ECLI:DE:BFH:2017:U.100517.IIR2.16.0
BFH II. Senat
ErbStG § 2 Abs 1 Nr 3, ErbStG § 2 Abs 3, ErbStG § 16, AEUV Art 63 Abs 1, AEUV Art 65, BewG § 121, GG Art 20 Abs 3, ErbStG § 16 Abs 2, AO § 90 Abs 2
vorgehend FG Düsseldorf, 17. December 2015, Az: 4 K 3636/14 Erb
Leitsätze
NV: Beschränkt Steuerpflichtigen steht für den Erwerb beim Tod des Ehegatten der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Höhe von 500.000 € unabhängig vom Anteil des inländischen Vermögens am Gesamterwerb in voller Höhe zu.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2015 4 K 3636/14 Erb wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Schweizer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Schweiz. Er lebte mit seiner Ehefrau in der Schweiz. Zum Vermögen der Eheleute gehörten jeweils hälftige Miteigentumsanteile an vier Eigentumswohnungen in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland).
Die Ehefrau des Klägers verstarb am 25. Juni 2012. Aufgrund des von der Erblasserin errichteten Testaments erhielt der Kläger die Miteigentumsanteile an den Eigentumswohnungen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte mit Bescheid vom 26. September 2013 Erbschaftsteuer in Höhe von 18.887 € gegen den Kläger fest. Dabei zog das FA vom erklärten Wert der Miteigentumsanteile an den Eigentumswohnungen den Pauschbetrag für Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für 2012 geltenden Fassung (ErbStG) in Höhe von 10.300 € und den Freibetrag nach § 16 Abs. 2 ErbStG in Höhe von 2.000 € ab.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Der Aufforderung des FA, den Wert des erworbenen Vermögens, das nicht zum Inlandsvermögen zählt, mitzuteilen, kam er nicht nach. Er vertrat die Ansicht, der persönliche Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei auch beschränkt Steuerpflichtigen ungekürzt zu gewähren.
Mit Änderungsbescheid vom 25. Oktober 2013 setzte das FA die Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung der inzwischen gesondert festgestellten Grundbesitzwerte von insgesamt 170.200 €, des Pauschbetrags für Nachlassverbindlichkeiten von 10.300 € sowie eines Freibetrags von 2.000 € auf 18.502 € fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
Die Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) führte die der beschränkten Steuerpflicht unterliegende Bereicherung des Klägers nicht zu einem steuerpflichtigen Erwerb. Ihr Wert liege mit 170.200 € unterhalb des für Ehegatten geltenden Freibetrags in Höhe von 500.000 €. Soweit sich aus § 16 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG etwas anderes ergebe, verstießen diese Regelungen nach dem in der Rechtssache Welte ergangenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 17. Oktober 2013 C-181/12 (EU:C:2013:662) gegen die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1, Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ‑‑AEUV‑‑) und seien deshalb im Streitfall nicht anwendbar. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 301 veröffentlicht.
Dagegen richtet sich die Revision des FA. Seiner Ansicht nach hat das FG das EuGH-Urteil Welte (EU:C:2013:662) unzutreffend angewandt. Zwar sei danach der Freibetrag in Fällen der beschränkten Steuerpflicht abweichend von § 16 Abs. 2 ErbStG nicht auf 2.000 € begrenzt. Allerdings könne der sich aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ergebende persönliche Freibetrag auch nicht ungekürzt gewährt werden. Dieser müsse um den Teil gekürzt werden, der anteilig auf das von der beschränkten Steuerpflicht nicht erfasste Vermögen entfalle. Anderenfalls würde bei einem Erwerb von inländischem und ausländischem Vermögen der unbeschränkt steuerpflichtige Erwerber gegenüber einem beschränkt steuerpflichtigen Erwerber gleichheitswidrig schlechter gestellt. Bei der Ermittlung des nicht steuerbaren Vermögens müsse der Steuerpflichtige mitwirken, sonst könne der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht anteilig gewährt, sondern müsse geschätzt werden. Im Streitfall sei der Freibetrag mit 2.000 € anzusetzen. Dabei sei ermessensfehlerfrei ein Gesamterwerb von über 45 Mio. € geschätzt worden.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Rechtsstreit nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten.
