BFH V. Senat
UStG § 2 Abs 2 Nr 2, EWGRL 388/77 Art 4 Abs 4 UAbs 2
vorgehend FG München, 12. March 2013, Az: 3 K 235/10
Leitsätze
Neben einer juristischen Person kann auch eine Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind (Änderung der Rechtsprechung).
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 13. März 2013 3 K 235/10 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Aktiengesellschaft, als Organträger ‑‑ebenso wie eine andere Tochtergesellschaft‑‑ nichtsteuerbare Leistungen an zwei Tochter-Kommanditgesellschaften (KGs) als Organgesellschaften erbracht hat.
Die Klägerin war im Streitjahr 2001 Alleingesellschafterin der O-GmbH und der VuB-GmbH, die ab 1. Februar 2001 als B-GmbH firmierte. Die O-GmbH erbrachte als Servicegesellschaft Catering- und Reinigungsleistungen.
Geschäftsführer der O-GmbH war Herr K. K war zudem vertretungsbefugter Generalbevollmächtigter der Klägerin. Geschäftsführer der B-GmbH war Herr S. S war bei der Klägerin angestellt.
Die Klägerin war darüber hinaus Kommanditistin mit einem Kapitalanteil von 100 % bei der Kb-KG und der Gf-KG. Komplementär ohne Geschäftsanteil war jeweils die B-GmbH. Die Kb-KG war im Vorjahr aus einer formwechselnden Umwandlung der Kb-GmbH entstanden. Ebenso war es bei der Gf-KG, die Rechtsnachfolgerin der Gf-GmbH war.
Beide KGs betrieben Altenheime und erbrachten dabei Leistungen, die sie als umsatzsteuerfrei ansahen. Die Klägerin und ihre Tochtergesellschaft O-GmbH erbrachten Leistungen gegen Entgelt an beide KGs.
Durch Gesellschafterbeschlüsse vom 1. Februar 2001 brachte die Klägerin ihre Anteile an beiden KGs in die B-GmbH ein, wodurch es zu einer sog. Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beider KGs bei der B-GmbH kam.
Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) davon aus, dass die Klägerin und die mit ihr organschaftlich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verbundene O-GmbH umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die beiden KGs erbracht haben. Aufgrund der im Vorjahr erfolgten formwechselnden Umwandlungen seien die KGs ‑‑anders als die jeweilige GmbH vor der Umwandlung‑‑ nicht mehr als Organgesellschaften anzusehen. Daher lägen umsatzsteuerpflichtige Leistungen der Klägerin und ihrer Organgesellschaft, der O-GmbH, an die beiden KGs vor. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) in dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1434 veröffentlichten Urteil der Klage statt. In Bezug auf die beiden KGs lägen die Eingliederungsvoraussetzungen in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht vor. Dass die Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG juristische Person sein müsse, sei unbeachtlich, da diese Vorschrift unionsrechtskonform dahingehend zu erweitern sei, dass es sich bei der Organgesellschaft auch um eine Personengesellschaft in der hier vorliegenden Rechtsform der GmbH & Co. KG handeln könne. Es sei mit dem Grundsatz der Rechtsformneutralität in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) nicht vereinbar, die Wirkung der Organschaft auf juristische Personen als Organgesellschaft zu beschränken. Eine derartige Differenzierung sei auch nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) unzulässig.
Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Nach nationalem Recht seien die Voraussetzungen einer Organschaft nicht erfüllt. Die Einschränkung des Kreises der Organgesellschaften auf juristische Personen sei auch nicht unionsrechtswidrig. Der nationale Gesetzgeber dürfe Typisierungen vornehmen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 23. April 2014 das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des EuGH in der verbundenen Rechtssache C-108/14 Larentia + Minerva und C-109/14 Marenave Schiffahrt (Vorlagebeschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 11. Dezember 2013 XI R 17/11, BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417, und vom 11. Dezember 2013 XI R 38/12, BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428) angeordnet.
Mit Urteil vom 16. Juli 2015 (EU:C:2015:496) hat der EuGH in dieser verbundenen Rechtssache wie folgt entschieden:
"2.
Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, eine Gruppe von Personen zu bilden, die als ein Mehrwertsteuerpflichtiger behandelt werden können, allein den Einheiten vorbehält, die juristische Personen sind und mit dem Organträger dieser Gruppe durch ein Unterordnungsverhältnis verbunden sind, es sei denn, dass diese beiden Anforderungen Maßnahmen darstellen, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.
3.
Bei Art. 4 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass er unmittelbare Wirkung hat, so dass Steuerpflichtige dessen Inanspruchnahme gegenüber ihrem Mitgliedstaat geltend machen könnten, falls dessen Rechtsvorschriften nicht mit dieser Bestimmung vereinbar wären und nicht in mit ihr zu vereinbarender Weise ausgelegt werden könnten."
Das FA macht geltend, der Begriff der juristischen Person sei nicht auslegungsfähig. Das FG habe sich nicht mit der Frage befasst, ob eine Gleichstellung mit einer juristischen Person möglich sei, sondern sich damit begnügt, dass eine KG eingliederungsfähig sei. Die Beschränkung auf juristische Personen diene der Vermeidung der Steuerhinterziehung und der Steuerumgehung. Erforderlich seien Durchgriffsmöglichkeiten. Die steuerlich für die Organschaft verantwortliche Person müsse in der Lage sein, die Geschäfte der Gruppe zu steuern.
Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Die Einbeziehung der Tochterpersonenhandelsgesellschaft sei insbesondere aus Gründen des Unionsrechts und unter Berücksichtigung des Neutralitätsgrundsatzes geboten. Das nationale Recht sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine Differenzierung zwischen juristischer Person und sonstigen Einheiten nicht möglich sei. Maßgeblich seien die kapitalistische Struktur der GmbH & Co. KG und deren Nähe zur juristischen Person. Der Wortlaut setze der richtlinienkonformen Auslegung keine Grenzen. Dabei sei auch der Begriff des Zusammenschlusses in § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen. Diese Vorschrift sei auf Personengesellschaften anwendbar. Auf eine richtlinienkonforme Extension oder eine Gesetzesanalogie komme es insoweit nicht an. Die GmbH & Co. KG sei im Rahmen von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG einer juristischen Person gleichzusetzen. Der Gesetzgeber habe das Ziel der Gleichbehandlung nicht aus dem Blick verloren. Gleiches ergebe sich unter den Gesichtspunkten einer Rechtsfortbildung oder einer Analogie. Vorzugswürdig sei eine Gesamtanalogie zu beiden Alternativen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Die hierfür erforderliche planwidrige Regelungslücke ergebe sich aus der unzureichenden Umsetzung des Unionsrechts. Dem stehe das Rechtsstaatsprinzip nicht entgegen, da es sich um eine den Steuerpflichtigen begünstigende Regelung handele. Eine teleologische Extension spreche für ihre Rechtsauffassung. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erweitere denn Begriff der juristischen Person. Die Beschränkung auf juristische Personen verhindere weder missbräuchliche Praktiken noch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung. Dass eine Unterordnung diesen Zielen diene, sei nicht ersichtlich. Eine enge Verbundenheit reiche aus. Diese Verbundenheit liege vor. Sie sei einzige Gesellschafterin bei allen Gesellschaften gewesen und habe sich bei diesen in den Gesellschafterversammlungen jederzeit durchsetzen können.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG beschränkt die Organschaft auf die Eingliederung juristischer Personen. Dies ist wegen des bei Personengesellschaften grundsätzlich bestehenden Einstimmigkeitsprinzips auch sachlich gerechtfertigt. Eine aus Gründen der Rechtsformneutralität erforderliche Erweiterung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist mit Blick auf die mit dieser Vorschrift getroffene gesetzgeberische Grundentscheidung nur in engem Umfang und deshalb lediglich bei den Personengesellschaften möglich, bei denen Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Unionsrecht. Im zweiten Rechtsgang sind weitere Feststellungen zum Gesellschafterkreis der Personengesellschaften zu treffen.
1. Die Organschaft setzt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Eingliederung einer juristischen Person voraus und schließt damit die Personengesellschaft aus dem Kreis der eingliederbaren Personen aus.
a) Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).
