der hier vertretenen Sichtweise in Bezug auf die Anwendung des § 118 Abs. 2 FGO, werde anheimgestellt, die Revision zurückzunehmen.
Das FA beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet zurückzuweisen.Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist unzulässig und wird gemäß § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluss verworfen.
1. Der Inhalt der Revisionsbegründung entspricht nicht den Mindestanforderungen, die gemäß § 120 Abs. 3 FGO an eine Revisionsbegründung zu stellen sind.
a) Wendet sich der Revisionskläger gegen die materielle Sicht des FG, so hat er die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Der Revisionskläger muss neben der Rüge eines konkreten Rechtsverstoßes die Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Erforderlich ist damit eine zumindest kurze Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils, aus der zu erkennen ist, dass der Revisionskläger die Begründung dieses Urteils und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 9. März 2016 I R 79/14, BFH/NV 2016, 1039, und vom 11. Januar 2017 VI R 26/15, BFH/NV 2017, 473, Rz 20, m.w.N., sowie die Nachweise bei Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 120 Rz 59, 65; Rüsken in Beermann/ Gosch, FGO § 120 Rz 172 f.).
b) Die Revisionsbegründung des FA entspricht diesen Anforderungen auch nicht ansatzweise. Es ist für den Senat nicht erkennbar, warum das FA das finanzgerichtliche Urteil inhaltlich für falsch hält. Das FA geht weder auch nur ansatzweise auf die Argumentation des FG ein, mit der dieses die Annahme einer steuersubjektübergreifenden Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze abgelehnt hat, noch wendet es sich gegen die weitere finanzgerichtliche Begründung, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht nachhaltig gewesen.
2. Der Hinweis des FA, es stelle anheim, die Revision zurückzunehmen, falls der erkennende Senat der Sichtweise des FA folge, ist unbeachtlich. Wer eine Revision zurücknehmen will, muss seine Rücknahmeabsicht hinreichend deutlich machen (BFH-Urteil vom 11. Januar 1994 IX R 9/94, BFH/NV 1995, 220, unter III.2.). Die Rücknahme der Revision ist als Prozesshandlung nur dann wirksam, wenn sie eindeutig und ohne Bedingung erklärt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1985 V R 46/84, BFH/NV 1986, 739; s.a. Gräber/Ratschow, a.a.O., § 125 Rz 7; Dürr in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 125 FGO Rz 5). Eine solche Rücknahmeerklärung des FA liegt nicht vor.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 2 FGO.