ECLI:DE:BFH:2016:U.100816.VR11.15.0
BFH V. Senat
UStG § 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a S 1, UStG § 12 Abs 2 Nr 8 Buchst a S 2, AO § 64, AO § 68 Nr 1 Buchst b, EGRL 112/2006 Art 98 Anh 3 Nr 15, FGO § 55 Abs 1, FGO § 55 Abs 2 S 1, UStG VZ 2008
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 22. October 2014, Az: 5 K 97/14
Leitsätze
Die Steuersatzermäßigung für Jugendherbergen gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG i.V.m. §§ 64, 68 Nr. 1 Buchst. b AO gilt nicht für Leistungen an allein reisende Erwachsene .
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23. Oktober 2014 5 K 97/14 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein. Nach seiner Satzung "baut, unterhält und bewirtschaftet [er] Jugendherbergen und andere jugendgemäße Unterkünfte, die allen Mitgliedern des Deutschen Jugendherbergswerkes und der International Youth Hostel Federation (IYHF) unabhängig von ihrer Nationalität, Rasse, Religion oder Weltanschauung offen stehen. Jugendherbergen sind Stätten des sozialen Lernens. Sie dienen vornehmlich der Begegnung der Jugend des In- und Auslandes, der Durchführung von Schulklassenfahrten, Studien und Schullandheimaufenthalten, sonstiger schulischer Veranstaltungen, Freizeit und Erholungsmaßnahmen, Seminaren und Tagungen überwiegend von Jugendgruppen, Jugendverbänden und Familien."
Im Streitjahr 2008 erbrachte der Kläger unstreitig satzungsgemäß steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an Jugendgruppen und Schulklassen. Daneben erbrachte er auch Beherbergungsleistungen an erwachsene Einzelreisende im Alter von über 27 Jahren.
Die Anzahl der Gesamtübernachtungen betrug im Streitjahr 456 744, von denen auf allein reisende Erwachsene 24 165 Übernachtungen entfielen. Der Anteil der Übernachtungen allein reisender Erwachsener betrug somit 5,3 % der Gesamtübernachtungen. Der Kläger bot den allein reisenden erwachsenen Gästen nur die Leistungen an, die auch von den übrigen Gästen wie Jugendgruppen, Schulklassen und Familien in Anspruch genommen werden konnten. Allerdings erhob der Kläger für Übernachtungen bei allein reisenden Erwachsenen einen Zuschlag von 3 € pro Nacht. Auch für zusätzlich angebotene Leistungen, wie Hobbyprogramme, Wanderungen oder Radwanderungen hatten allein reisende Erwachsene für gleiche Leistungen höhere Preise zu zahlen als die anderen Gäste.
Der Kläger versteuerte die Umsätze aus der Beherbergung von allein reisenden Erwachsenen nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG zum ermäßigten Steuersatz.
Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) davon aus, dass die Leistungen an allein reisende Erwachsene dem Regelsteuersatz unterliegen und erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid, da die Leistungen des Klägers an allein reisende Erwachsene keinem Zweckbetrieb zuzuordnen seien. Die Einnahmen aus den Übernachtungen, der Bettwäschegestellung und der Verpflegung seien vielmehr einen vom Zweckbetrieb getrennt geführten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Klägers zuzuordnen. Diese Leistungen seien von den übrigen Leistungen des Klägers abgrenzbar. Aus den Preislisten der Jugendherbergen ergebe sich, dass allein reisende Erwachsene einen Zuschlag von 3 € im Streitjahr zu zahlen gehabt hätten. Auch in den Aufzeichnungen des Klägers seien die Übernachtungen allein reisender Erwachsener gesondert unter einem gesonderten Gästeschlüssel erfasst worden. Durch die Art der Reservierung und die abweichenden Beherbergungsentgelte seien die Leistungen des Klägers an allein reisende Erwachsene von den übrigen Leistungen unterscheidbar. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Die Voraussetzungen für eine Steuersatzermäßigung lägen nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG i.V.m. § 68 Nr. 1 Buchst. b der Abgabenordnung (AO) vor. Nach dem Urteil des FG erbrachte der Kläger mit seinen Leistungen an Jugendliche und Familien einerseits und allein reisenden Erwachsenen andererseits gleichartige Leistungen, die sich ihrem Wesen nach nicht unterschieden. Die allein reisenden Erwachsenen hätten in gleichen Zimmern wie die Jugendlichen übernachtet und die gleiche Verpflegung erhalten. Dies gelte auch für die Sonderleistungen, die sich gleichfalls inhaltlich nicht unterschieden hätten. Bei der Buchung sei zwar das Alter des Reisenden abgefragt worden, aber nur zu Abrechnungszwecken. Die Gegenleistung allein sei für die Bestimmung der Leistung und ihrer Zuordnung zum Zweckbetrieb oder allgemeinen Geschäftsbetrieb nicht entscheidend. Mangels Abgrenzbarkeit sei der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, wenn die Umsätze außerhalb des satzungsmäßigen Zwecks von nur untergeordneter Bedeutung seien. Dies sei der Fall, wenn sie nicht mehr als 10 % des Gesamtumsatzes ausmachten. Diese Grenze werde im Streitfall eingehalten, da die Umsätze, die der Kläger zur Erreichung seines gemeinnützigen Zwecks ausführte, sich im Streitjahr auf 12.000.000 € belaufen hätten, während die nicht dem gemeinnützigen Zweck dienenden Umsätze nur 700.000 € betragen hätten.
