BFH IX. Senat
FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1, AO § 39 Abs 2 Nr 1
vorgehend FG München, 14. October 2013, Az: 15 K 2429/10
Leitsätze
NV: Rechtsfragen zum Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) sind nicht grundsätzlich bedeutsam, weil es für deren Beantwortung entscheidend auf die vom FG als Tatsacheninstanz zu würdigenden und damit regelmäßig nicht klärungsbedürftigen Umstände des Einzelfalls ankommt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) noch ist die Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) zuzulassen.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob und wann eine Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, bei denen der Ankaufsvertrag einerseits und Optionsverträge zu einer möglichen Veräußerung bzw. einem möglichen Erwerb andererseits (Doppeloption) abgeschlossen wurden, zu einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑) führt, ist mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Insoweit entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und ist darum auch nicht klärungsbedürftig, dass der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall richtet. Dabei hängt die Prüfung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen Kriterien für den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Rahmen einer ‑‑regelmäßig keine abstrakten Rechtsfragen aufwerfenden‑‑ Gesamtbetrachtung von den Umständen des Einzelfalls ab, so dass sich allgemeingültige, vom Einzelfall losgelöste Regeln nicht aufstellen lassen (vgl. dazu u.a. BFH-Urteile vom 26. Januar 2011 IX R 7/09, BFHE 232, 463, BStBl II 2011, 540, unter II.2.c; vom 25. Mai 2011 IX R 23/10, BFHE 234, 55, BStBl II 2012, 3, unter II.1.; vom 5. Oktober 2011 IX R 57/10, BFHE 235, 376, BStBl II 2012, 318, unter II.1.; vom 1. August 2012 IX R 6/11, BFH/NV 2013, 9, unter II.1.b aa (1), und BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2013 I B 159/12, BFH/NV 2014, 291). Dies gilt auch für die Frage der Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑ (vgl. BFH-Beschluss vom 27. August 2008 IX B 207/07, BFH/NV 2008, 2022, m.w.N.).
2. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) ist ebenfalls nicht erforderlich. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts erfolgt, wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist, insbesondere, wenn der Streitfall im allgemeinen Interesse Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 41, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. Denn die vom Kläger aufgeworfene Frage des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums bei einer Doppeloption ist in der Rechtsprechung des BFH geklärt (vgl. BFH-Urteile vom 11. Juli 2006 VIII R 32/04, BFHE 214, 326, BStBl II 2007, 296, unter II.4., und vom 4. Juli 2007 VIII R 68/05, BFHE 218, 299, BStBl II 2007, 937, unter II.2.a (3)). Ebenso ist geklärt, dass im Rahmen des § 23 EStG auch der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zu einem steuerbaren Vorgang führen kann (BFH-Urteil vom 8. April 2003 IX R 1/01, BFH/NV 2003, 1171, unter II.1.b bb; Beschluss in BFH/NV 2008, 2022, unter 1.b). Mit den von ihm vorgebrachten Argumenten wendet sich der Kläger auch im Wesentlichen gegen die vom Finanzgericht (FG) in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Gesamtbeurteilung der tatsächlichen Verhältnisse und damit die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des FG. Damit kann aber eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts nicht erreicht werden.
3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.