ECLI:DE:BFH:2016:U.161116.IIR29.13.0
BFH II. Senat
ErbStG § 33 Abs 1, AO § 125 Abs 2 Nr 3, AO § 125 Abs 2 Nr 4, KredWG § 24c, GG Art 1 Abs 1, GG Art 2 Abs 1, GG Art 19 Abs 4, GG Art 20 Abs 3, GG Art 25, GG Art 100 Abs 2, AEUV Art 21, AEUV Art 45, AEUV Art 49, AEUV Art 54, MRK Art 6, DBA AUT , GG Art 3 Abs 1, FGO § 119 Nr 3, FGO § 96 Abs 2, GG Art 103 Abs 1
vorgehend FG München, 24. July 2012, Az: 4 K 2675/09
Leitsätze
1. Ein inländisches Kreditinstitut ist verpflichtet, in die Anzeigen nach § 33 Abs. 1 ErbStG auch Vermögensgegenstände einzubeziehen, die von einer unselbständigen Zweigniederlassung im Ausland verwahrt oder verwaltet werden, selbst wenn dort ein strafbewehrtes Bankgeheimnis zu beachten ist.
2. Die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG ist, soweit sie sich auf Vermögensgegenstände bei einer unselbständigen Zweigniederlassung in einem EU-Mitgliedstaat erstreckt, mit Unionsrecht vereinbar.
3. Die einem inländischen Kreditinstitut obliegende Anzeigepflicht i.S. des § 33 Abs. 1 ErbStG verletzt nicht die territoriale Souveränität des ausländischen Staates, in dem sich die Zweigstelle befindet. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 2 GG zur Klärung völkerrechtlicher Fragen ist insoweit nicht geboten.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 25. Juli 2012 4 K 2675/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie betreibt in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ein Kreditinstitut mit einer Vielzahl von Zweigstellen. Eine der rechtlich unselbständigen Zweigstellen (nachfolgend Zweigstelle A) befand sich in der Republik Österreich (Österreich).
Für die bei der Zweigstelle A geführten Konten erstattete die Klägerin beim Tod eines Kontoinhabers keine Anzeige nach § 33 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) über die dort in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände und die gegen sie gerichteten Forderungen an das für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt.
Die Steuerfahndungsstelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) forderte die Klägerin mit Schreiben vom 25. September 2008 unter Hinweis auf § 33 Abs. 1 ErbStG und § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) auf, ab dem 1. Januar 2001 alle von der Zweigstelle A verwalteten Vermögensgegenstände und Forderungen, die bei dem Tod eines inländischen Erblassers zu dessen Vermögen gehörten oder über die dem Erblasser zur Zeit seines Todes die Verfügungsmacht zustand, in der nach § 1 der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung vorgesehenen Form bis zum 30. Januar 2009 dem jeweils für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 2224 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung rechtlichen Gehörs sowie Verstöße gegen
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Unionsrecht (Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ‑‑AEUV‑‑, Recht auf Freizügigkeit gemäß Art. 21 Abs. 1 und Art. 45 AEUV),
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Verfassungsrecht (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes ‑‑GG‑‑, Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG),
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Völkerrecht (Prinzip der territorialen Souveränität),
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das Doppelbesteuerungsabkommen vom 24. August 2000 zwischen Deutschland und Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Österreich), geändert durch das Gesetz zu dem Protokoll vom 29. Dezember 2010 (BGBl II 2011, 1209) und am 1. März 2012 in Kraft getreten (BGBl II 2012, 146),
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§ 33 Abs. 1 ErbStG, § 125 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 AO,
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das Prinzip der Verhältnismäßigkeit (unauflösbare Pflichtenkollision) und
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Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK).
Der Senat hat mit Beschluss vom 1. Oktober 2014 II R 29/13 (BFHE 246, 527, BStBl II 2015, 232) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) dem § 33 Abs. 1 ErbStG entgegensteht, nach dem ein Kreditinstitut mit Sitz im Inland beim Tod eines inländischen Erblassers auch dessen Vermögensgegenstände, die bei einer unselbständigen Zweigstelle des Kreditinstituts in einem anderen Mitgliedstaat verwahrt oder verwaltet werden, dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer im Inland zuständigen Finanzamt anzuzeigen hat, wenn in dem anderen Mitgliedstaat keine vergleichbare Anzeigepflicht besteht und Kreditinstitute dort einem strafbewehrten Bankgeheimnis unterliegen. Der EuGH hat mit Urteil Sparkasse Allgäu vom 14. April 2016 C-522/14 (EU:C:2016:253) die Frage verneint.
Nach Ergehen des EuGH-Urteils Sparkasse Allgäu (EU:C:2016:253) hat die Klägerin vorgetragen, dass es zweifelhaft sei, ob die Entscheidung überhaupt Auskunftsbegehren nach § 33 Abs. 1 ErbStG vor dem 1. März 2012 erfasse.
Weiter regt die Klägerin an, das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 2 i.V.m. Art. 25 GG mit der Frage zu befassen, ob die Rechtsgeltungserstreckung des § 33 ErbStG auf österreichisches Staatsgebiet und eine administrative Konkretisierung der aus § 33 ErbStG folgenden Anzeigepflichten, wenn deren Erfüllung in Österreich Gesetze respektive Strafgesetze verletzt, den Staat Österreich in seiner souveränen Territorialhoheit beeinträchtigt und damit gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts verstößt.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Bescheid vom 25. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2009 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zutreffend erkannt, dass die an die Klägerin gerichtete Aufforderung vom 25. September 2008, die von der Zweigstelle A verwalteten Vermögensgegenstände und Forderungen eines inländischen Erblassers bei dessen Tod ab dem 1. Januar 2001 anzuzeigen, rechtmäßig ist. Ein inländisches Kreditinstitut ist verpflichtet, in die Anzeigen nach § 33 Abs. 1 ErbStG auch Vermögensgegenstände einzubeziehen, die von einer unselbständigen Zweigniederlassung im Ausland verwahrt oder verwaltet werden, selbst wenn dort ein strafbewehrtes Bankgeheimnis zu beachten ist. Eine Anrufung des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 2 GG zur Klärung völkerrechtlicher Fragen ist insoweit nicht geboten.
1. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 ErbStG hat jemand, der sich geschäftsmäßig mit der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befasst, diejenigen in seinem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände und diejenigen gegen ihn gerichteten Forderungen, die beim Tod eines Erblassers zu dessen Vermögen gehörten oder über die dem Erblasser zur Zeit seines Todes die Verfügungsmacht zustand, dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt anzuzeigen.
a) Der Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG unterliegen inländische Kreditinstitute, die sich geschäftsmäßig mit der Verwahrung und Verwaltung fremden Vermögens befassen. Dabei sind in die Anzeigen auch Vermögensgegenstände einzubeziehen, die von einer (rechtlich unselbständigen) Zweigniederlassung im Ausland verwahrt oder verwaltet werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 31. Mai 2006 II R 66/04, BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49).
b) Nach dem Sinn und Zweck des § 33 Abs. 1 ErbStG soll die Anzeige der geschäftsmäßig tätigen Vermögensverwahrer und Vermögensverwalter dazu beitragen, das Finanzamt über das Vorliegen eines Erwerbsvorgangs zu unterrichten und damit die möglichst vollständige Erfassung aller Erwerbe von Todes wegen sicherzustellen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, m.w.N.). Die Anzeige der dem Erblasser gehörenden Vermögensgegenstände ermöglicht dem Finanzamt die Prüfung, ob ein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb von Todes wegen vorliegt und wen es im Einzelfall nach § 31 ErbStG zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung aufzufordern hat. Nach Eingang der Erbschaftsteuererklärung kann überprüft werden, ob der Erwerb in Bezug auf die angezeigten Vermögensgegenstände vollumfänglich erklärt worden ist. Die Herausnahme der Auslandsniederlassungen aus der Anzeigepflicht würde die Erreichung dieses Zwecks insoweit gefährden. Inländer könnten erwägen, über ein inländisches Kreditinstitut und dessen Zweigstelle im Ausland die Festsetzung von Erbschaftsteuer zu vermeiden.
c) Darüber hinaus dient die Anzeige auch weiteren Kontrollzwecken. Die für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzämter erstellen aufgrund der Anzeigen Kontrollmitteilungen an die für die Besteuerung des Erblassers und des Erwerbers zuständigen Finanzämter (vgl. gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 21. September 2001, BStBl I 2001, 665; vom 18. Juni 2003, BStBl I 2003, 392; vom 12. März 2015, BStBl I 2015, 225). Diese auf den Anzeigen beruhenden Kontrollmitteilungen sichern eine effektive Besteuerung und dienen damit zugleich dem sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (BFH-Urteil in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, unter Hinweis auf das Urteil des BVerfG vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56). Die verfassungsrechtlich zu gewährleistende steuerliche Belastungsgleichheit ist ein Allgemeingut von herausgehobener Bedeutung (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 2013 II R 15/12, BFHE 241, 211, BStBl II 2014, 225, Rz 34, m.w.N.).
Aufgrund der erhaltenen Informationen können die Finanzbehörden überprüfen, ob die Angaben der Steuerpflichtigen zu ihren Einkünften stimmen können (vgl. Jochum in Wilms/Jochum, ErbStG, § 33 Rz 5; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 33 Rz 1; Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 33 ErbStG Rz 1; Kapp/Ebeling, § 33 ErbStG Rz 3). Das für den Erblasser zuständige Wohnsitzfinanzamt kann überprüfen, ob die Angaben des Erblassers zu seinen bis zum Ableben erzielten Einkünften richtig sein können und deshalb die Einkünfte zutreffend erfasst wurden. Das für den Erwerber zuständige Wohnsitzfinanzamt kann überprüfen, ob die Einkünfte aus dem erworbenen Vermögen in den Steuererklärungen angegeben werden.
d) Die Klägerin ist ein Kreditinstitut, das geschäftsmäßig Vermögen verwahrt und verwaltet. Sie unterliegt damit der Anzeigepflicht des § 33 Abs. 1 ErbStG. In die Anzeigen sind die bei der ausländischen Zweigniederlassung A geführten Konten und Depots einzubeziehen.
Das FA hat in der Aufforderung vom 25. September 2008 die Anzeigepflicht der Klägerin in Bezug auf die Zweigniederlassung A auf inländische Erblasser beschränkt. Diese Beschränkung ist zulässig (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, unter II.2.c aa). Zu den inländischen Erblassern gehören vor allem Personen, die in Deutschland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG). Die Beschränkung auf inländische Erblasser hat zur Folge, dass Kunden der Klägerin, die keine Inländer sind und deren Konten und Depots bei der Zweigstelle A geführt wurden, nicht von der Anzeigepflicht betroffen sind.
2. Die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG ist mit Unionsrecht vereinbar, selbst wenn sie eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) eröffnete Zweigstelle eines inländischen Kreditinstituts umfasst.
a) § 33 Abs. 1 ErbStG verletzt nicht das Niederlassungsrecht nach Art. 49 AEUV.
aa) Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind verboten (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 AEUV). Das gleiche gilt gemäß Art. 49 Abs. 1 Satz 2 AEUV für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.
Für die Anwendung der Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit stehen nach Art. 54 AEUV die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind. Als Gesellschaften gelten auch juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen (Art. 54 Abs. 2 AEUV). Für Gesellschaften ist mit der Niederlassungsfreiheit das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in anderen Mitgliedstaaten durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben (vgl. EuGH-Urteil Texdata Software vom 26. September 2013 C-418/11, EU:C:2013:588, Rz 63, und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der Klägerin steht als Anstalt des öffentlichen Rechts, die Erwerbszwecke verfolgt, das Recht auf Ausübung ihrer Tätigkeit in einer unselbständigen Zweigstelle in Österreich zu.
bb) Die der Klägerin auch für die Zweigstelle in Österreich obliegende Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG bewirkt keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV (EuGH-Urteil Sparkasse Allgäu, EU:C:2016:253).
Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der Kreditinstitute mit Sitz in diesem Mitgliedstaat den nationalen Behörden Vermögensgegenstände, die bei ihren unselbständigen Zweigstellen in einem anderen Mitgliedstaat verwahrt oder verwaltet werden, im Fall des Ablebens des Eigentümers dieser Vermögensgegenstände, der im erstgenannten Mitgliedstaat Steuerinländer war, anzeigen müssen, wenn im zweitgenannten Mitgliedstaat keine vergleichbare Anzeigepflicht besteht und Kreditinstitute dort einem strafbewehrten Bankgeheimnis unterliegen (EuGH-Urteil Sparkasse Allgäu, EU:C:2016:253).
Zur Begründung hat der EuGH ausgeführt, dass es den Mitgliedstaaten beim Stand des Unionsrechts zu der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit in Ermangelung von Harmonisierungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Informationsaustauschs zu Steuerkontrollzwecken frei gestanden habe, den inländischen Kreditinstituten, was deren im Ausland tätige Zweigniederlassungen betrifft, eine Pflicht wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen sichergestellt werden solle, aufzuerlegen, sofern nicht die Geschäfte dieser Zweigniederlassungen gegenüber den Geschäften der inländischen Zweigniederlassungen einer diskriminierenden Behandlung unterzogen werden (EuGH-Urteil Sparkasse Allgäu, EU:C:2016:253, Rz 29). Der bloße Umstand, dass das österreichische Recht eine Anzeigepflicht wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht kenne, könne nicht zum Ausschluss der Möglichkeit für Deutschland führen, eine solche Pflicht zu normieren. Die Niederlassungsfreiheit könne nicht dahin verstanden werden, dass ein Mitgliedstaat ver-pflichtet wäre, seine Steuervorschriften und im Besonderen ei-ne Anzeigepflicht wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehen-de auf die Steuervorschriften eines anderen Mitgliedstaats ab-zustimmen, um in allen Situationen zu gewährleisten, dass jede Diskrepanz, die sich aus den nationalen Regelungen ergebe, be-seitigt werde (EuGH-Urteil Sparkasse Allgäu, EU:C:2016:253, Rz 31).
Insbesondere könne nach deutschem Recht die Beachtung des Bankgeheimnisses nicht dem Erfordernis vorgehen, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen sicherzustellen, so dass § 33 Abs. 1 ErbStG in Bezug auf den von ihm geregelten Tatbestand eine Pflicht aufstelle, Informationen ohne Zustimmung des Inhabers des betreffenden Kontos an die Steuerbehörden zu übermitteln (EuGH-Urteil Sparkasse Allgäu, EU:C:2016:253, Rz 26). Im österreichischen Recht sei demgegenüber mit § 38 des österreichischen Bankwesengesetzes (BWG Österreich) die umgekehrte Wahl getroffen worden, indem das Bankgeheimnis grundsätzlich gegenüber allen, auch den Steuerbehörden, zu beachten sei.
Aus der Begründung der Entscheidung ist ersichtlich, dass der EuGH die im Streitfall bestehende Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG nicht als (verbotene) Beschränkung des Niederlassungsrechts ansieht. Rechtfertigungsgründe sind deshalb nicht zu prüfen.
cc) Die im Streitfall ergangene Entscheidung des EuGH betrifft ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ das streitige, die Zeit vor dem 1. März 2012 betreffende Auskunftsbegehren.
Der EuGH hat die Auferlegung der Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG beim Stand des Unionsrechts zu der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit ausdrücklich gebilligt (EuGH-Urteil Sparkasse Allgäu, EU:C:2016:253, Rz 29).
Die Anzeigepflicht wird nicht durch das DBA Österreich in der am 1. März 2012 in Kraft getretenen Fassung berührt. Der Austausch von Informationen auf dem Gebiet der Steuern nach Art. 26 DBA Österreich n.F. ist erst auf die Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2011 beginnen (Art. III Abs. 2 des Protokolls vom 29. Dezember 2010, BGBl II 2011, 1210). Das DBA Österreich n.F. erfasst deshalb schon in zeitlicher Hinsicht nicht die im Streit stehende Aufforderung vom 25. September 2008. Die Aufforderung betrifft den Zeitraum ab dem 1. Januar 2001 bis zum 30. Januar 2009. Die Aufforderung enthält keine Hinweise, dass sie sich auch auf die Zeit nach dem 30. Januar 2009 erstreckt. Zugunsten der Klägerin ist deshalb davon auszugehen, dass die vom FA bis zum 30. Januar 2009 gesetzte Anzeigefrist zugleich das Ende des Zeitraums bestimmt, für den die Anzeige aufgrund der Anforderung zu erstatten war.
Aus diesem Grund kommt es nicht mehr darauf an, ob das DBA Österreich n.F. auf die Erbschaftsteuer überhaupt anwendbar ist, obwohl seit dem 1. August 2008 in Österreich keine Erbschaftsteuer mehr erhoben wird und das frühere Abkommen zwischen Deutschland und Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern vom 4. Oktober 1954 (BGBl II 1955, 756) mit Wirkung zum 1. Januar 2008 gekündigt wurde (BGBl II 2007, 1684).
b) Der Klägerin steht nicht das Recht der Unionsbürger auf Freizügigkeit (Art. 21 Abs. 1 und Art. 45 AEUV) zu.
aa) Gemäß Art. 21 Abs. 1 AEUV hat jeder Unionsbürger das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt (Art. 20 Abs. 1 Satz 2 AEUV). Unionsbürger können also nur natürliche Personen sein. Die Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV ist ‑‑anders als die Niederlassungsfreiheit (vgl. Art. 54 AEUV)‑‑ nicht auf Gesellschaften und juristische Personen des öffentlichen Rechts erstreckt worden.
bb) Innerhalb der Union ist zudem die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet (Art. 45 Abs. 1 AEUV). Die Freizügigkeit gibt den Arbeitnehmern u.a. das Recht, sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben (Art. 45 Abs. 3 Buchst. c AEUV).
