BFH XI. Senat
UStG § 4 Nr 1 Buchst b, UStG § 6a, FGO § 115 Abs 2 Nr 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 3, AO § 370 Abs 1, AO § 370 Abs 6, StPO § 170 Abs 2, FGO § 116 Abs 3 S 3
vorgehend FG Münster, 20. March 2013, Az: 5 K 1696/10 U
Leitsätze
NV: Das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung. Ein Finanzgericht darf aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen und Würdigungen davon ausgehen, die Geschäftsführer einer GmbH hätten an der Hinterziehung der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat mitgewirkt oder zumindest davon Kenntnis gehabt, auch wenn die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Strafverfahren gegen die Geschäftsführer nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat.
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb in den Jahren 2001 und 2002 (Streitjahre) u.a. den Handel mit hochpreisigen PKW. Die Klägerin führte u.a. folgende Lieferungen aus:
1. Die Klägerin rechnete im Jahr 2001 Lieferungen in Höhe von 1.678.601 DM und im Jahr 2002 in Höhe von 193.433 € gegenüber der Firma A ab. A wurde in der Italienischen Republik (Italien) als Steuerpflichtige geführt. Der Klägerin lag ein Handelsregisterauszug der A und eine Ausweiskopie des Geschäftsführers der A, FS und eines IM vor, der zugleich Prokurist eines anderen italienischen Unternehmens (D) war. Der Sitz der A befand sich am Wohnsitz des FS. Die Klägerin zeichnete die im Jahr 2001 gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der A buchmäßig auf und erteilte der A Rechnungen ohne gesonderten Steuerausweis. Die Rechnungen enthielten keinen Hinweis auf die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen.
A hat in Italien keine innergemeinschaftlichen Erwerbe erklärt. Im April 2002 gab FS gegenüber den italienischen Steuerbehörden an, dass die über A getätigten Fahrzeugerwerbe "in der italienischen Region …" erfolgt seien. Er, FS, habe lediglich eine Provision in Höhe von 500.000 Italienischen Lire erhalten.
Schriftliche Unterlagen zu den Fahrzeugbestellungen liegen nicht vor. Die Fahrzeuge wurden jeweils bei der Klägerin abgeholt und in bar oder per Scheck bezahlt. Als Abholer traten IM sowie die Herren AL, FP und EO auf, die jeweils Übernahmebestätigungen und eine Versicherung, dass die Fahrzeuge nach Italien "exportiert" werden, unterschrieben haben sollen. Für IM ist eine Vollmacht der A vorhanden. Die Unterschrift des IM auf der Ausweiskopie weist keine Ähnlichkeit mit den Unterschriften auf den Übernahmebestätigungen auf. Für AL legte die Klägerin im Laufe des Verfahrens eine Ausweiskopie vom 3. Juli 2004 vor. Für EO reichte die Klägerin eine Ausweiskopie ein, auf der die Anschrift nicht erkennbar ist. Für FP sind keine weiteren Angaben vorhanden.
2. Die Klägerin rechnete am 12. November 2001 gegenüber der R mit Sitz in Italien eine Lieferung eines PKW in Höhe von 54.467,10 € ab. Eine Durchschrift der Rechnung liegt nicht vor. Die Klägerin verfügt über einen Handelsregisterauszug der R, nach dem Frau PC vertretungsberechtigt war, sowie eine Ausweiskopie der PC. Aufgetreten für R ist eine Frau MS, die per Fax mitteilte, an welche Anschrift die Rechnung erteilt werden soll. Bestellunterlagen liegen nicht vor. Auf einer Übernahmebestätigung wird der "Export" nach Italien bescheinigt. Wer diese unterzeichnet hat, ist nicht bekannt.
Nach Ermittlungen der italienischen Strafverfolgungsbehörde ist R eine "Scheinfirma", die zum Zwecke des Umsatzsteuerbetrugs eingeschaltet worden sei.
