ECLI:DE:BFH:2016:U.251016.IR54.14.0
BFH I. Senat
AEUV Art 54, AEUV Art 107 Abs 1, AEUV Art 267 Buchst a, AO § 51 Abs 2, AO § 52 Abs 1, AO § 52 Abs 2 S 1 Nr 1, AO § 52 Abs 2 S 1 Nr 2, AO § 55 Abs 1 Nr 1, AO § 55 Abs 1 Nr 4, AO § 55 Abs 1 Nr 5, AO § 59, AO § 60 Abs 1 S 1, AO § 61 Abs 1, AO § 63, AO § 62, AOEG Art 97 § 1f Abs 1 S 2, AOEG Art 97 § 1f Abs 2, KStG § 2 Nr 1, KStG § 5 Abs 1 Nr 9, KStG § 5 Abs 2 Nr 2, AO § 60 Abs 1 S 2
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 23. July 2014, Az: 4 K 12276/11
Leitsätze
1. Einrichtungen, die ausschließlich ideelle oder altruistische Ziele verfolgen und nicht auf einem Markt in Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern auftreten, sind mangels Erwerbszwecks vom unionsrechtlichen Gesellschaftsbegriff des Art. 54 AEUV ausgenommen. Hingegen können vermögensverwaltende Tätigkeiten gemeinnütziger Körperschaften einen Erwerbszweck i.S. des Art. 54 AEUV begründen.
2. Die formelle Satzungsmäßigkeit nach § 59 AO erfordert hinsichtlich der steuerbegünstigten Zweckverfolgung ‑‑werden die Begriffe "ausschließlich" und "unmittelbar" in der Satzung nicht ausdrücklich verwendet‑‑, dass der Satzungstext und dessen Auslegung wenigstens entsprechende Anhaltspunkte bieten (Anschluss an Senatsurteil vom 20. Dezember 2006 I R 94/02, BFHE 216, 269, BStBl II 2010, 331).
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Juli 2014 4 K 12276/11 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) im Streitjahr 2009 nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit ist.
Die Klägerin, ein College der Universität X im Vereinigten Königreich, wurde ausweislich ihrer Gründungsurkunde aus dem Jahr XXXX [vor Jahrhunderten] als "immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie, der Philosophie und der guten Künste" errichtet. Sie ist Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks in A (Inland) und erzielte daraus im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) erließ für das Streitjahr einen Schätzungsbescheid zur Körperschaftsteuer, in dem er von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 375.000 € ausging.
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage hat das Finanzgericht (FG) stattgegeben (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Juli 2014 4 K 12276/11, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2014, 2168).
Das FA rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑); es hat sich, ohne einen Antrag zu stellen, der Rechtsauffassung des FA angeschlossen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Dessen Feststellungen zu der persönlichen Körperschaftsteuerpflicht der Klägerin, zu deren Satzungsbestimmungen sowie zu deren tatsächlicher Geschäftsführung reichen für eine abschließende Entscheidung durch den Senat nicht aus.
1. Die Klägerin erzielte aus ihrem Grundstück in A Vermietungseinkünfte i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die als inländische Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG grundsätzlich der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterfallen. Ob aber die Klägerin, die dem Recht des Vereinigten Königreichs untersteht, nach ihrer wirtschaftlichen und rechtlichen Struktur ‑‑ungeachtet einer ggf. nach ausländischem Recht bestehenden Rechtspersönlichkeit (Senatsurteile vom 3. Februar 1988 I R 134/84, BFHE 153, 14, BStBl II 1988, 588; vom 26. August 1993 I R 44/92, BFH/NV 1994, 318)‑‑ einem deutschen Körperschaftsteuersubjekt entspricht (sog. Typenvergleich, Senatsurteil vom 24. August 2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764; Senatsbeschluss vom 4. April 2007 I R 110/05, BFHE 217, 535, BStBl II 2007, 521; vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 15. März 1995 II R 24/91, BFHE 177, 497, BStBl II 1995, 653) und damit eine beschränkt steuerpflichtige Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 2 Nr. 1 KStG darstellt, lässt sich anhand der vom FG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen.