Die Organschaft dient der Verwaltungsvereinfachung (BTDrucks V/48 § 2; BTDrucks IV/1590, S. 36; zum gesetzlichen Festhalten an der vorkonstitutionellen Organschaft des UStG 1934, RStBl 1934, 1549 ff.; zum Vereinfachungszweck vgl. Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rz 784, und zum Unionsrecht EuGH-Urteil Larentia + Minerva (EU:C:2015:496, Rz 41). Da anhand der Organschaft über die Person des Steuerschuldners zu entscheiden ist, müssen die Voraussetzungen hierfür rechtssicher ausgestaltet sein (BFH-Urteil vom 22. April 2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, unter II.3.b bb, und zum Unionsrecht EuGH-Urteil Tomoiagă vom 9. Juli 2015, C-144/14, EU:C:2015:452, Rz 34 f.). Das verhindert rechtliche Irrtümer und damit verbundene Steuerumgehungen (vgl. allgemein EuGH-Urteil Larentia + Minerva, EU:C:2015:496, Rz 41).
b) § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG definiert den Begriff der juristischen Person nicht.
aa) Mangels eigenständiger steuerrechtlicher Begriffsbildung ist das zivil- und gesellschaftsrechtliche Verständnis der juristischen Person maßgeblich. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verwendet mit der "juristischen Person" eine im Zivilrecht geläufige Terminologie und nimmt den darin ausgedrückten Tatbestand auf (vgl. BVerfG-Beschluss vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90, BStBl II 1992, 212, unter 1.a cc)). Juristische Person ist daher eine Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, wie etwa eine GmbH (vgl. § 13 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ‑‑GmbHG‑‑) oder eine Aktiengesellschaft (§ 1 Abs. 1 des Aktiengesetzes ‑‑AktG‑‑).
bb) Nicht zu den juristischen Personen gehören Personenhandelsgesellschaften wie OHG oder KG. Diese können zwar unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs ‑‑HGB‑‑), begründen diese aber nicht aufgrund einer eigenen Rechtspersönlichkeit (vgl. § 1 Abs. 1 AktG).
Hieran hat sich durch das gewandelte Verständnis zur Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft nichts geändert. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Personenhandelsgesellschaft kein gegenüber ihren Gesellschaftern verschiedenes Rechtssubjekt war, so dass "Träger der im Namen der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten" die "gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter" waren (so z.B. noch BGH-Urteil vom 24. Januar 1990 IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127). Demgegenüber erkennt der BGH nunmehr die Rechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (BGH-Urteil vom 29. Januar 2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, Leitsatz; vgl. zur Personenhandelsgesellschaft BGH-Urteil vom 5. März 2008 IV ZR 89/07, BGHZ 175, 374, unter II.2.a(3)). Wie der BGH aber zugleich ausdrücklich klargestellt hat, wird die Personengesellschaft durch die Anerkennung dieser Rechtsfähigkeit nicht zur juristischen Person (BGH-Urteil in BGHZ 146, 341, unter A.I.4., Rz 13; vgl. auch EuGH-Urteil Larentia + Minerva, EU:C:2015:496, Rz 37).
c) Die Eingliederung einer Personengesellschaft kommt nicht entsprechend früherer BFH-Rechtsprechung aufgrund eines organschaftsähnlichen Verhältnisses in Betracht.
aa) Der BFH ist in seiner Rechtsprechung zunächst davon ausgegangen, dass zwischen einem Gesellschafter und seiner Personenhandelsgesellschaft ein sog. organschaftsähnliches Verhältnis bestehen könne. Die sich hieraus ergebende Unselbständigkeit beruhte auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wobei sich der BFH für die Bestimmung der Unselbständigkeit an § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und damit an den Voraussetzungen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung orientierte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. November 1964 V 245/61 S, BFHE 81, 506, BStBl III 1965, 182).
bb) Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat später aufgegeben und entschieden, dass eine Personengesellschaft des Handelsrechts nicht i.S. von § 2 Abs. 2 UStG unselbständig sein kann (BFH-Urteil vom 8. Februar 1979 V R 101/78, BFHE 127, 267, BStBl II 1979, 362). Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Erwägungsgründe des historischen Gesetzgebers, nach denen der "Begriff der Organschaft ... nur noch bei juristischen Personen anwendbar" ist, entschied der Senat, dass eine Ausdehnung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auf "nichtrechtsfähige Personenvereinigungen" dem Wortlaut des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers widerspricht.
