BFH XI. Senat
UStG § 1 Abs 1 Nr 1 S 1, UStG § 1 Abs 2a S 3, UStG § 3a Abs 1, UStG § 3a Abs 5 S 1, UStG § 3a Abs 5 S 2 Nr 3, UStG § 18 Abs 4d, UStG § 3a Abs 3a, UStG § 3a Abs 4 Nr 14, EWGRL 388/77 Art 9 Abs 2 Buchst e, EWGRL 388/77 Art 9 Abs 2 Buchst f, EGRL 38/2002 , EGV 1777/2005 Art 11, EGRL 112/2006 Art 58, EUV 282/2011 Art 7
vorgehend FG Köln, 13. May 2014, Az: 9 K 3338/09
Leitsätze
1. Der Begriff "auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen" i.S. des Umsatzsteuerrechts umfasst Dienstleistungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre .
2. Diese Voraussetzungen sind in der Regel erfüllt, wenn ein Unternehmer auf einer Internet-Plattform seinen Mitgliedern gegen Entgelt eine Datenbank mit einer automatisierten Such- und Filterfunktion zur Kontaktaufnahme mit anderen Mitgliedern i.S. einer Partnervermittlung bereitstellt .
3. Erbringt ein Unternehmer mit Sitz im Drittland (hier: USA) derartige Leistungen an Nichtunternehmer (Verbraucher) mit Wohnort im Inland, so liegt der Leistungsort im Inland .
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14. Mai 2014 9 K 3338/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ab dem 1. Juli 2003 sonstige Leistungen auf elektronischem Weg i.S. des § 3a Abs. 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes (UStG a.F.) erbracht hat, so dass der Leistungsort gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland liegt. Ihre vor diesem Zeitpunkt ausgeführten Umsätze stehen nicht im Streit.
Die Klägerin ist eine in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ansässige Kapitalgesellschaft amerikanischen Rechts. Sie betreibt ihr Unternehmen von den USA aus und hat im Gemeinschaftsgebiet weder einen Sitz noch eine feste Niederlassung (Betriebsstätte).
Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2003 Kontaktbörsen (Communities) im Internet. Die entgeltliche Mitgliedschaft ihrer Kunden (User) berechtigte zum Zugriff auf persönliche Informationen anderer Mitglieder und ermöglichte eine Kontaktaufnahme i.S. einer Partnervermittlung.
Die Mitglieder konnten sich auf den Internetseiten der Klägerin über andere Mitglieder ihrer Community informieren, mit diesen kommunizieren und ggf. in Kontakt treten. Zu diesem Zweck waren auf den Webseiten schriftliche Mitglieder- und Videoprofile hinterlegt. Die Portale enthielten Suchfunktionen, mit denen andere Mitglieder nach bestimmten Kriterien herausgefiltert werden konnten. Auf den jeweiligen Portalen wurden verschiedene Möglichkeiten der Kontaktaufnahme genannt, um ein persönliches Treffen, das ‑‑wie bei Partner- und Freundschaftsvermittlungen üblich‑‑ ein wesentliches Ziel der Mitglieder darstellte, zu ermöglichen.
Darüber hinaus enthielten die Webseiten Nachrichtenmagazine mit Inhalten, die für die Mitglieder der Communities zugänglich waren. Ferner bestand für die Nutzer u.a. die Möglichkeit, sog. Chat-Räume zu besuchen.
Neben den verschiedenen Plattformen unterhielt die Klägerin Beschwerde-Hotlines sowie eine Abteilung, die die Mitgliederaktivitäten kontrollierte und Verletzungen der Privatsphäre oder sonstigem Missbrauch vorbeugte oder abhalf. Dabei wurden die Mitgliederprofile auf ihre Geeignetheit bzw. die Verletzung der Rechte anderer Mitglieder überprüft und unpassende oder missbräuchliche Profile deaktiviert.
Die Klägerin nahm an, der Ort der von ihr erbrachten Leistungen liege in den USA, und gab deshalb für die an ihre in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässigen Kunden ausgeführten Umsätze keine Umsatzsteuererklärungen ab.
Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) von den Leistungen der Klägerin erfahren hatte, setzte er im Umsatzsteuerbescheid für 2003 (Streitjahr) vom 4. Juli 2008 in der Annahme, der Ort der an deutsche Kunden erbrachten Leistungen liege seit dem 1. Juli 2003 gemäß § 3a Abs. 3a i.V.m. Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. im Inland, Umsatzsteuer fest; das FA schätzte dabei die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 der Abgabenordnung. Daraufhin reichte die Klägerin Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2003 bis 2007 sowie Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate Januar bis Juni 2008 ein (danach ist sie gemäß § 18 Abs. 4d des Umsatzsteuergesetzes ‑‑UStG‑‑ wegen Erklärung der Umsätze und Entrichtung der Steuer im Königreich der Niederlande im Inland nicht mehr erklärungspflichtig). Das FA erließ daraufhin am 17. September 2008 einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2003, der hinsichtlich des Zahlenwerks unstreitig ist.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Ort der von der Klägerin an deutsche Kunden gemäß § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen liege gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland.
Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1517 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. Sie trägt vor, der Ort ihrer an deutsche Kunden erbrachten Leistungen liege gemäß § 3a Abs. 1 UStG in den USA.
Der Begriff der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistung in § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. sei eng auszulegen. Die Regelbeispiele in Anhang L der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) bezögen sich auf einfache, erkennbar vollautomatisierte Leistungsvorgänge (z.B. vollautomatisierter Download von Programmen), d.h. nur auf Dienstleistungen, die ihrer Art nach ausschließlich elektronisch erbracht werden können.
Ihre Leistungen seien auch deshalb keine auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen, weil sie eine mehr als nur minimale menschliche Beteiligung erforderten. Die Überprüfung der Profile durch ihre besonders geschulten Mitarbeiter sei ein bedeutendes Element ihrer Leistung.
Es liege ferner keine "Bereitstellung einer Datenbank" i.S. des Anhangs L der Richtlinie 77/388/EWG vor. Denn es werde keine Suchmaschine bereitgestellt, die Suchergebnisse automatisiert durch sog. Webcrawler oder ähnliche Programme sammele.
Die Klägerin beantragt,
das FG-Urteil, die Umsatzsteuerbescheide 2003 vom 17. September 2008 und 4. Juli 2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 18. September 2009 aufzuheben und die Umsatzsteuer auf 0 € festzusetzen,
hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Es hält die Vorentscheidung für zutreffend. Die von der Klägerin befürwortete enge Auslegung finde im Gesetz keine Stütze.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Die Klägerin hat mit der Gewährung des Zugangs zu ihren Online-Communities an die zahlenden Mitglieder sonstige Leistungen gegen Entgelt ausgeführt. Diese wurden ab dem 1. Juli 2003 i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. "auf elektronischem Weg" erbracht und daher gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland ausgeführt. Die Einwendungen der Klägerin dringen nicht durch.
1. Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Eine sonstige Leistung wird nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der leistende Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG).
a) Seit dem 1. Juli 2003 (Art. 14 Abs. 2 des Steuervergünstigungsabbaugesetzes vom 16. Mai 2003, BGBl I 2003, 660) wird eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung (§ 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F.; jetzt: § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG) gemäß § 3a Abs. 3a UStG a.F. (jetzt: § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG) dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat, wenn dieser Empfänger kein Unternehmer ist und seinen Wohnsitz oder Sitz im Gemeinschaftsgebiet hat. Weitere Voraussetzung ist, dass die sonstige Leistung von einem Unternehmer ausgeführt wird, der ‑‑wie die Klägerin‑‑ im Drittlandsgebiet (§ 1 Abs. 2a Satz 3 UStG) ‑‑hier: USA‑‑ ansässig ist oder dort eine die Leistung ausführende Betriebsstätte hat.
b) § 3a Abs. 3a und Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. beruhen nach der Gesetzesbegründung (BRDrucks 866/02, S. 73) auf Art. 9 Abs. 2 Buchst. e zwölfter Gedankenstrich und Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 58 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ‑‑MwStSystRL‑‑).
