Zum Hauptinhalt springen Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen
auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

Decisions
of the Federal Fiscal Court

Decisions online

Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen

Urteil vom 04. Februar 2014, I R 32/12

Zinslose Darlehen zwischen Tochterkapitalgesellschaften - Verbrauch des Nutzungsvorteils als nicht abziehbare Betriebsausgabe

BFH I. Senat

EStG § 3c Abs 1 Halbs 1, KStG § 8 Abs 1, KStG § 8b Abs 5, KStG § 8b Abs 1, EStG § 20 Abs 1 Nr 1 S 2

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , 21. March 2012, Az: 1 K 264/08

Leitsätze

NV: Vor Ausdehnung des § 8b Abs. 5 KStG 2002 durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840) auf inländische Beteiligungen unterlag der Verbrauch des Nutzungsvorteils aus dem zinslosen Darlehen, das die Tochter-GmbH I der inländischen Tochter-GmbH II gewährt hatte, im Umfang der von der GmbH II an die Mutterkapitalgesellschaft im jeweiligen Wirtschaftsjahr ausgeschütteten Gewinne (hier: vGA aufgrund eines weiteren unverzinslichen Darlehen der Tochter-GmbH II an die Tochter-GmbH III) dem Abzugsverbot gemäß § 3c Abs. 1 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002.

Tatbestand

  1. I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Aktiengesellschaft, war im Streitjahr (2002) Alleingesellschafterin der GmbH I sowie der GmbH II; darüber hinaus war sie zu 92 % an der GmbH III beteiligt.

  2. Die GmbH I gewährte der GmbH II ein zinsloses Darlehen (Darlehen 1); der mit 6 % der Darlehenssumme für das Streitjahr berechnete Zinsvorteil (7.225,11 €) wurde ‑‑worüber zwischen den Beteiligten Einvernehmen besteht‑‑ bei der Klägerin als nach § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 (KStG 2002) i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) steuerbefreite verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) qualifiziert. Gleiches gilt für den weiteren Zinsvorteil der Klägerin in Höhe von 20.028,61 € aus dem der GmbH III von der GmbH II eingeräumten zinslosen Kredit (Darlehen 2). Zwischen den Beteiligten besteht ferner Einvernehmen, dass der Verbrauch der Nutzungsvorteile (Zinsvorteile) aus beiden Darlehen bei der Klägerin als Betriebsausgabe anzusetzen ist. Umstritten ist hingegen, ob ‑‑wie vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) vertreten‑‑ der Verbrauch des Nutzungsvorteils aus dem Darlehen 1 in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. von § 3c Abs. 1 EStG 2002 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002 mit der steuerfreien vGA der Klägerin aus dem Darlehen 2 (20.028,61 €) steht und deshalb der Betriebsausgabenabzug der Klägerin um 7.225,11 € zu kürzen ist. Der Einspruch der Klägerin gegen den hierauf beruhenden Bescheid vom 24. April 2007, mit dem der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2002 auf 22.901 € festgestellt wurde, blieb ebenso wie die Klage ohne Erfolg (Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht ‑‑FG‑‑, Urteil vom 22. März 2012  1 K 264/08, Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1585).

  3. Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz sowie den angefochtenen Feststellungsbescheid aufzuheben und den verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2002 in Höhe von 30.126,11 € festzustellen.

  4. Das FA beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der bei der Klägerin anzusetzende Aufwand aus dem Verbrauch des Nutzungsvorteils (Zinsvorteil in Höhe von 7.225,11 €) nach § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen ist.

  2. 1. Gemäß den auch nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens (heute: Teileinkünfteverfahrens) zu beachtenden Grundsätzen des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348) sind die von der GmbH I und GmbH II ihren Schwestergesellschaften (GmbH II und GmbH III) aufgrund der zinslosen Darlehen zugewendeten Nutzungsvorteile bei der Klägerin (Mutterkapitalgesellschaft) als vGA i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 zu erfassen; sie bleiben jedoch gemäß § 8b Abs. 1 KStG 2002 bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Da die Nutzungsvorteile nach dem BFH-Beschluss in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348 nicht Gegenstand einer Einlage bei der jeweiligen Darlehensnehmerin sein können (vgl. auch Senatsbeschluss vom 6. Oktober 2009 I R 4/08, BFHE 226, 347, BStBl II 2010, 177, zu II.4.; Brandis in Tipke/Seer/Hey/ Englisch [Hrsg.], Gestaltung der Steuerrechtsordnung, 2010, Festschrift für Joachim Lang, S. 719, 724; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 1215 "Schwestergesellschaften"), werden sie im Zusammenhang mit der Beteiligung der Klägerin an diesen Gesellschaften "verbraucht" und führen deshalb grundsätzlich zu einer Minderung ihres Einkommens (zu § 3c Abs. 1 EStG 2002 s. nachfolgend). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen; ebenso wenig wird von der Klägerin die Höhe der vom FA angesetzten vGA in Frage gestellt.