3. Die Klägerin berechnete im Jahr 2002 an die C die Lieferung von drei PKW Mercedes zum Gesamtpreis von 145.400 €. Die Klägerin wies gegenüber C keine Umsatzsteuer aus; einen Hinweis auf die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen enthalten die Rechnungen nicht. Die Klägerin verfügt außerdem über einen Handelsregisterauszug der C sowie eine Ausweiskopie des Geschäftsführers der C, SG. Die Klägerin übermittelte die Bestellungen bzw. Auftragsbestätigungen per Telefax an eine nicht bekannte Nummer und erhielt diese mit einem Firmenstempel der C und einer Unterschrift zurück; die Telefaxnummer wurde dabei unterdrückt. Die PKW wurden per Spedition nach Italien versendet. Auf den CMR-Versendungsbelegen ist dagegen als Empfängerin die Z mit Sitz in Italien angegeben.
Die C, die über eine italienische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verfügte und in Italien als Steuerpflichtige geführt wurde, erklärte in Italien keine innergemeinschaftlichen Erwerbe.
4. Die Klägerin berechnete im Jahr 2002 Fahrzeuglieferungen an die W zu einem Gesamtpreis von 195.000 €. Rechnungsdurchschriften befinden sich nicht bei den Akten. Die von der Klägerin aufgezeichnete italienische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer wurde nicht der W, sondern der italienischen Firma Y zugeteilt. Die auf den Rechnungen an W verwendete Anschrift war in der Zeit von November 2001 bis Mai 2002 die Anschrift der Y. Die Klägerin verfügt über keine Unterlagen zu W. Bestellunterlagen sind auch nicht mehr vorhanden. Die Fahrzeuge wurden abgeholt. Die Identität der Abholer ist unbekannt, die Unterschriften auf den Abnehmerversicherungen, in denen der beabsichtigte Transport "nach Italien" bescheinigt wurde, unleserlich.
5. Die Klägerin berechnete im Jahr 2002 15 PKW-Lieferungen zu einem Gesamtpreis von 1.192.450 € an die Firma B. B wurde in Italien als Steuerpflichtige geführt und verfügte über eine italienische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Die italienischen Steuerbehörden haben mitgeteilt, dass B ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden sei, um als erste italienische Erwerberin zu "fungieren" und die Umsatzsteuer auf die innergemeinschaftlichen Erwerbe in Italien zu hinterziehen.
Die Klägerin wies in den Rechnungen an B keine Umsatzsteuer aus; einen Hinweis auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) enthielten die Rechnungen nicht. Die Klägerin verfügt über einen Handelsregisterauszug der B und eine Ausweiskopie des Geschäftsführers RR. Bestellunterlagen sind nicht mehr vorhanden. Sämtliche Fahrzeuge wurden bei der Klägerin abgeholt, und zwar von IM, EO sowie den Herren AM, GS und AG. Die Klägerin verfügt über eine Ausweiskopie des IM, deren Unterschrift keine Ähnlichkeit mit den Unterschriften auf den Abholbestätigungen aufweist. Auf den Ausweiskopien des AM und des EO ist deren Wohnsitz nicht ersichtlich. Die Anschrift des AG ist auf dessen Ausweiskopie unleserlich. Die für AM, GS, AG und EO ausgestellten Vollmachten der B beziehen sich auf andere Fahrzeuge als die jeweilige Übernahmebestätigung; das in der Vollmacht des AM genannte Fahrzeug wurde von der Klägerin an die X mit Sitz in Italien geliefert.
Sämtliche unter 1. bis 5. genannten PKW wurden innerhalb weniger Wochen bzw. Monate in Italien zugelassen.
Die Klägerin behandelte in ihren Umsatzsteuererklärungen für das Jahr 2001 vom 26. Februar 2003 und für das Jahr 2002 vom 26. Februar 2004 die genannten Lieferungen als umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) folgte dem nach Durchführung mehrerer Außenprüfungen nicht, sondern sah sämtliche Umsätze in den Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre, zuletzt vom 9. November 2006, als steuerpflichtig an. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Ein gegen die Geschäftsführer der Klägerin eingeleitetes Strafverfahren wurde am 14. September 2010 nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Im Rahmen des Klageverfahrens übergab die Klägerin in der mündlichen Verhandlung dem Finanzgericht (FG) u.a. ein Merkblatt "Autoselbstimport aus der EU" des Europäischen Verbraucherzentrums Italien.