Art. 45 AEUV steht jeder Maßnahme entgegen, die, auch wenn sie ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gilt, geeignet ist, die Ausübung der vertraglich garantierten Grundfreiheiten durch die Unionsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (EuGH-Urteil Casteels vom 10. März 2011 C-379/09, EU:C:2011:131, Rz 22). Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sollen sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit den Unionsangehörigen die Ausübung beruflicher Tätigkeiten aller Art im gesamten Gebiet der EU erleichtern; sie stehen Maßnahmen entgegen, die die Unionsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen (EuGH-Urteil Kommission/Belgien vom 5. Februar 2015 C-317/14, EU:C:2015:63, Rz 22).
Auch hinsichtlich der Arbeitnehmer-Freizügigkeit (Art. 45 AEUV) fehlt es an einer Regelung, die eine Gleichstellung von Gesellschaften und juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Arbeitnehmern vorsieht.
cc) Die Klägerin kann sich als Anstalt des öffentlichen Rechts weder auf die Arbeitnehmer-Freizügigkeit nach Art. 45 AEUV noch auf die Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV berufen. Sie gehört weder zu den Arbeitnehmern i.S. von Art. 45 AEUV noch zu den Unionsbürgern i.S. von Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 AEUV. Die Grundfreiheiten Dritter, nämlich die Rechte der in der Zweigstelle A eingesetzten Arbeitnehmer oder der für die Klägerin handelnden Vorstandsmitglieder auf Freizügigkeit, kann sie nicht geltend machen. Sie wird vielmehr durch die Niederlassungsfreiheit geschützt. Aus diesem Grund kann offenbleiben, ob die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG dazu führen kann, die Freizügigkeit von Personen in unionsrechtswidriger Weise zu beeinträchtigen.
3. Die Einbeziehung der bei ausländischen Zweigniederlassungen verwahrten oder verwalteten Vermögenswerte in die Anzeige-pflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, unter II.1.b, m.w.N.). Grundrechte der Klägerin werden, soweit die Klägerin überhaupt grundrechtsfähig ist, nicht verletzt.
a) Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt öffentlich-rechtlichen Sparkassen auch außerhalb des Bereichs der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben der Schutz der materiellen Grundrechte nicht zu (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 14. April 1987 1 BvR 775/84, BVerfGE 75, 192, und vom 15. August 1994 2 BvR 1430/94, Neue Juristische Wochenschrift ‑‑NJW‑‑ 1995, 582). Materielle Grundrechte sind ihrem Wesen nach grundsätzlich nicht auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anwendbar (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG).
Die Einbeziehung juristischer Personen in den Schutzbereich materieller Grundrechte ist nur dann gerechtfertigt, wenn deren Bildung und Betätigung Ausdruck freier Entfaltung privater natürlicher Personen ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 21. Dezember 2009 1 BvR 2738/08, Deutsches Verwaltungsblatt 2010, 375, unter II.1.). Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist dies der Fall, soweit sie von den ihnen durch die Rechtsordnung übertragenen Aufgaben her unmittelbar einem bestimmten grundrechtlich geschützten Lebensbereich zugeordnet sind (vgl. BVerfG-Beschluss vom 23. März 1988 1 BvR 686/86, BVerfGE 78, 101), wie z.B. bei öffentlich-recht-lichen Rundfunkanstalten hinsichtlich des Grundrechts der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG-Beschluss vom 24. März 1987 1 BvR 147/86, 1 BvR 478/86, BVerfGE 74, 297, unter B.). Dagegen macht alleine der Umstand, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit wahrnimmt, sie nicht zur grund-rechtsgeschützten "Sachwalterin" des Einzelnen bei der Wahr-nehmung seiner Grundrechte. Verlässt die juristische Person des öffentlichen Rechts den Bereich der Wahrnehmung öffent-licher Aufgaben, so besteht noch weniger Grund, sie als "Sach-walterin" des privaten Einzelnen anzusehen (vgl. BVerfG-Be-schluss vom 8. Juli 1982 2 BvR 1187/80, BVerfGE 61, 82, unter B.I.1.b).
Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich allenfalls auf Verfahrensgrundrechte wie Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG, also das Recht auf den gesetzlichen Richter und den Anspruch auf rechtliches Gehör berufen (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 75, 192, unter II.3.).
b) Die Klägerin kann wegen der insoweit fehlenden Grundrechtsfähigkeit weder eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch der Menschenwürde (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) erfolgreich geltend machen. Der Klägerin ist diesbezüglich auch eine Berufung auf die Grundrechte der Sparkassenkunden verwehrt, weil sie als öffentlich-rechtliche Sparkasse nicht unmittelbar deren Verwirklichung dient (vgl. BVerfG-Beschluss in NJW 1995, 582). Entsprechendes gilt für die Grundrechte der für die Sparkasse tätigen Beamten und Arbeitnehmer, die nach Art. 12 Abs. 1 des Bayerischen Sparkassengesetzes vom Träger bestellt werden und dessen Beamte und Arbeitnehmer sind.