a) Die für den Typenvergleich erforderliche Feststellung der einschlägigen ausländischen Rechtsnormen sowie die Ermittlung der notwendigen gesellschaftsrechtlichen Merkmale sind Teil der vom FG zu klärenden tatsächlichen Rechtsgrundlagen (Senatsurteil vom 6. Juni 2012 I R 52/11, BFHE 237, 356, BStBl II 2014, 240; BFH-Urteil vom 20. Januar 2015 II R 42/12, BFH/NV 2015, 1079). Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung der Einzelumstände (Senatsurteil vom 20. August 2008 I R 34/08, BFHE 222, 521, BStBl II 2009, 263). Der BFH kann als Revisionsgericht eine solche Tatsachenwürdigung nur daraufhin überprüfen, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang steht. Ist das zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich wäre (vgl. z.B. Senatsurteile vom 19. Oktober 2005 I R 48/04, BFHE 211, 524, BStBl II 2006, 334; vom 14. Juli 2004 I R 111/03, BFHE 206, 437, BStBl II 2005, 307; vom 27. Februar 2003 I R 46/01, BFHE 202, 241, BStBl II 2004, 132; vom 4. Juni 2003 I R 24/02, BFHE 202, 494, BStBl II 2004, 136). Eine solche Bindung besteht hingegen nicht, wenn aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Tatsachen das FG eine Schlussfolgerung tatsächlicher Art ableitet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2011 XI R 33/10, BFH/NV 2012, 1009; vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, BFHE 210, 70; vom 25. August 1999 X R 74/96, BFH/NV 2000, 416). Hierin liegt ein materiell-rechtlicher Fehler, der auch ohne entsprechende Rüge zur Aufhebung des Urteils führt (vgl. z.B. Senatsurteil vom 27. Mai 1981 I R 123/77, BFHE 133, 412, BStBl II 1982, 211; BFH-Urteil vom 5. März 1968 II R 36/67, BFHE 92, 416, BStBl II 1968, 610).
b) Soweit mit der Feststellung des FG, die Klägerin weise die Rechtsform einer Stiftung englischen Rechts auf, überhaupt eine Vergleichbarkeit zu einer Stiftung des deutschen Zivilrechts oder öffentlichen Rechts angesprochen worden sein soll, wird diese Einschätzung durch die tatsächlichen Feststellungen nicht getragen. Es fehlen tragfähige Feststellungen zu der rechtlichen Struktur der Klägerin. Dies gilt umso mehr, als es sich bei der Klägerin ‑‑angesichts ihrer Gründung im Jahr XXXX‑‑ nicht zwingend um ein Gebilde handelt, auf welches die Vorschriften des geltenden ‑‑geschriebenen oder ungeschriebenen‑‑ Stiftungs- oder Gesellschaftsrechts Anwendung finden.
Die Erwägung des FG, aus der Gründungsurkunde ergebe sich, dass die Klägerin als "immerwährendes Kollegium" errichtet worden sei und diese von einem "ewigen" Bestehen der Klägerin ausgehe, lässt allenfalls den ‑‑für eine Vergleichbarkeit zu einer Stiftung des deutschen Rechts nicht hinreichenden‑‑ Schluss auf eine unbegrenzte Lebensdauer zu. Zudem kann dieses Merkmal angesichts des im deutschen Recht für die als Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einzustufende offene Handelsgesellschaft und ‑‑über § 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB)‑‑ auch für die Kommanditgesellschaft geltenden § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HGB, nach dem der Tod eines Gesellschafters nur bei Fehlen einer anderweitigen gesellschaftsvertraglichen Regelung zur Auflösung der Gesellschaft führt, nicht ohne Weiteres für eine Vergleichbarkeit zu einer juristischen Person des deutschen Rechts angeführt werden (vgl. dazu Martini, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2012, 441, 447). Zu weiteren Merkmalen der Klägerin, welche zu den Eigenschaften einer Stiftung i.S. der §§ 80 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des öffentlichen Rechts korrespondieren könnten, hat das FG keine Feststellungen getroffen.
Soweit "wegen der Einzelheiten" ohne nähere Eingrenzung auf die Gründungsurkunde der Klägerin verwiesen wird, bestimmt dies nicht die Tatsachen, welche das FG daraus herangezogen hat. Fehlende tatsächliche Feststellungen können nicht durch allgemeine Bezugnahmen auf Schriftsätze oder andere Unterlagen ersetzt werden. Bei der Verweisung muss der Gegenstand des in Bezug Genommenen hinreichend genau bezeichnet werden (Senatsurteil vom 21. Januar 1981 I R 153/77, BFHE 133, 33, BStBl II 1981, 517).