Das FG wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Es vertrat die Auffassung, sämtliche Umsätze der Klägerin seien im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Die Klägerin habe die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a UStG jeweils nicht nachgewiesen. Der Buch- und Belegnachweis sei nicht geführt. Es stehe auch nicht objektiv zweifelsfrei fest, dass die Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a UStG erfüllt seien. Allein der Umstand, dass sämtliche PKW in Italien zugelassen worden seien, genüge ‑‑entgegen der Auffassung des FG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 28. Juni 2012 6 K 2615/09 (juris)‑‑ nicht. Hinsichtlich der Lieferungen an B führte das FG auf Seite 20 des Urteils weiter aus, es sei außerdem davon überzeugt, dass die Klägerin an der von der Hinterziehung der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat mitgewirkt oder zumindest davon Kenntnis gehabt habe. Auf Seite 21 bezog das FG in diese Würdigung das von der Klägerin vorgelegte Merkblatt mit ein.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin geltend, die Revision sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, zur Fortbildung des Rechts und wegen Verfahrensfehlern zuzulassen.
Einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung, mit dem die Klägerin u.a. begehrte, den Tatbestand dahingehend zu berichtigen, dass die von der Klägerin vorgelegte Broschüre erstmals im Jahr 2006 herausgegeben worden sei, gab das FG mit Beschluss vom 21. Mai 2013 insoweit statt, als es den Tatbestand dahingehend ergänzte, dass die Broschüre des Europäischen Verbraucherzentrums Italien den Stand Oktober 2006 hat. Dafür, dass die Broschüre erstmals im Jahr 2006 herausgegeben worden sei, gebe es jedoch keine Anhaltspunkte.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind teilweise nicht hinreichend dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.
1. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
a) Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen Divergenz setzt voraus, dass das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als ein anderes Gericht (vgl. z.B. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 69; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler ‑‑HHSp‑‑, § 115 FGO Rz 172 ff.). Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 11. November 2013 XI B 99/12, BFH/NV 2014, 366; vom 8. Januar 2014 XI B 120/13, BFH/NV 2014, 686). Befindet sich das FG aber in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, kommt es auf eine (mögliche) Abweichung von dem Urteil eines anderen FG nicht mehr an (BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 2013 X B 15/13, BFH/NV 2013, 1609; vom 19. August 2013 X B 44/13, BFH/NV 2013, 1672, m.w.N.). Eine Divergenz kann nur in Bezug auf ein Urteil geltend gemacht werden, das im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde noch nicht durch neuere höchstrichterliche Rechtsprechung überholt ist (BFH-Beschluss vom 23. September 2011 IX B 91/11, BFH/NV 2012, 58).
b) Gemessen daran liegen die zahlreichen von der Klägerin gerügten Abweichungen nicht vor.
aa) Soweit die Klägerin unter C.I. der Beschwerdebegründung geltend macht, das FG sei von dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 28. Juni 2012 6 K 2615/09 (juris) abgewichen, ist dies zwar ausweislich der Urteilsgründe (Seite 16) zutreffend; das FG befindet sich damit aber in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung: Durch das BFH-Urteil vom 25. April 2013 V R 10/11 (BFH/NV 2013, 1453, Rz 45) ist nämlich geklärt, dass sich aus der Zulassung eines Fahrzeugs nur das Gelangen in den Bestimmungsmitgliedstaat ergibt, nicht aber auch, wer Abnehmer der Lieferung war, für die die Steuerfreiheit beansprucht wird. Davon ist auch das FG ausgegangen, indem es auf Seite 16 des Urteils ausgeführt hat, die Zulassung in einem anderen Mitgliedstaat besage über den Lieferweg und die Lieferkette nichts.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eine Abweichung von den BFH-Urteilen vom 14. Dezember 2011 XI R 32/09 (BFH/NV 2012, 1004, Rz 27), vom 17. Februar 2011 V R 28/10 (BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448) sowie den Urteilen des Niedersächsischen FG vom 23. April 2009 16 K 261/05 (juris) und des FG Baden-Württemberg vom 20. Juli 2011 14 K 4282/09 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2203) rügt, liegt diese aus denselben Gründen ebenfalls nicht vor.
