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Urteil vom 12. Juli 2016, IX R 31/15

Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags - Bindungswirkung der Feststellung an den Einkommensteuerbescheid nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 - Voraussetzungen für den erstmaligen Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids

ECLI:DE:BFH:2016:U.120716.IXR31.15.0

BFH IX. Senat

EStG § 10d Abs 4 S 4, EStG § 10d Abs 4 S 5, EStG § 52 Abs 25 S 5, AO § 164ff, AO § 172ff, AO § 351 Abs 1, FGO § 120 Abs 3, EStG VZ 2006 , AO § 164, AO § 172

vorgehend FG München, 31. May 2015, Az: 10 K 650/14

Leitsätze

1. Ist der Einkommensteuerbescheid des Verlustentstehungsjahres bestandskräftig und berücksichtigt er keinen Verlust, ist der erstmalige Erlass eines Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 nur zulässig, soweit eine Korrektur dieses Steuerbescheids nach den Vorschriften der Abgabenordnung hinsichtlich der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte möglich ist und diese der Steuerfestsetzung tatsächlich zu Grunde gelegt worden sind .

2. § 351 Abs. 1 AO gilt bei der Anwendung von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG entsprechend; die Aufzählung in § 10d Abs. 4 Satz 4  2. Halbsatz EStG ist nicht abschließend .

3. Eine Besteuerungsgrundlage ist der Steuerfestsetzung i.S. von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG nicht "zu Grunde gelegt worden", soweit sie sich wegen § 351 Abs. 1 AO auf die Höhe der festgesetzten Steuer nicht ausgewirkt hat .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg, vom 1. Juni 2015  10 K 650/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Streitig ist, ob ein verbleibender Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2006 in Höhe von 142.790 € gesondert festzustellen ist.

  2. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde im Streitjahr 2006 zusammen mit ihrem am 27. November 2015 verstorbenen Ehemann, dessen Rechtsnachfolgerin sie ist, zur Einkommensteuer veranlagt. Mit bestandskräftig gewordenem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 13. Mai 2009 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) unter Ansatz eines Gesamtbetrags der Einkünfte von 214.908 € die Einkommensteuer in Höhe von 62.964 € fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung erhöhte das FA mit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändertem Einkommensteuerbescheid vom 11. Februar 2011 unter Ausweis eines Gesamtbetrags der Einkünfte von 257.671 € die festgesetzte Einkommensteuer auf 79.811 €.

  3. Die Eheleute legten gegen diesen Einkommensteuerbescheid Einspruch ein und erklärten erstmals negative Einkünfte in Höhe von 571.661 € gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG). Sie beantragten zudem die Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2006.

  4. Mit Datum vom 16. Januar 2012 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. Es führte den erstmals erklärten Verlust unter "Besteuerungsgrundlagen" auf; nach dem Verlustausgleich ergab sich ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 313.990 € sowie unter "Berechnung der Steuer" eine "festzusetzende Einkommensteuer 0 € wegen der Anfechtungs-/Änderungsbeschränkung (§ 351 bzw. § 177 AO) mindestens festzusetzende Einkommensteuer 62.964 €".

  5. Im Tenor setzte das FA die Einkommensteuer für das Streitjahr wie im Einkommensteuerbescheid vom 13. Mai 2009 auf 62.964 € fest. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 nahmen die Eheleute ihren Einspruch zurück.

  6. Auf deren Antrag trug das FA einen Verlust in Höhe von 171.200 € in den Veranlagungszeitraum 2005 zurück. Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2006 lehnte das FA mit Bescheid vom 4. Februar 2013 ab.

  7. Der hiergegen eingelegte Einspruch und die Klage blieben ohne Erfolg. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1688 veröffentlichten Urteil führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in Höhe von 313.990 € durften nicht als verbleibender Verlustvortrag gesondert festgestellt werden. Denn der negative Gesamtbetrag der Einkünfte sei der Besteuerung nicht zugrunde gelegt worden.

  8. Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 ‑‑JStG 2010‑‑ vom 8. Dezember 2010 ‑‑BGBl I 2010, 1768‑‑).

  9. Die Klägerin beantragt sinngemäß,
    unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des FG, des Ablehnungsbescheids vom 4. Februar 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2014 das FA zu verpflichten, den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2006 in Höhe von 142.790 € gesondert festzustellen.

  10. Das FA beantragt,
    die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die zulässige Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG die von der Klägerin begehrte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2006 auf der Grundlage von § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG i.d.F. durch das JStG 2010 abgelehnt.

  2. 1. Die Revision ist zulässig.

  3. Anders als das FA meint, steht dem nicht entgegen, dass die Klägerin in ihrem mit Schriftsatz vom 14. November 2015 vorgetragenen Revisionsantrag geltend macht, "die Vorentscheidungen aufzuheben" ohne die Aufhebung des Urteils des FG, des Ablehnungsbescheids vom 4. Februar 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2014 namentlich zu erwähnen.

