BFH VIII. Senat
EStG § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b, EStG VZ 2008
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 16. January 2012, Az: 2 K 1726/10
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Januar 2012 2 K 1726/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über den Umfang des Abzugs von Raumkosten einer Klavierpädagogin und Pianistin.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte im Streitjahr 2008 Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Ihren Gewinn, der sich im Streitjahr auf 14.518,94 € belief, ermittelte sie gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Einnahmenüberschussrechnung. Die Einnahmen setzten sich im Wesentlichen aus Honoraren für von der Klägerin erteilten Klavierunterricht und ihre Tätigkeit als Konzertpianistin zusammen. In den geltend gemachten Betriebsausgaben waren die streitigen Aufwendungen für das sog. Klavierstudio in Höhe von 2.492,29 € erfasst, in dem die Klägerin ihre Privatschüler und ‑‑im Zusammenhang mit Schwerpunktthemen und Wettbewerbsvorbereitungen‑‑ auch Schüler der Kreismusikschule, deren Unterricht im Übrigen in Räumen der Kreismusikschule stattfand, unterrichtete.
Das sog. Klavierstudio befindet sich im Erdgeschoss des von der Klägerin zu Wohnzwecken genutzten Objektes. Ihm vorgelagert ist eine als Wartebereich genutzte Diele sowie ein Sanitärbereich. Das Haus der Klägerin ist über eine Haustür zugänglich, die in den Eingangsbereich führt. Dieser eröffnet zum einen den Zugang zu dem durch eine Tür abgetrennten Vorraum sowie im Weiteren zu der als Warteraum genutzten Diele. Der Eingangsbereich eröffnet zum anderen über eine Treppe den Zugang zu den im Obergeschoss des Hauses liegenden Wohnräumen der Klägerin.
Das sog. Klavierstudio ist mit einem Klavier, einem Konzertflügel, Stühlen sowie Schränken und Kommoden, in denen Bücher und Noten verwahrt werden, ausgestattet.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) erkannte die streitigen Raumkosten zunächst insgesamt nicht an. Erst in dem hiergegen gerichteten Klageverfahren erließ das FA am 2. März 2011 einen Einkommensteueränderungsbescheid, in dem es die streitigen Aufwendungen in Höhe von 1.250 € berücksichtigte.
Das Finanzgericht (FG) hat die darüber hinausgehende Klage mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 592 veröffentlichten Urteil vom 17. Januar 2012 2 K 1726/10 abgewiesen. Es hat das Klavierstudio als häusliches Arbeitszimmer qualifiziert und keine weiteren Raumkosten abgezogen, weil im Streitfall kein Tätigkeitsmittelpunkt festgestellt werden könne.
Die vom Senat zugelassene Revision begründet die Klägerin mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz aufzuheben und den Einkommensteueränderungsbescheid vom 2. März 2011 dahin zu ändern, dass weitere Raumkosten in Höhe von 1.242,29 € als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit berücksichtigt werden.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abzug der Aufwendungen für das sog. Klavierstudio über den bereits berücksichtigten Betrag in Höhe von 1.250 € hinaus. Die Beurteilung des FG, bei dem sog. Klavierstudio handele es sich um ein häusliches Arbeitszimmer, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie dessen Auffassung, ein Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Klägerin sei nicht feststellbar.
1. Das FG konnte auf der Grundlage seiner Feststellungen, an die der Senat gebunden ist, zu der Auffassung gelangen, dass das sog. Klavierstudio als häusliches Arbeitszimmer zu beurteilen ist.
a) Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben abziehen. Dies gilt nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).
Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt; seine Grenzen sind fließend und es gibt Übergangsformen (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 2012 VIII R 44/10, BFH/NV 2013, 359; vom 13. April 2010 VIII R 27/08, BFH/NV 2010, 2038; vom 9. August 2011 VIII R 4/09, BFH/NV 2012, 200; Senatsbeschluss vom 27. Juni 2011 VIII B 22/10, BFH/NV 2011, 1682). Entscheidend ist das Gesamtbild (Senatsurteile in BFH/NV 2012, 200; in BFH/NV 2013, 359; Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 22. November 2006 X R 1/05, BFHE 216, 110, BStBl II 2007, 304).