Auch der von der Klägerin beiläufig angeführte § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in der seit 1. Oktober 2013 geltenden Fassung verlangt übrigens ‑‑anders als die Klägerin meint‑‑ einen Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber, an der es im Streitfall nach den tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt.
bb) Soweit die Klägerin unter C.I.2. der Beschwerdebegründung geltend macht, das FG habe seiner Entscheidung folgenden Rechtssatz zugrunde gelegt: "Der Nachweis der Identität des wahren Abnehmers ist eine unabdingbare Voraussetzung der Steuerfreiheit. Handelt ein Unternehmer als Strohmann nur zum Schein im eigenen Namen, so ist dessen Hintermann Abnehmer ...", ist eine Abweichung bereits nicht hinreichend i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt: Die von der Klägerin auf Seite 9 der Beschwerdebegründung zitierten Passagen des Urteils enthalten allesamt keine Rechtssätze, sondern das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung des FG. Für die Annahme einer Divergenz reichen aber weder eine unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung noch eine (angeblich) fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Dezember 2012 XI B 89/11, BFH/NV 2013, 778; vom 20. März 2013 IX B 154/12, BFH/NV 2013, 1239).
Überdies ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, dass die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung voraussetzt, dass aufgrund der zutreffenden Angaben des leistenden Unternehmers die Person des Abnehmers ("Erwerbers") dieser Lieferung bekannt ist und für die Bestimmung des Leistungsempfängers sog. Scheingeschäfte (§ 41 der Abgabenordnung) ohne Bedeutung sind (vgl. BFH-Urteile vom 17. Februar 2011 V R 30/10, BFHE 233, 341, BStBl II 2011, 769, Rz 15 und 17; in BFHE 233, 331, BFH/NV 2011, 1448, Rz 17 und 19, jeweils m.w.N.). Das FG konnte sich vorliegend nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ‑‑aufgrund tatsächlicher Ungereimtheiten und Widersprüche‑‑ nicht davon überzeugen, dass die von der Klägerin angegebenen Personen jeweils die tatsächlichen Abnehmer seien, so dass es bereits an der erstgenannten Voraussetzung fehle.
cc) Der Vortrag unter C.I.3. der Beschwerdebegründung, aus den Ausführungen des FG auf Seite 19 und 20 des Urteils ergebe sich, dass das FG den allgemeinen Rechtssatz aufgestellt habe, "dass von einem fehlerhaften Buch- und Belegnachweis auf die Kenntnis der Steuerhinterziehung durch den Erwerber geschlossen werden kann und diese Kenntnis einer Verschleierung der Identität des Abnehmers den Rechtsfolgen im Sinne der Entscheidung des [Gerichtshofs der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑ vom] 7. Dezember 2010 C-285/09" ‑‑R‑‑ (Slg. 2010, I-12605, Umsatzsteuer-Rundschau –-UR–- 2011, 15) "gleichsteht", hat das FG auch diesen abstrakten Rechtssatz schon gar nicht aufgestellt.
(1) Zunächst hat das FG ‑‑bezüglich der unter I.3. genannten Lieferungen an C‑‑ auf Seite 19 des Urteils aus der fehlenden Aufzeichnung von Kontaktdaten gar nicht auf eine "Kenntnis der Steuerhinterziehung" geschlossen, sondern ‑‑u.a.‑‑ daraus abgeleitet, dass Zweifel bestehen, dass C der Besteller der unter I.3. genannten Fahrzeuge gewesen sei und es nicht unwahrscheinlich sei, dass die Bestellung der Fahrzeuge nicht von C erfolgt sei.
(2) Ebenso wenig hat das FG diesen Rechtssatz auf Seite 20 des Urteils aufgestellt, sondern aus den von ihm dort genannten "zahlreichen Unstimmigkeiten und Widersprüchen" in Bezug auf die unter I.5. genannten Lieferungen an B den Schluss gezogen, dass die Klägerin zumindest Kenntnis von der Hinterziehung der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat gehabt habe.