  3. 2. Der bei der Klägerin zu erfassende Vorteilsverbrauch aus dem der GmbH II von der GmbH I gewährten Darlehen (Darlehen 1) unterfällt jedoch dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002. Nach dieser Vorschrift, die über § 8 Abs. 1 KStG 2002 auch für die Einkommensermittlung der Klägerin zu beachten ist, dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden.

  4. a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Verbrauch des Nutzungsvorteils nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. von § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 mit den Einnahmen (hier: vGA) der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der das Darlehen 1 gewährenden GmbH I steht. Zum einen wird ein solcher Zusammenhang nicht dadurch begründet, dass der Vorteilsverbrauch durch die Einnahme (vGA) "finanziert" wird (vgl. Senatsurteile vom 11. Oktober 1989 I R 208/85, BFHE 158, 388, BStBl II 1990, 88; vom 15. November 1960 I 189/59 S, BFHE 72, 210, BStBl III 1961, 80). Zum anderen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Nutzungsvorteil der GmbH II als Darlehensnehmerin zugewendet wurde. Demgemäß ist sein Verbrauch durch die Beteiligung der Klägerin an dieser Gesellschaft veranlasst und mit Rücksicht auf das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 darauf hin zu überprüfen, ob er in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den aus dieser Gesellschaft erzielten steuerfreien Einnahmen (hier: vGA) gestanden hat (Schmitz, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2001, 1166; Schlagheck, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2002, 92, 98; Starke, DB 2000, 2347; Herzig, DB 2003, 1459, 1461; Kessler/ Reitsam, DB 2003, 2139, 2142; a.A. Winter, GmbHR 2004, 1268, 1269). Letzteres erübrigt sich nicht deshalb, weil nach § 8b Abs. 3 KStG 2002 Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilen an Körperschaften (hier: GmbH II) stehen, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen sind. Zwar geht diese Bestimmung dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 vor (Senatsurteil vom 21. August 2007 I R 76/06, BFH/NV 2008, 247). Tatbestandlich werden von § 8b Abs. 3 KStG 2002 jedoch nicht sämtliche mit dem Anteil zusammenhängende Aufwendungen, sondern nur substanzbezogene Wertminderungen erfasst, die sich aus dessen ertragsteuerrechtlicher Behandlung ergeben (Senatsurteil vom 14. Januar 2009 I R 52/08, BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674). Hierzu ist der Vorteil der Klägerin, den sie aus der Zinslosigkeit des zwischen ihren Tochtergesellschaften vereinbarten Darlehens gezogen hat, nicht zu rechnen. Der Vorteil berührt weder den bilanziellen Ausweis der Beteiligung der Klägerin an der GmbH II noch ist er mit einer Minderung des Anteilswerts verbunden. Er ist vielmehr darauf gerichtet, die Ertragslage der GmbH II durch die Entlastung von ansonsten anfallenden marktüblichen Zinsen zu verbessern (gl.A. Brandis in Festschrift für Joachim Lang, a.a.O., S. 727, Fn. 35; Wassermeyer, DB 2006, 296).

  5. b) Im Ergebnis ist der Vorinstanz darin beizupflichten, dass der Verbrauch des Nutzungsvorteils aus dem zinslosen Darlehen 1 in Höhe von 7.225,11 € i.S. von § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den aus der Beteiligung an der GmbH II erzielten Gewinnausschüttungen (hier: vGA in Höhe von 20.068,61 €) gestanden hat.