c) Die Erstreckung der Anzeigepflicht auf die bei der Zweigstelle in Österreich verwahrten und verwalteten Vermögensgegenstände verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass der weite Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 ErbStG für sie, ihre Organe und ihre Mitarbeiter unvorhersehbar gewesen sei. Sie musste sich vielmehr darauf einstellen, dass die Anzeigepflicht auch Konten und Depots bei der Zweigstelle in Österreich umfasst. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hatte die Spitzenverbände des Kreditgewerbes bereits mit Schreiben vom 13. Juni 2000 (Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2000, 2350) und vom 21. März 2001 (Finanz-Rundschau ‑‑FR‑‑ 2001, 712) darauf hingewiesen, dass die Anzeigepflicht der Banken und anderer Geldinstitute nach § 33 Abs. 1 ErbStG auch dann besteht, wenn eine inländische Bank für einen Erblasser Konten und Wertpapiergeschäfte über eine rechtlich unselbständige ausländische Niederlassung ab-wickelt. Den wiederholt gegen diese Rechtsauffassung vor-getragenen Bedenken der Banken ist die Finanzverwaltung nicht gefolgt. Es war daher bereits vor der Aufforderung vom 25. September 2008 an die Klägerin und vor Beginn des für die Anzeigen maßgeblichen Zeitraums (ab 1. Januar 2001) bekannt, dass die Finanzverwaltung von einer Erstreckung der Anzeige-pflicht auf ausländische Zweigstellen ausging. Das FG war des-halb nicht aus rechtsstaatlichen Gründen gehalten, der Rechts-auffassung der Klägerin zu folgen und dem in Österreich gel-tenden Bankgeheimnis (§ 38 Abs. 1 BWG Österreich) den Vorrang vor der in Deutschland normierten Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG einzuräumen.
d) Das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Prinzip der Einheit der Rechtsordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 15. Dezember 2015 2 BvL 1/12, NJW 2016, 1295) ist ebenfalls nicht verletzt. Dem steht nicht entgegen, dass die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG ausländische Zweigstellen inländischer Kreditinstitute erfasst, während sich der automatisierte Abruf von Kontoinformationen nach § 24c des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) nicht auf diese Zweigstellen erstrecken soll (vgl. Döser in Schwennicke/Auerbach, Kreditwesengesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 24c Rz 13, unter Hinweis auf ein Schreiben des Zentralen Kreditausschusses vom 18. Dezember 2002, Az. 453/R 1.6-Hc/Ri; Hahn/Rößler, Grenzüberschreitende Bankdienstleistungen in der EU, 2009, S. 37).
aa) Es kann dahinstehen, ob § 24c KWG für ausländische Zweigstellen inländischer Kreditinstitute gilt. Eine unterschiedliche Festlegung des sachlichen Anwendungsbereichs von § 33 Abs. 1 ErbStG einerseits und § 24c KWG andererseits ist jedenfalls schon deshalb gerechtfertigt, weil sich die Vorschriften sowohl hinsichtlich der Tatbestandsvoraussetzungen als auch hinsichtlich der damit verbundenen Ziele deutlich unterscheiden.
bb) § 24c KWG verpflichtet die Kreditinstitute, seit 1. April 2003 eine Datei mit bestimmten Informationen über die bei ihnen geführten Konten und Depots zum automatisierten Abruf zu führen. Zu speichern sind u.a. nach § 24c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG die Nummer eines Kontos, das der Verpflichtung zur Legitimationsprüfung i.S. des § 154 Abs. 2 Satz 1 AO unterliegt, oder eines Depots sowie der Tag der Errichtung und der Tag der Auflösung. Das Abrufverfahren sollte es der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erleichtern, die Geldwäsche, das illegale Schattenbankenwesen sowie das unerlaubte Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften zu bekämpfen und Transaktionen im Zahlungsverkehr im Zusammenhang mit Terroris-mus zu erkennen (BTDrucks 14/8017, S. 122).
cc) Demgegenüber stellt § 33 Abs. 1 ErbStG darauf ab, ob sich beim Tod eines Erblassers dessen Vermögensgegenstände im Gewahrsam von geschäftsmäßig tätigen Vermögensverwahrern oder Vermögensverwaltern befinden. Durch die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG soll die Erfassung erbschaftsteuerrechtlich relevanter Sachverhalte sichergestellt und eine Überprüfung einkommensteuerrechtlich relevanter Sachverhalte ermöglicht werden.
4. Die Einbeziehung ausländischer Zweigstellen inländischer Kreditinstitute in die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG verletzt nicht das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip.
a) Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 Satz 1 GG). Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes (Art. 25 Satz 2 GG).
b) Nach dem völkerrechtlich zu beachtenden Territorialitätsprinzip bezieht sich die Hoheitsgewalt eines Staates grundsätzlich auf das ihm zugehörige Territorium (Beschluss des Schleswig-Holsteinischen FG vom 17. September 2015 5 V 242/14, Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht 2015, 491; Rojahn, in: v. Münch/Kunig, GGK, 6. Aufl., 2012, Rz 35 zu Art. 25). Hoheitliches Handeln der Behörden des einen Staates im Hoheitsbereich eines anderen Staates sind ohne dessen Zustimmung regelmäßig völkerrechtswidrig (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, unter II.1.c bb, m.w.N.). Ist dagegen eine hoheitliche Maßnahme auf das inländische Staatsgebiet beschränkt, scheidet ein Verstoß gegen das Völkerrecht aus. Eine solche völkerrechtlich zulässige Konstellation liegt vor, wenn von einem inländischen Kreditinstitut Anzeigen über die bei einer ausländischen Zweigstelle geführten Konten und Depots inländischer Erblasser angefordert werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, unter II.1.c bb, m.w.N.).