2. Zudem lässt sich nach den bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin im Streitjahr gemeinnützig und damit nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG steuerbefreit war. Nach dieser Vorschrift sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑), von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung ist insoweit ausgeschlossen, als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe ‑‑ausgenommen selbst bewirtschaftete Forstbetriebe‑‑ unterhalten werden (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 und 3 KStG).
a) Sämtliche Steuerbefreiungen des § 5 Abs. 1 KStG ‑‑und damit auch die Befreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG‑‑ gelten gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG nicht für beschränkt Steuerpflichtige i.S. von § 2 Nr. 1 KStG. Jedoch fallen Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit inländischen Einkünften, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, dann nach der Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, wenn sie nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (EU) oder nach den Rechtsvorschriften eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 3. Januar 1994 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft 1994, Nr. L 1, 3) in der jeweiligen Fassung Anwendung findet, gegründete Gesellschaften i.S. des Art. 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ‑‑AEUV‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) oder des Art. 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befindet, und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht.
aa) Nach Art. 54 AEUV gelten als Gesellschaften die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen. Dies schließt Einrichtungen, die ausschließlich ideelle oder altruistische Ziele verfolgen und nicht auf einem Markt in Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsteilnehmern auftreten, vom unionsrechtlichen Gesellschaftsbegriff aus (Senatsbeschluss vom 14. Juli 2004 I R 94/02, BFHE 206, 350, BStBl II 2005, 721; Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 27. September 2005 3 W 170/05, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2005, 2293; Müller-Graff in Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl., Art. 54 AEUV Rz 3; Tiedje in von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl., Art. 54 AEUV Rz 22; Helios/Schlotter, IStR 2006, 483, 485; Drüen/Liedtke, Finanz-Rundschau ‑‑FR‑‑ 2008, 1, 6; Martini, Internationale Steuer-Rundschau 2015, 97, 100 f.; derselbe in Winheller/Geibel/Jachmann-Michel, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, § 5 KStG Rz 117; für eine Beschränkung auf religiöse und weltanschauliche Gruppierungen Forsthoff in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 54 AEUV Rz 6).
Soweit aber im gemeinnützigen Bereich tätige Einrichtungen Güter oder Dienstleistungen, die zur Durchführung ihrer satzungsmäßigen Zwecke erforderlich oder sachdienlich sind, erwerbsorientiert und gegen Entgelt anbieten, stehen sie anderen Wirtschaftsteilnehmern gleich. Vor diesem Hintergrund können auch vermögensverwaltende Tätigkeiten ‑‑wie im Streitfall die Vermietung von Grundbesitz‑‑ ohne unmittelbaren Bezug zu gemeinnützigen Tätigkeiten Erwerbszwecken in diesem Sinne dienen (Helios in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 22 Rz 27; derselbe, Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 2002, 1893, 1895; Wachter, FR 2004, 1220, 1224; Kube, IStR 2005, 469, 472; Eicker, Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis 2005, 147, 152 f.; Jachmann/Meier-Behringer, BB 2006, 1823, 1826; von Proff, IStR 2007, 269, 270 f.; Tiedtke/Möllmann, Deutsche Steuer-Zeitung ‑‑DStZ‑‑ 2008, 69, 77; Unger, DStZ 2010, 154, 158; vgl. auch Omlor, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 2015, 665, 666; Reimer/Ribbrock, Recht der Internationalen Wirtschaft 2005, 611, 612; a.A. Heger, FR 2004, 1154, 1155 f.; für eine Beschränkung auf wirtschaftliche Geschäftsbetriebe Schiffer, Deutsches Steuerrecht 2005, 508, 509).
Hiergegen kann nicht erfolgreich eingewendet werden, das Merkmal des Erwerbszwecks diene in erster Linie der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen (vgl. Forsthoff in Grabitz/Hilf/ Nettesheim, a.a.O., Art. 54 AEUV Rz 6). Ist für das Vorliegen eines Erwerbszwecks ‑‑wie sich aus der ausdrücklichen Erwähnung der Genossenschaften in Art. 54 AEUV ergibt‑‑ bereits unerheblich, ob die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen wird (vgl. Jung in Schwarze, EU-Kommentar, 3. Aufl., Art. 54 AEUV Rz 7), und sind damit die daraus folgenden Wettbewerbsvorteile gegenüber sonstigen mit Gewinnerzielungsabsicht tätigen Marktteilnehmern für die Grundfreiheitsberechtigung unschädlich, muss dies erst recht bei gemeinnützigen Steuersubjekten für eine mögliche Quersubventionierung entgeltlich erbrachter Tätigkeiten durch den (übrigen) steuerbegünstigten Bereich gelten.