Danach gilt als Ort, an dem auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen an nicht steuerpflichtige Personen erbracht werden, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind ..., der Ort, an dem die nicht steuerpflichtige Person ansässig ist ..., wenn die Dienstleistungen durch einen Steuerpflichtigen erbracht werden, der den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung, von der aus die Dienstleistung erbracht wird, außerhalb der Gemeinschaft hat.
aa) Diese unionsrechtliche Regelung wurde durch die Richtlinie 2002/38/EG des Rates vom 7. Mai 2002 zur Änderung und vorübergehenden Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der mehrwertsteuerlichen Behandlung der Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie bestimmter elektronisch erbrachter Dienstleistungen (Richtlinie 2002/38/EG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ‑‑ABlEG‑‑ Nr. L 128 vom 15. Mai 2002, S. 41) eingefügt und war von den Mitgliedstaaten bis zum 1. Juli 2003 umzusetzen (vgl. Art. 1 Nr. 1, Art. 3 Abs. 1 und Anhang der Richtlinie 2002/38/EG). Ziel war es, dass auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen in der Gemeinschaft besteuert werden, wenn sie gegen Entgelt erbracht und von Kunden mit Sitz in der Gemeinschaft verbraucht werden, und dass sie nicht besteuert werden, wenn sie außerhalb der Gemeinschaft verbraucht werden (Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 2002/38/EG; ebenso Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 3a, BRDrucks 866/02, S. 74).
bb) Zur Definition der elektronisch erbrachten Dienstleistungen sollten Beispiele für solche Dienstleistungen in einen Anhang dieser Richtlinie aufgenommen werden (Erwägungsgrund Nr. 4 der Richtlinie 2002/38/EG). In diesem Anhang (Anhang L der Richtlinie 77/388/EWG; jetzt im Wesentlichen inhaltsgleich: Anhang II MwStSystRL) war folgende Auflistung enthalten:
"ANHANG L
EXEMPLARISCHE AUFLISTUNG AUF ELEKTRONISCHEM WEGE ERBRACHTER DIENSTLEISTUNGEN IM SINNE VON ARTIKEL 9 ABSATZ 2 BUCHSTABE e)1.
Bereitstellung von Web-Sites, Web-hosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen.
2.
Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung.
3.
Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen sowie Bereitstellung von Datenbanken.
4.
Bereitstellung von Musik, Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien sowie von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung.
5.
Erbringung von Fernunterrichtsleistungen.
Kommunizieren der Erbringer einer Dienstleistung und sein Kunde über E-Mail miteinander, so bedeutet dies für sich gesehen nicht schon, dass die erbrachte Dienstleistung eine auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistung im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e) letzter Gedankenstrich wäre."
cc) Dieser Katalog findet sich auch in der Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. (vgl. BRDrucks 866/02, S. 74 f.).
c) Anders als die Klägerin meint, ist § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. nicht eng auszulegen.
Zwar legt ‑‑worauf die Klägerin hinweist‑‑ die Gesetzessystematik nahe, dass § 3a Abs. 4 UStG a.F. Ausnahmen zu dem in § 3a Abs. 1 UStG geregelten allgemeinen Grundsatz enthält.
Zum ‑‑hier letztlich relevanten‑‑ Verhältnis zwischen Art. 9 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) aber bereits entschieden, dass Abs. 1 keinen Vorrang gegenüber Abs. 2 hat. Es stellt sich vielmehr in jedem Einzelfall die Frage, ob eine der Bestimmungen des Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG einschlägig ist. Andernfalls gilt Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. z.B. EuGH-Urteile Dudda vom 26. September 1996 C-327/94, EU:C:1996:355, BStBl II 1998, 313, Rz 21; Kommission/ Deutschland vom 6. Dezember 2007 C-401/06, EU:C:2007:759, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2008, 117, Rz 30).
Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ist daher weder eng noch weit auszulegen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 29. August 2012 XI R 19/09, BFH/NV 2013, 272, Rz 8; ferner EuGH-Urteil SPI vom 15. März 2001 C-108/00, EU:C:2001:173, UR 2001, 204, Rz 17). Dies gilt auch für die Auslegung von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F.
