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Beschluss vom 08. Juni 2016, I B 143/15

Anforderung an die Darlegung einer Divergenz

BFH I. Senat

FGO § 115 Abs 2 Nr 2

vorgehend Hessisches Finanzgericht , 14. October 2015, Az: 9 K 2960/09

Leitsätze

1. NV: Zur Darlegung einer Divergenz ist es erforderlich, einen abstrakten tragenden Rechtssatz des angefochtenen FG-Urteils sowie einen tragenden abstrakten Rechtssatz einer genau bezeichneten divergierenden Entscheidung herauszuarbeiten und so gegenüberzustellen, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird. Darzulegen ist ferner, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind .

2. NV: Der Hinweis, dass die Vorinstanz die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wertpapierhandel zur Beurteilung der Goldgeschäfte als entsprechend anwendbar angesehen hat, während das FG Münster davon ausging, der Handel mit Goldbarren sei mit dem Wertpapierhandel nicht vergleichbar, genügt zur Darlegung der Divergenz nicht, wenn nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich ist, dass diese unterschiedliche Beurteilung tragend, also entscheidungserheblich gewesen ist .

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 15. Oktober 2015  9 K 2960/09 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

  1. I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) streiten mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) über die Berücksichtigung von Auslandsverlusten im Rahmen des Progressionsvorbehalts.

  2. Der Kläger gründete zusammen mit einer britischen Firma eine Personengesellschaft englischen Rechts (Partnership). Deren Zweck bestand darin, Gold und andere Vermögensgegenstände zu erwerben und zu veräußern. Ende des Streitjahres 2007 erwarb sie für mehr als 4 Mio. € Gold, das im Februar des Folgejahres wieder verkauft wurde. Später fanden weitere Geschäfte mit Gold und Wertpapieren statt. Seinen Gewinn aus der Partnership ermittelte der Kläger gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

  3. Der sich danach im Streitjahr ergebende Verlust war nach Ansicht der Kläger bei der Steuersatzermittlung (sogenannter negativer Progressionsvorbehalt) zu berücksichtigen. Das FA trat dem entgegen.

  4. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Hessische Finanzgericht (FG) vertrat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2015  9 K 2960/09 die Auffassung, dass die geschäftlichen Aktivitäten der Partnership den Rahmen privater Vermögensverwaltung nicht überschritten hätten. Da für private Veräußerungsgeschäfte i.S. des § 23 EStG Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe und Veräußerungen im Streitjahr noch nicht stattgefunden hätten, sei die Klage abzuweisen.

  5. Gegen die Nichtzulassung der Revision im angegriffenen Urteil richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Kläger haben den geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz nicht ordnungsgemäß dargelegt.

  2. 1. a) Zur Darlegung einer Divergenz (Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) ist es erforderlich, einen abstrakten tragenden Rechtssatz des angefochtenen FG-Urteils sowie einen tragenden abstrakten Rechtssatz einer genau bezeichneten divergierenden Entscheidung herauszuarbeiten und so gegenüberzustellen, dass die behauptete Abweichung erkennbar wird. Darzulegen ist ferner, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 30. September 2015 I B 85/14, BFH/NV 2016, 423, m.w.N.).

  3. b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt an der gebotenen Gegenüberstellung abstrakter tragender Rechtssätze. Weder aus der vermeintlichen Divergenzentscheidung des FG Münster (Urteil vom 11. Dezember 2013  6 K 3045/11 F, Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 753) noch aus dem angefochtenen Urteil werden solche Rechtssätze herausgearbeitet und sodann gegenübergestellt. Der Hinweis, dass die Vorinstanz die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Wertpapierhandel zur Beurteilung der Goldgeschäfte als entsprechend anwendbar angesehen hat, während das FG Münster davon ausging, der Handel mit Goldbarren sei mit dem Wertpapierhandel nicht vergleichbar, genügt zur Darlegung der Divergenz nicht. Denn es ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, dass diese unterschiedliche Beurteilung tragend, also entscheidungserheblich gewesen ist. Das FG hat maßgeblich darauf abgestellt, dass im Streitfall ‑‑wie bei Vermögensanlagen im Privatbereich typisch‑‑ Eigenmittel für den Erwerb des Goldes eingesetzt worden seien, während in dem vom FG Münster entschiedenen Fall ‑‑händlertypisch‑‑ Fremdkapital eingesetzt wurde. Der damit sinngemäß vom FG aufgestellte Rechtssatz, dass der Einsatz von Eigenkapital Indiz für eine private Vermögensverwaltung ist, steht nicht in Widerspruch zu Aussagen im Urteil des FG Münster. Die Vorinstanz ist auch im Übrigen nicht in rechtsgrundsätzlicher Weise von diesem Urteil abgewichen. Das FG ist lediglich aufgrund des von ihm festgestellten Sachverhalts und damit der von ihm festgestellten Sachverhaltsunterschiede (geringeres Handelsvolumen, geringere Handelsaktivität, Einsatz von Eigenmitteln) zu einer anderen Einzelfallentscheidung gekommen.

  4. 2. Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

  5. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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