BFH XI. Senat
UStG § 24, EWGRL 388/77 Art 25, EGRL 112/2006 Art 295, EGRL 112/2006 Art 296, EGRL 112/2006 Art 300, EGRL 112/2006 Art 301, EGRL 112/2006 Anh 8, EWGRL 388/77 Anh B, UStG VZ 2005 , UStAE Abschn 24.3 Abs 5, UStAE Abschn 24.3 Abs 11 S 2
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 13. February 2013, Az: 5 K 281/11
Leitsätze
1. Die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG auf Dienstleistungen eines Land- oder Forstwirts ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Dienstleistungsempfänger kein Land- oder Forstwirt ist (entgegen Abschn. 24.3. Abs. 5 und Abs. 11 Satz 2 UStAE) .
2. Ein Landwirt hat keinen Anspruch auf die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung für im Rahmen einer Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken erbrachte Dienstleistungen, wenn die Pferde nicht zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden .
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 14. Februar 2013 5 K 281/11 aufgehoben.
Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob Umsätze eines Landwirts aus einer "Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken" für Nichtlandwirte der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb im Jahr 2005 (Streitjahr) eine Pferdezucht mit 30 eigenen Pferden. Zusätzlich unterhielt er eine Pferdepension für ca. 70 Pferde. Im Rahmen dieser Pension bot er folgende Dienstleistungen an: Belegung der Stuten durch künstliche Besamung, Abfohlung, Aufzucht und Ausbildung der Fohlen, Präsentation und Ausbildung für Pferdeschauen und Leistungsprüfungen, Beratung über die Zuchtmöglichkeiten, Betreuung (Futter, Stall, Auslauf, Tierarzt) sowie Hilfe beim Kauf oder Verkauf von Pferden.
Der Kläger schloss mit den jeweiligen Pferdeeinstellern Pensionsverträge ab. Der monatliche Pensionspreis betrug durchschnittlich 185 € pro Stute. Sofern zusätzliche Leistungen vom Kläger oder von Dritten (z.B. Hufschmied) erbracht wurden, wurden diese jeweils monatlich vom Kläger gesondert in Rechnung gestellt. Die Tierärzte rechneten ihre Leistungen regelmäßig unmittelbar gegenüber den Pferdeeinstellern ab. Zu den Kunden des Klägers zählten Landwirte, gewerbliche Pferdezüchter sowie Privatpersonen aus dem In- und Ausland.
In den Jahren 2008 und 2009 fand beim Kläger eine landwirtschaftliche Betriebsprüfung statt. Der Prüfer beurteilte die vom Kläger erbrachten Dienstleistungen an Nichtlandwirte als einheitliche Pensionsleistung, die außerhalb eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erbracht werde und damit entgegen der Auffassung des Klägers nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliege. Die darauf entfallenden Umsätze in Höhe von ... € unterwarf er der Regelbesteuerung. Auf die Umsätze aus der Unterbringung von Pferden, deren Eigentümer Land- und Forstwirte sind, billigte der Prüfer die vom Kläger angewandte Durchschnittssatzbesteuerung.
Gegen den aufgrund der Prüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 2005 vom 18. März 2010 wandte sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der Klage, die das Finanzgericht (FG) abwies. Nach Auffassung des FG unterliegen Umsätze aus einer Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken nur insoweit der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG, als der Pferdeeinsteller selbst Landwirt ist. Der Kläger habe mit den "Pensionsleistungen" zu Zuchtzwecken keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen i.S. des Art. 25 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) erbracht. Nach Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG seien landwirtschaftliche Dienstleistungen die in Anhang B aufgeführten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen würden. Nach Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG ("Liste der landwirtschaftlichen Dienstleistungen") seien landwirtschaftliche Dienstleistungen solche, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen.