bb) Zwar entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 Satz 1 Buchst. a AEUV im Wege der Vorabentscheidung auch dann über die Auslegung von Unionsrecht, wenn ‑‑wie im Falle des § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG‑‑ auf dessen Inhalt durch das nationale Recht eines Mitgliedstaats verwiesen wird (EuGH-Urteile Dzodzi vom 18. Oktober 1990 C-297/88 und 197/89, EU:C:1990:360, Rz 36 f.; Gmurzynska-Bscher vom 8. November 1990 C-231/89, EU:C:1990:386, Rz 25; Leur-Bloem vom 17. Juli 1997 C-28/95, EU:C:1997:369, Rz 32; vgl. auch EuGH-Urteil Hermès International vom 16. Juni 1998 C-53/96, EU:C:1998:292, Rz 32). Der Senat erachtet die Rechtslage jedoch für eindeutig. Sie entspricht den Aussagen des EuGH, nach denen Einrichtungen, die Güter oder Dienstleistungen anbieten, aufgrund der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit als "Unternehmen" i.S. des Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen sind, da ihr Angebot ‑‑ungeachtet einer fehlenden Gewinnerzielungsabsicht‑‑ mit dem von Wirtschaftsteilnehmern konkurriert, die den gleichen Zweck verfolgen (EuGH-Urteile Cassa di Risparmio di Firenze vom 10. Januar 2006 C-222/04, EU:C:2006:8, Rz 122 f.; MOTOE vom 1. Juli 2008 C-49/07, EU:C:2008:376, Rz 27 f.). Werden gemeinnützig tätige Einrichtungen aufgrund dieser Erwägungen für Zwecke der Beihilfen als staatliche Begünstigungen den übrigen Marktakteuren gleichgestellt, muss dies auch hinsichtlich des durch die Grundfreiheiten gewährten Schutzes gegenüber mitgliedstaatlichen Diskriminierungen und Beschränkungen gelten (vgl. Unger, DStZ 2010, 154, 157; Arnold, Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht 2007, 235, 237 f.; Eicker in Richter/Wachter, Handbuch des internationalen Stiftungsrechts, 2007, S. 415 f.; Zimmer/Raab in Non Profit Law Yearbook 2004, 105, 117 ff.). Einer Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Satz 1 Buchst. a AEUV bedarf es nicht (vgl. EuGH-Urteile Da Costa vom 27. März 1963 28-30/62, EU:C:1963:6; CILFIT vom 6. Oktober 1982 C-283/81, EU:C:1982:335).
b) Ausgangspunkt und Maßstab der Gemeinnützigkeit ist allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, gleichviel, ob die betreffende Körperschaft im In- oder im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch aus Gründen des Unionsrechts ‑‑insbesondere der Grundfreiheiten‑‑ nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen (EuGH-Urteile Centro di Musicologia Walter Stauffer vom 14. September 2006 C-386/04, EU:C:2006:568, Rz 47; Persche vom 27. Januar 2009 C-318/07, EU:C:2009:33, Rz 48; Senatsurteile vom 20. Dezember 2006 I R 94/02, BFHE 216, 269, BStBl II 2010, 331; vom 17. September 2013 I R 16/12, BFHE 243, 319, BStBl II 2014, 440; BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 X R 7/13, BFHE 248, 543, BStBl II 2015, 588). Ausgangspunkt und Maßstab ist sonach allein § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG i.V.m. §§ 52 ff. AO.
Nach § 59 AO ist Voraussetzung der Steuervergünstigung, dass sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht, und dass er von der Körperschaft ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass bereits aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind.
§ 60 Abs. 1 Satz 2 AO i.d.F. des Art. 10 des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74), wonach die Satzung die Festlegungen der Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60) enthalten muss, ist gemäß Art. 97 § 1f Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) auf Körperschaften anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2008 gegründet werden. Für die im Jahr XXXX errichtete Klägerin sind damit die in Anlage 1 zu § 60 enthaltenen Festlegungen für die Gewährung von Steuervergünstigungen ohne Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 1997 I B 21/96, BFH/NV 1997, 732; Senatsurteil vom 29. August 1984 I R 203/81, BFHE 142, 51, BStBl II 1984, 844).
c) Anhand der vom FG getroffenen Feststellungen zur Gründungsurkunde der Klägerin lässt sich weder beurteilen, ob die Klägerin gemeinnützige Zwecke verfolgt noch, ob diese ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden.
Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist zwar insbesondere in der Förderung von Wissenschaft und Forschung (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) und der Religion (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) zu sehen. Sie ist jedoch gleichwohl zu versagen, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, z.B. bei einer Zugehörigkeit zu einer Familie oder der Belegschaft eines Unternehmens oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann (§ 52 Abs. 1 Satz 2 AO).
Das FG hat festgestellt, dass die Klägerin nach ihrer Gründungsurkunde als "immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie, der Philosophie und der guten Künste" errichtet wurde. Diese Feststellungen lassen eine Aussage dahingehend zu, dass die Klägerin die Förderung der Wissenschaft und Forschung sowie der Religion i.S. des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO verfolgt. Jedoch ergibt sich aus den Feststellungen des FG weder, dass das aus dem XX. Jahrhundert stammende Gründungsdokument der Klägerin hinsichtlich seiner Zwecksetzungen auch im Streitjahr noch uneingeschränkt Geltung beanspruchte, noch ob es ‑‑angesichts der vom FG darüber hinaus in Bezug genommenen "Statuten"‑‑ ausschließliche Grundlage der Verfassung der Klägerin war. Zudem bleibt sowohl offen, ob sich die Zwecksetzungen der Klägerin ausschließlich auf das Kollegium beziehen als auch, ob dieses einen ‑‑im vorgenannten Sinne‑‑ fest abgeschlossenen Personenkreis darstellt.
Zwar haben Satzungen und sonstige Verfassungen nicht lediglich den Zweck, die satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuervergünstigungen zu erfüllen. Sie dienen auch und oft sogar vorrangig dazu, die Organisation einer Vereinigung und die Befugnisse ihrer Organe festzulegen, so dass die Verwendung der Begriffe "ausschließlich" und "unmittelbar" in der Satzung zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen nicht zwingend erforderlich ist (Senatsurteil in BFHE 216, 269, BStBl II 2010, 331; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Dezember 2002 I R 15/02, BFHE 201, 395, BStBl II 2003, 384). Jedoch ergibt sich ‑‑wie es § 59 AO erfordert‑‑ nur dann aus der Satzung, dass der Zweck ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird, wenn der Satzungstext und dessen Auslegung wenigstens entsprechende Anhaltspunkte bieten.
Diesbezügliche Feststellungen hat das FG nicht getroffen. Insbesondere ist die Annahme des FG, der Satzung der Klägerin könne an keiner Stelle Gegenteiliges entnommen werden, für sich genommen nicht ausreichend. Zudem stellt die ‑‑nicht eingegrenzte‑‑ Bezugnahme auf die weiteren Bestimmungen der Satzung und der Statuten keine ausreichende Tatsachengrundlage für die Folgerung des FG dar.
d) Auch lässt sich aufgrund der tatrichterlichen Feststellungen nicht beurteilen, ob die Klägerin die Voraussetzungen, die § 61 Abs. 1 AO für die satzungsmäßige Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) aufstellt, erfüllt. Aus dem im Jahr XXXX abgefassten Gründungsdokument der Klägerin ergibt sich ‑‑insoweit unstreitig‑‑ weder der Zweck, für den das Vermögen im Fall der Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll noch eine andere steuerbegünstigte Körperschaft oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts, der das Vermögen für steuerbegünstigte Zwecke übertragen werden soll (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO).
Nach § 62 AO i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl I 2002, 3866, BStBl I 2002, 1056) ‑‑AO a.F.‑‑ brauchte bei Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts, bei staatlich beaufsichtigten Stiftungen, bei den von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verwalteten unselbständigen Stiftungen und bei geistlichen Genossenschaften (Orden, Kongregationen) die Vermögensbindung in der Satzung nicht festgelegt zu werden. Durch Art. 10 Nr. 6 des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007) vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) wurden staatlich beaufsichtigte Stiftungen von dem Anwendungsbereich des § 62 AO a.F. ausgenommen. Gemäß Art. 97 § 1f Abs. 1 Satz 1 EGAO gilt § 62 AO i.d.F. des JStG 2007 für alle staatlich beaufsichtigten Stiftungen, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, d.h. ab dem 19. Dezember 2006 (vgl. Art. 20 Abs. 1 JStG 2007), errichtet werden. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass Stiftungen, die vor diesem Datum errichtet wurden, sich grundsätzlich weiterhin auf die Befreiung von der satzungsmäßigen Vermögensbindung des § 62 AO a.F. berufen können (BTDrucks 16/2712, S. 82; Unger in Beermann/Gosch, AO, § 62 Rz 5; Leisner-Egensperger in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 62 AO Rz 33; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 62 AO a.F.).
