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Urteil vom 30. Januar 2014, V R 1/13

Keine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG wegen umsatzunabhängigem Solidarbeitrag pharmazeutischer Unternehmen an die gesetzlichen Krankenkassen - Keine Berichtigung vor Leistungserbringung

BFH V. Senat

UStG § 17 Abs 1 S 1 Nr 1, EWGRL 388/77 Art 11 Teil C Abs 1, AABG Art 2, UStG § 1 Abs 1 Nr 1 S 1

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , 26. November 2012, Az: 4 K 184/08

Leitsätze

NV: Die Änderung der Bemessungsgrundlage setzt gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass eine hinreichende Verknüpfung zu Leistungen besteht, die der Unternehmer tatsächlich an bestimmte Abnehmer ausgeführt hat .

Tatbestand

  1. I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UStG) Organträger einer GmbH. Die GmbH leistete im Streitjahr 2002 Zahlungen im Rahmen eines sog. Solidarbeitrags zugunsten der gesetzlichen Krankenversicherung.

  2. Nach Art. 2 Abs. 2 des Entwurfs vom 16. Oktober 2001 für ein "Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz ‑‑AABG‑‑)" sollten die Herstellerabgabepreise für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel in den Jahren 2002 und 2003 höchstens auf 96 % der am 1. Juli 2001 geltenden Preise begrenzt werden. Den pharmazeutischen Herstellern sollte aufgegeben werden, die Preise entsprechend zu senken (vgl. BTDrucks 14/7144, S. 1). Veranlasst wurde dieser Vorschlag durch den starken Anstieg der Arzneimittelausgaben bei gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr 2001.

  3. Nach Bekanntwerden des Gesetzentwurfs und im Anschluss an ein Gespräch im Bundeskanzleramt erklärte der Verband forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VfA), dass die forschenden Arzneimittelhersteller den gesetzlichen Krankenkassen einen Betrag in Höhe von insgesamt 400 Mio. DM zur Verfügung stellen, der zur Konsolidierung der Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung dienen und die ansonsten zur Sanierung der gesetzlichen Krankenversicherung unvermeidbare Gesetzesänderung überflüssig machen sollte (BTDrucks 14/8685, S. 3). Nach einer Presseerklärung des VfA vom 8. November 2001 waren sich die Bundesregierung und die forschenden Arzneimittelhersteller einig, dass dieser Betrag bereits zu Beginn des Jahres 2002 in vollem Umfang den gesetzlichen Krankenkassen und ihren Versicherten zugutekommen sollte, und dass in den Jahren 2002 und 2003 auf jegliche staatliche Preisregulierung im festbetragsfreien Markt verzichtet werden sollte. Nach einem Infobrief des VfA hatte die Bundesregierung zugesichert, dass sie aufgrund der Selbstverpflichtung der Verbandsmitglieder auf die geplanten gesetzlichen Maßnahmen verzichten werde.

  4. Der Anteil der einzelnen VfA-Mitglieder an der Gesamtsumme von 400 Mio. DM bestimmte sich nach den Umsätzen mit festbetragsfreien verschreibungspflichtigen Präparaten auf dem Apothekermarkt im Zeitraum von Juli 2000 bis Juni 2001. Mit Schreiben vom 6. November 2001 verpflichtete sich die GmbH gegenüber dem VfA, den nach diesem Verteilungsschlüssel auf sie entfallenden Anteil am Solidaritätsbeitrag auf ein von der Bundesregierung oder vom VfA zu benennendes Treuhandkonto zu zahlen. Voraussetzung hierfür war, dass das AABG unter Verzicht auf einen Preisabschlag oder andere preisreglementierende Instrumente für verschreibungspflichtige festbetragsfreie Arzneimittel verabschiedet würde.

  5. Am 14. Dezember 2001 wurde das AABG ohne preisreglementierende Regelung vom Bundestag beschlossen. Daraufhin zahlte die GmbH Anfang 2002 den auf sie entfallenden Anteil auf ein Treuhandkonto. Der Treugeber verpflichtete sich, den Solidarbeitrag frühestens am Tag des Inkrafttretens des AABG weiterzuleiten; für den Fall, dass das AABG mit einer Preisreglementierung in Kraft trat, sollten die von den Arzneimittelherstellern geleisteten Zahlungen erstattet werden.

  6. Das AABG trat ohne weitere Änderung und damit ohne preisreglementierende Instrumente am 23. Februar 2002 in Kraft (BGBl I 2002, 684). Art. 2 dieses Gesetzes lautete:

  7. "Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen verteilt den Betrag, den er von forschenden Arzneimittelherstellern für die Krankenkassen als Solidarbeitrag erhält, zuzüglich der Zinsen, entsprechend dem jeweiligen prozentualen Anteil an den Arzneimittelausgaben des Jahres 2001 nach den Rechnungsergebnissen der gesetzlichen Krankenversicherung (Vordruck KJ 1, Kontengruppe 43) unter den Spitzenverbänden der Krankenkasse. Die Spitzenverbände der Krankenkassen verteilen den jeweiligen Betrag entsprechend dem in Satz 1 genannten Anteil an die Krankenkassen ihrer Kassenart."