Die vom Kläger gegenüber den Einstellern jeweils erbrachte (einheitliche) sonstige Leistung/Dienstleistung gehöre nicht zu den in dem Katalog aufgeführten Dienstleistungen. Auch die unter dem vierten Gedankenstrich aufgeführten Leistungen "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" seien nicht einschlägig, denn nach dem Einleitungssatz zu Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG seien landwirtschaftliche Dienstleistungen (nur) solche, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen. Zudem sei zu beachten, dass die Vorschrift restriktiv auszulegen sei. Das Tatbestandsmerkmal "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" unter Berücksichtigung des Einleitungssatzes zu Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG setze voraus, dass der jeweilige Leistungsempfänger der "Pensionsleistung", mithin im Streitfall der jeweilige Einsteller der Pferde, selbst ein landwirtschaftlicher Erzeuger i.S. des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG sei, denn eine "Pensionsleistung" an einen Nichtlandwirt trage nicht zur landwirtschaftlichen Produktion bei und diene keinen landwirtschaftlichen Zwecken. Landwirtschaftliche Erzeuger seien solche Betriebe, die eine der in Art. 25 Abs. 2 erster und zweiter Gedankenstrich i.V.m. Anhang A der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Tätigkeiten ausübten, d.h. die u.a. Tierzucht und Tierhaltung in Verbindung mit der Bodenbewirtschaftung betrieben. Eine private bzw. gewerbliche Tierzucht der Einsteller ohne Bodenbewirtschaftung falle hingegen nicht unter die Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung.
Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 817 veröffentlicht.
Mit der hiergegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Aus den unionsrechtlichen Vorgaben zu § 24 UStG in Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich i.V.m. Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG bzw. nunmehr Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) ergäben sich keine Voraussetzungen für den Empfänger des landwirtschaftlichen Erzeugnisses bzw. der landwirtschaftlichen Dienstleistung. Dies sei auch nur folgerichtig, da ansonsten die Besteuerung des Steuersubjekts von Eigenschaften eines anderen Steuersubjekts abhängig gemacht worden wäre. Insoweit würde die Art der Besteuerung vom Zufall abhängen. Dem Steuerpflichtigen würde die Aufgabe auferlegt, kontinuierlich die Voraussetzungen bei seinem Vertragspartner zu überprüfen. Dies könne nicht dem Zweck der Regelung entsprechen und ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH). Er ‑‑der Kläger‑‑ sei "landwirtschaftlicher Erzeuger" ‑‑das Fohlen als "landwirtschaftliches Erzeugnis"‑‑, da er "landwirtschaftliche Dienstleistungen" ‑‑die Zucht- und Veredelungsleistungen‑‑ erbringe, die seiner eigenen landwirtschaftlichen Produktion ‑‑die ausgebildeten Fohlen als landwirtschaftliches Ergebnis‑‑ dienten.
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 8. August 2011 aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2005 dahingehend zu ändern, dass Umsätze in Höhe von ... € der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterworfen werden,
hilfsweise, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen,
höchst hilfsweise, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH über ein entsprechendes Vorabentscheidungsersuchen auszusetzen.Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen,
hilfsweise, dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
"Darf der Inhaber eines Pferdezuchtbetriebes die Sonderregelung des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG anwenden, wenn die Pferde zu Zuchtzwecken von Nichtlandwirten eingestellt werden?"Es verweist im Wesentlichen auf das seines Erachtens zutreffende FG-Urteil.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Das FG hat ausgehend von seinen bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht die Anwendung der begehrten Durchschnittssatzbesteuerung auf die streitbefangenen Umsätze des Klägers versagt. Der Senat kann mangels Spruchreife der Sache nicht durcherkennen.
1. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung wird für "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten ‑‑hier einschlägigen‑‑ "übrigen Umsätze" auf 9 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den "übrigen Umsätzen" zuzurechnen sind, auf 9 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG). Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
a) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG
"1. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
2. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören."
Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UStG auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.
b) § 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) richtlinienkonform entsprechend Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG ‑‑bzw. seit dem 1. Januar 2007 nach Art. 295 ff. der MwStSystRL‑‑ auszulegen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. August 2008 XI R 8/08, BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216; vom 19. November 2009 V R 16/08, BFHE 227, 275, BStBl II 2010, 319; vom 13. Januar 2011 V R 65/09, BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; vom 13. November 2013 XI R 2/11, BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 21 bis 24; vom 10. September 2014 XI R 33/13, BFHE 247, 360, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2015, 111, Rz 16).
aa) § 24 UStG "beruht" nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 8/1779, 49) auf Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG. Der deutsche Gesetzgeber hat die unionsrechtlichen Vorgaben aber bislang lediglich dadurch "umgesetzt", dass er die bei der Verabschiedung der Richtlinie 77/388/EWG bestehende nationale Regelung im Wesentlichen fortgeführt hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 22; Klenk in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 24 Rz 1 ff., 21 ff.; Tehler in Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG § 24 Rz 1 ff., 31 ff.; Lange in Offerhaus/Söhn/Lange, § 24 UStG Rz 5 ff., 11 ff.).
bb) Nach Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder ggf. der vereinfachten Regelung nach Art. 24 der Richtlinie 77/388/EWG auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen bezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden.