Im Hinblick auf eine vom FG angenommene Abweichung zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wurde die Revision vom FG im Tenor und in den Entscheidungsgründen zugelassen. Nach der der Vorentscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrung war die Revision allerdings nicht zugelassen worden.
Das FA wendet sich mit der Revision gegen das Urteil des FG. Es sei unbeachtlich, dass es die Revision nicht binnen Monatsfrist eingelegt habe, da aufgrund der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung eine Jahresfrist gelte. Hilfsweise beantrage es Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 56 der Finanzgerichtordnung (FGO). Die Beherbergung allein reisender Erwachsener sei von den übrigen satzungsmäßigen Leistungen leicht und einwandfrei abzugrenzen und stelle einen selbständigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar, der kein Zweckbetrieb sei. Auf inhaltliche Unterschiede bei der Leistungserbringung komme es entgegen dem Urteil des FG nicht an, da sich bereits aus dem Entgeltzuschlag eine hinreichende Unterscheidbarkeit ergebe.
Das FA beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Er verteidigt die Vorentscheidung und weist darauf hin, dass diese von der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht abweiche.
Das dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 FGO beigetretene Bundesministerium der Finanzen hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Das FA hat die vom FG zugelassene Revision fristgerecht eingelegt.
1. Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision beim BFH innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen. Nach § 55 Abs. 1 FGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur, wenn der Beteiligte ordnungsgemäß u.a. über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtbehelfs gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO grundsätzlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe i.S. des § 54 Abs. 1 FGO zulässig (BFH-Urteil vom 1. August 2012 II R 28/11, BFHE 238, 319, BStBl II 2013, 131, unter II.1.; ebenso BFH-Urteil vom 27. August 2008 II R 27/06, BFH/NV 2008, 2056, unter II.1.). Nach der Art des Fehlers in der Rechtsmittelbelehrung ist dabei nicht zu differenzieren, so dass es nicht darauf ankommt, ob die Rechtsmittelbelehrung deshalb fehlerhaft ist, weil sie auf ein Erfordernis einer Revisionseinlegung beim FG hinweist (so die Fallgestaltung im BFH-Urteil in BFHE 238, 319, BStBl II 2013, 131) oder weil sie wie im Streitfall fehlerhaft von einer Nichtzulassung der Revision ausgeht. In beiden Fällen beeinträchtigt die Fehlerhaftigkeit der Rechtsmittelbelehrung den Rechtsbehelfsberechtigten in seinen fristgerecht anzustellenden Überlegungen, ob er fristwahrend ein Rechtsmittel einlegen will. Dies gilt auch, wenn die Frist für das unrichtig angegebene Rechtsmittel genauso lange läuft wie die Frist für das zutreffende Rechtsmittel (BFH-Urteil vom 9. Februar 1968 III 219/64, BStBl II 1968, 400).
2. Im Streitfall wurde das FA im Urteil der Vorinstanz unrichtig darüber belehrt, dass die Revision nicht zugelassen worden sei. Die Rechtsmittelbelehrung genügte damit nicht den Anforderungen des § 55 Abs. 1 FGO i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO, so dass für die Einlegung der Revision nicht die einmonatige Frist nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO, sondern die Jahresfrist nach § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO lief. Diese hat das FA eingehalten. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist daher nicht zu entscheiden.
III.
Die Revision des FA ist auch begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Leistungen bei der Beherbergung allein reisender Erwachsener unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz.
1. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG ordnet eine Steuersatzermäßigung für die Leistungen der nach §§ 51 ff. AO steuerbegünstigten Körperschaften an. Diese gilt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO für die Leistungen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nur, wenn es sich bei diesem um einen Zweckbetrieb handelt. Unabhängig von den Bedingungen der allgemeinen Zweckbetriebsdefinition in § 65 AO gehören auch "Jugendherbergen" zu den Zweckbetrieben gemäß § 68 Nr. 1 Buchst. b AO.
2. Bei der Auslegung von § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ist seit 1993 auch das dieser Steuersatzermäßigung zugrunde liegende Unionsrecht zu beachten.
a) Beim Inkrafttreten des UStG 1980 war das Unionsrecht für die Anordnung ermäßigter Steuersätze durch das nationale Recht weitgehend bedeutungslos. Denn Art. 12 Abs. 4 Satz 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) regelte bei seinem Inkrafttreten lediglich, dass bestimmte Lieferungen und bestimmte Dienstleistungen erhöhten oder ermäßigten Sätzen unterworfen werden konnten.
b) Zu einer Einschränkung der für die Mitgliedstaaten bestehenden Regelungsbefugnisse kam es aber durch Art. 12 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. der Richtlinie 92/77/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG ‑‑Annäherung der Mehrwertsteuer-Sätze‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ‑‑ABlEG‑‑ Nr. L 316, S. 1) mit Wirkung zum 1. Januar 1993. Diese Einschränkungen gelten nach dem im Streitjahr zu beachtenden Art. 98 der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) i.V.m. Anhang III fort.
Danach können die Mitgliedstaaten zwar einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden (Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL). Die ermäßigten Steuersätze sind aber "nur" auf die Lieferungen und Dienstleistungen der im Anhang III genannten Kategorien anwendbar (Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL). Dabei besteht für die Mitgliedstaaten nach Anhang III Nr. 15 MwStSystRL die Befugnis, für die steuerpflichtigen Leistungen der "von den Mitgliedstaaten anerkannte[n] gemeinnützige[n] Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit" einen ermäßigten Steuersatz anzuwenden.
Auf dieser Grundlage dürfen die Mitgliedstaaten insbesondere "nicht auf alle gemeinnützigen Leistungen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden ..., sondern nur auf diejenigen, die von Einrichtungen erbracht werden, die sowohl gemeinnützig als auch für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit tätig sind" (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑ Kommission/Frankreich vom 17. Juni 2010 C-492/08, EU:C:2010:348, Slg. 2010, I-5471 Rz 43). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der engen Auslegung der Steuersatzermäßigungen als Ausnahmetatbestand (BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 14/11, BFHE 237, 279, BStBl II 2012, 630, II.2.c (1) (b)) folgt hieraus, dass zumindest andere als gemeinnützige Leistungen unionsrechtlich vom Anwendungsbereich der Steuersatzermäßigung für gemeinnützige Körperschaften von vornherein ausgeschlossen sind.
c) Die unionsrechtliche Harmonisierung der Steuersatzermäßigungen ist auch bei der Auslegung der abgabenrechtlichen Begriffe zu berücksichtigen, auf die § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG verweist, wie der erkennende Senat zum Begriff der Vermögensverwaltung nach § 14 AO i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG bereits ausdrücklich entschieden hat (BFH-Urteil vom 20. März 2014 V R 4/13, BFHE 245, 397, unter II.2.c bb (1)). Dies gilt auch für die Auslegung der Zweckbetriebsdefinitionen der §§ 65 ff. AO und damit insbesondere bei der Bestimmung der Reichweite der Steuersatzermäßigung für Jugendherbergen nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 68 Nr. 1 Buchst. b AO.
3. Im Hinblick auf die im Streitjahr zu beachtende unionsrechtliche Harmonisierung der Steuersatzermäßigungen ist die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Rechtslage vor dieser Harmonisierung nicht auf das Streitjahr zu übertragen.
a) Zu der vor der unionsrechtlichen Harmonisierung bestehenden Rechtslage nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG 1980 i.V.m. § 68 Nr. 1 Buchst. b AO hat der erkennende Senat entschieden, dass die Beherbergung allein reisender Erwachsener ein selbständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sein kann, wenn sie sich aus tatsächlichen Gründen von den satzungsgemäßen Leistungen an Jugendliche und Familien abgrenzen lässt. Fehlt die Abgrenzbarkeit, verlieren Jugendherbergen ihre Zweckbetriebseigenschaft nicht dadurch, dass sie außerhalb des satzungsgemäßen Zwecks in geringem Umfang allein reisende Erwachsene (zu gleichen Bedingungen wie andere Gäste) beherbergen. Die Grenze, bis zu der solche Beherbergungen unschädlich sind, wurde dabei ausschließlich in relativer Abhängigkeit zur Umsatztätigkeit im Zweckbetrieb mit 10 % des Umsatzes veranschlagt (BFH-Urteil vom 18. Januar 1995 V R 139-142/92, BFHE 177, 147, BStBl II 1995, 446, Leitsatz 3).