  6. aa) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats war in Fällen des fremdfinanzierten Erwerbs steuerbefreiter Schachtelbeteiligungen ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang nicht nur durch die veranlassungsbezogene Zuordnung der angefallenen Zinsaufwendungen zu der erworbenen Beteiligung, sondern darüber hinaus ‑‑zur Konkretisierung des Unmittelbarkeitserfordernisses‑‑ verengend durch die betragsmäßige Kongruenz mit den im jeweiligen Wirtschaftsjahr von der "erworbenen" Gesellschaft ausgeschütteten Gewinnen gekennzeichnet. Der Senat hat an dieser Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit sowie im Hinblick darauf festgehalten, dass der Gesetzgeber es unterlassen habe, eine anderslautende gesetzliche Regelung zu treffen; zugleich hat der Senat betont, dass das Abzugsverbot unabhängig von der Rechtsgrundlage für die Steuerfreiheit der jeweiligen Gewinnausschüttung eingreift (vgl. Senatsurteile vom 21. Februar 1973 I R 26/72, BFHE 109, 27, BStBl II 1973, 508 zu § 13 KStG a.F.; vom 29. Mai 1996 I R 15/94, BFHE 180, 410, BStBl II 1997, 57; vom 29. Mai 1996 I R 167/94, BFHE 180, 415, BStBl II 1997, 60; vom 29. Mai 1996 I R 21/95, BFHE 180, 422, BStBl II 1997, 63; jeweils zu DBA-Schachteldividenden; Vorlagebeschluss des Senats vom 14. Juli 2004 I R 17/03, BFHE 207, 152, BStBl II 2005, 53 zu § 8b Abs. 1 KStG 1991 i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993, BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774; zustimmend Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Januar 1997, BStBl I 1997, 99).

  7. bb) Die vorgenannten Grundsätze waren deshalb auch nach Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren im Hinblick auf die Beteiligungsertragsbefreiung (BRDrucks 90/00, 180) nach § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F./2002 zu beachten. Soweit das pauschalierende Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 5 KStG 2002 durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2840, BStBl I 2004, 14) auf inländische Beteiligungen ausgedehnt und damit zugleich der Rückgriff auf § 3c Abs. 1 EStG 2002 ausgeschlossen worden ist, ist diese Neuregelung erst ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anzuwenden (§ 34 Abs. 1 KStG 2004). Sie lässt deshalb die Beurteilung des anhängigen Streitfalls, in dem für den Veranlagungszeitraum 2002 über die Geltung des Abzugsverbots nach § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 2002) zu entscheiden ist, unberührt.

  8. cc) Folge hiervon ist, dass der bei der Klägerin zu erfassende Verbrauch des Zinsvorteils aus dem Darlehen 1 nach § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden kann. Entgegen der Ansicht der Revision (ebenso Schulte in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 264; Schulte/Behnes, DB 2004, 1525; Beinert/Mikus, DB 2002, 1467) bedarf es für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs im Sinne dieser Vorschrift keiner unlösbaren Verknüpfung zwischen den in Frage stehenden Kreditgewährungen der GmbH I sowie der GmbH II. Ein solcher Zusammenhang wird wie aufgezeigt durch das Veranlassungsprinzip, d.h. den Bezug der in Frage stehenden Aufwendung zu der Beteiligung und den hieraus erhaltenen Gewinnausschüttungen bestimmt und mit Rücksicht auf das Merkmal der Unmittelbarkeit nur durch die Höhe des im jeweiligen Wirtschaftsjahr ausgeschütteten Gewinns mit der Folge beschränkt, dass selbst Aufwendungen zur Finanzierung des Beteiligungserwerbs dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 unterstehen. Infolgedessen kann ‑‑argumentum a maiore ad minus‑‑ für den im Streitfall zu beurteilenden Verbrauch des Vorteils aus dem der GmbH II gewährten Darlehen der GmbH I nichts Anderes gelten. Denn dieser Aufwand (Vorteilsverbrauch) ist im Gegensatz zu Kreditzinsen des Anteilserwerbers nicht nur dessen Vermögensbereich zuzuordnen, sondern ist ‑‑wie gleichfalls bereits angesprochen‑‑ geeignet, unmittelbar die Ertragslage der GmbH II und damit deren Ausschüttungspotential zu stärken (i.E. ebenso Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 240; derselbe, KStG, 1. Aufl., § 8b Rz 497 ff.; Schlagheck, GmbHR 2002, 92, 98; Herzig, DB 2003, 1459, 1461).

  9. dd) Der erkennende Senat schließt sich auch nicht den im Schrifttum teilweise vertretenen weiteren Erwägungen an, nach denen bezogen auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt der zinslosen Darlehensgewährung zwischen Schwesterkapitalgesellschaften das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 mit Rücksicht auf den bei der Muttergesellschaft zu erfassenden Vorteilsverbrauch nicht eingreifen soll.