Als landwirtschaftliche Dienstleistungen i.S. von Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG gelten die in Anhang B aufgeführten Leistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Nach Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG sind dies Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere nach dem vierten Gedankenstrich dieser Bestimmung "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh".
Dem entsprechen die seit dem 1. Januar 2007 geltenden unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 296 der MwStSystRL sowie in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Anhang VIII Nr. 4 der MwStSystRL.
c) Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 Abs. 1 der MwStSystRL) nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieser Bestimmung (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL) definiert sind; dagegen unterliegen die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Besteuerungsregelung (EuGH-Urteile vom 15. Juli 2004 C-321/02, Harbs, Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 31 und 36, sowie vom 26. Mai 2005 C-43/04, Stadt Sundern, Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 21).
Dabei ist die Sonderregelung nach Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG (bzw. seit dem 1. Januar 2007 Art. 296 der MwStSystRL) eng auszulegen und darüber hinaus nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist (EuGH-Urteile Harbs in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 27, und Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 24). Dieses Ziel besteht darin, die Belastung durch die Steuer auf von den Landwirten bezogene Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen (EuGH-Urteile Harbs in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 29, und Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 28).
Als "landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind daher nicht Leistungen anzusehen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen (EuGH-Urteile Harbs in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 31, und Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491, BFH/NV Beilage 2005, 320, Rz 29).
d) Dieser Auslegung folgt die Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile in BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216; in BFHE 227, 275, BStBl II 2010, 319; in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; in BFHE 243, 462, BStBl II 2014, 543, Rz 24, m.w.N.). Danach unterliegen insbesondere die Umsätze eines Landwirts aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von Reitpferden (sog. Pensionspferdehaltung) nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG (BFH-Urteile in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; vom 30. März 2011 XI R 9/10, BFH/NV 2011, 1405, und XI R 26/09, BFH/NV 2011, 1540). Dies gilt auch für die Pensionspferdehaltung von Freizeitpferden (BFH-Urteil in DStR 2015, 111).
2. Bei der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt sich, dass die bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG seine Entscheidung nicht tragen, dass die streitbefangenen Umsätze nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen.
a) Das FG hat zunächst in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die vom Kläger gegenüber den Einstellern der Pferde erbrachten Zucht- und Pensionsleistungen als einheitliche Dienstleistungen i.S. von § 3 Abs. 9 UStG zu qualifizieren sind.
aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, ist in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen und Handlungen umfasst, ist aber im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 17 ff., m.w.N.; vom 23. Januar 2013 XI R 27/11, BFHE 240, 422, BStBl II 2013, 458, Rz 25, m.w.N.).
bb) Ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben (EuGH-Urteil vom 10. März 2011 C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, Bog u.a., Slg. 2011, I-1457, BStBl II 2013, 256, Rz 55, m.w.N.). Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet (z.B. BFH-Urteil in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 29, m.w.N.).
cc) Ausgehend hiervon ist die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, wonach die vom Kläger gegenüber den Einstellern erbrachten Zucht- und Pensionsleistungen aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsverbrauchers einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang darstellen, dessen einzelne Leistungsbestandteile derart eng miteinander verbunden sind, dass eine Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Das FG weist zutreffend darauf hin, dass der Kläger die Zuchtleistungen nur erbringen konnte, wenn er die Pferde der Einsteller zugleich in Pension nahm. Pensions- und Zuchtleistungen seien besonders aufeinander abgestimmt (spezielles Futter für Stuten und Fohlen, Bewegung und Kontrolle der Stuten während der Trächtigkeit, Geburtsbegleitung durch fachliche und elektronische Überwachung, Aufzucht der Fohlen in Gruppenhaltung, Ausbildung auf den hofeigenen Reitanlagen etc.).