Adressat der Aufforderung zur Erfüllung der Anzeigepflicht ist das inländische Kreditinstitut und nicht dessen ausländische Zweigstelle. Mit der Aufforderung an das inländische Kreditinstitut ist deshalb kein hoheitliches Handeln des Finanzamts auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates verbunden. Auch der Vollzug der Anzeigepflicht ist auf das inländische Staatsgebiet beschränkt, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ das inländische Kreditinstitut Zugriff auf die zur Erfüllung der Anzeigepflicht notwendigen Daten hat und damit die Anzeigen vom Inland aus erfolgen können.
c) Die einem inländischen Kreditinstitut obliegende Anzeigepflicht i.S. des § 33 Abs. 1 ErbStG verletzt unter diesen Voraussetzungen nicht die territoriale Souveränität des ausländischen Staates, in dem sich die Zweigstelle befindet, selbst wenn dort ein strafbewehrtes Bankgeheimnis zu beachten ist.
aa) Auswirkungen, die sich aus einem strafbewehrten Auskunftsverbot nach ausländischem Recht ergeben, muss ein Staat nicht gegen sich gelten lassen (vgl. BFH-Urteile vom 16. April 1980 I R 75/78, BFHE 133, 19, BStBl II 1981, 492, zu einer inländischen GmbH wegen Offenlegung der Verhältnisse ihrer Schweizer Muttergesellschaft entgegen Art. 273 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs; vom 16. April 1986 I R 32/84, BFHE 147, 14, BStBl II 1986, 736, zu einem inländischen Anteilseigner wegen Anforderung von Bilanzen und Erfolgsrechnungen einer schweizerischen AG entgegen Art. 273 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs, unter Hinweis auf United States of America v. Vetco Inc., U.S. Court of Appeals, 9th Circuit, 5-11-81, U.S. Tax Cases 81-1, Nr.9428, Commerce Clearing House, und in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, unter II.2.c bb).
bb) Ein im Ausland geltendes strafbewehrtes Bankgeheimnis steht der Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG insbesondere dann nicht entgegen, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ die ausländischen Vorschriften Befreiungen von der Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses vorsehen und dem inländischen Kreditinstitut damit unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit eröffnet wird, die Anzeigen nach § 33 Abs. 1 ErbStG ohne Verletzung des Bankgeheimnisses zu erfüllen. In einem solchen Fall scheidet eine Kollision der Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG mit dem nach ausländischem Recht ‑‑wie z.B. in Österreich gemäß § 9 Abs. 7, § 38 Abs. 1, § 101 Abs. 1 BWG Österreich‑‑ maßgeblichen strafbewehrten Bankgeheimnis von vornherein aus. Die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG berührt in keiner Weise die Hoheitsgewalt des ausländischen Staates. Das Kreditinstitut kann vielmehr selbst nach ausländischem Recht in zulässiger Weise Auskunft erteilen und so den sich aus dem Recht beider Staaten ergebenden Pflichten nachkommen.
Nach § 38 Abs. 2 Nr. 5 BWG Österreich ist mit ausdrücklicher und schriftlicher Zustimmung des Bankkunden die Offenbarung von Geheimnissen, die dem Kreditinstitut aufgrund der Geschäftsverbindung anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, möglich. Ein Kreditinstitut kann also generell mit Einverständnis des Bankkunden bei dessen Tod die für ihn verwahrten und verwalteten Vermögensgegenstände dem zuständigen Finanzamt mitteilen. Das gilt auch für nicht in Österreich ansässige Kreditinstitute mit Zweigstellen auf österreichischem Staatsgebiet.
d) Die Aufforderung an ein inländisches Kreditinstitut, Anzeigen nach § 33 Abs. 1 ErbStG vorzunehmen, ist unabhängig davon rechtmäßig, ob die Anzeigen auch nach dem Recht des ausländischen Staates, in dem sich die Zweigstelle befindet, im Einzelfall tatsächlich zulässig sind.
aa) Die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG entsteht trotz einer möglichen Pflichtenkollision, die sich daraus ergibt, dass das Kreditinstitut in Bezug auf seine ausländische Zweigniederlassung das dort geltende strafbewehrte Bankgeheimnis zu beachten hat, weil es insoweit nicht von seiner Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses befreit ist. Der deutsche Gesetzgeber hat die Anzeigepflicht durch § 33 Abs. 1 ErbStG auch auf Vermögenswerte bei einer ausländischen Zweigniederlassung erstreckt; damit werden etwaige Pflichtenkollisionen zu Lasten der Kreditinstitute in Kauf genommen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49, unter II.2.c bb).
bb) Einem inländischen Kreditinstitut war es zumutbar, die Eröffnung von Konten oder Depots oder deren Weiterführung in der österreichischen Zweigstelle davon abhängig zu machen, dass sich deren inländische Inhaber für den Fall ihres Ablebens mit der Auskunftserteilung nach § 33 Abs. 1 ErbStG einverstanden erklären. Dies gilt auch, wenn die Einholung der Zustimmung dazu geführt hätte, dass weniger Inländer ein Konto oder Depot bei der österreichischen Zweigstelle unterhalten hätten.
Zur Einholung einer entsprechenden Zustimmung der Bankkunden bestand vor allem deshalb Anlass, weil das BMF bereits mit Schreiben vom 13. Juni 2000 (DB 2000, 2350) und vom 21. März 2001 (FR 2001, 712) auf die Rechtsauffassung der Finanzverwal-tung zur Erstreckung der Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG auch auf die bei einer ausländischen Zweigstelle eines inländischen Kreditinstituts geführten Konten und Depots hin-gewiesen hatte. Hat eine Bank trotz der bekannten Rechtsauf-fassung der Finanzverwaltung keine Vorsorge dafür getroffen, die Anzeigepflicht ohne Verletzung des in Österreich geltenden Bankgeheimnisses erfüllen zu können, und keine Entbindung von der Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses bei den Kunden eingeholt, kann sie sich nicht darauf berufen, dass die Anzeigen nach § 33 Abs. 1 ErbStG in Österreich möglicherweise strafbar seien. Aus diesem Grund ist nicht entscheidungserheblich, ob die Anzeigen tatsächlich nach österreichischem Recht (§ 101 BWG Österreich) strafbar sind oder die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, weil § 101 BWG Österreich für die Strafbarkeit erfordert, dass Tatsachen des Bankgeheimnisses offenbart oder verwertet werden, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zu verschaffen oder um einem anderen einen Nachteil zuzufügen.