Im Einzelnen wird unter einem häuslichen Arbeitszimmer ein Raum verstanden, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist. Die Ausstattung mit einem Schreibtisch ist indessen nicht zwingend erforderlich; der Begriff des Arbeitszimmers ist auch nicht so zu verstehen, dass er lediglich solche Räume erfasst, die nach ihrer Funktion und Ausstattung nur zur büromäßigen Erledigung der vorstehend genannten konzeptionellen und organisatorischen Arbeiten bestimmt sind. Ebenso wenig muss der Raum für die Verrichtung menschlicher Arbeit von einer gewissen Dauer hergerichtet sein (z.B. Senatsurteile in BFH/NV 2013, 359; in BFH/NV 2012, 200; BFH-Beschluss vom 28. Juni 2006 IV B 75/05, BFH/NV 2006, 2243).
b) Das FG hat unter Anwendung dieser Grundsätze in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das sog. Klavierstudio als häusliches Arbeitszimmer qualifiziert. Die dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Würdigung der Räumlichkeiten unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten, der Ausstattung des Studios sowie dessen Funktionszuweisung und Nutzung widerspricht weder Denkgesetzen noch allgemeinen Erfahrungssätzen; sie ist möglich und bindet den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO.
aa) Das FG konnte im Rahmen der ihm obliegenden Tatsachenwürdigung zu der Annahme gelangen, dass das sog. Klavierstudio in die häusliche Sphäre des von der Klägerin genutzten Einfamilienhauses eingebunden ist, denn es weist einen engen räumlichen Bezug zu den von der Klägerin zu Wohnzwecken genutzten Bereichen aus.
Eine Durchbrechung des inneren Zusammenhangs eines Arbeitszimmers mit den in demselben Gebäude gelegenen Wohnräumen setzt regelmäßig voraus, dass das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen ist, da nur in diesem Fall die räumliche Trennung zwischen Arbeitszimmer und Wohnhaus so stark ausgeprägt ist, dass der Zusammenhang zur häuslichen Sphäre gelöst wird. Dementsprechend erfordert die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers keine unmittelbare Verbindung des Arbeitszimmers zur Wohnung; auch Mansardenzimmer oder Kellerräume im selben Haus stehen als Zubehörräume zu der Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sie als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt (z.B. Senatsurteil vom 15. Januar 2013 VIII R 7/10, BFHE 240, 121, BStBl II 2013, 374). Sogar die Lage der Räume in einem Anbau, der nicht vom Wohnhaus aus, sondern nur über einen separaten, straßenabgewandten Eingang vom Garten aus betreten werden kann (BFH-Urteil vom 13. November 2002 VI R 164/00, BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350), genügt noch für die Einbindung in die häusliche Sphäre (z.B. Senatsurteil in BFHE 240, 121, BStBl II 2013, 374).
Ausweislich der Grundrisszeichnung, auf die das FG Bezug genommen hat, ist das sog. Klavierstudio nicht unmittelbar über einen separaten Hauseingang zugänglich. Auch wenn ein solcher keine zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Raumes mit betriebsstättenähnlichem Gepräge ist, so muss sich ein solcher Eingangsbereich jedoch erkennbar von den ansonsten privat genutzten Räumlichkeiten absetzen und darf ‑‑abgesehen von einer Tür‑‑ keine räumliche Verbindung zu diesen aufweisen (vgl. zum gemeinsamen Eingangsbereich in Form eines Windfanges im Fall einer sog. Notfallpraxis BFH-Urteil vom 20. November 2003 IV R 3/02, BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203).
Vorliegend fehlt es an einer hinreichend klaren Abgrenzung des Eingangsbereiches zu den privat genutzten Räumen. Denn ‑‑dies bestätigt der vorliegende Grundriss‑‑ die Klägerin musste den Eingangsbereich nicht nur nutzen, um in die im Obergeschoss gelegenen Wohnräume zu gelangen. Der Eingangsbereich gab ihr zudem die Möglichkeit, das sog. Klavierstudio zu erreichen, ohne der Allgemeinheit zugängliche Verkehrsflächen nutzen zu müssen.
Der Umstand, dass auch die Schüler der Klägerin jenen Eingangsbereich genutzt haben, um ‑‑über den Vorraum‑‑ zunächst in die als Wartebereich genutzte Diele und sodann in das sog. Klavierstudio zu gelangen, macht den Eingangsbereich nicht zu einer der Allgemeinheit zugänglichen Verkehrsfläche, denn ihnen war der Zutritt zum Eingangsbereich nur nach Einlass durch die Klägerin möglich.