cc) Der erkennende Senat hält an seinem Urteil in BFHE 127, 267, BStBl II 1979, 362 im Interesse einer einfachen und rechtssicheren Bestimmung des Steuerschuldners für den Organträger im Grundsatz weiter fest (vgl. auch zu § 13b UStG BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128, unter II.3.a):
(1) Einfach und rechtssicher kann über die finanzielle Eingliederung als Voraussetzung für die Organschaft entschieden werden, wenn der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschluss in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. zuletzt BFH-Urteil vom 8. August 2013 V R 18/13, BFHE 242, 433, unter II.2.a, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Maßgeblich ist im Regelfall die einfache Stimmenmehrheit bei der Beschlussfassung der Gesellschafter, so dass eine Beteiligung von mehr als 50 v.H. der Stimmrechte in der Organgesellschaft ausreicht, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für die allgemeine Beschlussfassung in der Organgesellschaft erforderlich ist (BFH-Urteil in BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597, unter II.2., m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Weicht die kapitalmäßige Beteiligung von den Stimmrechten ab (z.B. aufgrund "stimmrechtsloser Geschäftsanteile" bei der GmbH oder aufgrund von "Vorzugsaktien" ohne Stimmrecht bei der Aktiengesellschaft), ist auf das Verhältnis der gesellschaftsrechtlichen Stimmrechte abzustellen. Im Interesse der Rechtsklarheit sind Stimmbindungsvereinbarungen oder Stimmrechtsvollmachten dabei grundsätzlich ohne Bedeutung. Dementsprechend hat der BFH eine finanzielle Eingliederung auf der Grundlage derartiger Rechtsgeschäfte in der Vergangenheit nicht bejaht (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167, unter II.1.b, und vom 30. April 2009 V R 3/08, BFHE 226, 144, BStBl II 2013, 873, unter II.2.b cc). "Stimmbindungsvereinbarungen" und "Stimmrechtsvollmachten" können bei der Prüfung der finanziellen Eingliederung somit nur zu berücksichtigen sein, wenn sie sich ausschließlich aus Regelungen der Satzung wie etwa bei einer Einräumung von Mehrfachstimmrechten ("Geschäftsanteil mit Mehrstimmrecht") ergeben.
(2) Während über die finanzielle Eingliederung einer juristischen Person rechtssicher, einfach und ohne Nachweisschwierigkeiten entschieden werden kann, trifft dies auf die Personengesellschaft nicht zu:
(a) Das gesellschaftsrechtliche Stimmrecht beruht bei juristischen Personen auf den Regelungen der notariell zu beurkundenden Satzung (vgl. zur GmbH § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG und zur Aktiengesellschaft § 23 und §§ 8 ff., insbesondere § 12 AktG). Die den Gesellschaftern obliegenden Entscheidungen sind bei den juristischen Personen nach dem Mehrheitsprinzip zu treffen (§ 47 Abs. 1 GmbHG und § 133 Abs. 1 AktG). Daher ist es dem Gesellschafter, der über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, möglich, seinen Willen in der Gesellschaft durchzusetzen.
Die Übertragung von Geschäftsanteil und Aktie und des mit ihnen verbundenen Stimmrechts ist zudem rechtssicher nachvollziehbar (vgl. bei der GmbH § 15 Abs. 3 GmbHG und bei der Aktiengesellschaft § 67 AktG und die Inhaberschaft am Wertpapier). Zudem bestehen für Mehrheitsbeteiligungen Meldepflichten (vgl. § 20 Abs. 4 AktG).
