ECLI:DE:BFH:2016:U.151216.VIR53.12.0
BFH VI. Senat
EStG § 2 Abs 1, EStG § 2 Abs 2 S 1 Nr 2, EStG § 4 Abs 4, EStG § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b, EStG § 8, EStG § 9 Abs 1, EStG § 9 Abs 5, EStG § 12 Nr 1 S 2, EStG § 52 Abs 12 S 9, EStG VZ 2007 , EStG VZ 2008
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 11. July 2012, Az: 3 K 447/12
Leitsätze
1. Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, kann jeder Nutzende die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer, die er getragen hat, einkünftemindernd geltend machen, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG in seiner Person vorliegen (Änderung der Rechtsprechung) .
2. Der Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer setzt voraus, dass dem jeweiligen Steuerpflichtigen in dem Arbeitszimmer ein Arbeitsplatz in einer Weise zur Verfügung steht, dass er ihn für seine betriebliche/berufliche Tätigkeit in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann .
3. Nutzen Ehegatten bei hälftigem Miteigentum ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Kosten jedem Ehepartner grundsätzlich zur Hälfte zuzuordnen .
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 12. Juli 2012 3 K 447/12 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), die für die Streitjahre (2007 und 2008) als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden, sind Lehrer. Die Klägerin befand sich im Anschluss an die Geburt ihres Sohnes im Mai 2008 in Mutterschutz bzw. Elternzeit. Die Kläger nutzten gemeinsam ein in ihrem Einfamilienhaus gelegenes häusliches Arbeitszimmer mit einer Größe von ca. 26 qm. Das Einfamilienhaus gehörte ihnen jeweils zur Hälfte. Die auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Kosten betrugen im Streitjahr 2007 2.867 € und im Streitjahr 2008 2.763 €. In den durch Einspruchsentscheidung vom 29. Dezember 2011 geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten jeweils nur in Höhe von 1.250 € und ordnete diesen Betrag den Klägern je zur Hälfte zu.
Die Klage, mit der die Kläger den Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in doppelter Höhe geltend machten, war aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 1997 veröffentlichten Gründen ohne Erfolg.
Die Kläger rügen mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte der Kläger aus nichtselbständiger Arbeit um jeweils 625 € gemindert werden.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Einen Antrag hat das BMF nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. Gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (EStG) kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall ist die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt. Gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG gilt die mit dem Jahressteuergesetz 2010 geschaffene Neuregelung für alle offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007.
2. Im Streitfall ist revisionsrechtlich zunächst davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG in Person beider Kläger vorliegen. Die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer sind daher in eingeschränktem Umfang als Werbungskosten bei ihren jeweiligen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG). Dabei kann der jeweilige Höchstbetrag von beiden Klägern in Anspruch genommen werden.
Das in Rede stehende Zimmer im Dachgeschoss des Hauses der Kläger ist nach den Feststellungen des FG ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG. Weder dem Kläger noch der Klägerin stand als Lehrer und Lehrerin ein anderer Arbeitsplatz für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung (s.a. Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 VI R 150/01, BFHE 204, 204; BMF-Schreiben vom 2. März 2011, BStBl I 2011, 195, Tz. 17).
3. Nutzen mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, kann jeder der Nutzenden seine Kosten einkünftemindernd geltend machen, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG in seiner Person vorliegen (gl.A. u.a. Paul in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 4 EStG Rz 1563; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 849; Schmidt/Drenseck, EStG, 28. Aufl., § 19 Rz 60, Stichwort Arbeitszimmer; BMF-Schreiben vom 7. Januar 2004, BStBl I 2004, 143, Tz. 14).
a) Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG (a.A. noch Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775, und vom 23. September 2009 IV R 21/08, BFHE 227, 31, BStBl II 2010, 337; i.E. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 195, Tz. 21). Die Abzugsverbote in § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG knüpfen an die Betriebsausgaben des einzelnen Steuerpflichtigen an, dessen Gewinn sie nicht mindern dürfen. Betriebsausgaben, d.h. durch den Betrieb veranlasste Aufwendungen (§ 4 Abs. 4 EStG), sind unmittelbare Besteuerungsgrundlage bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Diese Vorschrift stellt ausdrücklich auf den Gewinn des Steuerpflichtigen ab, den dieser als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen kann. Daraus ergibt sich, dass für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sowohl in Bezug auf die Betriebseinnahmen als auch hinsichtlich der Betriebsausgaben diejenigen des jeweiligen Steuerpflichtigen maßgebend sind. Bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) und bei der Ermittlung des Überschusses der Einnahmen (§ 8 EStG) über die Werbungskosten (§ 9 EStG) ist im Ergebnis das gleiche der Fall. Hinsichtlich der Betriebsausgaben, die den Gewinn gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG nicht mindern dürfen, ist notwendigerweise ebenfalls personenbezogen auf die Betriebsausgaben des einzelnen Steuerpflichtigen abzustellen und nicht auf das Objekt der Abzugsbeschränkung, sei es nun ein häusliches Arbeitszimmer, eine Jagd oder eine Segelyacht. Dies bringt der Gesetzgeber in verschiedenen Vorschriften nochmals besonders zum Ausdruck, z.B. in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3, Nr. 5, Nr. 6 und Nr. 7 EStG. Bei der sinngemäßen Anwendung der Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG gilt nichts anderes.
Soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG das Vorhandensein von "Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer" voraussetzt, kann daraus nicht geschlossen werden, dass trotz Individualbesteuerung nicht an die Aufwendungen des einzelnen Steuerpflichtigen angeknüpft werden soll. Die Verwendung des Wortes "ein" in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG ist nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel zu verstehen. Wenn der Gesetzgeber die Aufwendungen "für ein häusliches Arbeitszimmer" durch § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG der Höhe nach begrenzt, ist damit lediglich der Fall erfasst, dass ein solches häusliches Arbeitszimmer vorliegt, aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Grundsatz der Individualbesteuerung in Bezug auf das häusliche Arbeitszimmer aufgegeben sein soll. Die Objektbezogenheit der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG betrifft damit nur die Frage, ob (überhaupt) ein häusliches Arbeitszimmer vorhanden ist. Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu. Auch an anderen Stellen des Gesetzes verwendet der Gesetzgeber mitunter den unbestimmten Artikel, ohne damit zum Ausdruck zu bringen, dass die steuerrechtliche Berücksichtigung dieses Sachverhaltes tatsächlich auf einen einzigen Gegenstand oder einen einzigen Vorgang begrenzt sein soll (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6a EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013, BGBl I 2013, 285: "die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung"; § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG: "die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs"; § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b EStG: "ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft"; § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. c EStG: "ein Wirtschaftsgut"; § 6 Abs. 3 EStG: "ein Betrieb, ein Teilbetrieb"). Selbst wenn man aber das Wort "ein" in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG als Zahlwort verstehen wollte, wäre hierdurch der Grundsatz der Individualbesteuerung nicht in Frage gestellt. Denn daraus ließe sich allenfalls schließen, dass ein Steuerpflichtiger lediglich Aufwendungen für "ein", aber nicht für mehrere Arbeitszimmer geltend machen könnte.
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG knüpft auch im Übrigen an personenbezogene Umstände an. Sowohl das Merkmal "Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung" in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG als auch die Frage, ob "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht" (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG), ist auf den jeweiligen Steuerpflichtigen bezogen (Schmidt/Drenseck, a.a.O.; Wagner, EFG 2012, 1999). Daraus folgt, dass der Gesetzgeber mit der Begrenzung "der abziehbaren Aufwendungen" auf 1.250 € in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG nur die Aufwendungen des (jeweiligen) Steuerpflichtigen "für ein häusliches Arbeitszimmer" gemeint haben kann.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes gibt es keine Grundlage dafür, den Abzugsbetrag von 1.250 € für den Steuerpflichtigen (anteilig) zu kürzen, weil auch ein anderer Steuerpflichtiger das Arbeitszimmer ausschließlich für eine betriebliche oder berufliche Tätigkeit nutzt. Eine Aufteilung des Abzugsbetrags auf mehrere Steuerpflichtige bei gemeinsamer Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers sieht das Gesetz gerade nicht vor. Dem Gesetzeswortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass dem Steuerpflichtigen der Abzugsbetrag von 1.250 € nur bei alleiniger Nutzung des Arbeitszimmers in voller Höhe zustehen soll.
b) Für diese Auslegung der Abzugsbeschränkung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG spricht des Weiteren die Systematik des Gesetzes.