Der Steuerpflichtige wird grundsätzlich auch dann von den satzungsmäßigen Vermögensbindungserfordernissen suspendiert, wenn er allgemein einer ausländischen staatlichen Aufsicht unterliegt. Es ist aber zu verlangen, dass die ausländische Stiftungsaufsicht den deutschen Aufsichtserfordernissen in ihren wesentlichen materiellen Belangen entspricht. Dies gilt ‑‑anders als das FG meint‑‑ auch im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten der EU. Mangels eines einheitlichen Stiftungsrechts ‑‑und insbesondere eines einheitlichen Stiftungsaufsichtsrechts‑‑ (vgl. den zweiten Erwägungsgrund des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung vom 8. Februar 2012 COM(2012) 35 final — 2012/0022 (APP), abgedruckt in BRDrucks 74/12) ergibt sich schon unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten die Notwendigkeit, auch der ausländischen Stiftungsaufsicht den inländischen Aufsichtsstandard abzuverlangen. Es ist Sache des FG, den gebotenen Abgleich zwischen den Aufsichtsgesetzen der deutschen Bundesländer einerseits und dem für den Steuerpflichtigen maßgeblichen ausländischen Aufsichtsrecht andererseits vorzunehmen (Senatsurteil in BFHE 216, 269, BStBl II 2010, 331).
Dem genügt die Feststellung des FG, die Klägerin unterliege als Stiftung englischen Rechts der dortigen Stiftungsaufsicht, nicht. Zum einen ergibt sich hieraus nicht, dass die Klägerin ‑‑wie § 62 AO a.F. voraussetzt (vgl. Senatsurteil in BFHE 243, 319, BStBl II 2014, 440)‑‑ einer Stiftung des deutschen Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts vergleichbar ist und es sich nicht um eine mitgliedschaftlich organisierte Vereinigung handelt (siehe oben zu II.1.b). Zum anderen enthält die Feststellung des Bestehens einer ausländischen Aufsicht weder Aussagen über deren nähere rechtliche Ausgestaltung noch über deren Vergleichbarkeit zu den Aufsichtsregelungen der deutschen Bundesländer. Unerheblich ist dabei die Feststellung des FG, dass sich die Bestimmungen für gemeinnützige Einrichtungen aus dem englischen "Charities Act" sowie den Rechtsfortbildungen des common law ergäben und von der "Charity Commission" überwacht würden, die bezüglich der Klägerin bisher keine Beanstandungen erhoben habe. Daraus lassen sich weder Aussagen über die nähere Ausgestaltung des für die Klägerin geltenden ausländischen (steuerlichen) Gemeinnützigkeitsrechts ableiten noch darüber, ob dieses Bestimmungen zur Stiftungsaufsicht enthält, welche denen des innerstaatlichen Rechts entsprechen.
e) Darüber hinaus ist derzeit vor dem Hintergrund der tatrichterlichen Feststellungen unklar, ob die Klägerin auch den gesetzlichen Anforderungen an ihre tatsächliche Geschäftsführung genügt (vgl. § 63 AO).
Soweit das FG darauf abstellt, ein "auditor" bzw. Wirtschaftsprüfer habe bestätigt, dass die Klägerin ihr Einkommen und Vermögen ausschließlich für die gemeinnützigen satzungsmäßigen Zwecke verwende, lässt dies weder eine abschließende Beurteilung dahingehend zu, dass die Klägerin im Streitjahr den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO genügt hat. Noch ist daraus ersichtlich, dass die Klägerin ihre vereinnahmten Mittel zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet hat (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Schon mangels näherer Feststellungen des FG zu den Maßstäben, an denen sich die erfolgten Prüfungen ausgerichtet haben, kann nicht beurteilt werden, ob der in Bezug genommenen Bestätigung Aussagen über eine Konformität mit den Anforderungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts entnommen werden können.
3. Das vorinstanzliche Urteil ist hiernach aufzuheben. Die Sache ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, um die aufgezeigten Feststellungen nachzuholen.
Zur Beantwortung der sich daran etwaig anschließenden Frage, ob ‑‑wie bei der Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland nach § 51 Abs. 2 AO erforderlich‑‑ natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, gefördert wurden oder die Tätigkeit der Klägerin neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland beitragen konnte, besteht derzeit ebenso wenig Veranlassung wie zur Beantwortung der Frage, ob der darin enthaltene Inlandsbezug mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar ist (vgl. FG Köln, Urteil vom 20. Januar 2016 9 K 3177/14, EFG 2016, 653).
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.