(b) Demgegenüber gilt bei den Personengesellschaften das Einstimmigkeitsprinzip (vgl. § 709 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑ zur GbR, § 119 Abs. 1 HGB zur OHG und § 161 Abs. 2 HGB zur KG). Ein hiervon abweichendes Mehrheitsprinzip steht einer Mehrheitsentscheidung durch nur einen Gesellschafter entgegen, da dann im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu entscheiden sein soll (vgl. § 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB). Selbst wenn aufgrund darüber hinaus abweichender Regelungen ein Gesellschafter Mehrheitsentscheidungen durchsetzen kann, bestehen zumindest Nachweisschwierigkeiten. Denn abgesehen von Sonderfällen wie etwa der Einbringung von Grundstücken in eine Gesamthand (vgl. § 311b BGB) besteht für den Abschluss und die Änderung von Gesellschaftsverträgen bei Personengesellschaften keinerlei Formzwang. Gesellschaftsvertragliche Stimmrechtsvereinbarungen, die von den §§ 709 BGB und 119 HGB abweichen, können daher auch mündlich getroffen und geändert werden (zur formlosen Änderung trotz Schriftformklausel vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 I R 115/95, BFHE 181, 281, BStBl II 1997, 138, Leitsätze 1 und 2).
Im Kontext des nationalen Rechts, in dem über die Organschaft ohne besonderes Feststellungsverfahren mit Rückwirkung für alle unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung) stehenden Besteuerungszeiträume der Vergangenheit in jedem Stadium des Besteuerungs- oder Rechtsbehelfsverfahrens neu entschieden werden kann, besteht damit bei Personengesellschaften im Allgemeinen keine hinreichende Grundlage, um die Person des Steuerschuldners einfach und rechtssicher bestimmen zu können (vgl. auch die Grundsatzentscheidung des Senats vom 2. Dezember 2015 V R 15/14, von der ein anonymisierter Abdruck beiliegt). Über die Organschaft und die mit ihr ‑‑wie im Streitfall‑‑ erstrebten günstigen Rechtsfolgen kann auch aus Gründen der allgemeinen Missbrauchsprävention nicht mit Wirkung für die Vergangenheit nach Maßgabe von Vereinbarungen entschieden werden, die nahestehende Personen z.B. mündlich getroffen haben (wollen). Unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit folgt daraus nicht, dass sie auch Grundlage für die Besteuerung sein müssen.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass an die ‑‑aufgrund der Organschaft vom Zivilrecht abweichende‑‑ Feststellung des Steuerschuldners höhere Anforderungen zu stellen sind, als bei der bloßen Prüfung, ob z.B. Leistungen gegen Entgelt i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt werden. Denn das nationale Recht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) und das Unionsrecht (Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG; Art. 11 MwStSystRL) behandeln die verbundenen Personen zusammen als einen Steuerpflichtigen, wobei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Steuerpflicht ausschließlich auf den Organträger verlagert, indem die juristische Person gegenüber dem Organträger als unselbständig angesehen wird.
2. Trotz des vom nationalen Gesetzgeber grundsätzlich vorgesehenen Ausschlusses der Personengesellschaft aus dem Kreis der eingliederungsfähigen Personen, kann die Personengesellschaft ausnahmsweise auf der Grundlage einer teleologischen Erweiterung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wie eine juristische Person als eingegliedert angesehen werden. Erforderlich ist, dass die finanzielle Eingliederung wie bei einer juristischen Person zu bejahen ist. Dies setzt voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, so dass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei ‑‑der stets möglichen‑‑ Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist.
a) "Teleologische Extension" (BFH-Urteil vom 11. Februar 2010 V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873, unter II.) setzt eine Regelungslücke voraus. Die Norm muss gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig sein. Ihre Ergänzung darf nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen. Dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus. Ihre Unvollständigkeit erschließt sich vielmehr aus dem gesetzesimmanenten Zweck und kann auch bei einem eindeutigen Wortlaut vorliegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873, unter II.5.a, und vom 21. Februar 2013 V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529, unter II.4.b bb, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Die Gesetzeslücke ist in einer dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik entsprechenden Weise durch Analogie, teleologische Extension oder Reduktion zu schließen (BFH-Urteil in BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873, unter II.5.a). Dies ist Aufgabe der Fachgerichte (vgl. z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1990 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6, Neue Juristische Wochenschrift 1990, 1593, unter C.I.1.).
b) Die teleologische Extension einer umsatzsteuerrechtlichen Norm kann auch aus Gründen des Verfassungsrechts notwendig sein.
aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG wie auch des erkennenden Senats ist die Bindung an die Grundrechte des Grundgesetzes (GG) auch im Bereich der unionsrechtlich harmonisierten Umsatzbesteuerung zu beachten, soweit das Unionsrecht "den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum einräumt" (BVerfG-Beschluss vom 20. März 2013 1 BvR 3063/10, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2013, 468, unter III.1.; BFH-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 4/09, BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590, unter II.4.e).