aa) Steuersubjekt ist der einzelne Steuerpflichtige. Insoweit gilt die Grundnorm des § 2 Abs. 1 EStG, wonach der Einkommensteuer die Einkünfte unterliegen, die der Steuerpflichtige erzielt. Dem einzelnen Steuerpflichtigen werden die Einkünfte zugerechnet. Dies gilt auch für die Bemessungsfaktoren der Einkünfte, nämlich sowohl für die Erwerbseinnahmen als auch für die Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben und Werbungskosten). Deshalb sind dem Steuerpflichtigen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 8 EStG nur solche Einnahmen zuzurechnen, die seine persönliche Leistungsfähigkeit erhöhen, und solche Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen, die seine persönliche Leistungsfähigkeit mindern (BFH-Urteil vom 25. Juni 2008 X R 36/05, BFHE 222, 373, m.w.N.; HHR/Kreft, § 9 EStG Rz 40, m.w.N.).
Dieser Grundsatz der Individualbesteuerung gilt auch im Rahmen der Zusammenveranlagung von Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28. August 1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, Rz 57, m.w.N.). Denn auch im Falle der Zusammenveranlagung erwirtschaftet jeder Ehegatte für sich seine Erwerbseinnahmen und es trägt auch jeder Ehegatte für sich seine Erwerbsaufwendungen. Dementsprechend kann auch bei zusammen veranlagten Ehegatten nicht der eine Ehegatte die Erwerbsaufwendungen, die der andere Ehegatte getragen hat, selbst einkünftemindernd geltend machen. Denn auch hier gilt der zum Drittaufwand entwickelte Grundsatz (BFH-Beschluss in BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778), dass der Aufwand eines Dritten ohne eigene Kostenbeteiligung nicht zum eigenen Werbungskostenabzug berechtigt.
Auf dieser Grundlage ist es folgerichtig, wenn bei verschiedenen Steuerpflichtigen einschließlich Ehegatten die betragsmäßige Begrenzung des Aufwands des einen nicht zulasten des anderen wirkt. Dem entspricht es, den Höchstbetrag in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG personenbezogen zu verstehen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Berücksichtigung von Kosten für ein beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer eine Ausnahme von der Individualbesteuerung gemacht werden soll.
bb) Die Gewährung des auf den Höchstbetrag von 1.250 € begrenzten Abzugs der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer je Steuerpflichtigen begründet auch keine systemwidrige, ungerechtfertigte Besserstellung der Steuerpflichtigen, die ein Arbeitszimmer gemeinsam ausschließlich betrieblich oder beruflich nutzen. Denn der Abzug der Aufwendungen setzt bei jedem der betreffenden Steuerpflichtigen voraus, dass er die Erwerbsaufwendungen, die er einkünftemindernd geltend macht, selbst getragen hat.
cc) Der Ansatz des Höchstbetrags von 1.250 € je Steuerpflichtigem führt in systematischer Hinsicht auch nicht dazu, dass die Differenzierung zwischen den Abzugsmöglichkeiten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG aufgehoben wird oder ins Leere läuft. Denn bezogen auf den individuell zu besteuernden Steuerpflichtigen kann von einer Verdoppelung des Abzugsbetrags nicht die Rede sein (zur Zuordnung der Kosten für ein von Ehegatten ‑‑betrieblich‑‑ genutztes häusliches Arbeitszimmer s. BFH-Urteil in BFHE 227, 31, BStBl II 2010, 337).
c) Die subjektbezogene Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG wird ferner dem Sinn und Zweck des Gesetzes gerecht.
Der Gesetzgeber legt der Einkommensteuer das sog. Nettoprinzip (§ 2 Abs. 2 EStG) zugrunde, nach dem nur das Nettoeinkommen, also die Erwerbseinnahmen abzüglich der Erwerbsaufwendungen und der existenzsichernden Aufwendungen, besteuert wird. Mit der Begrenzung des Abzugs der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auf 1.250 € für den Fall, dass dem Steuerpflichtigen "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht", beabsichtigte der Gesetzgeber erkennbar keinen grundsätzlichen Systemwechsel und keine grundlegende Abkehr von dem in § 2 Abs. 2 EStG normierten objektiven Nettoprinzip. Diesem Prinzip entspricht die personenbezogene Auslegung der Abzugsbeschränkung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG aber besser als ein objektbezogenes Normverständnis. Sie greift weniger in das objektive Nettoprinzip ein. Den mit der Beschränkung auf den Abzug nur eines Höchstbetrags verbundenen (weiteren) Ausschluss grundsätzlich abziehbarer Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer hat der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG weder ‑‑wie oben bereits dargelegt‑‑ dem Gesetzeswortlaut nach geregelt noch hat er eine solche weitere Beschränkung des objektiven Nettoprinzips beabsichtigt.