Dem FG ist auch darin zu folgen, dass sich an dieser Beurteilung nicht deshalb etwas ändert, weil die Pensionsleistungen und zusätzlich erbrachte Zuchtleistungen getrennt voneinander abgerechnet worden seien. Denn bei der gebotenen Gesamtbetrachtung kommt dem Umstand, ob ein Gesamtpreis in Rechnung gestellt wird, nach der Rechtsprechung des EuGH keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn es für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung sprechen kann, wenn ein Leistungserbringer seinen Kunden eine aus mehreren Teilen zusammengesetzte Dienstleistung gegen Zahlung eines Gesamtpreises erbringt (vgl. EuGH-Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, CPP, Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer-Rundschau 1999, 254, Rz 31).
b) Entgegen der Auffassung des FG sind die von dem Kläger erbrachten Pensionsleistungen zu Zuchtzwecken aber nicht allein deshalb von der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG ausgeschlossen, weil die Halter keine Land- oder Forstwirte sind.
aa) Die Beantwortung dieser Rechtsfrage ist umstritten. Während teilweise die Auffassung der Finanzverwaltung geteilt wird, eine "Pensionsleistung" an einen Nichtlandwirt bzw. Nichtforstwirt trage von vornherein nicht zur landwirtschaftlichen Produktion bei und diene keinen landwirtschaftlichen Zwecken (Abschn. 24.3. Abs. 5 und Abs. 11 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ‑‑UStAE‑‑; FG Münster, Urteil vom 18. August 2009 15 K 3176/05 U, EFG 2009, 1979; so wohl auch FG Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2009 1 K 107/08 U, EFG 2009, 877, sowie Windecker in Plückebaum/Widmann, UStG, § 24 Rz 148 f.), wird diese Einschränkung auch abgelehnt bzw. für zweifelhaft gehalten (Niedersächsisches FG, Urteil vom 5. November 2009 16 K 10340/07, juris; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. Juni 2011 6 K 2287/09, EFG 2011, 2025, nicht rechtskräftig, vgl. hierzu das nachfolgende BFH-Urteil in BFHE 240, 422, BStBl II 2013, 458; Lange in Offerhaus/Söhn/Lange, § 24 UStG Rz 274 und Rz 360).
bb) Die Einschränkung der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG bei Dienstleistungen dahingehend, dass diese an Land- oder Forstwirte erbracht werden müssen, hält der Senat nicht für gerechtfertigt.
Eine derartige Begrenzung des Anwendungsbereichs der Pauschalbesteuerung lässt sich weder den unionsrechtlichen Vorgaben noch den einschlägigen nationalen Bestimmungen entnehmen. Insbesondere Anhang B vierter Gedankenstrich zu Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG und Anhang VIII Nr. 4 zu Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL enthalten für den begünstigten Bereich "Hüten, Zucht und Mästen von Vieh" keine entsprechende Einschränkung (vgl. auch Lange in Offerhaus/Söhn/Lange, § 24 UStG Rz 360).
Vielmehr ergibt sich entsprechend dem Vorbringen des Klägers schon aus dem Wortlaut von Art. 25 Abs. 5 Buchst. c und Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 300 Nr. 3 und Art. 301 Abs. 2 der MwStSystRL), dass die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auch bei Dienstleistungen möglich ist, bei denen der Leistungsempfänger kein Land- oder Forstwirt ist. Denn nach Art. 25 Abs. 5 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG werden die in Absatz 3 vorgesehenen Prozentsätze ‑‑ohne Steuer‑‑ u.a. auf den Preis der landwirtschaftlichen Dienstleistungen angewendet, die von Pauschallandwirten "an andere Steuerpflichtige als jene erbracht werden, für die im Inland die Pauschalregelung des vorliegenden Artikels gilt". In Art. 25 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG heißt es, dass bei den in Absatz 5 nicht genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Dienstleistungen davon ausgegangen wird, "dass die Zahlung des Pauschalausgleichs durch den Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger geschieht". Aus diesen Formulierungen geht hervor, dass eine Beschränkung des Pauschalausgleichs auf Land- und Forstwirte als Dienstleistungsempfänger in den unionsrechtlichen Vorgaben nicht enthalten ist (vgl. auch BFH-Beschluss vom 27. November 2003 V R 28/03, BFHE 204, 340, BFH/NV 2004, 449, unter IV.2.b bb, Rz 84). Der Zweck der Regelung (vgl. dazu unter II.1.c; BFH-Urteil vom 14. Juni 2007 V R 56/05, BFHE 217, 298, BStBl II 2008, 158, unter II.3.b bb, Rz 47, m.w.N.; Klenk in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 24 Rz 11 ff.) gebietet diese Einschränkung ebenso wenig.