  8. Bei dem "Vordruck KJ 1" handelte es sich um eine Art Gewinn- und Verlustrechnung für gesetzliche Krankenkassen, in der sämtliche Einnahmen und Ausgaben zu erfassen waren. Die "Kontengruppe 43" umfasste dabei die Ausgaben für verschreibungspflichtige und festbetragsfreie Arzneimittel. Nach dem Inkrafttreten des AABG wurde der auf dem Treuhandkonto befindliche Gesamt-Solidarbeitrag an die gesetzlichen Krankenkassen ausgezahlt.

  9. Auf eine Kleine Anfrage mehrerer Abgeordneter zur Umsetzung des AABG (BTDrucks 14/8685) antwortete die Bundesregierung am 20. März 2002, dass sie keine schriftliche Vereinbarung mit dem VfA zum Solidarbeitrag abgeschlossen habe. Gemäß § 220 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch würden die Mittel für die Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht, wobei der Begriff der "sonstigen Einnahmen" gesetzlich nicht geregelt sei. Da die Spitzenverbände der Krankenkassen mit Art. 2 AABG eine gesetzliche Grundlage für die Entgegennahme des Solidarbeitrags und dessen Verteilung auf die Krankenkassen erhalten hätten, zähle die durch den Beitrag gezahlte Summe zu den Mitteln der Krankenkassen und könne daher für deren gesetzlich vorgesehene Aufgaben verwendet werden.

  10. Im Hinblick auf die Zahlung ihres Anteils am Solidarbeitrag beantragte die Klägerin am 14. Mai 2004 die unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung (AO) stehende Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 2002 zu ändern, da der Solidarbeitrag zu ihren Gunsten eine Berichtigung nach § 17 UStG begründet habe. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) änderte mit Bescheid vom 16. Juni 2004 die Umsatzsteuerfestsetzung antragsgemäß. Im Anschluss an eine Außenprüfung sah das FA demgegenüber in dem Solidarbeitrag keine Entgeltminderung mehr und erhöhte die Umsatzsteuer für das Streitjahr durch die Änderungsbescheide vom 28. April 2006 und vom 23. Oktober 2007 nach § 164 AO. Einspruch und Klage zum Finanzgericht (FG) hatten keinen Erfolg.

  11. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 405 veröffentlichten FG-Urteil ist die Klägerin nicht zur Berichtigung berechtigt. Die Voraussetzungen für eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG lägen unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht vor. Es fehle insbesondere an einer nachträglichen Vereinbarung, die eine Ermäßigung der Entgelte für bereits getätigte Umsätze bezweckt habe.

  12. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie geltend macht, dass eine Entgeltminderung lediglich voraussetze, dass eine innere Verknüpfung zwischen der Leistung und der vom Leistungserbringer herbeigeführten Minderung des Entgelts bestehe. Ein unmittelbarer Bezug zu einzelnen gelieferten Waren sei nicht erforderlich. Das FG habe zu Unrecht insoweit auf die Gespräche zwischen dem Verband und der Bundesregierung abgestellt. Die Motivation für den Preisnachlass sei ohne Bedeutung. Das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung stehe der Annahme einer Entgeltminderung nicht entgegen. Die Zahlung des Solidarbeitrags habe das Angebot zum Abschluss einer Vereinbarung über eine Preisreduzierung enthalten. Dieses Angebot sei angenommen worden. Die GmbH habe mit der Zahlung des auf sie entfallenden Anteils am Solidarbeitrag einen pauschalen Preisnachlass auf ihre festbetragsfreien und verschreibungspflichtigen Präparate gewährt. Es entspreche der Verkehrssitte, dass der Hersteller dem Kunden mit einer Preisreduzierung entgegen komme, wenn die Höhe der Produktpreise Probleme bereite, der Hersteller aber die Leistungsbeziehung aufrechterhalten wolle. Hierfür spreche auch, dass sich der Anteil der GmbH am Solidarbeitrag am Umsatz mit den Präparaten im Zeitraum Juli 2000 bis Juni 2001 orientiert habe. Es sollte sichergestellt werden, dass jeder Hersteller Rabatte nur auf seine eigenen Produkte gewährte. Dies sei für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung auch erkennbar gewesen. Die Bundesregierung habe lediglich das Zustandekommen der Vereinbarung gefördert. Der Preisnachlass habe dazu gedient, einen gesetzlichen Zwangsrabatt zu verhindern. Maßgeblich sei nach dem Unionsrecht zudem die Sichtweise des Leistungsempfängers. Eine pauschale Entgeltminderung müsse zudem nicht konkreten Einzelleistungen zuordnungsfähig sein, wie die Besteuerung der Glücksspielumsätze zeige. Es sei auch kein anderer Zuwendungsgrund als das Leistungsverhältnis ersichtlich. Die zwischen der Klägerin und den Krankenkassen mittelbar bestehenden Rechtsverhältnisse seien durch die Vereinbarung über die Zahlung eines Solidarbeitrags dahingehend geändert worden, dass die Krankenkassen niedrigere Entgelte zu zahlen hatten. Im Hinblick auf die Regulierung des Arzneimittelmarktes sei die Einschaltung der Bundesregierung unbeachtlich gewesen. Es spiele keine Rolle, ob die Bundesregierung auf die Pharmahersteller Druck ausübe oder ob diese ihre Preisvereinbarungen mit den gesetzlichen Krankenkassen "freiwillig" änderten. Es sei ausgeschlossen, dass ein Hersteller zahle, ohne die betroffenen festbetragsfreien Arzneimittel überhaupt zu liefern. Es sei unrealistisch, dass ein Hersteller nicht habe absehen können, ob er im Folgejahr solche Umsätze tätigen würde. Maßgeblich sei die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse der Hersteller festbetragsfreier Arzneimittel einerseits zu den gesetzlichen Krankenversicherungen andererseits. Beide Gruppen seien sich einig gewesen, etwaige Verschiebungen hinzunehmen. Es sei daher nicht auf das einzelne Rechtsverhältnis abzustellen. Es bestehe weder ein hinreichender Erfahrungssatz noch sei es im Hinblick auf den hohen Umfang der Lieferungen von festbetragsfreien Arzneimitteln vorstellbar, dass die Klägerin einzelne gesetzliche Krankenkassen nicht beliefert habe. Insoweit sei die Sache zumindest an das FG zurückzuverweisen.