d) Die historische Auslegung des Gesetzes führt zu keinem anderen Ergebnis. Mit der Begrenzung der Aufwendungen auf 1.250 € sollte nach den Gesetzesmaterialien der typischerweise entstehende Aufwand für ein häusliches Arbeitszimmer mit einer Durchschnittsgröße von 12 qm bis 14 qm unter Bezugnahme auf die statistisch berechnete bundeseinheitliche Monats-Bruttowarmmiete je Quadratmeter berücksichtigt werden (BTDrucks 17/3549, 15). Zur Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige schweigen die Gesetzesmaterialien.
e) Die vorgenannte Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG steht schließlich auch mit der Rechtsprechung des Großen Senats des BFH in Einklang, nach der der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Denn die ausschließlich betriebliche/berufliche Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers durch zwei Steuerpflichtige ist keine gemischte betriebliche/berufliche und private Nutzung (ebenso Heger, Der Betrieb 2016, 249, 251). Sie ist mit einer solchen auch nicht vergleichbar. Die betriebliche/berufliche Mitbenutzung des Arbeitszimmers durch einen anderen Steuerpflichtigen stellt in Bezug auf den Steuerpflichtigen, der den Abzug der Erwerbsaufwendungen für das Arbeitszimmer geltend macht, keine Privatnutzung dar.
f) Bei Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige darf danach jeder Nutzende die Aufwendungen, die er getragen hat, unter Berücksichtigung des Höchstbetrags von 1.250 € abziehen, sofern die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG in seiner Person vorliegen. Dies setzt wegen des Erfordernisses der (nahezu ausschließlich) betrieblichen/beruflichen Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers insbesondere auch voraus, dass dem jeweiligen Steuerpflichtigen in dem Arbeitszimmer ein Arbeitsplatz in einer Weise zur Verfügung steht, dass er ihn für seine betriebliche/berufliche Tätigkeit in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann (s. Senatsurteil vom 26. Februar 2014 VI R 37/13, BFHE 245, 22, BStBl II 2014, 570, zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein anderer Arbeitsplatz vorliegt). Nutzen Eheleute bei hälftigem Miteigentum ein häusliches Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Kosten jedem Ehepartner grundsätzlich zur Hälfte zuzuordnen. Sind für beide die Voraussetzungen für den begrenzten Abzug gegeben, steht jedem der Abzug in Höhe von maximal 1.250 € zu (Schmidt/Drenseck, a.a.O.).
4. Der IV. Senat des BFH, von dessen Urteilen in BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775 und in BFHE 227, 31, BStBl II 2010, 337 der erkennende Senat mit dieser Entscheidung abweicht, hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner mit den vorgenannten Urteilen vertretenen Auffassung, der Höchstbetrag nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG für ein häusliches Arbeitszimmer könne nur einmal gewährt werden, nicht mehr uneingeschränkt festhält. Der IV. Senat ist nunmehr ‑‑ebenso wie der erkennende Senat‑‑ der Auffassung, dass der Höchstbetrag jedem Steuerpflichtigen zusteht, der die persönlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG erfüllt, Aufwendungen für das Arbeitszimmer trägt und darin einen eigenen Arbeitsplatz hat.
5. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif.
Das FG hat ‑‑nach seiner Auffassung zu Recht‑‑ keine Feststellungen dazu getroffen, ob beiden Klägern in dem häuslichen Arbeitszimmer ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Das FG hat auch zur beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers durch die Klägerin im Streitjahr 2008 keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Klägerin war nach der Geburt ihres Kindes in diesem Streitjahr zumindest nicht mehr ganzjährig als Lehrerin tätig. Der Abzug der auf die Klägerin entfallenden Kosten für das Arbeitszimmer, die auf diesen Zeitraum entfallen, kommt daher nur nach den Regeln vorweggenommener Werbungskosten in Betracht (Senatsurteil vom 2. Dezember 2005 VI R 63/03, BFHE 212, 118, BStBl II 2006, 329; HHR/Paul, § 4 EStG Rz 1565). Das FG hat die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.