(3) Die Klägerin wirft dem FG mit ihrem Vorbringen im Kern eine unzutreffende Tatsachen- und Beweiswürdigung, fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls und Subsumtionsfehler vor, was ‑‑wie unter II.1.b bb dargelegt‑‑ für die Zulassung einer Revision wegen Divergenz nicht ausreicht.
(4) Soweit die Klägerin auch in diesem Zusammenhang auf Seite 14 der Beschwerdebegründung vorbringt, es sei "für einen Fall wie dem vorliegenden noch nicht entschieden, dass bei Erfüllung der objektiven Voraussetzungen (Nachweis des körperlichen Gelangens der Fahrzeuge durch zeitnahe amtliche Zulassungen und Auftreten des Abnehmers im Außenverhältnis ersichtlich als Leistungsempfänger), der Lieferant aber ggf. hätte erkennen können, dass der Abnehmer seine steuerlichen Pflichten nicht erfüllt, die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferungen ebenfalls nicht zu gewähren ist", liegt eine solche Situation im Streitfall schon tatsächlich nicht vor: Erstens hat die Klägerin nach der tatsächlichen Würdigung des FG die objektiven Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt und zweitens hat das FG angenommen, dass die Klägerin zumindest Kenntnis von der Steuerhinterziehung hatte.
2. Den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) hat die Klägerin bereits nicht hinreichend dargelegt.
a) Das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. August 2013 X B 196/12, BFH/NV 2013, 1761; vom 1. April 2014 V B 45/13, BFH/NV 2014, 1104, Rz 11).
Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn davon auszugehen ist, dass im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. BFH-Beschluss vom 11. November 2008 XI B 17/08, BFH/NV 2009, 429; Lange in HHSp, § 115 FGO Rz 147). Dieser Zulassungsgrund setzt eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus (BFH-Beschluss vom 13. November 2012 II B 123/11, BFH/NV 2013, 255, m.w.N.). Zur Darlegung des Zulassungsgrunds muss der Beschwerdeführer substantiiert ausführen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2012 III B 78/12, BFH/NV 2013, 39). Hierzu muss sich die Beschwerde u.a. mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2012 IV B 13/11, BFH/NV 2012, 963).
Rechtsfragen, die sich nur stellen können, wenn man von einem anderen als dem vom FG festgestellten Sachverhalt ausgeht, können im Revisionsverfahren nicht geklärt werden, weil der BFH grundsätzlich an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771; vom 20. Februar 2014 XI B 85/13, BFH/NV 2014, 828).
b) Soweit der Vortrag der Klägerin auf Seite 14 zweiter Absatz der Beschwerdebegründung sich auf den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts bezieht, ist dieser Zulassungsgrund schon deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil der von der Klägerin behauptete Sachverhalt nach den tatsächlichen Feststellungen des FG im Streitfall nicht gegeben ist.
c) Die Klägerin macht unter C.I.3.b der Beschwerdebegründung weiter geltend, zu dem "hier einschlägigen Fall der Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO mangels objektiver Beweise für eine aktive Mitwirkung an der Steuerhinterziehung des Abnehmers" sei "noch kein Urteil ergangen, das die Anwendbarkeit der EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache ‑‑R‑‑" (in Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15) bestätige. Eine Entscheidung des BFH diene deshalb der Rechtsfortbildung vor allem auch im Hinblick auf die Abgrenzung von Umsatzsteuerrecht und Strafrecht. Außerdem stelle sich die grundsätzliche Frage nach der Grenzziehung zwischen den Risikosphären des liefernden Steuerpflichtigen und der jeweiligen Steuergläubiger. Nach Ansicht des EuGH sei es gerechtfertigt, denjenigen, der sich aktiv an einer Straftat eines anderen beteilige, in Durchbrechung des vom Grundsatz der Territorialität getragenen Bestimmungslandprinzips in Anspruch zu nehmen. Es sei fraglich, ob nach dem EuGH-Urteil ‑‑R‑‑ (in Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15) "eine derartige systemwidrige Besteuerung auch gerechtfertigt ist, wenn dem Steuerpflichtigen eigenes Fehlverhalten im Hinblick auf den Steueranspruch des Bestimmungslandes nicht zur Last gelegt werden kann".