cc) Da mit der Anzeigepflicht des § 33 Abs. 1 ErbStG keine unauflösbare Pflichtenkollision der Klägerin verbunden war, verstößt die Aufforderung des FA vom 25. September 2008 auch nicht gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit.
e) Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 2 GG zur Klärung völkerrechtlicher Fragen ist somit nicht geboten.
aa) Gegenstand einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG sind die Fragen, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind über den Wortlaut hinaus auch Fragen statthaft, die sich nicht auf die Existenz, sondern nur auf die Tragweite einer Völkerrechtsregel beziehen; die Bedeutung, die Art. 25 GG den allgemeinen Regeln des Völkerrechts beimisst, fordert eine einheitliche Rechtsprechung auch über ihre Tragweite (vgl. BVerfG-Beschluss vom 30. Januar 2008 2 BvR 793/07, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht ‑‑NVwZ‑‑ 2008, 878, unter C.I.2.a, m.w.N.). Das Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG kann auch der Auslegung und Konkretisierung allgemeiner Regeln des Völkerrechts mit ihrer regelmäßig geringen Regelungsdichte dienen. Dabei behält das Verifikationsverfahren allerdings den Charakter einer Zwischenentscheidung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 30. Oktober 1962 2 BvM 1/60, BVerfGE 15, 25).
Die Anwendung einer allgemeinen Regel des Völkerrechts auf den konkreten Fall bleibt jedoch stets Aufgabe des Ausgangsgerichts (BVerfG-Beschluss in NVwZ 2008, 878, unter C.I.2.a). Den Fachgerichten ist es nicht verwehrt, Völkerrecht auszulegen und anzuwenden, soweit es keine Zweifel an dem Bestehen oder der Tragweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts gibt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2011 2 BvR 2984/09, 2 BvR 3057/09, 2 BvR 1842/10, NJW 2012, 293, unter III.1.b aa (1)).
bb) Der Senat ist nicht der Anregung der Klägerin gefolgt, dem BVerfG im Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG die Frage zur Klärung vorzulegen, ob die Rechtsgeltungserstreckung des § 33 ErbStG auf österreichisches Staatsgebiet und eine administrative Konkretisierung der aus § 33 Abs. 1 ErbStG folgenden Anzeigepflichten, wenn deren Erfüllung in Österreich Gesetze respektive Strafgesetze verletzt, den Staat Österreich in seiner souveränen Territorialhoheit beeinträchtigt und damit gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts verstößt.
Diese Frage betrifft keine für die Entscheidung im Streitfall maßgebliche Rechtsfeststellung zur Tragweite des Territorialprinzips. Die Beantwortung der Frage soll im Grunde vielmehr dazu dienen, die Rechtsanwendung im Streitfall festzulegen. Die von der Klägerin behauptete Beeinträchtigung der Territorialhoheit besteht ‑‑wie unter II.4.b und c bereits ausgeführt‑‑ nicht. Soweit es ‑‑wie im Streitfall‑‑ möglicherweise zu einer Pflichtenkollision zwischen inländischer Anzeigepflicht und Wahrung des österreichischen Bankgeheimnisses kommen kann, beruht dies auf einem Verhalten des Kreditinstituts bzw. der für dieses handelnden Personen und damit auf den Umständen des Einzelfalls. Die für den Einzelfall zu treffende Entscheidung, ob das Kreditinstitut zur Anzeige nach § 33 Abs. 1 ErbStG verpflichtet ist, obwohl sich die verantwortlichen Personen dadurch unter Umständen der Gefahr einer Strafverfolgung in Österreich aussetzen, obliegt dem BFH.
5. Die Anzeigepflicht verstößt nicht gegen Art. 6 EMRK.
Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen Gericht in einem fairen Verfahren in angemessener Frist verhandelt wird.
Es kann dahinstehen, ob dieses Recht auch einer Anstalt des öffentlichen Rechts zusteht. Denn Art. 6 EMRK findet nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) als auch des BFH wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Besteuerung im Steuerprozess keine Anwendung (vgl. EGMR-Urteile vom 12. Juli 2001 44759/98, NJW 2002, 3453, und vom 13. Januar 2005 62023/00, Europäische Grundrechte-Zeitschrift 2005, 234; BFH-Urteile vom 15. Juli 2015 II R 31/14, BFH/NV 2015, 1697, Rz 10, und vom 27. April 2016 X R 1/15, BFHE 253, 306, BStBl II 2016, 840, Rz 31; BFH-Beschluss vom 1. März 2016 I B 32/15, BFH/NV 2016, 1141, Rz 10). Entsprechendes gilt, wenn die Steuerfahndungsstelle eines Finanzamts ein Kreditinstitut zur Anzeige nach § 33 Abs. 1 ErbStG auffordert. Insoweit liegt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung vor, die nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK fällt.
6. Die Aufforderung einer Finanzbehörde zur Erfüllung der Anzeigepflicht i.S. des § 33 Abs. 1 ErbStG ist nicht nach § 125 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 AO nichtig, selbst wenn sie die bei einer ausländischen Zweigstelle eines inländischen Kreditinstituts geführten Konten und Depots eines inländischen Erblassers betrifft und im Ausland ein strafbewehrtes Bankgeheimnis zu beachten ist.
a) Ein Verwaltungsakt, der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder der gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig (§ 125 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 AO). Die Nichtigkeitsfolge tritt ein, wenn das durch den Verwaltungsakt angeordnete Verhalten im Inland strafbar wäre. Eine mögliche Strafbarkeit der von einem inländischen Steuerpflichtigen angeforderten Auskunft nach ausländischem Recht führt dagegen nicht zur Nichtigkeit des Auskunftsverlangens. Der deutsche Gesetzgeber muss etwaige Auswirkungen eines nach ausländischen Vorschriften strafbewehrten Auskunftsverbots nicht berücksichtigen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 133, 19, BStBl II 1981, 492; in BFHE 147, 14, BStBl II 1986, 736; in BFHE 215, 520, BStBl II 2007, 49). Demzufolge ist die Aufforderung an ein inländisches Kreditinstitut, die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG zu erfüllen, rechtswirksam, selbst wenn durch die Erteilung der Auskunft möglicherweise strafbewehrte Vorschriften eines ausländischen Staates verletzt werden.