2. Die von der Klägerin ‑‑nach den unstreitigen Feststellungen des FG aus dem Drittland (USA) an im Inland ansässige Nichtunternehmer (Verbraucher)‑‑ erbrachten sonstigen Leistungen wurden ab dem 1. Juli 2003 i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. "auf elektronischem Weg erbracht"; ihr Leistungsort liegt nach § 3a Abs. 3a UStG a.F. im Inland.
a) Die Bestimmung des Leistungsinhalts durch das FG ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Das FG hat ausgeführt, dass die Hauptleistung der Klägerin (für die der Kunde seine Mitgliedsbeiträge zahle) darin bestehe, dass es dem Kunden über die von der Klägerin auf ihren Plattformen (Communities) zur Verfügung gestellten Datenbanken mittels einer automatisierten Such- und Filterfunktion rein elektronisch und ohne menschliches Zutun ermöglicht wird, anhand eines von ihm zuvor eingegebenen Dateninputs die für ihn interessanten Mitglieder zum Zweck sexueller Kontakte herauszufinden oder sich selbst herausfinden zu lassen und dass die durch Mitarbeiter der Klägerin erbrachten Leistungselemente lediglich der Vorbereitung und der Sicherung dieser eigentlichen Hauptleistung dienen.
bb) Diese vom FG vorgenommene Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, weder widersprüchlich, lückenhaft oder mehrdeutig und verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Sie bindet damit den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2014 XI R 16/11, BFHE 248, 436, BStBl II 2015, 427, Rz 33; vom 12. August 2015 XI R 16/14, BFHE 251, 275, BFH/NV 2016, 346, Rz 32).
cc) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Klägerin den Mitgliedern ergänzend neben dem Zugang als solchem auch Chat-Räume und Nachrichtenmagazine zur Verfügung gestellt hat, wie das FG im Einzelnen ausgeführt hat. Die ergänzende Nutzung dieser Angebote ist ‑‑worauf die Klägerin zutreffend hinweist‑‑ in diesem Zusammenhang notwendigerweise Nebenleistung und für die Bestimmung des Leistungsortes nicht entscheidend.
b) Das FG ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen als "Bereitstellung von Datenbanken" (vgl. Anhang L Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG; BRDrucks 866/02, S. 74 f., Spiegelstrich Nr. 3 der Aufzählung) zu qualifizieren sind.
aa) Eine "Datenbank" ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind (vgl. z.B. die Definitionen in § 87a des Urheberrechtsgesetzes und in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, ABlEG Nr. L 77 vom 27. März 1996, S. 20). Unter den Begriff "Bereitstellung von Datenbanken" fällt z.B. die Benutzung von Suchmaschinen oder Internetverzeichnissen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 12. Juni 2003, BStBl I 2003, 375, unter II.3., Abs. 2 Nr. 5).
bb) Dies erfasst auch ‑‑wie im Streitfall‑‑ eine Sammlung und Bereitstellung von Mitgliederprofilen.
Dem steht ‑‑anders als die Klägerin meint‑‑ nicht entgegen, dass nach ihrem Vortrag die in den von ihr bereitgestellten Datenbanken enthaltenen Informationen ‑‑anders als bei (anderen) Internet-Suchmaschinen‑‑ nicht automatisiert durch Programme (z.B. Webcrawler) beschafft wurden.
cc) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das FG habe zur Begründung unzutreffend auf 2003 noch nicht geltende unionsrechtliche Bestimmungen der MwStSystRL abgestellt. Denn die "Bereitstellung einer Datenbank" wurde schon von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. erfasst (vgl. die Gesetzesbegründung in BRDrucks 866/02, S. 74 f., Spiegelstrich Nr. 3 der Aufzählung) und war ‑‑wie dargelegt‑‑ bereits seinerzeit vom Unionsrecht gedeckt.
c) Entgegen der Auffassung der Klägerin erfüllen die von ihr erbrachten Leistungen die Kriterien für "elektronisch erbrachte Dienstleistungen" nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom 17. Oktober 2005 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 77/388/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (VO (EG) Nr. 1777/2005; jetzt: Art. 7 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ‑‑DVO (EU) Nr. 282/2011‑‑).