Der Hinweis der Klägerin auf den aus dem Grundriss ersichtlichen, gesonderten Eingang zum Unterrichtsbereich führt zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen hat die Klägerin nicht substantiiert dargetan, dass ihre Schüler (ausschließlich) jenen separaten Zugang zur Diele genutzt haben. Zum anderen änderte dieser Umstand nichts daran, dass die Klägerin selbst keine öffentlich zugänglichen Verkehrsflächen passieren muss, um in das sog. Klavierstudio zu gelangen.
Dementsprechend führt auch der Einwand der Klägerin, zwischen Privatbereich und Eingangsbereich lägen ein als zusätzliche Trennung dienender Raum und zwei Türen, zu keiner anderen Beurteilung.
bb) Der Umstand, dass das sog. Klavierstudio ‑‑anders als das typische häusliche Arbeitszimmer‑‑ nicht in der üblichen Weise büromäßig ausgestattet ist, führt im Streitfall nicht dazu, dass es nicht mehr dem Typusbegriff des Arbeitszimmers entspricht.
Nach der Rechtsprechung des Senats steht allein der Umstand, dass das Zimmer ‑‑anders als im Regelfall eines häuslichen Arbeitszimmers‑‑ nicht in der üblichen Weise büromäßig ausgestattet ist (Fehlen von z.B. PC, Telefon, Telefaxgerät oder andere bürotypische Einrichtungsgegenstände), der Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Nutzung durch den Steuerpflichtigen der Nutzung eines "typischen" Arbeitszimmers durch Angehörige anderer Berufsgruppen gleichkommt (s. Senatsurteil in BFH/NV 2013, 359, zum "Übezimmer" einer Klarinettistin), insbesondere in Form von Vorbereitungshandlungen, die die Grundlage der außerhalb des Hauses verrichteten Berufstätigkeit bilden.
Die vom FG hierzu auf der Grundlage der Angaben der Klägerin getroffene Wertung, die Nutzung des Studios entspreche der Nutzung eines "typischen" Arbeitszimmers durch Angehörige anderer Berufsgruppen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Klägerin war im Streitjahr im Wesentlichen als Lehrerin aber auch als Konzertpianistin tätig. Der (ehrenamtlichen) Tätigkeit der Klägerin als Organistin hat das FG zu Recht keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen.
Die Klägerin hat das sog. Klavierstudio nicht nur für den Unterricht mit ihren Schülern genutzt, sondern in erheblichem Umfang auch für die Unterrichtsvorbereitung, die Vorbereitung auf ihre Konzerte und zum Halten des Niveaus ihres Spiels. Unter Berücksichtigung dieser Umstände konnte das FG zu dem Schluss gelangen, die Nutzung des Studios durch die Klägerin komme der Nutzung eines "typischen" Arbeitszimmers durch Angehörige anderer Berufsgruppen gleich. Dies gilt selbst dann, wenn der Senat unterstellt, dass das Üben der Klägerin nicht nur ihrer Tätigkeit als Konzertpianistin zugutekommt, sondern ebenso für die Ausübung ihrer unterrichtenden Tätigkeit als unerlässlich anzusehen ist.
cc) Das FG konnte auf der Grundlage der Angaben der Klägerin ferner zu der Auffassung gelangen, dass das sog. Klavierstudio nicht als Raum mit betriebsstättenähnlichem Gepräge anzusehen ist.
Beruflich genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind, können durch ihre ‑‑für eine büromäßige Nutzung untypische‑‑ Ausstattung und eine damit zusammenhängende Funktionszuweisung ein betriebsstättenähnliches Gepräge erlangen (z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2013, 359). So können technische Anlagen und Schallschutzmaßnahmen dem betreffenden Raum das Gepräge eines häuslichen Tonstudios geben (vgl. BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom 28. August 2003 IV R 53/01, BFHE 203, 324, BStBl II 2004, 55; Senatsurteil in BFH/NV 2012, 200). Auch eine als Behandlungsraum ausgestattete und über einen separaten Eingang für Patienten leicht zugängliche Notfallpraxis im selbstgenutzten Einfamilienhaus ist kein häusliches Arbeitszimmer (vgl. BFH-Urteile vom 5. Dezember 2002 IV R 7/01, BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463; in BFHE 205, 46, BStBl II 2005, 203; vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 2010, 2038 zum häuslichen Arbeitszimmer eines Rechtsanwalts), ebenso wenig ein dem Einlagern und Aufbewahren betrieblicher Bedarfsgegenstände gewidmetes und entsprechend eingerichtetes Warenlager (vgl. BFH-Urteil in BFHE 216, 110, BStBl II 2007, 304).
