BFH V. Senat
FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2, UStG § 2 Abs 1
vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 18. February 2013, Az: 3 K 895/09
Leitsätze
1. NV: Die Beurteilung einer Tätigkeit nach sozialversicherungs- oder arbeitsrechtlichen Grundsätzen in sozial- oder arbeitsrechtlichen Entscheidungen entfaltet keine Bindungswirkung für die Beurteilung der in § 2 UStG geregelten umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft.
2. NV: Daher können in Urteilen der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit keine Grundsätze zur umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft aufgestellt werden, von denen das Finanzgericht im finanzgerichtlichen Verfahren mit der Folge einer Divergenz im Sinn des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO abweichen könnte.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die von ihr geltend gemachte Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) nicht innerhalb der am 2. Mai 2013 abgelaufenen Begründungsfrist hinreichend i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat.
1. Zur schlüssigen Darlegung einer Abweichung muss der Beschwerdeführer dartun, dass das Finanzgericht (FG) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, ferner dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (z.B. Beschluss des BFH vom 27. September 2010 II B 164/09, BFH/NV 2011, 193). Dabei sind tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der Divergenzentscheidung andererseits einander gegenüberzustellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. BFH-Beschluss vom 8. Mai 2013 III B 140/12, BFH/NV 2013, 1248).
a) Eine Divergenz zu den Urteilen des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 13. September 2007 L 5 R 5/06 und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. November 1991 7 AZR 31/91 ist nicht hinreichend dargelegt, weil die Klägerin keine abstrakten Rechtssätze aus diesen Urteilen herausgearbeitet und davon abweichenden Rechtssätzen aus dem FG-Urteil gegenübergestellt hat. Im Kern trägt die Klägerin lediglich vor, dass das FG-Urteil mit den angeblichen Divergenzentscheidungen nicht übereinstimme und die Würdigung des FG unzutreffend sei. Das reicht zur Darlegung einer Abweichung nicht aus, weil es hierfür nicht auf die Unrichtigkeit des Urteils des FG im Einzelfall ankommt, sondern auf die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen. Es reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen, noch die angeblich fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls, noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus (BFH-Beschlüsse vom 2. Dezember 2013 III B 148/12, juris; vom 16. August 2013 III B 144/12, BFH/NV 2013, 1816).
b) Im Übrigen scheitert eine Divergenz zu den Urteilen des BAG und des LSG Nordrhein-Westfalen auch daran, dass in den angeblichen Divergenzentscheidungen keine tragenden Grundsätze zu der im FG-Verfahren streitigen Rechtsfrage aufgestellt worden sein können. Ob eine entgeltliche Leistung durch einen Unternehmer erbracht wird, richtet sich umsatzsteuerrechtlich nach § 2 des Umsatzsteuergesetzes. Die Beurteilung einer Tätigkeit nach sozialversicherungsrechtlichen oder nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen in sozial- oder arbeitsrechtlichen Entscheidungen entfaltet keine Bindungswirkung für die Beurteilung der umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft im finanzgerichtlichen Verfahren (ständige Rechtsprechung: z.B. BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730, und BFH-Beschlüsse vom 28. Februar 2002 V B 31/01, BFH/NV 2002, 957; vom 9. Januar 2004 V B 140/03, BFH/NV 2004, 543; vom 17. Februar 2006 V B 103/05, BFH/NV 2006, 1361).
2. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 31. Mai 2013 weitere Zulassungsgründe vorträgt, können diese keine Berücksichtigung finden, weil aus § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO folgt, dass die Frage, ob die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den gesetzlichen Anforderungen genügt, nur nach den innerhalb der Begründungsfrist vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen ist (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2011 IV B 143/09, BFH/NV 2011, 1694). Spätere Darlegungen sind daher ‑‑abgesehen von bloßen Erläuterungen und Ergänzungen‑‑ nicht zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 26. Juni 2012 IV B 34/12, BFH/NV 2012, 1621).