BFH VII. Senat
EnergieStG § 51 Abs 1 Nr 1 Buchst d, EnergieStG § 54 Abs 1, EnergieStG § 54 Abs 4, EnergieStV § 95, EnergieStV § 100
vorgehend FG München, 29. January 2014, Az: 14 K 1414/11
Leitsätze
1. NV: Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der jeweiligen Entlastungstatbestände und der unterschiedlichen Vordrucke schließt ein Antrag nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG nicht zugleich einen Antrag nach § 54 Abs. 1 EnergieStG ein.
2. NV: Entlastungsanträge nach § 51 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 EnergieStG können unternehmensbezogen für mehrere Anlagen und Standorte gestellt werden. Ein Erfordernis, für jede Anlage einen gesonderten Entlastungsantrag zu stellen, besteht von Gesetzes wegen nicht.
3. NV: In den Entlastungsanträge nach § 51 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 EnergieStG sind bereits grundlegende Angaben zu machen, die den Gegenstand des Antrags im Kern insbesondere Art und Menge der eingesetzten Energieerzeugnisse bezeichnen. Deshalb kann nach Ablauf der für die Antragstellung festgelegten Frist ein fristgerecht nach § 54 Abs. 1 EnergieStG gestellter Antrag nicht mehr auf in einer anderen Anlage an einem anderen Standort verwendete Energieerzeugnisse erweitert werden.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 30. Januar 2014 14 K 1414/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und betreibt zur Herstellung von PVC-Produkten Werke an den Standorten X, Y, Z und A. Am Standort X setzt sie eine Anlage ein, in der die durch Verbrennung von Erdgas erzeugte Wärme zur Spaltung von Dichlorethan in Vinylchlorid und Chlorwasserstoff verwendet wird. Mit insgesamt neun Anträgen beantragte die Klägerin für den Zeitraum von August 2006 bis September 2008 für diesen Standort eine Entlastung von der Energiesteuer für bestimmte Prozesse und Verfahren nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes (EnergieStG, hier und im Folgenden in der in den Streitjahren geltenden Fassung).
Mit der Begründung, die Energieerzeugnisse würden von der Klägerin nicht gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken denn als Heiz- oder Kraftstoffe verwendet, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) die Anträge mit zwei zusammengefassten Bescheiden vom 17. Dezember 2009 und einem weiteren Bescheid vom 20. April 2010 ab. Daraufhin beantragte die Klägerin mit zwei getrennten Anträgen vom 26. Februar und 11. Mai 2010 die Berücksichtigung der für den genannten Zeitraum und das Werk X beantragten Mengen nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 EnergieStG. Mit Bescheiden vom 9. und 28. Juli 2010 lehnte das HZA auch diese Anträge ab, weil nach seiner Auffassung die Antragsfrist abgelaufen sei.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig, weil die Klägerin innerhalb der Antragsfrist des § 100 Abs. 1 Satz 3 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung (EnergieStV) keinen ausdrücklichen Entlastungsantrag nach § 54 EnergieStG gestellt habe. Für die Kalenderjahre 2006, 2007 und 2008 hätten die Anträge bis zum 31. Dezember des jeweiligen Folgejahres gestellt werden müssen. Dies habe die Klägerin jedoch unterlassen. Die Anträge vom 26. Februar und 11. Mai 2010 hätten darüber hinaus nicht den Formerfordernissen entsprochen, denn die Klägerin habe die Steuerentlastung nicht auf dem hierfür vorgeschriebenen Vordruck beantragt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 der Abgabenordnung (AO) komme nicht in Betracht. Die fristgerecht gestellten Anträge nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG könnten nicht in Anträge nach § 54 EnergieStG umgedeutet werden. Gegen die Möglichkeit einer Umdeutung spreche der Umstand, dass für die verschiedenen Entlastungsanträge unterschiedliche amtliche Vordrucke zu verwenden seien. Bei einem Antrag nach § 51 EnergieStG habe der Antragsteller zusätzlich eine Beschreibung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit sowie gegebenenfalls eine Betriebserklärung vorzulegen. Die Formulare seien zudem nicht austauschbar. Bei einem wörtlichen Verständnis der Antragsformulare sei ein Antrag nach § 51 EnergieStG kein Antrag nach § 54 EnergieStG. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), nach der ein Antrag nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) grundsätzlich von Rechts wegen einen Antrag nach § 25a MinöStG 1993 einschließe (Senatsurteil vom 8. Juni 2010 VII R 37/09, BFH/NV 2010, 2122), könne auf den Streitfall ebensowenig übertragen werden wie die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den zollrechtlichen Entlastungstatbeständen der Art. 236 bis 239 des Zollkodex (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Söhl & Söhlke vom 11. November 1999 C-48/98, EU:C:1999:548, und BFH-Urteil vom 20. Juli 2004 VII R 99/00, BFHE 206, 495, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2005, 15).