aa) Nach Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 sind auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e zwölfter Gedankenstrich sowie von Anhang L der Richtlinie 77/388/EWG "Dienstleistungen, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre" (ebenso BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 375, unter II.2.; Abschn. 3a.12 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ‑‑UStAE‑‑; Kossack in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3a UStG Rz 117; Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 289 f.; Langer in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 3a Rz 210.50; Wäger in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3a Rz 321; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 76 Rz 171; Radeisen in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 3a Rz 842; Hundt-Eßwein in Küffner/Stöcker/Zugmaier, Umsatzsteuer, § 3a Rz 209; Lang in Weymüller, UStG, § 3a Rz 286).
bb) Art. 11 der VO (EG) Nr. 1777/2005 ist zwar erst am 1. Juli 2006 in Kraft getreten. Diese Bestimmung kann aber ‑‑anders als die Klägerin meint‑‑ auch im Streitfall zur Auslegung herangezogen werden. Denn sie klärt (rückwirkend) Begriffe, die sich seit deren Einführung in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG finden (vgl. dazu EuGH-Urteile Leichenich vom 15. November 2012 C-532/11, EU:C:2012:720, BStBl II 2013, 891, Rz 32; Welmory vom 16. Oktober 2014 C-605/12, EU:C:2014:2298, UR 2014, 937, Rz 45 f.; jeweils zur DVO (EU) Nr. 282/2011; BFH-Urteil vom 11. März 2004 VII R 20/01, BFH/NV 2004, 1305, unter 2.b cc, Rz 19).
cc) Die Klägerin hat i.S. von Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 ihre aufgrund deren Art im Wesentlichen automatisierten Leistungen über das Internet erbracht. Entgegen ihrer Auffassung erfolgte die Leistungserbringung im Streitfall ferner "nur mit minimaler menschlicher Beteiligung".
(1) Maßgeblich ist insoweit, ob eine "menschliche Beteiligung" den eigentlichen Leistungsvorgang betrifft. Deshalb stellen weder die (ursprüngliche) Inbetriebnahme des elektronischen Systems noch dessen Wartung eine wesentliche "menschliche Beteiligung" i.S. von Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 dar (Luther/Sailer, UR 2016, 81, 84). Nichts anderes gilt für die nach den Feststellungen des FG im Streitfall erfolgte Prüfung der Mitgliederprofile durch Mitarbeiter der Klägerin. Denn die Würdigung des FG, die durch Mitarbeiter der Klägerin erbrachten Leistungselemente dienten nur der Vorbereitung und der Sicherung der Hauptleistung (Gewährung des Zugangs zur Online-Community), ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
(2) Eine menschliche Beteiligung der Mitglieder (als Leistungsempfänger) an deren Suche nach anderen Mitgliedern ist nicht Teil der von der Klägerin (als leistende Unternehmerin) erbrachten Leistung und daher für die Beurteilung der Frage, ob eine Dienstleistung "nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt", nicht zu berücksichtigen.
(3) Dies entspricht auch Art. 11 Abs. 2 Buchst. c der VO (EG) Nr. 1777/2005 (jetzt: Art. 7 Abs. 2 Buchst. c der DVO (EU) Nr. 282/2011). Danach fallen unter den Begriff der "elektronisch erbrachten Dienstleistungen" (auch) "von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz auf der Grundlage spezifischer Dateninputs des Leistungsempfängers" (vgl. auch BFH-Beschluss vom 14. Mai 2008 V B 227/07, BFH/NV 2008, 1371, unter II.2.aa, Rz 17; BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 375, unter II.3., Abs. 1 Nr. 3; Abschn. 3a.12 Abs. 2 Nr. 3 UStAE; Lippross, a.a.O., S. 290; Kossack in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3a UStG Rz 117a; Hundt-Eßwein in Küffner/Stöcker/Zugmaier, a.a.O., § 3a Rz 209).