Entscheidungsgründe
II. Das Rubrum des Urteils des FG war nach § 107 Abs. 1 FGO um die Namen der ehrenamtlichen Richterinnen, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, zu ergänzen. Das FG hatte bei Ausfertigung des Urteils versehentlich die Namen nicht im Rubrum aufgeführt. Die Zuständigkeit für die Urteilsberichtigung ist auf das Revisionsgericht übergegangen (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 9. Mai 2012 I R 91/10, BFH/NV 2012, 2004, Rz 13).
III. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass dem Kläger der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im vollen Umfang zusteht und damit der inländische Erwerb von Todes wegen insgesamt von der Erbschaftsteuer befreit ist.
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt ein Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer. Sind weder der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes noch der Erwerber im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer Inländer i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG, bezieht sich die inländische Steuerpflicht lediglich auf den Teil des Vermögensanfalls, der in Inlandsvermögen i.S. des § 121 des Bewertungsgesetzes (BewG) besteht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG).
2. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bleibt in den Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht der Erwerb eines Ehegatten in Höhe von 500.000 € steuerfrei. In den Fällen der beschränkten Steuerpflicht tritt nach § 16 Abs. 2 ErbStG an die Stelle des Freibetrags nach Abs. 1 ein Freibetrag von nur 2.000 €. § 16 Abs. 2 ErbStG verstößt jedoch gegen die nach Art. 63 AEUV garantierte Kapitalverkehrsfreiheit und ist daher auf Fälle der beschränkten Steuerpflicht nicht anwendbar.
a) Der EuGH hat in dem Urteil Welte (EU:C:2013:662) entschieden, dass Art. 56 Abs. 1 und Art. 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) einer Regelung eines Mitgliedstaats über die Berechnung von Erbschaftsteuern entgegenstehen, die für den Fall des Erwerbs eines im Gebiet dieses Staats belegenen Grundstücks durch Erbfall vorsieht, dass der Freibetrag auf die Steuerbemessungsgrundlage dann, wenn der Erblasser und der Erwerber zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland hatten, niedriger ist als der Freibetrag, der zur Anwendung gekommen wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in dem genannten Mitgliedstaat gehabt hätte. An die Stelle der Art. 56 Abs. 1 und Art. 58 EG sind die inhaltsgleichen Art. 63 Abs. 1 und Art. 65 AEUV getreten.
b) Die Regelung des § 16 Abs. 2 ErbStG ist nicht deshalb objektiv gerechtfertigt, weil dadurch in Fällen der beschränkten Steuerpflicht der Vorteil der geringeren Steuerbemessungsgrundlage ausgeglichen werden soll, während bei unbeschränkter Steuerpflicht der höhere Freibetrag mit einer höheren Bemessungsgrundlage verbunden ist (EuGH-Urteil Welte, EU:C:2013:662, Rz 58 ff.). Zwar kann die Notwendigkeit, die Kohärenz einer Steuerregelung zu gewährleisten, eine Beschränkung der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen. Eine solche Rechtfertigung ist jedoch nur zulässig, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung besteht (EuGH-Urteil Welte, EU:C:2013:662, Rz 59). Einen solchen unmittelbaren Zusammenhang hat der EuGH jedoch hinsichtlich des höheren Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht gesehen. Der steuerliche Vorteil, der sich im Staat des Vermögensanfalls daraus ergibt, dass ein höherer Freibetrag von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird, sofern an dem Erwerb mindestens eine Person mit Wohnsitz im Inland beteiligt ist, wird durch keine bestimmte steuerliche Belastung im Rahmen der Erbschaftsteuer ausgeglichen (EuGH-Urteil Welte, EU:C:2013:662, Rz 60).
3. Die Anwendung des § 16 Abs. 2 ErbStG ist auch nicht wegen der möglichen Option zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 3 ErbStG mit Unionsrecht vereinbar.
a) Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 ErbStG wird auf Antrag des Erwerbers ein Vermögensanfall, zu dem Inlandsvermögen i.S. des § 121 BewG gehört (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder einem Staat hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anwendbar ist. § 2 Abs. 3 ErbStG wurde durch Art. 4 Nr. 1 Buchst. b des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes (StUmgBG) vom 23. Juni 2017 (BGBl I 2017, 1682) mit Wirkung ab dem Tag nach Verkündung des Gesetzes (vgl. Art. 11 Abs. 1 StUmgBG) aufgehoben.