b) In der Aufforderung zur Erfüllung der Anzeigepflicht ist auch kein Verstoß gegen die guten Sitten zu sehen. Es stellt ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ keinen Machtmissbrauch dar, wenn ein Finanzamt zur Erfassung aller der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerbe von Todes wegen ein Kreditinstitut mit Sitz im Inland zur Erfüllung der ihm gesetzlich obliegenden Anzeigepflicht auffordert. Die Anzeigepflicht nach § 33 Abs. 1 ErbStG obliegt der Klägerin schon kraft Gesetzes.
7. Das Urteil des FG ist weder wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) noch wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG) aufzuheben.
a) Die fehlende Entscheidung des FG darüber, ob die Aufforderung zur Auskunftserteilung zwangsweise durchgesetzt werden kann, ist kein Verstoß gegen das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.
aa) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantiert den effektiven Zugang zum Gericht. Das Grundrecht gewährt einen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle in allen von der jeweiligen Prozessordnung zur Verfügung gestellten Instanzen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 23. Oktober 2013 2 BvR 1541/13). Diese Verfahrensgewährleistung beschränkt sich nicht auf die theoretische Möglichkeit, die Gerichte gegen Akte der öffentlichen Gewalt anzurufen; sie gibt dem Bürger darüber hinaus einen substantiellen Anspruch auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerfG-Beschluss vom 2. Dezember 1987 1 BvR 1291/85, BVerfGE 77, 275, unter C.I.). Art. 19 Abs. 4 GG verbietet zwar keineswegs die Errichtung jeder Schranke vor dem Zugang zum Gericht. Die dem Gesetzgeber obliegende normative Ausgestaltung des Rechtswegs muss aber das Ziel dieser Gewährleistung ‑‑den wirkungsvollen Rechtsschutz‑‑ verfolgen; sie muss im Hinblick darauf geeignet und angemessen sowie für den Rechtsuchenden zumutbar sein (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 77, 275, unter C.I.). Das muss auch der Richter bei der Auslegung dieser Normen beachten; er darf den Beteiligten den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 77, 275, unter C.I.).
bb) Die Vorentscheidung stellt die Klägerin ‑‑entgegen ihrer Auffassung‑‑ nicht rechtsschutzlos. Das FG hat über das Klagebegehren der Klägerin entschieden und die an sie ergangene Aufforderung vom 25. September 2008 als rechtmäßig beurteilt. Eine Entscheidung des FG darüber, ob die Aufforderung wegen des in Österreich geltenden Bankgeheimnisses im Hinblick auf das Territorialitätsprinzip zwangsweise durchgesetzt werden kann, war wegen § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht möglich. Nach dieser Vorschrift darf das FG nicht über das Klagebegehren hinausgehen. Klagegegenstand war die Rechtmäßigkeit und nicht der zwangsweise Vollzug der Aufforderung. Das FG hat deshalb zu Recht nicht über die zwangsweise Durchsetzung der Anzeigepflicht und deren Folgen entschieden (S. 15 des FG-Urteils). Dadurch wurde der Zugang der Klägerin zu den Gerichten in keiner Weise erschwert oder eingeschränkt.
b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet das Recht der Beteiligten, sich zur Sache zu äußern, und für das Gericht die Pflicht, entscheidungserhebliches Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Allerdings bedeutet die Gewährung rechtlichen Gehörs nicht, dass das Gericht sich den rechtlichen Ansichten des Klägers anschließen müsste. Vielmehr darf es Vorbringen der Beteiligten aus formellen und materiellen Gründen unbeachtet lassen (BFH-Urteil vom 7. Februar 2013 VIII R 8/10, BFH/NV 2013, 1096, Rz 16).
Die Vermutung des § 119 Nr. 3 FGO, nach der ein Urteil stets auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen ist, wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, gilt nicht, wenn der gerügte Verstoß ‑‑wie hier der Fall‑‑ nur einzelne Feststellungen bzw. rechtliche Gesichtspunkte betrifft, auf die es aus der Sicht des Revisionsgerichts unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ankommt (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Januar 2013 I R 1/12, BFH/NV 2013, 989, Rz 28).
Das FG musste nicht auf das Vorbringen der Klägerin eingehen, dass ein fortlaufender Verstoß gegen die nach deutschem Recht geltende Anzeigepflicht aufsichtsrechtliche Konsequenzen gemäß § 6 Abs. 3 KWG nach sich ziehen und den Haftungstatbestand des § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG auslösen könne. Dieser Vortrag ist für die Beurteilung der Frage, ob die Aufforderung des FA an die Klägerin zur Anzeige bestimmter Sachverhalte rechtmäßig ist, ohne Bedeutung. Denn er betrifft nur die Folgen der Aufforderung und nicht deren Voraussetzungen.
c) Das FG war auch nicht gehalten, das Vorbringen der Klägerin zu würdigen, wonach bei § 33 Abs. 1 ErbStG und § 24c KWG rechtlich vergleichbare Konstellationen vorlägen. Diese Verfahrensrüge hat mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls keinen Erfolg. Wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen und Zielsetzungen sind § 33 ErbStG und § 24c KWG ‑‑wie bereits ausgeführt‑‑ nicht derart vergleichbar, dass es geboten wäre, den sachlichen Anwendungsbereich der Normen in Bezug auf ausländische Zweigstellen inländischer Kreditinstitute in gleicher Weise festzulegen.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.