Die nach den Feststellungen des FG vollständig automatisierte Suche nach anderen Mitgliedern der jeweiligen Community entspricht diesem Leistungsbild.
dd) Schließlich waren die von der Klägerin erbrachten Dienstleistungen i.S. von Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1777/2005 "ohne Informationstechnologie nicht möglich". Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieselbe Leistung auch ohne Internetnutzung (z.B. im Rahmen einer Partnervermittlung) denkbar wäre.
Maßgeblich ist insoweit, wie die Ausführung der Leistung tatsächlich geschieht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1371, unter II.2.bb, Rz 19; Kossack in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3a UStG Rz 117b; Lange, UR 2000, 409; Vellen, UR 2003, 53, 56; Büchter-Hole, EFG 2008, 170, 172; Luther/Sailer, UR 2016, 81, 83). Dass es ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ nicht darauf ankommt, ob die Leistung ausschließlich auf elektronischem Weg erbracht werden kann, zeigen insbesondere die in Anhang L Nr. 2 bis 4 der Richtlinie 77/388/EWG (und in der Gesetzesbegründung; vgl. BRDrucks 866/02, S. 74 f.) aufgezählten Beispiele. So können z.B. Software, Musik, Filme und Spiele auf einem Datenträger sowie Bilder, Texte und andere Informationen auf Papier oder Datenträgern "bereitgestellt" werden. Fernunterrichtsleistungen können auch auf Papier erbracht werden.
Der ‑‑mit dem unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot begründeten‑‑ Ansicht, der Anwendungsbereich von § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. (jetzt: § 3a Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 UStG) beschränke sich auf solche Dienstleistungen, die "wesensgemäß nur auf elektronischem Wege ... erbracht werden können" (so Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 3a ‑‑bis 2009‑‑ Rz 339; § 3a Rz 592), vermag sich der erkennende Senat deshalb nicht anzuschließen.
d) Die Besteuerung der von der Klägerin erbrachten Leistungen im Inland steht auch in Einklang mit den Zielen der unionsrechtlichen Bestimmungen über den Ort der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen in Art. 9 der Richtlinie 77/388/EWG.
Diese Bestimmungen sollen Kompetenzkonflikte verhindern, die zu einer Doppelbesteuerung oder zu einer Nichtbesteuerung von Einnahmen führen könnten (ständige EuGH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile RCI Europe vom 3. September 2009 C-37/08, EU:C:2009:507, BFH/NV 2009, 1762, Rz 20; Welmory, EU:C:2014:2298, UR 2014, 937, Rz 42; WebMindLicences vom 17. Dezember 2015 C-419/14, EU:C:2015:832, UR 2016, 58, Rz 41) und gewährleisten, dass die Erhebung der Mehrwertsteuer nach Möglichkeit an dem Ort erfolgt, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil RCI Europe, EU:C:2009:507, BFH/NV 2009, 1762, Rz 39; ebenso Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 2002/38/EG; Gesetzesbegründung zu § 3a Abs. 3a UStG a.F., BRDrucks 866/02, S. 74). Die hier streitgegenständlichen Leistungen der Klägerin werden von den Mitgliedern im Inland in Anspruch genommen.
e) Aus dem EuGH-Urteil RCI Europe (EU:C:2009:507, BFH/NV 2009, 1762) ergibt sich nichts anderes, denn anders als die Klägerin meint, betrifft dieses Urteil einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.
3. Eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (vgl. zu den Voraussetzungen: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. August 2010 1 BvR 1631/08, Neue Juristische Wochenschrift 2011, 288, unter B.II.1.; BFH-Beschluss vom 1. April 2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372, Rz 14 f.) ist nicht geboten. Es ist Sache der nationalen Gerichte, die allein für die Würdigung des Sachverhalts zuständig sind, in Anbetracht der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls die wesentlichen Merkmale der in Rede stehenden Dienstleistung zum Zweck ihrer Einstufung nach der Richtlinie 77/388/EWG festzustellen (vgl. EuGH-Urteil Inter-Mark Group vom 27. Oktober 2011 C-530/09, EU:C:2011:697, BStBl II 2012, 160, Rz 32).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.