Unter Bezugnahme hierauf hat es der erkennende Senat zudem ‑‑für die seit 1993 bestehende Rechtslage‑‑ revisionsrechtlich nicht beanstandet, dass die kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen an Nichtstudierende durch ein Studentenwerk bereits dann als ein selbständiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, nicht hingegen als Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 1 Buchst. b AO anzusehen ist, wenn sie sich aus tatsächlichen Gründen von den satzungsmäßigen Leistungen abgrenzen lässt. Der Senat hat es als ausreichend angesehen, dass die Entgelte für die Vermietung an Studierende und Nichtstudierende unterschiedlich hoch und die beiden Bereiche anhand der Buchführung "ohne weiteres" zu trennen waren (BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900, unter II.2.c dd).
b) Im Streitjahr ist zu beachten, dass sich die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes unionsrechtlich auf die Leistungen der von den Mitgliedstaaten anerkannten gemeinnützigen Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit beschränkt. Damit ist eine Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG i.V.m. § 64 und § 68 Nr. 1 Buchst. b AO für andere als die satzungsmäßigen Leistungen gemeinnütziger Körperschaften ‑‑wie etwa für die Beherbergung allein reisender Erwachsener‑‑ nicht vereinbar.
c) Unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben ergibt sich die erforderliche "Trennung der Aktivitäten" (Senatsurteil in BFHE 177, 147, BStBl II 1995, 446, unter II.3.b bb) bereits aus der Altersstruktur der Übernachtungsgäste. Während die Leistungen an Jugendliche i.S. von § 4 Nr. 23 Satz 2 UStG und ihre Begleitpersonen als der sozialen Sicherheit dienend anzusehen sind, trifft dies auf allein reisende Erwachsene nicht zu. Leistungen an diesen Personenkreis werden in einem selbständigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erbracht, der nicht Zweckbetrieb ist und dessen Umsätze der Besteuerung nach dem Regelsteuersatz unterliegen.
Mit Blick auf diese Trennbarkeit führt die Beherbergung allein reisender Erwachsener mangels einheitlicher Beurteilung im Regelfall nicht mehr ‑‑wie vom Senat in seinem Urteil in BFHE 177, 147, BStBl II 1995, 446, unter II.3.b cc und dd erwogen‑‑ zum Wegfall der Zweckbetriebseigenschaft nach § 68 Nr. 1 Buchst. b AO bei der Beherbergung Jugendlicher und ihrer Begleitpersonen, wenn die Beherbergung allein reisender Erwachsener eine Grenze von 10 % gemessen an der Zeitdauer der Vermietung überschreitet.
4. Danach ist die Klägerin im Streitfall nicht zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die an allein reisende Erwachsene erbrachten Leistungen berechtigt. Diese Leistungen entsprechen nicht den satzungsmäßig steuerbegünstigten Zwecken der Klägerin und können daher bei eigenständiger Betrachtung nicht der Steuersatzermäßigung unterliegen. Zudem hat die Klägerin für die Beherbergung allein reisender Erwachsener auch höhere Entgelte verlangt und vereinnahmt.
Unerörtert bleibt, ob eine Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG i.V.m § 64 und § 68 Nr. 1 Buchst. b AO ausnahmsweise aus Gründen eines nur geringfügigen Tätigkeitsumfangs in Betracht kommen könnte, da sich die Vergütungen für die Leistungen der Klägerin bei der Unterbringung allein reisender Erwachsener auf ca. 700.000 € beliefen (vgl. z.B. zu den Geringfügigkeitsgrenzen bei Kleinunternehmern § 19 Abs. 1 UStG).
Ebenso erübrigt sich im Streitfall die Frage, ob § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 3 UStG einer Anwendung des ermäßigten Steuersatzes entgegensteht.
5. Nach diesen Maßstäben, denen die Vorentscheidung nicht entspricht, ist das Urteil des FG aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.