Auch in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Harbs hat Generalanwalt Léger zu Art. 25 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG im Rahmen der Darstellung des rechtlichen Rahmens der Regelung darauf hingewiesen, dass der Pauschallandwirt seine Leistungen gleichfalls gegenüber nicht mehrwertsteuerpflichtigen Abnehmern oder nicht mehrwertsteuerpflichtigen Dienstleistungsempfängern erbringen kann (Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 11. März 2004 Harbs, Slg. 2004, I-7101, Rz 9).
Diese Auffassung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH, der im Zusammenhang mit der Veräußerung von Waren in einem sog. Hofladen bereits entschieden hat, dass auch Umsätze an Nichtunternehmer (Endverbraucher) der (pauschalen) Umsatzbesteuerung nach Durchschnittssätzen unterliegen können (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2001 V R 43/00, BFHE 197, 330, BStBl II 2002, 701, unter II.3.c).
cc) Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich nichts Gegenteiliges aus dem BFH-Urteil vom 3. Dezember 1998 V R 48/98 (BFHE 187, 352, BStBl II 1999, 150), weil der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt dem Streitfall schon nicht vergleichbar war. Denn dort ging es um die Vermietung einer Lagerhalle an einen außerlandwirtschaftlichen Unternehmer. Der BFH hat insoweit lediglich aus einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls gefolgert, dass es insgesamt an dem für eine landwirtschaftliche Dienstleistung erforderlichen Merkmal "zu landwirtschaftlichen Zwecken" fehlte (BFH-Urteil in BFHE 187, 352, BStBl II 1999, 150, unter II.1., Rz 15). Eine allgemeine Aussage dahingehend, dass für die Anwendbarkeit der Durchschnittssatzbesteuerung der Dienstleistungsempfänger stets ein Land- oder Forstwirt sein müsse, lässt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen (vgl. auch Lange in Offerhaus/Söhn/Lange, § 24 UStG Rz 274).
Zwar tragen Dienstleistungen an Nichtlandwirte (z.B. Ausbringung von Klärschlämmen, Pflege von Sportplätzen, Überlassung von Wirtschaftsgütern und Personalgestellung an Gewerbetreibende, Winterdienst für die Gemeinde) normalerweise nicht zur landwirtschaftlichen Erzeugung bei, wie dies von Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG und von Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL vorausgesetzt wird (zutreffend Klenk in Sölch/ Ringleb, a.a.O., § 24 Rz 82). Das gilt auch für einen Pensionspferdebetrieb eines Landwirts, ist aber anders, wenn nicht private Reit- und Sportpferde, sondern landwirtschaftlich (oder forstwirtschaftlich) genutzte Pferde eingestellt werden (vgl. Klenk in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 24 Rz 86).
Danach scheidet bei einer Pensionshaltung von Pferden die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung aus, wenn die betreuten Pferde aus privaten Gründen zu Freizeitzwecken gehalten werden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465; in BFH/NV 2011, 1405; in BFH/NV 2011, 1540, und in DStR 2015, 111) nicht aber dann, wenn die Pferde von ihren Haltern ‑‑ausnahmsweise‑‑ zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden (vgl. Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 1112). Dasselbe gilt bei der streitbefangenen "Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken".
3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann nicht durcherkennen, weil das FG ‑‑ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu Recht‑‑ bislang noch keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob ‑‑und ggf. in welchem Umfang‑‑ die Pensionspferde (Stuten und Fohlen) von den Einstellern zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gehalten wurden.
Soweit dies der Fall ist, wird das FG prüfen müssen, ob der Kläger die Pensionspferdehaltung zu Zuchtzwecken mithilfe von Wirtschaftsgütern erbracht hat, die seinem normalen Ausrüstungsbestand zuzurechnen waren bzw. hierfür Wirtschaftsgüter verwendet hat, die nicht dem betriebsgewöhnlichen Ausrüstungsbestand des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zuzurechnen waren (vgl. Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG; s. dazu EuGH-Urteil Harbs in Slg. 2004, I-7101, BFH/NV Beilage 2004, 371, Rz 34).
Das FG wird die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
4. Da der Senat keine Zweifel an der gebotenen Auslegung des Unionsrechts hat, sieht er keine Veranlassung für die Durchführung eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH nach Art. 267 AEUV.
5. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.