  10. (1) Dies gilt zunächst für die Erwägung, die Anwendung des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 führe zu einer systemwidrigen Mehrfachbelastung (Kessler/Reitsam, DB 2003, 2139, 2142). Zwar ist es richtig, dass im Rahmen einer steuersubjektübergreifenden Betrachtung die infolge der vGA bei der GmbH I eintretende Ertragsteuerbelastung ‑‑abweichend von der Besteuerungssituation nach dem früheren Anrechnungsverfahren (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348)‑‑ aufgrund des Abzugsverbots nicht kompensiert wird (Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 240). Der Einwand lässt jedoch zum einen unberücksichtigt, dass es der Gesetzgeber unterlassen hat, die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit den nach § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F./2002 befreiten Ausschüttungen aus inländischen Beteiligungserträgen anfallen, eigenständigen gesetzlichen Bestimmungen zu unterwerfen. Vielmehr hat er ‑‑wie insbesondere auch die Sonderregelung des § 3c Abs. 2 EStG 1999 n.F./2002 (betreffend nach § 3 Nr. 40 EStG 1999 n.F./2002 zur Hälfte befreite Beteiligungseinkünfte natürlicher Personen) verdeutlicht ‑‑im Anwendungsbereich des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 (i.V.m. § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F./2002 erkennbar an den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen zur Konkretisierung des Unmittelbarkeitserfordernisses bei steuerbefreiten Ausschüttungen festgehalten (h.M.; vgl. die Nachweise im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, zu A.III.5.). Zum anderen lässt der Einwand der fehlenden Systemgerechtigkeit außer Acht, dass das Halbeinkünfteverfahren (heute Teileinkünfteverfahren) auf dem körperschaftsteuerrechtlichen Trennungsprinzip fußt und der Gesetzgeber deshalb auch nicht gehindert ist, die Frage des Abzugsverbots an der rechtlichen Selbständigkeit des Beteiligungsunternehmens (hier: Klägerin) und dessen eigenständiger Vermögenssphäre auszurichten (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224 zu D.III.1.b aa/bb; Brandis in Festschrift für Joachim Lang, a.a.O., S. 725, 732).

  11. (2) Nichts anderes gilt für die Erwägung, dass § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 vGA, die auf einer verhinderten Vermögensmehrung der Kapitalgesellschaft beruhen, nicht erfasse (Korn, Kölner Steuerdialog 2001, 12811, 12812). Der Ansicht kann bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil zu den steuerfreien Einnahmen gemäß § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 auch die vGA gehören, die nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 2002 außer Ansatz zu lassen sind (Gosch, KStG, 1. Aufl., § 8b Rz 501).

  12. (3) Nicht durchzugreifen vermag schließlich die Auffassung, dass es sich bei dem Vorteilsverbrauch der Klägerin um eine nur fiktive Aufwendung handle, der Tatbestand des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 aber eine tatsächliche Ausgabe verlange (Starke, DB 2000, 2347). Dies lässt nicht nur unberücksichtigt, dass nach Ansicht des Großen Senats des BFH (Beschluss in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348, zu C.II.2.b) die Muttergesellschaft in Fällen der zinslosen Darlehensgewährung zwischen ihren Tochterkapitalgesellschaften einen tatsächlichen Nutzungsvorteil von der darlehensgewährenden Gesellschaft erhält und diesen für Zwecke ihrer Beteiligung an der Darlehensnehmerin (tatsächlich) verbraucht. Hinzu kommt, dass selbst dann, wenn man von einem lediglich gedanklichen Vorteilsverbrauch ausgehen wollte (vgl. Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 238; Brandis in Festschrift für Joachim Lang, a.a.O., S. 725, 730), dieser nicht aus dem Tatbestand des § 3c Abs. 1 Halbsatz 1 EStG 2002 ausgenommen werden könnte, da die Vorschrift jede gewinnmindernde Aufwendung und damit auch solche fiktiver Art erfasst (Schmidt/Heinicke, EStG, 33. Aufl., § 3c Rz 10; Gosch, KStG, 1. Aufl., § 8b Rz 501).

  13. 3. Die Sache ist spruchreif. Da die Bewertung der vGA sowie des hierauf aufbauenden Vorteilsverbrauchs zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, ist die Revision nach den vorstehenden Erläuterungen als unbegründet zurückzuweisen.

  14. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.

Print Page