BFH II. Senat
ErbStG § 7 Abs 1 Nr 1
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 11. November 2014, Az: 3 K 347/14
Leitsätze
NV: Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft gibt es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen (Bestätigung der Rechtsprechung gegen Nichtanwendungserlass vom 5. Juni 2013, BStBl I 2013, 1465) .
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12. November 2014 3 K 347/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Zulassung der Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
a) Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 30. Januar 2013 II R 6/12 (BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930) entschieden hat, gibt es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen Zuwendungen.
b) Dass die obersten Finanzbehörden der Länder durch die gleich lautenden Erlasse vom 5. Juni 2013 (BStBl I 2013, 1465) angeordnet haben, dieses BFH-Urteil insoweit über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden, begründet für sich genommen nicht die Zulassung der Revision (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. November 2007 IV B 171/06, BFHE 220, 1, BStBl II 2008, 380, und vom 18. März 2010 IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl II 2010, 627; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 109). Die obersten Finanzbehörden der Länder haben in den gleich lautenden Erlassen vom 5. Juni 2013 ihre von der Rechtsprechung des BFH abweichende Meinung nicht begründet.
c) Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) hat in der Beschwerdebegründung nicht konkret dargelegt, aus welchen vom BFH bisher nicht berücksichtigten Gesichtspunkten eine erneute Befassung des Revisionsgerichts mit der Rechtsfrage für erforderlich gehalten werde. Die vom FA in Bezug genommenen ‑‑nicht entscheidungserheblichen‑‑ Ausführungen des BFH in Abschn. II.4. des Urteils vom 7. November 2007 II R 28/06 (BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258) betreffen nicht die Frage, ob es im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen, offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen auch freigebige Zuwendungen gibt. Vielmehr ging es um die Frage, ob die Zahlung überhöhter Vergütungen durch eine GmbH an eine einem Gesellschafter nahestehende Person eine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH an diese Person sein kann, und somit nicht um die Doppelbelastung eines Steuerpflichtigen mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer.
d) Der BFH hat zur Frage der Doppelbelastung eines Steuerpflichtigen mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer mit Urteil vom 27. August 2014 II R 44/13 (BFHE 246, 523, BStBl II 2015, 249, Rz 10) unter Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 12. September 2011 VIII B 70/09 (BFH/NV 2012, 229) entschieden, dass Vermögensvorteile, die ein Steuerpflichtiger durch eine auf Einkünfteerzielung am Markt, also auf einen Hinzuerwerb von Einkommen gerichtete Erwerbshandlung erzielt und die deshalb bei ihm der Einkommensteuer unterliegen, von § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) nicht erfasst werden, da es in einem solchen Fall an der Freigebigkeit fehlt.
Damit übereinstimmend hat der BFH im Beschluss vom 6. Dezember 2013 VI B 89/13 (BFH/NV 2014, 511, Rz 5) ausgeführt, eine doppelte Erfassung bzw. Besteuerung des gleichen Rechtsvorgangs als freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes) schließe sich aus, da die Zuwendung des Arbeitgebers bzw. eines Dritten entweder als Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und damit der Entlohnung diene oder als Geschenk zu werten sei. Dies liege auf der Hand.
Im Urteil vom 15. Juli 2014 X R 41/12 (BFHE 246, 442) hat sich der BFH hinsichtlich der steuerlichen Belastung von wiederkehrenden Bezügen, die ein Steuerpflichtiger aufgrund eines Vermächtnisses von einer gemeinnützigen, vom Erblasser mit Vermögen ausgestatteten Stiftung erhält, für eine Auslegung der maßgebenden Vorschriften des Einkommensteuerrechts entschieden, die zu einer Harmonisierung von Erbschaftsteuer- und Einkommensteuerbelastung führt, in den betroffenen Fällen zuverlässig vermeidet, dass ein- und derselbe Zufluss sowohl mit Erbschaftsteuer als auch mit Einkommensteuer belastet wird, und zugleich eine Einmalbelastung sicherstellt.
Diese Entscheidungen des BFH, die in der aktuellen Literatur Zustimmung finden (Crezelius, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2015, 392), hat das FA in der Beschwerdebegründung nicht berücksichtigt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
3. Die Entscheidung ergeht im Übrigen gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe, insbesondere ohne Darstellung des Tatbestands.