Während der Geltungsdauer des § 2 Abs. 3 ErbStG konnte der Erwerber von beschränkt steuerpflichtigem Vermögen zur unbeschränkten Steuerpflicht optieren und damit die Anwendung des Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erreichen.
b) Es kann dahinstehen, ob § 2 Abs. 3 ErbStG über seinen klaren Wortlaut hinaus und entgegen der in der Begründung des Gesetzesentwurfs zum Ausdruck kommenden Absicht des Gesetzgebers, das Antragsrecht nur Beteiligten aus einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat einzuräumen (vgl. BTDrucks 253/11, S. 103), dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Vorschrift auch auf solche Erwerbe Anwendung findet, bei denen sowohl der Erwerber als auch der Erblasser ‑‑wie im Streitfall‑‑ im Zeitpunkt des Todes in Drittstaaten gewohnt haben. Denn die Regelung des § 2 Abs. 3 ErbStG bewirkt eine nach Art. 63 Abs. 1 AEUV untersagte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs.
aa) Art. 63 Abs. 1 AEUV verbietet alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern.
Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine die Verkehrsfreiheiten beschränkende nationale Regelung auch dann mit dem Unionsrecht unvereinbar sein, wenn ihre Anwendung fakultativ ist (EuGH-Urteile Beker vom 28. Februar 2013 C-168/11, EU:C:2013:117, Rz 62, und Hünnebeck vom 8. Juni 2016 C-479/14, EU:C:2016:412, Rz 42). Das Bestehen einer Wahlmöglichkeit, die unter Umständen zur Vereinbarkeit einer Situation mit dem Unionsrecht führen könnte, kann für sich allein nicht die Rechtswidrigkeit eines Systems heilen, das nach wie vor ein mit dem Unionsrecht unvereinbares Besteuerungsverfahren enthält. Dies gilt insbesondere, wenn ‑‑wie im vorliegenden Fall die Berücksichtigung des Freibetrags von 2.000 € nach § 16 Abs. 2 ErbStG‑‑ das mit dem Unionsrecht unvereinbare Verfahren dasjenige ist, das automatisch angewandt wird, wenn der Steuerpflichtige keine Wahl nach § 2 Abs. 3 ErbStG getroffen hat (vgl. EuGH-Urteil Hünnebeck, EU:C:2016:412, Rz 42).
bb) Darüber hinaus muss der wählbare Besteuerungsmechanismus mit den Bestimmungen des AEUV über den freien Kapitalverkehr vereinbar sein (vgl. EuGH-Urteil Hünnebeck, EU:C:2016:412, Rz 43). Denn eine unionsrechtswidrige Wahlmöglichkeit ist von vornherein nicht geeignet, andere rechtswidrige Besteuerungsmechanismen zu beseitigen.
Der Antrag nach § 2 Abs. 3 ErbStG führt dazu, dass der beschränkt Steuerpflichtige, der den persönlichen Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Anspruch nehmen möchte, seinen gesamten Erwerb der deutschen Erbschaftsteuer unterwerfen muss. Zu diesem Erwerb gehört auch das Auslandsvermögen des nicht in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen, obwohl Deutschland hierfür nach dem Territorialitätsprinzip kein Besteuerungsrecht zusteht. § 2 Abs. 3 ErbStG verknüpft die Anwendung des § 16 Abs. 1 ErbStG bei beschränkt Steuerpflichtigen mit der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage durch Einbeziehung dieses an sich nicht der Besteuerung unterliegenden Auslandsvermögens.
Die Besteuerung von nicht zum Inlandsvermögen i.S. des § 121 BewG gehörenden Nachlassgegenständen eines beschränkt Steuerpflichtigen nach § 2 Abs. 3 ErbStG verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Die Regelung kann nämlich dazu führen, dass Gebietsfremde davon abgehalten werden, in Deutschland belegene Vermögenswerte zu erwerben oder zu behalten, weil deren spätere Übertragung auf andere Gebietsfremde je nach Ausübung des Wahlrechts des § 2 Abs. 3 ErbStG entweder eine Besteuerung des gesamten Erwerbs oder die Anwendung eines geringeren persönlichen Freibetrags bewirkt.