Gleichwohl habe der Senat Bedenken, ob dieses Ergebnis ‑‑insbesondere unter Berücksichtigung der in den Streitjahren bestehenden Unsicherheiten in der mineralöl- und energiesteuerrechtlichen Bewertung der Vorgänge in der Vinylchloridanlage‑‑ sachgerecht und verhältnismäßig sei und dem Sinn und Zweck des Gesetzes tatsächlich gerecht werde. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin bei einer wohl gebotenen parallelen Antragstellung widersprüchlich hätte verhalten müssen, denn die Entlastungen nach § 51 und § 54 EnergieStG könnten nur alternativ in Anspruch genommen werden.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine rechtsfehlerhafte Auslegung ihrer Entlastungsanträge. Tatsächlich seien die Voraussetzungen des § 100 EnergieStV erfüllt worden. Dem Formzwang sei lediglich die Steueranmeldung, nicht jedoch der Antrag unterworfen. Zumindest konkludent habe sie fristgerecht Anträge nach § 54 EnergieStG gestellt, denn § 51 EnergieStG sei ein speziellerer Entlastungstatbestand für das Produzierende Gewerbe. Konkludent werde mit einem solchen Antrag zum Ausdruck gebracht, dass hilfsweise die Grundentlastung für das Produzierende Gewerbe begehrt werde. Der mit dem HZA geführte Schriftverkehr, nach dem das HZA ihren entsprechenden Willen erkannt habe, belege diese Auffassung. Dem BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 2122 sei zu entnehmen, dass antragstellende Wirtschaftsunternehmen schutzbedürftig seien, wenn wie im Streitfall erhebliche Unsicherheiten in Bezug auf die konkrete Vorgehensweise zur Erlangung des größtmöglichen Steuervorteils bestünden. Nicht hinreichend gewürdigt habe das FG den Umstand, dass sie für ihre Standorte Z und A die Steuerentlastung auf dem hierfür vorgeschriebenen Formular beantragt habe. Es müsse ausreichen, wenn zumindest für einen Standort die Pflicht zur Verwendung eines solchen Vordrucks erfüllt werde, weshalb für den Standort X eine ergänzende Steueranmeldung formlos hätte abgegeben werden können.
Die Klägerin beantragt die Aufhebung des Urteils des FG sowie das HZA zu verpflichten, ihr unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen für den Zeitraum von August 2006 bis September 2008 für den Standort X eine Energiesteuerentlastung nach § 54 Abs. 2 Nr. 2 EnergieStG in Höhe von insgesamt 633.922,06 € zu gewähren.
Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es weist darauf hin, dass die Klägerin form- und fristgerechte Anträge nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG und hilfsweise nach § 54 EnergieStG für die Standorte A und Z gestellt habe. Nur für den Betriebsteil X sei zunächst kein ausdrücklicher Antrag nach § 54 EnergieStG gestellt worden. Anträge nach § 51 EnergieStG könnten nicht in solche nach § 54 EnergieStG umgedeutet werden, denn wesentliche Unterschiede bestünden hinsichtlich der rechtlichen und formellen Voraussetzungen ‑‑insbesondere hinsichtlich des berechtigten Personenkreises, der konkreten Verwendungszwecke und der Berechnung‑‑ sowie in Bezug auf die Entlastungssätze. Die Formvorschriften gölten sowohl für den Antrag als auch für die Steueranmeldung. Eine Trennung von Wissens- und Willenserklärung solle faktisch ausgeschlossen werden. Die BFH-Entscheidung in BFH/NV 2010, 2122 könne auf den Streitfall, in dem die Entlastung nicht ausschließlich an das Verheizen eines Energieerzeugnisses anknüpfe, nicht übertragen werden. Zu berücksichtigen sei, dass es sich bei § 51 EnergieStG um eine mit dem Energiesteuerrecht neu geschaffene Vorschrift handele, die Vergütungsfälle des Mineralölsteuerrechts nur teilweise erfasse. Die in den Anträgen für die Standorte A und Z gestellten Anträge enthielten keine Verbrauchsmengen des Betriebsteils X. Einen formlosen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 171 Abs. 3 AO habe die Klägerin nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das angefochtene Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat keinen Entlastungsanspruch nach § 54 EnergieStG, weil sie entsprechende Anträge nicht innerhalb der in § 100 Abs. 1 Satz 3 EnergieStV festgelegten Frist gestellt hat.
1. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag für die näher bezeichneten Energieerzeugnisse (einschließlich Erdgas) gewährt, die nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 EnergieStG versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) oder von einem Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 2 Nr. 5 StromStG zu betrieblichen Zwecken verheizt oder in begünstigten Anlagen nach § 3 EnergieStG verwendet worden sind. Entlastungsberechtigt ist nach § 54 Abs. 4 EnergieStG derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat. Hinsichtlich des Entlastungsverfahrens enthält § 100 EnergieStV nähere Vorgaben. Danach ist die Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG bei dem Hauptzollamt, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Geschäftssitz hat, mit einer Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für alle Energieerzeugnisse zu beantragen, die innerhalb eines Entlastungsabschnitts verwendet worden sind, der gemäß § 100 Abs. 2 EnergieStV nach Wahl des Antragstellers einen Zeitraum von einem Kalenderjahr, einem Kalendervierteljahr oder einem Kalenderhalbjahr betragen kann. Die Steuerentlastung wird nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerentlastungsanspruch entstanden ist, beim Hauptzollamt gestellt wird (§ 100 Abs. 1 Satz 3 EnergieStV).
Nach den Feststellungen des FG, gegen die die Revision keine Verfahrensrügen erhoben hat und die deshalb für den erkennenden Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend sind, hat die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum vor dem jeweiligen Ablauf der in § 100 Abs. 1 Satz 3 EnergieStV bezeichneten Frist keinen Antrag unter Verwendung des vorgeschriebenen Vordrucks Nr. 1118 (Antrag auf Steuerentlastung für Unternehmen ‑‑§ 54 EnergieStG‑‑) gestellt. Vielmehr hat sie fristgerecht nur Anträge unter Verwendung des amtlichen Vordrucks Nr. 1115 (Antrag auf Steuerentlastung für bestimmte Prozesse und Verfahren ‑‑§ 51 EnergieStG‑‑) eingereicht. Sofern sie mit Schreiben vom 26. Februar und 11. Mai 2010 ohne Verwendung des amtlichen Vordrucks Nr. 1118 Anträge auf eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG gestellt hat, sind diese außerhalb der genannten Antragsfrist beim HZA eingegangen.
2. Entgegen der Auffassung der Klägerin schließt ein Antrag nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG nicht von Rechts wegen einen Antrag nach § 54 EnergieStG ein. Auch eine entsprechende Umdeutung kommt im Streitfall nicht in Betracht.
a) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt für Energieerzeugnisse, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9, Nr. 10 oder Abs. 3 Satz 1 EnergieStG versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG in der näher bezeichneten Fassung gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet worden sind. Entlastungsberechtigt ist nach § 51 Abs. 2 EnergieStG derjenige, der die Energieerzeugnisse verwendet hat. Hinsichtlich des Entlastungsverfahrens enthält § 95 EnergieStV nähere Vorgaben. Danach ist die Steuerentlastung nach § 51 EnergieStG beim zuständigen Hauptzollamt mit einer Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für alle Energieerzeugnisse zu beantragen, die innerhalb eines Entlastungsabschnitts verwendet worden sind, der gemäß § 95 Abs. 2 EnergieStV nach Wahl des Antragstellers einen Zeitraum von einem Kalenderjahr, einem Kalenderhalbjahr oder einem Kalendervierteljahr betragen kann. Die Steuerentlastung wird nur gewährt, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. Dezember des Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem der Steuerentlastungsanspruch entstanden ist, beim Hauptzollamt gestellt wird (§ 95 Abs. 1 Satz 3 EnergieStV).