Daher sind im Bereich der Organschaft auch verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten. Zwar beruht die Organschaft unionsrechtlich auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Nach der Rechtsprechung des EuGH bedarf die sich aus der Richtlinie ergebende Voraussetzung der engen Verbindungen aber einer Präzisierung auf nationaler Ebene durch nationale Rechtsvorschriften, die den konkreten Umfang solcher Verbindungen bestimmen (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496, Rz 50).
Übt der nationale Gesetzgeber daher die sich aus Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ergebende Regelungsermächtigung aus, hat er somit im Rahmen der zu seinen Gunsten bestehenden Regelungs- und Präzisierungsbefugnisse die allgemeinen verfassungsrechtlichen Bindungen zu beachten.
bb) Zielt der "umsatzsteuerrechtliche Belastungsgrund ... auf die umsatzsteuerliche Erfassung jedes Unternehmers, mag dieser in der Rechtsform einer juristischen Person, in der Rechtsform einer gewerblichen Personengesellschaft oder als freiberuflich Tätiger Umsätze erbringen (...)" (BVerfG-Beschluss in UR 2013, 468, unter III.2.a aa), so ist es gleichwohl mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn z.B. nur Freiberufler-Personenunternehmen, die weder buchführungspflichtig sind noch freiwillig Bücher führen, nicht aber auch buchführungspflichtige Freiberufler-Kapitalgesellschaften die Vorteile der Ist-Besteuerung in Anspruch nehmen können. Denn deren Anwendungsbereich beruht nicht auf "einer allein rechtsformbezogenen Differenzierung", sondern hängt nach § 20 Satz 1 UStG maßgebend davon ab, ob die Unternehmen Bücher führen (BVerfG-Beschluss in UR 2013, 468, unter III.3. zum Senatsurteil in BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590, unter II.3.b cc 4., in Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 22. Juli 1999 V R 51/98, BFHE 189, 211, BStBl II 1999, 630).
So wie das Gebot einer rechtsformneutralen Besteuerung unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Gesetzeszwecks den Anwendungsbereich einer gesetzlichen Vorschrift einzuschränken vermag (vgl. das Senatsurteil in BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590, unter II.3.b cc (4), zur Einschränkung von § 20 Abs. 1 Nr. 3 UStG a.F. auf die Unternehmer, die auch freiwillig keine Bücher führen), kann es ‑‑umgekehrt‑‑ den Regelungsbereich einer nach ihrem Gesetzeswortlaut zu eng gefassten Norm erweitern.
c) Danach ist § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG teleologisch erweiternd auszulegen:
aa) § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG stellt mit dem Erfordernis der Eingliederung einer juristischen Person nur vordergründig auf ein rechtsformbezogenes Merkmal ab, das aber nach dem Normzweck dieser Regelung dazu dient, die Voraussetzungen der Organschaft leicht und einfach festzustellen und damit zu der mit der Organschaft angestrebten Verwaltungsvereinfachung und Missbrauchsvermeidung (s. oben unter II.1.c cc (2) (b)) beiträgt. Dementsprechend trifft das Gesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG grundsätzlich eine sachlich vertretbare Unterscheidung danach, ob die einzugliedernde Gesellschaft eine juristische Person ist und verstößt deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Erlauben die mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verfolgten Regelungsziele unter Berücksichtigung der Besonderheiten des nationalen Gesellschaftsrechts im Allgemeinen die Begrenzung auf eingegliederte juristische Personen und damit einen Ausschluss der Personengesellschaft (s. oben II.1.c cc (2) (b)), rechtfertigt dies nicht den Ausschluss der Personengesellschaften, bei denen das dort grundsätzlich bestehende Einstimmungsprinzip (s. oben II.1.c cc (2) (b)) von vornherein ohne Bedeutung ist und daher bereits abstrakt einer finanziellen Eingliederung nicht entgegenstehen kann. Ein Ausschluss auch derartiger Personengesellschaften ist mit dem ‑‑auf die Beschränkung juristischer Personen verfolgten‑‑ Regelungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht zu vereinbaren. Damit liegt eine Regelungslücke vor, da ein bestimmter Sachbereich zwar gesetzlich geregelt ist, aber keine Vorschrift für die Fälle enthält, die nach dem Grundgedanken und dem System des Gesetzes hätten mitgeregelt werden müssen. Es handelt sich daher um eine Regelung, die gemessen an ihrem Zweck unvollständig und ergänzungsbedürftig ist.