d) Dies genügt auch unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen im Schreiben vom 25. Juli 2013 zur Darlegung in mehrfacher Hinsicht nicht:
aa) So fehlt jeglicher Vortrag dazu, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist.
bb) Auch setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend mit der Folgerechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinander.
cc) Überdies legt die Beschwerde nicht dar, dass ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt, bei dem es auf die Beantwortung der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage überhaupt ankommt. Dies ist hier nach den tatsächlichen Feststellungen nicht der Fall. In der Rechtssache ‑‑R‑‑ hatte eine innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen tatsächlich stattgefunden und die Steuerbefreiung wurde "nur" deshalb versagt, weil der Lieferer bei der Lieferung die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hatte, um diesem zu ermöglichen, die Mehrwertsteuer zu hinterziehen (vgl. EuGH-Urteil ‑‑R‑‑ in Slg. 2010, I-12605, UR 2011, 15, Rz 51 und Tenor; BFH-Urteile vom 11. August 2011 V R 19/10, BFHE 235, 50, BStBl II 2012, 156, Rz 22; V R 50/09, BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 22; vom 14. Dezember 2011 XI R 33/10, BFH/NV 2012, 1009, Rz 26; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2011 1 StR 41/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2012, 332, Rz 21). Im Streitfall ist das FG jedoch bereits auf Seite 16 des Urteils für alle Lieferungen, auch die unter I.5. genannten Lieferungen, davon ausgegangen, dass der Buch- und Belegnachweis nicht geführt sei und nicht objektiv zweifelsfrei feststehe, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfüllt seien. Die Darstellung der Klägerin auf Seite 15 der Beschwerdebegründung steht insoweit mit der tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG nicht in Einklang.
3. Die geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Die Behauptung unter C.II., das FG habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung verstoßen und seine Überzeugung nicht aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet, trifft nicht zu.
a) Die Nichtberücksichtigung von Umständen, die ‑‑ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts‑‑ richtigerweise in die Beweiswürdigung hätten einfließen müssen, kann verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens unberücksichtigt lässt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 9. April 2014 XI B 89/13, BFH/NV 2014, 1228, m.w.N.).
aa) Insbesondere sind der Inhalt der vorgelegten Akten und das Vorbringen der Prozessbeteiligten (quantitativ) vollständig und (qualitativ) einwandfrei zu berücksichtigen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. Februar 2012 VI B 138/11, BFH/NV 2012, 970; vom 21. August 2013 III B 122/12, BFH/NV 2013, 1798). Das FG verletzt seine Pflicht zur vollständigen und zutreffenden Berücksichtigung des Streitstoffs, wenn es eine nach den Akten klar feststehende Tatsache oder einen bestimmten Tatsachenvortrag erkennbar unberücksichtigt lässt, obwohl dieser auf der Basis seiner materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserheblich sein kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Juni 2013 IX B 1/13, BFH/NV 2013, 1624; vom 30. Juli 2013 IV B 107/12, BFH/NV 2013, 1928).
bb) Die Rüge eines derartigen Verfahrensmangels setzt die Darlegung voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt habe, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen des Beteiligten nicht entspreche oder eine aus den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen habe (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. Dezember 2012 X B 209/11, BFH/NV 2013, 722; vom 6. März 2013 X B 165/12, BFH/NV 2013, 954). Die Aktenteile, die das FG nach Ansicht des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt haben soll, müssen genau bezeichnet und die sich daraus ergebenden wesentlichen Tatumstände benannt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. April 2004 V B 43/03, BFH/NV 2004, 1303; vom 12. Oktober 2012 III B 212/11, BFH/NV 2013, 78, jeweils m.w.N.).