b) Beantragt ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes wie im Streitfall eine Steuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG, macht es damit geltend, die in der Anmeldung angegebenen Energieerzeugnisse nicht ausschließlich zu Heizzwecken, sondern auch zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet zu haben. Dagegen enthält ein Antrag auf Energiesteuerentlastung nach § 54 EnergieStG konkludent die Erklärung, dass die in der Anmeldung aufgeführten Energieerzeugnisse ausnahmslos zu betrieblichen Zwecken verheizt worden sind. Bereits aufgrund dieser Unterschiede haben die Anträge keinen identischen Erklärungsinhalt. Vielmehr schließen sich die Anträge aus. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für beide Anträge unterschiedliche amtliche Vordrucke vorgesehen sind, die keinen identischen Inhalt aufweisen. Zudem ist bei der Berechnung einer nach § 54 EnergieStG begehrten Steuerentlastung der nach § 54 Abs. 3 EnergieStG vorgeschriebene Selbstbehalt abzuziehen, der im streitgegenständlichen Zeitraum pro Kalenderjahr 205 € betrug.
In Anbetracht der aufgezeigten Unterschiede lässt sich das Senatsurteil in BFH/NV 2010, 2122 nicht auf den Streitfall übertragen, weil ein amtlicher Vordruck für einen Entlastungsanspruch nach § 25a MinöStG 1993 in jenem Streitjahr noch nicht existierte und die Entlastungstatbestände des § 25 Abs. 1 Nr. 5 und des § 25a MinöStG 1993 in Bezug auf die konkrete Verwendung des Mineralöls deckungsgleich waren. In beiden Fällen wurde die Verwendung der Mineralöle zu identischen Zwecken vorausgesetzt.
c) Mit ihren frist- und formgerecht gestellten Anträgen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG hat die Klägerin unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze nicht zugleich auch Anträge nach § 54 EnergieStG gestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sie ‑‑wie sie in der Revisionsbegründung unstreitig gestellt hat‑‑ für ihre Standorte A und Z einen Antrag nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG und hilfsweise frist- und formgerecht auch einen Antrag nach § 54 EnergieStG gestellt hat. Nur für die am Standort X betriebene Vinylchloridanlage hat sie eine Antragstellung nach § 54 EnergieStG unterlassen. Dass ihr die Stellung eines solchen Hilfsantrags nicht möglich gewesen sein soll, ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Zudem nimmt die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung ausdrücklich auf die Beantwortung einer an das HZA gerichteten Sachstands-Anfrage vom 11. Mai 2007 Bezug, in der das HZA u.a. darauf hinweist, dass der Antrag nach § 51 EnergieStG nach der derzeitigen Rechtslage bis zur Entscheidung im Klageverfahren nicht bearbeitet werden könne und dass um einen entsprechenden Antrag gebeten werde, sofern eine den bisherigen Verfahren entsprechende Bearbeitung gewünscht werde. Trotz dieses Hinweises ist die Klägerin untätig geblieben und hat einen Entlastungsantrag nach § 54 EnergieStG nicht gestellt. Bei diesem Befund scheidet eine Umdeutung des nach § 51 EnergieStG gestellten Entlastungsantrags aus.