bb) Die bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehende Gesetzeslücke ist entsprechend dem Gesetzeszweck in der Weise zu schließen, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erweiternd auch auf die Personengesellschaft anzuwenden ist, bei der neben dem Organträger Gesellschafter nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind (Änderung der Rechtsprechung). Trifft dies auf alle Gesellschafter der Personengesellschaft zu, kann der Organträger seinen Willen durchsetzen, so dass dem allgemeinen Einstimmigkeitsprinzip bei der Personengesellschaft (s. oben II.1.c cc (2) (b)) von vornherein keine Bedeutung zukommt. Denn sind die Mitgesellschafter bei der Personengesellschaft finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert, ist das bei der Personengesellschaft grundsätzlich bestehende Einstimmigkeitserfordernis allgemein ungeeignet, einer Willensdurchsetzung des Organträgers bei der Organgesellschaft entgegenzustehen. Ist neben dem Organträger z.B. eine Personengesellschaft Mitgesellschafter, kommt es dementsprechend darauf an, dass auch in Bezug auf deren Gesellschafter eine finanzielle Eingliederung ausnahmslos ‑‑in einer bis zum Organträger reichenden Organkette‑‑ zu bejahen ist.
Dies steht nicht im Widerspruch zu der vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung der Organschaft auf bestimmte Tatbestände, sondern erweitert den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur unter strikter Beachtung der dieser Vorschrift zugrunde liegenden Wertungen der Rechtssicherheit, Verwaltungsvereinfachung und Missbrauchsvermeidung.
cc) Der erkennende Senat weicht damit nicht von der Rechtsprechung des XI. Senats des BFH ab. Soweit dieser in seinen Vorlagebeschlüssen in BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417, und in BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428 davon ausgegangen ist, dass eine Personengesellschaft nicht Organgesellschaft sein kann, haben diese Entscheidungen, denen kein abschließender Charakter zukommt, keine Bindungswirkung (vgl. z.B. Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 28a; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 4). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es um die Beurteilung im Anschluss an das auf die BFH-Vorlage ergangene EuGH-Urteil geht.
3. Eine weitergehende Organschaft, die allgemein eine Eingliederung von Personengesellschaften ermöglichen würde, ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht.
a) Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Diese Regelung dient der "Verwaltungsvereinfachung" und der "Verhinderung bestimmter Missbräuche" (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496, Rz 40).
b) Der Steuerpflichtige kann sich gegenüber dem nationalen Recht nicht auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen.
aa) Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt "nicht die Voraussetzungen, um unmittelbare Wirkung zu entfalten", sondern hat nur "bedingten Charakter". Dies beruht darauf, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene enge Verbindung in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht einer "Präzisierung auf nationaler Ebene" bedarf und die "Anwendung nationaler Rechtsvorschriften voraussetzt, die den konkreten Umfang dieser Verbindungen bestimmen" (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496, Rz 50 f.).
bb) Entscheiden sich Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dafür, Regelungen zur Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen zu schaffen, haben sie bei der Ausübung der ihnen zustehenden Präzisierungsbefugnis die hierfür unionsrechtlich bestehenden Anforderungen zu berücksichtigen.