  4. Nach § 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO muss die Revisionsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann auf einen förmlichen Revisionsantrag sogar ganz verzichtet werden, wenn sich aus der Revisionsbegründung das Prozessbegehren des Revisionsklägers unzweifelhaft ergibt (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 22. Oktober 2015 IV R 7/13, BFHE 251, 335, BStBl II 2016, 219, m.w.N.). Im Streitfall geht aus dem Revisionsantrag und der Revisionsbegründung, die der nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO gebotenen Form entspricht, das Prozessbegehren der Klägerin, den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2006 in Höhe von 142.790 € gesondert festzustellen, deutlich hervor.

  5. 2. In der Sache ist die Revision allerdings unbegründet. Auf der Grundlage von § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 und § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 scheidet eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 2006 aus.

  6. a) Nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach Abs. 1 abgezogenen und die nach Abs. 2 abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag (§ 10d Abs. 4 Satz 2 EStG). Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags sind die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind; § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 FGO gelten entsprechend (§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010). Nach § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 dürfen die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des gesonderten Verlustvortrags nur insoweit abweichend von der Einkommensteuerfestsetzung des Verlustentstehungsjahres berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt. Dies gilt nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 für alle Verluste, für die ‑‑wie im Streitfall der Antrag der Eheleute vom 18. November 2011 auf Verlustfeststellung‑‑ nach dem 13. Dezember 2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird.

  7. b) Mit der Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 wird eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist (BFH-Urteile vom 13. Januar 2015 IX R 22/14, BFHE 248, 530, BStBl II 2015, 829, Rz 15; vom 10. Februar 2015 IX R 6/14, BFH/NV 2015, 812, Rz 13). Daraus folgt, dass im Feststellungsverfahren des verbleibenden Verlustvortrags die Einkünfte nicht eigenständig zu ermitteln sind. Die Bindungswirkung an den Einkommensteuerbescheid greift nach dem Gesetzeswortlaut in § 10d Abs. 4 Satz 4  1. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2010 ein, wenn die streitigen Besteuerungsgrundlagen "den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums (...) zu Grunde gelegt worden sind". Danach reicht es für die Berechtigung zum Erlass eines Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustvortrag oder der Änderung eines solchen Feststellungsbescheids nicht aus, dass sich die Besteuerungsgrundlagen als Bezugsgröße betragsmäßig geändert haben; darüber hinaus ist vielmehr erforderlich, dass diese auch zur Änderung der Steuerfestsetzung führen. Diese zuletzt genannte Voraussetzung sichert die Bestandskraft des vorausgehenden Steuerbescheids; anderenfalls könnten durch den Erlass oder eine Änderung des Feststellungsbescheids in einem bestandskräftigen Steuerbescheid enthaltene Fehler ohne verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage nachträglich korrigiert werden. Gründe dafür, dass § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 abweichend von dem Gesetzeswortlaut auszulegen wäre, sind nicht ersichtlich. Die Bindungswirkung setzt aber voraus, dass eine Einkommensteuerveranlagung (ggf. mit einer festzusetzenden Steuer von 0 €) durchgeführt worden ist. Wird der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig und berücksichtigt er ‑‑wie im Streitfall der Einkommensteuerbescheid vom 13. Mai 2009‑‑ keinen Verlust, kommt eine Verlustfeststellung nur noch in Betracht, wenn und soweit der Steuerbescheid des Verlustentstehungsjahres nach den Vorschriften der Abgabenordnung änderbar ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 812, Rz 13). Der erstmalige Erlass eines Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 ist danach ebenso wie die Änderung der Verlustfeststellung von der Reichweite der verfahrensrechtlichen Änderungsmöglichkeit der Steuerfestsetzung ‑‑d.h. gemäß §§ 164 f., §§ 172 ff. AO‑‑ im Verlustentstehungsjahr abhängig. Dass § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 eine Auswirkung der Besteuerungsgrundlage auf die Höhe der Steuerfestsetzung voraussetzt, wird gesetzessystematisch durch die Vorschrift des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 bestätigt, die die Verlustfeststellung im Fall der fehlenden Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer abschließend regelt und mit der Formulierung des einschränkenden Merkmals "ausschließlich" klarstellt, dass der Eintritt der formellen Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids der Verlustfeststellung entgegensteht, soweit nicht die Voraussetzungen einer Korrekturnorm gegeben sind.

  8. c) Dieses Ergebnis folgt auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BTDrucks 17/2249, S. 51 rechte Spalte, S. 63 rechte Spalte). Denn mit der Neufassung von § 10d Abs. 4 Sätze 4 und 5 EStG durch das JStG 2010 wollte der Gesetzgeber gezielt die Rechtsprechung des BFH aushebeln, wonach ein verbleibender Verlustvortrag auch dann erstmals gemäß § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen ist, wenn der Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr zwar bestandskräftig ist, darin aber keine ausgeglichenen negativen Einkünfte berücksichtigt worden sind (BFH-Urteil vom 17. September 2008 IX R 70/06, BFHE 223, 50, BStBl II 2009, 897, m.w.N.). Dieser Rechtsprechung lag eine zuvor ergangene Einkommensteuerfestsetzung zu Grunde. Daher geht die Gesetzesbegründung durchgängig davon aus, dass der Erlass eines Feststellungsbescheids dann unterbleiben soll, wenn und soweit der entsprechende Einkommensteuerbescheid bestandskräftig ist und verfahrensrechtlich nicht mehr geändert werden kann. Der Gesetzgeber (BTDrucks 17/2249, S. 51 rechte Spalte) wollte damit verhindern, dass der Steuerpflichtige in größerem zeitlichen Abstand nach der Bestandskraft der Steuerfestsetzung Gründe für den erstmaligen Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 10d Abs. 4 EStG vorträgt und dadurch die "Abstimmung der materiellen und formellen Änderungserfordernisse" von Verlustfeststellung und Steuerfestsetzung des Folgejahres nicht mehr gewährleistet ist.

