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Beschluss vom 27. Juni 2014, IV B 12/14

Umwandlung eines Sachurteils in ein Prozessurteil im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren - unrichtige Sachbehandlung

BFH IV. Senat

FGO § 44 Abs 1, FGO § 116 Abs 6, GKG § 21 Abs 1

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 17. December 2013, Az: 1 K 1871/12

Leitsätze

1. NV: Hat das Finanzgericht eine unzulässige Klage durch Sachurteil als unbegründet abgewiesen, kann im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision das vorinstanzliche Urteil durch Beschluss nach § 116 Abs. 6 FGO in ein Prozessurteil umgewandelt werden.

2. NV: Von der Erhebung der Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren ist abzusehen, wenn die Beschwerde trotz Vorliegens eines Verfahrensmangels infolge der Abänderung des Tenors der Vorentscheidung im Ergebnis keinen Erfolg hat.

Gründe

  1. Die Beschwerde ist unbegründet. Der Tenor der Vorentscheidung wird jedoch gemäß § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahin abgeändert, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

  2. 1. Die Vorentscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel, weil das Finanzgericht (FG) zu Unrecht durch Sachurteil statt durch Prozessurteil entschieden hat (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 11. Juli 1989 VIII R 53/88, BFH/NV 1990, 178; vom 30. November 1993 IX R 92/91, BFHE 173, 204, BStBl II 1994, 403, und vom 21. Januar 1999 IV R 40/98, BFHE 188, 523, BStBl II 1999, 563). Nach § 116 Abs. 6 FGO kann der BFH ein Urteil, das auf einem Verfahrensfehler beruht, im Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde aufheben und den Rechtsstreit an das FG zurückverweisen. Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund, dass sie der Prozessökonomie dienen soll, über ihren Wortlaut hinaus dahin zu verstehen, dass sie auch eine Endentscheidung des BFH ermöglicht, wenn die im Fall der Zurückverweisung zu treffende Entscheidung feststeht. Die Endentscheidung kann etwa in der Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils bestehen (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler ‑‑HHSp‑‑, § 116 FGO Rz 290; vgl. zu § 133 Abs. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑‑VwGO‑‑ Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ‑‑BVerwG‑‑ vom 2. Juni 1999  4 B 30/99, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht -Rechtsprechung-Report ‑‑NVwZ-RR‑‑ 1999, 694), in einer endgültigen Klageabweisung (Lange in HHSp, § 116 FGO Rz 291; zu § 133 Abs. 6 VwGO BVerwG-Beschluss vom 19. November 1997  7 B 265/97, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 28), aber auch in der Umwandlung eines Sachurteils in ein Prozessurteil (vgl. zu § 133 Abs. 6 VwGO BVerwG-Beschluss vom 2. November 2011  3 B 54/11, NVwZ-RR 2012, 86). Der Senat sieht deshalb von einer Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung gemäß § 116 Abs. 6 FGO ab. Der Tenor der Vorentscheidung wird dahin geändert, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

  3. a) Gegenstand des Klageverfahrens waren ausweislich der Klage-schrift vom 30. Juni 2012 sowohl der Bescheid vom 12. Januar 2012 über die Ablehnung der von der Klägerin und Beschwerde-führerin (Klägerin) begehrten verbindlichen Auskunft in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2012 als auch der Bescheid vom 12. Januar 2012 über die Festsetzung einer Gebühr für die Bearbeitung der beantragten Auskunft in Höhe von 265 € (sog. objektive Klagehäufung). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich der Protokollniederschrift vom 18. Dezember 2013 nur noch beantragt, die Gebühr für die verbindliche Auskunft zu stornieren. Dieser Antrag kann bei rechtsschutzwahrender Auslegung nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin (nur noch) die Aufhebung des Gebührenbescheides vom 12. Januar 2012 beantragt hat. Damit hat sie zugleich, was das FG wohl stillschweigend angenommen hat, den Antrag auf Erteilung der begehrten Auskunft gemäß § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung zurückgenommen und die Rechtshängigkeit der Klage bezüglich dieses selbständigen Streitgegenstandes beendet.

  4. b) Die Klage, die sich danach nur noch gegen den Gebührenbescheid vom 12. Januar 2012 richtete, war indes mangels Durchführung eines Vorverfahrens gemäß § 44 Abs. 1 FGO unzulässig. Nach Aktenlage und auch nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin ist über den Einspruch gegen den Gebührenbescheid während des anhängigen Klageverfahrens nicht entschieden worden. Da die Voraussetzungen einer Sprungklage gemäß § 45 FGO und einer Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO ersichtlich nicht vorlagen, hätte das FG die Klage daher nicht wie geschehen als unbegründet, sondern als unzulässig abweisen müssen.

  5. 2. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass es der Klägerin auf Grund der vorliegenden Entscheidung nunmehr unbenommen bleibt, den Gebührenbescheid innerhalb der Frist von einem Monat (§ 47 Abs. 1 FGO) erneut anzufechten, sobald der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) über den Einspruch gegen den Gebührenbescheid vom 12. Januar 2012 mit Einspruchsentscheidung entschieden hat.

  6. 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Der Senat hält es angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls für gerechtfertigt, von der Erhebung der Gerichtsgebühren für das vorliegende Beschwerdeverfahren gemäß § 21 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes abzusehen.

  7. 4. Von einer weiteren Begründung und insbesondere der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

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