cc) Ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO liegt hingegen nicht bereits deshalb vor, weil das FG den ihm vorliegenden Akteninhalt nicht entsprechend den klägerischen Vorstellungen gewürdigt hat oder die Würdigung fehlerhaft erscheint; insoweit könnte es sich um einen materiell-rechtlichen Fehler handeln, nicht indes um einen Verfahrensverstoß (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2006 VIII B 113/05, BFH/NV 2006, 803; vom 27. September 2007 XI B 194/06, BFH/NV 2008, 87; vom 16. Dezember 2013 III S 23/13 (PKH), BFH/NV 2014, 553). Selbst Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze sind in der Regel materiell-rechtliche Fehler und können nicht als Verfahrensmangel gerügt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20. Juni 2012 X B 1/12, BFH/NV 2012, 1616; vom 19. September 2013 III B 47/13, BFH/NV 2014, 72).
b) Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang zunächst geltend, das FG habe den Akteninhalt dadurch unvollständig berücksichtigt, dass es lediglich erwähnt habe, dass das Strafverfahren gegen die Geschäftsführer der Klägerin gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Indem das FG ausgeführt habe, zur Überzeugung des FG stehe fest, dass die Klägerin an der Hinterziehung der Erwerbsbesteuerung mitgewirkt habe oder zumindest Kenntnis von ihr gehabt habe, stehe das FG in offenem Widerspruch zu den staatsanwaltlichen Ermittlungserbnissen.
Unabhängig davon, ob die Klägerin mit diesem Vortrag bereits die Darlegungserfordernisse nicht erfüllt hat, weil sie die Aktenteile nicht genau bezeichnet hat, liegt darin schon deshalb kein Verfahrensfehler des FG, weil das FG die Einstellung des Strafverfahrens ‑‑wie sich aus der Erwähnung im Urteil ergibt‑‑ zur Kenntnis genommen und lediglich anders gewürdigt hat als die Klägerin. Eine Bindungswirkung des Strafverfahrens für das Besteuerungsverfahren besteht insoweit nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Februar 2001 IV B 162/99, BFH/NV 2001, 890, zur Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO; BFH-Urteil vom 18. April 2013 V R 19/12, BFHE 241, 446, BStBl II 2013, 842, zu strafgerichtlichen Urteilen; zur eigenständigen Prüfungskompetenz der Steuerhinterziehung durch die Gerichte bei der Überprüfung von Steuerbescheiden s. auch EuGH-Urteil vom 13. Februar 2014 C-18/13 ‑‑Maks Pen‑‑, Mehrwertsteuerrecht 2014, 197, m. Anm. Grube, Rz 38). Zuletzt wäre auch hier ‑‑wie unter II.2.d dargelegt‑‑ ein etwaiger Verfahrensfehler des FG nicht entscheidungserheblich, weil das FG die Steuerbefreiung bereits aus anderen Gründen versagt hat. Hat ein FG sein Urteil kumulativ auf mehrere Gründe gestützt, von denen jeder für sich allein das Entscheidungsergebnis trägt, ist hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Form geltend zu machen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. März 2014 V B 18/13, nicht veröffentlicht, m.w.N.), woran es in Bezug auf die Begründung auf Seite 16 des Urteils, die auch die unter I.5. genannten Lieferungen umfasst, fehlt.
c) Aus denselben Gründen greift auch die Rüge der Klägerin nicht durch, das FG habe zu Unrecht das Merkblatt "Autoselbstimport aus der EU" des Europäischen Verbraucherzentrums Italien berücksichtigt. Auch dies ist aufgrund der Ausführungen auf Seite 16 des Urteils auf Basis der Rechtsauffassung des FG nicht entscheidungserheblich.
Im Übrigen steht die Behauptung, die Broschüre sei erstmals im Jahr 2006 (und damit nach den Streitjahren) aufgelegt worden, mit den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht in Einklang. Das FG hat auf Seite 21 seines Urteils ‑‑in der Fassung des Tatbestandsberichtigungsbeschlusses vom 21. Mai 2013‑‑ lediglich festgestellt, dass die von der Klägerin vorgelegte Broschüre den Stand Oktober 2006 hat. Für die Behauptung der Klägerin, dass die Herausgabe erstmals im Jahr 2006 erfolgt sei, hat das FG ‑‑ausweislich der Ausführungen auf Seite 3 des Tatbestandsberichtigungsbeschlusses vom 21. Mai 2013 unter II.5.‑‑ keine Anhaltspunkte feststellen können.
4. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.