d) Ein Antrag nach § 54 EnergieStG für den Standort X war im Streitfall nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin bereits solche Anträge für andere Standorte gestellt hatte. Nach § 54 Abs. 4 EnergieStG ist derjenige entlastungsberechtigt, der die Energieerzeugnisse verwendet hat. Der Antrag nach § 54 EnergieStG ist daher vom Verwender, d.h. vom begünstigten Unternehmen zu stellen. Dabei kann das begünstigte Unternehmen in seinen Antrag mehrere Anlagen ‑‑auch an verschiedenen Standorten‑‑ einbeziehen. Ein Erfordernis, für jede Anlage einen gesonderten Antrag stellen zu müssen, lässt sich den gesetzlichen Bestimmungen nicht entnehmen, auch wenn in der Praxis ‑‑wie der Streitfall belegt‑‑ begünstigte Unternehmen anlagenbezogene Anträge stellen. Nach dem Wortlaut des § 54 EnergieStG wird jedoch nicht das antragstellende Unternehmen als Ganzes entlastet, sondern die Entlastung wird für bestimmte Energieerzeugnisse gewährt, deren konkrete Verwendung der Antragsteller nachzuweisen hat. Daher reicht es nicht aus, dass für das Unternehmen als solches ein Entlastungsantrag "auf Vorrat" ohne konkrete Angaben über die Art und Menge sowie den Verwendungszweck der eingesetzten Energieerzeugnisse und über die Verwendungsorte gestellt wird. Vielmehr ergibt sich das Erfordernis, in den Entlastungsanträgen bereits grundlegende Angaben zu machen, die den Gegenstand des Begehrens im Kern bezeichnen und den Finanzbehörden eine Prüfung der Entlastungsvoraussetzungen ermöglichen. Daher ist in den Anträgen nach den §§ 51 und 54 EnergieStG regelmäßig neben der Art und der Menge der eingesetzten Energieerzeugnisse sowohl der Entlastungszeitraum als auch ein bestimmter Ort anzugeben, auf den sich die beantragte Entlastung bezieht, wobei die Vollständigkeit dieser Angaben auch durch den Inhalt der zu verwendenden Vordrucke Nr. 1115 und 1118 gewährleistet werden soll. Daher kann ein Antrag nach § 54 EnergieStG, der für einen bestimmten Standort unter Angabe der an diesem Standort eingesetzten Art und Menge an Energieerzeugnissen gestellt worden ist, nach Ablauf der Antragsfrist nicht nachträglich um eine weitere Anlage an einem anderen Standort ergänzt werden. Dabei kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Streitfalls offenbleiben, ob ein fristgerechter Antrag hinsichtlich anderer Umstände, wie z.B. nachträglich erkannter Fehler bei der Mengenermittlung der verwendeten Energieerzeugnisse, korrekturfähig wäre und ob hierfür die vorgeschriebenen amtlichen Vordrucke zu verwenden wären. Auch bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob im Streitfall einer Änderung bzw. Ergänzung der nach § 54 EnergieStG fristgerecht gestellten Anträge der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegenstünde.
e) Entgegen der Ansicht der Klägerin hätte das HZA bei verständiger Würdigung ihres Begehrens die nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG gestellten Anträge nicht zugleich als zumindest hilfsweise gestellte Anträge nach § 54 EnergieStG deuten müssen.
Ausweislich des Prüfberichts vom 3. August 2005 war dem HZA bekannt, dass die Klägerin an dem Standort X eine Anlage betrieb, in der sie die durch das Verbrennen von Erdgas in einem Spaltofen erzeugte Wärme zur Herstellung von Vinylchlorid durch endotherme Spaltung von Dichlorethan verwendete. Damit ist davon auszugehen, dass dem HZA sowohl die genauen Betriebsverhältnisse als auch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG (Verheizen von genau bezeichneten Erdgasmengen zu betrieblichen Zwecken durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes) bekannt gewesen sind. Unsicherheiten in der energiesteuerrechtlichen Beurteilung bestanden lediglich hinsichtlich der Frage, ob ein ausschließliches Verheizen vorlag oder ob das von der Klägerin in der Vinylchloridanlage eingesetzte Erdgas in einem sog. "dual-use-Prozess" Verwendung fand, so dass zugleich die Voraussetzungen für eine vollständige Steuerentlastung erfüllt gewesen sind. Zur Klärung dieser Frage war eine Klage beim FG Düsseldorf anhängig. Gleichwohl konnte das HZA aufgrund des bisherigen Verhaltens der Klägerin davon ausgehen, dass ihr die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 EnergieStG bewusst gewesen ist, wie die für die anderen Standorte gestellten Anträge belegen. Auch konnte das HZA daraus schließen, dass es sich bei der unterlassenen Antragstellung nicht etwa um ein Versehen, sondern um eine unternehmerische Entscheidung gehandelt hat, zumal die Klägerin in Bezug auf die Erlangung einer Grundentlastung auf eine andere Bearbeitungsmöglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist. Es bestand für das HZA somit keine Veranlassung, die Bearbeitung der ausdrücklich nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG gestellten Anträge unter dem Gesichtspunkt einer Entlastung nach § 54 EnergieStG fortzusetzen. Im Übrigen kann vom jeweils zuständigen Hauptzollamt grundsätzlich nicht verlangt werden, dass es ohne bestimmte Anträge des Entlastungsberechtigten die vorliegenden Unterlagen daraufhin überprüft, ob von diesem noch weitere energiesteuerrechtliche Entlastungsansprüche geltend gemacht werden könnten.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.