Hiernach ist für die Abgrenzung eines Arbeitszimmers von einem Raum mit betriebsstättenähnlichem Gepräge neben der Ausstattung auch dessen funktionale Bestimmung maßgeblich. Ist ein Raum nach außen erkennbar für den Publikumsverkehr gewidmet und für das Publikum (Patienten, Mandanten, Kunden) leicht zugänglich, liegt regelmäßig kein Arbeitszimmer vor. An einer "leichten Zugänglichkeit" für Publikum fehlt es allerdings, wenn diese Personen erst einen den Privatbereich betreffenden Flur durchqueren müssen, der den Zugang zu den Wohnräumen ermöglicht (BFH-Beschluss vom 15. Juni 2007 XI B 93/06, BFH/NV 2007, 1650; BFH-Urteil vom 9. November 2006 IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677).
Zwar setzt die von der Rechtsprechung in diesem Kontext geforderte "leichte Zugänglichkeit" des für betriebliche Zwecke genutzten Raumes nicht notwendigerweise voraus, dass dieser ‑‑wie z.B. in einer öffentlichen Musikschule‑‑ (zu bestimmten Zeiten) frei zugänglich ist. Auch rechtfertigt allein der Umstand, dass Publikum (nur) nach Terminvereinbarung empfangen wird, nicht die Annahme, es fehle an einer leichten Zugänglichkeit des Raumes.
Wird indes ein in die häusliche Sphäre eingebundener, technisch nicht besonders ausgestatteter Raum in unterschiedlicher Weise genutzt, so hängt die Beurteilung als Arbeitszimmer von Intensität und Dauerhaftigkeit eines die Einbindung in die häusliche Sphäre überlagernden Publikumsverkehrs ab.
Im Streitfall ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG auf der Grundlage der für den Senat bindenden Feststellungen angenommen hat, der Publikumsverkehr sei nicht intensiv und dauerhaft genug, um die Einbindung des sog. Klavierstudios in die häusliche Sphäre zu überlagern. Diese Würdigung verstößt bereits in Anbetracht der von der Klägerin selbst dargelegten Ausstattung und Nutzung des sog. Klavierstudios nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und stellt entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine unüberwindbaren Anforderungen an den Nachweis eines Raumes mit überwiegend betriebsstättenähnlichem Charakter.
Ausweislich der vorliegenden Übersicht, auf die das FG abgestellt hat, fand im Streitjahr in dem sog. Klavierstudio lediglich an vier Tagen pro Woche Unterricht statt, und zwar insgesamt zehn Stunden. Daneben erfolgten teilweise an Wochenenden Proben unter Beteiligung Dritter.
Das Klavierstudio war ‑‑abgesehen von der Ausstattung mit zwei Klavieren‑‑ nicht in besonderer Weise für die unterrichtende Tätigkeit eingerichtet. Es wies auch keine besondere technische Ausstattung aus, wie z.B. ein Tonstudio oder Praxisräume.
Nach ihren eigenen Angaben nutzte die Klägerin das Studio zudem nicht nur zu Unterrichtszwecken, sondern in erheblichem Umfang auch für die Unterrichtsvorbereitung, die Vorbereitung auf ihre Konzerte und zum Halten des Niveaus ihres Spiels. Sie nutzte das Studio mithin ‑‑wie dargelegt‑‑ in erheblichem Umfang in gleicher Weise wie Angehörige anderer Berufsgruppen ein "typisches" Arbeitszimmer nutzen.
2. Dass das FG keinen Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung der Klägerin festzustellen vermochte, lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist der "Mittelpunkt" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG ‑‑für alle Berufsgruppen gleichermaßen‑‑ nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen zu bestimmen (Senatsurteil vom 11. November 2014 VIII R 3/12, BFHE 248, 10, BStBl II 2015, 382, unter Verweis auf BFH-Urteile vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59; vom 15. März 2007 VI R 65/05, BFH/NV 2007, 1133, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2007 XI B 12/07, BFH/NV 2008, 47, m.w.N.). Dies hat zur Folge, dass bei der Feststellung des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen nicht im Wortsinne auf die betriebliche und berufliche Tätigkeit, sondern in einem umfassenden Sinne auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Steuerpflichtigen abzustellen ist (Senatsurteil in BFHE 248, 10, BStBl II 2015, 382).