(1) Die Mitgliedstaaten haben zu beachten, dass sie die nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG mögliche Zusammenfassung zu einem Steuerpflichten nicht von weiteren als den in dieser Bestimmung genannten Bedingungen abhängig machen dürfen (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496, Rz 38) und dass das Unionsrecht die Regelung zur Mehrwertsteuergruppe nicht allein den Einheiten vorbehält, die juristische Person sind (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496, Leitsatz 2). Auf eine Unterordnung darf nur ausnahmsweise abgestellt werden, etwa wenn dies zur z.B. "Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen" erforderlich und geeignet ist (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496, Rz 39 ff.). Hierüber hat das nationale Gericht zu entscheiden (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496, Rz 43).
(2) Die auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG getroffenen Regelungen haben ‑‑wie stets‑‑ den Grundsatz der Rechtssicherheit zu beachten. Danach müssen "die Vorschriften des Unionsrechts eindeutig sein" und ihre Anwendung muss für die Betroffenen vorhersehbar sein, "wobei dieses Gebot der Rechtssicherheit in besonderem Maß gilt, wenn es sich um Vorschriften handelt, die finanzielle Konsequenzen haben können, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch diese Vorschriften auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen". Zudem "müssen die Rechtsnormen der Mitgliedstaaten auf den vom Unionsrecht erfassten Gebieten eindeutig formuliert sein, so dass den betroffenen Personen die klare und genaue Kenntnis ihrer Rechte und Pflichten ermöglicht wird, und die innerstaatlichen Gerichte in die Lage versetzt werden, deren Einhaltung sicherzustellen" (EuGH-Urteil Tomoiagă, EU:C:2015:452, Rz 35, m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung). Bei der Regelung zur Organschaft als Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen handelt es sich aufgrund der damit verbundenen Verlagerung der Steuerschuld von der Organgesellschaft auf den Organträger "um Vorschriften ..., die finanzielle Konsequenzen haben können".
c) Unter Berücksichtigung dieser Erfordernisse besteht für den nationalen Gesetzgeber eine hinreichende unionsrechtliche Grundlage, die Regelung zur Organschaft im Grundsatz auf die Eingliederung juristischer Personen zu beschränken.
aa) Die Einschränkung der Organschaft auf die Eingliederung juristischer Personen dient nicht dazu, die Umsatzbesteuerung rechtsformabhängig auszugestalten, sondern soll den unionsrechtlich auch vom EuGH anerkannten Präzisierungsvorbehalt rechtssicher ausfüllen (s. oben unter II.1.c cc).
bb) Kann aufgrund der Besonderheiten des nationalen Gesellschaftsrechts im Regelfall nur bei juristischen Personen mit der erforderlichen Klarheit und damit rechtssicher über die Eingliederungsvoraussetzungen entschieden werden (s. oben II.1.c cc), rechtfertigt dies die grundsätzliche Einschränkung auf eine Eingliederung juristischer Personen. Zudem trägt der erkennende Senat den Erfordernissen des Unionsrechts, insbesondere dem Ziel einer im Grundsatz rechtsformneutralen Besteuerung (s. oben II.2.c), dadurch Rechnung, dass er in Sonderfällen, in denen die Eingliederungsvoraussetzungen auch in Bezug auf Tochterpersonengesellschaften zweifelsfrei vorliegen, § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG teleologisch erweiternd auslegt (s. oben II.2.c).
4. Danach hat das FG im Streitfall die Eingliederung der beiden KGs zu Unrecht aufgrund einer allgemeinen Gleichstellung von juristischen Personen und Personengesellschaften bejaht. Beide KGs sind indes nur dann Organgesellschaften der Klägerin, wenn z.B. neben der Klägerin als mögliche Organträgerin nur die B-GmbH als Gesellschafterin an den beiden KGs beteiligt gewesen wäre und in Bezug auf die B-GmbH eine finanzielle Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin besteht. Zwar erscheint dies nach Aktenlage möglich, jedoch bestehen noch Unklarheiten in Bezug auf die zahlreichen Umwandlungsvorgänge. Daher sind ausdrückliche Feststellungen zum Gesellschafterkreis der beiden KGs und der finanziellen Eingliederung dieser Gesellschafter in das Unternehmen der Klägerin nachzuholen.
5. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.