  9. d) Aus der dargelegten Verknüpfung von Steuerfestsetzung und Verlustfeststellung folgt, dass die nach § 351 Abs. 1 AO beschränkte Anfechtbarkeit des geänderten Einkommensteuerbescheids vom 11. Februar 2011 ‑‑anders als die Klägerin meint‑‑ auch bei der begehrten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 zu beachten ist. Mit der in § 10d Abs. 4 Satz 4  2. Halbsatz EStG i.d.F. des JStG 2010 vorgesehenen entsprechenden Anwendung der Regelungen des § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 351 Abs. 2 AO und § 42 FGO soll die inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid ausdrücklich bestätigt werden; aus der Nichterwähnung allgemein gültiger Verfahrensvorschriften, wie insbesondere § 351 Abs. 1 AO, ist jedoch angesichts des Normzwecks und der Entstehungsgeschichte des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 nicht zu folgern, dass diese von der Anwendung ausgeschlossen werden sollten. Gerade § 351 Abs. 1 AO soll im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens verhindern, dass der Steuerpflichtige besser gestellt wird, als er bei Eintritt der Unanfechtbarkeit des geänderten Einkommensteuerbescheids stand, soweit die Abgabenordnung nicht selbst eine Durchbrechung der Bestandskraft zulässt (vgl. BFH-Urteil vom 29. September 1977 VIII R 67/76, BFHE 123, 315, BStBl II 1978, 44, Rz 11; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 351 AO, Rz 1). Dies ist hier nicht der Fall.

  10. e) Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall die geltend gemachte Verlustfeststellung auf den 31. Dezember 2006 nicht möglich. Denn der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 13. Mai 2009 mit einer festgesetzten Steuer in Höhe von 62.964 € ist bestandskräftig und die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift liegen insoweit nicht vor. Die im geändertem Einkommensteuerbescheid vom 16. Januar 2012 bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte im Rahmen der Besteuerungsgrundlagen nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in Höhe von 313.990 € wurden aufgrund der nach § 351 Abs. 1 AO beschränkten Anfechtbarkeit des geänderten Einkommensteuerbescheids vom 11. Februar 2011 und des Saldierungsrahmens nach § 177 Abs. 1 AO bei der mit Datum vom 16. Januar 2012 festgesetzten Einkommensteuer in Höhe von 62.964 € nicht i.S. des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 "zugrunde gelegt" und sind daher ‑‑auch nach Berücksichtigung des Verlustrücktrags in den Veranlagungszeitraum 2005‑‑ nicht als verbleibender Verlustvortrag festzustellen. Im Ergebnis korrigierte der Einkommensteuerbescheid vom 16. Januar 2012 lediglich die mit Einkommensteuerbescheid vom 11. Februar 2011 vorgenommene Erhöhung der Steuerfestsetzung.

  11. Durch diese Auslegung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 wird der Rechtsschutz der Klägerin nicht in unzulässiger Weise verkürzt. Die Eheleute hätten die Möglichkeit gehabt, innerhalb der Einspruchsfrist für den Einkommensteuerbescheid vom 13. Mai 2009 den Erlass eines Feststellungsbescheids über den verbleibenden Verlustvortrag mit der Begründung zu beantragen, dass dem Ehemann ‑‑anders als ursprünglich erklärt‑‑ im Streitjahr 2006 ein nach § 17 EStG zu berücksichtigender Verlust entstanden sei. Diesem Begehren hätte das FA entsprechen müssen.

  12. f) Eine von der Einkommensteuerfestsetzung in Höhe von 62.964 € abweichende Berücksichtigung der Besteuerungsgrundlagen (allein) im Bescheid über den verbleibenden Verlustabzug nach § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 ist nicht möglich. Denn die Änderung dieser Einkommensteuerfestsetzung ist nicht allein deshalb unterblieben, weil eine Aufhebung, Änderung oder Berichtigung mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht möglich war. Vielmehr konnte eine Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2006 vom 11. Februar 2011 insoweit ‑‑wie dargelegt‑‑ deshalb nicht erfolgen, weil der Einkommensteuerbescheid vom 13. Mai 2009 bestandskräftig war und insoweit die Voraussetzungen einer Korrekturvorschrift im Streitfall nicht vorlagen.

  13. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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