Übt der Steuerpflichtige mehrere unterschiedliche im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigende Tätigkeiten aus, ist zwar nicht erforderlich, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt "jedweder" oder "einer jeden einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" bilden muss. Gleichwohl bedarf es zunächst der Bestimmung des jeweiligen Betätigungsmittelpunktes der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, um sodann auf dieser Grundlage den qualitativen Schwerpunkt der Gesamttätigkeit zu ermitteln (Senatsurteil in BFHE 248, 10, BStBl II 2015, 382, unter Verweis auf BFH-Urteil vom 13. Oktober 2003 VI R 27/02, BFHE 204, 88, BStBl II 2004, 771). In diesem Zusammenhang ist sodann der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit nach dem Mittelpunkt der Haupttätigkeit zu bestimmen. Fehlt für die Feststellung einer solchen Haupttätigkeit eine insoweit indizielle nichtselbständige Vollzeitbeschäftigung aufgrund privat- oder öffentlich-rechtlicher Arbeits- oder Dienstverhältnisse, so ist in Zweifelsfällen zur Feststellung der Haupttätigkeit auf die Höhe der jeweils erzielten Einnahmen, das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht und den auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallenden Zeitaufwand abzustellen (Senatsurteil in BFHE 248, 10, BStBl II 2015, 382, unter Verweis auf BFH-Urteile vom 16. Dezember 2004 IV R 19/03, BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212; vom 9. August 2011 VIII R 5/09, juris).
b) Die Würdigung des FG, es könne nicht festgestellt werden, welche der Tätigkeiten der Klägerin den Schwerpunkt bzw. die Haupttätigkeit der Klägerin bilde, lässt keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze erkennen.
Das FG hat zutreffend erkannt, dass die Tätigkeit der Klägerin als Konzertpianistin ihren Schwerpunkt nicht im Klavierstudio hat (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2005 XI B 87/05, BFH/NV 2006, 2045, Vorinstanz Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 10. Juni 2005 1 K 112/04, juris).
Der Schluss des FG, die Unterrichtstätigkeit der Klägerin für die Kreismusikschule habe ihren Schwerpunkt ebenfalls nicht im häuslichen Klavierstudio gehabt, mithin habe allein der Schwerpunkt der sonstigen Unterrichtstätigkeit im sog. Klavierstudio gelegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.
Dass das FG nicht zu dem Ergebnis gekommen ist, die Haupttätigkeit der Klägerin sei ihre im Klavierstudio stattfindende Unterrichtstätigkeit, verstößt ebenfalls weder gegen Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze.
Zu einem solchen Ergebnis musste das FG aufgrund der von ihm festgestellten, für den Senat bindenden Tatsachen, nicht gelangen, und zwar auch nicht in Anbetracht der Höhe der von der Klägerin durch unterrichtende Tätigkeit erzielten Einkünfte. Diese sind zwar in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, jedoch ‑‑wie das FG zu Recht erkannt hat‑‑ nicht allein maßgeblich. Zu berücksichtigen sind weitere Gesichtspunkte wie z.B. das den einzelnen Tätigkeiten nach der Verkehrsauffassung zukommende Gewicht und der auf die jeweilige Tätigkeit insgesamt entfallende Zeitaufwand (z.B. Senatsurteil in BFHE 248, 10, BStBl II 2015, 382). Die vom FG ‑‑ausgehend von diesen Grundsätzen‑‑ angestellten Erwägungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.
c) Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf dem von der Klägerin gerügten Verfahrensmangel ungenügender Sachverhaltsaufklärung. Nach der Tatbestandswürdigung, die keine Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze erkennen lässt, und dem maßgeblichen materiell-rechtlichen Standpunkt des FG musste sich diesem die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung in Erfüllung der Amtsermittlungspflicht nach § 76 FGO nicht aufdrängen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. November 2006 VI B 79/06, BFH/NV 2007, 266, m.w.N.). Dies gilt auch in Bezug auf die Ermittlung der Haupttätigkeit der Klägerin.
3. Der Senat kann schließlich auch nicht feststellen, dass die Entscheidung des FG auf einer Verletzung des Rechtes der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.