4. An die Stelle des aus unionsrechtlichen Gründen nicht anwendbaren Freibetrags gemäß § 16 Abs. 2 ErbStG tritt entsprechend § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der bei unbeschränkter Steuerpflicht maßgebende Freibetrag. Dieser ist in voller Höhe und nicht nur anteilig nach dem Verhältnis des Werts des steuerpflichtigen Inlandsvermögens (§ 121 BewG) zum Wert des gesamten Erwerbs zu gewähren.
a) Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 ErbStG ist eine Minderung des Freibetrags in Fällen beschränkter Steuerpflicht nicht vorgesehen.
Die Freibeträge des § 16 Abs. 1 ErbStG bestimmen sich ausschließlich nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker. Höhe und Zusammensetzung des Erwerbs sind unerheblich. Die Freibeträge werden auch dann in voller Höhe berücksichtigt, wenn ein Teil des Erwerbs steuerfrei ist (§§ 13 ff. ErbStG) oder nach einem Doppelbesteuerungsabkommen nicht der deutschen Besteuerung unterliegt (vgl. z.B. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 2 Rz 146 bis 300).
Mit dieser dem § 16 Abs. 1 ErbStG zugrunde liegenden Wertung des Gesetzgebers wäre es unvereinbar, bei beschränkter Steuerpflicht wegen der Zusammensetzung des Gesamterwerbs aus Inlandsvermögen und sonstigem Vermögen den Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG nur teilweise zu gewähren.
b) Der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG kann nicht im Wege der Auslegung auf das steuerpflichtige Inlandsvermögen (§ 121 BewG) und das nicht steuerpflichtige Auslandsvermögen aufgeteilt werden.
Eine derart weitgehende Auslegung des § 16 Abs. 1 ErbStG können Finanzverwaltung und Gerichte aus rechtsstaatlichen Gründen (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) nicht vornehmen. Damit wären nicht zuletzt aufgrund der ungeklärten Folgefragen die Grenzen einer zulässigen Auslegung überschritten. Nur der Gesetzgeber kann regeln, ob und nach welchem Maßstab der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG in Fällen beschränkter Steuerpflicht aufzuteilen ist. Ihm obliegt auch die Regelung, ob zur Vermeidung von Ungleichbehandlungen von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen frühere Erwerbe in die Berechnung einbezogen werden müssen sowie ob und ggf. in welchem Umfang sachliche Steuerbefreiungen zu berücksichtigen sind.
Ebenso kann nur der Gesetzgeber den Umfang der Mitwirkungspflichten regeln. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass für die Aufteilung des Freibetrags die Ermittlung des ausländischen Erwerbs erforderlich wäre, der bei der beschränkten Steuerpflicht nicht steuerbar ist, und sich die Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung nicht auf negative Tatsachen bezieht (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 90 AO Rz 21; Klein/Rätke, AO, 13. Aufl., § 90 Rz 22).
c) Der durch Art. 4 Nr. 5 Buchst. b StUmgBG neu eingefügte § 16 Abs. 2 ErbStG, der in den Fällen der beschränkten Steuerpflicht eine Minderung des Freibetrags nach § 16 Abs. 1 ErbStG um einen im Einzelnen festgelegten Teilbetrag vorsieht, hat für den Streitfall keine Bedeutung. Die Vorschrift ist gemäß § 37 Abs. 14 ErbStG i.d.F. des Art. 4 Abs. 8 StUmgBG erst auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 24. Juni 2017 entsteht.
5. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG der Klage zu Recht stattgegeben. Gegen den Kläger ist keine Erbschaftsteuer festzusetzen. Er unterliegt nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der beschränkten Steuerpflicht, weil er und die Erblasserin bei deren Ableben ihren Wohnsitz in der nicht zur EU und zum EWR gehörenden Schweiz hatten und er aufgrund des Testaments Miteigentumsanteile an inländischen Grundstücken erworben hat. Ihm steht nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ein den Wert des Erwerbs übersteigender Freibetrag von 500.000 € zu. Eine Minderung dieses Freibetrags scheidet aus.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.