  13. Die Klägerin beantragt,
    das Urteil des FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 23. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. November 2008 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Steuer um … € verringert wird.

  14. Das FA beantragt sinngemäß,
    die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Recht eine Änderung der Bemessungsgrundlage gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG verneint.

  2. 1. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG entsprechend zu berichtigen. Dies beruhte im Streitjahr unionsrechtlich auf Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach im Fall der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert wird.

  3. 2. Im Streitfall hat das FG die Voraussetzungen einer Berichtigung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zutreffend sowohl im Hinblick auf die Umsätze verneint, die die Klägerin vor der Zahlung ihres Anteils am Solidarbeitrag ausgeführt hatte, als auch im Hinblick auf später ausgeführte Umsätze.

  4. a) Die Klägerin ist im Hinblick auf frühere Umsätze nicht zur Steuerberichtigung berechtigt.

  5. aa) Das FG hat seine Entscheidung insoweit darauf gestützt, dass die Absprache zwischen den Arzneimittelherstellern und der Bundesregierung keinerlei Zusammenhang zwischen dem Solidarbeitrag und zuvor ausgeführten Lieferungen von zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegebenen Arzneimitteln hergestellt habe. Auslöser für den Solidarbeitrag sei die im Gesetzentwurf vom 16. Oktober 2001 zunächst vorgesehene Preisreglementierung für die Jahre 2002 und 2003 gewesen, aufgrund dessen der VfA der Bundesregierung einen einmaligen Solidarbeitrag für das Jahr 2002 angeboten habe. Die Arzneimittelhersteller und die Bundesregierung hätten sodann Einvernehmen darüber erzielt, dass der Beitrag den gesetzlichen Krankenkassen zu Beginn des Jahres 2002 zugutekommen und im Gegenzug dafür in den Jahren 2002, 2003 auf jegliche staatliche Preisregulierung im festbetragsfreien Markt verzichtet werden sollte. Demgemäß habe die GmbH erst nach der Verabschiedung des Gesetzes auf das Treuhandkonto gezahlt. Der Solidarbeitrag sei sogar erst nach Inkrafttreten des ‑‑keine Preisreglementierungen enthaltenen‑‑ AABG an die gesetzlichen Krankenkassen verteilt worden. Es bestehe kein Anhaltspunkt für eine Rückbeziehung des Solidarbeitrags in Form einer nachträglichen Entgeltminderung. Der Solidarbeitrag sei ersichtlich darauf gerichtet gewesen, das Inkrafttreten von Preisreglementierungen für die Jahre 2002 und 2003 zu verhindern. Er sollte damit allein für die Zukunft wirken. Unerheblich sei, dass die Beitragsanteile der Mitglieder des VfA auf Basis der Umsätze des Zeitraums von Juli 2000 bis Juni 2001 berechnet worden seien, da es sich hierbei lediglich um eine Modalität für die Aufteilung des Solidarbeitrags zwischen den einzelnen Herstellern gehandelt habe. Diese verbandsinterne Aufteilung des Gesamtbeitrags habe keinen Einfluss auf die Zweckbestimmung des Solidarbeitrags gehabt und damit keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den einzelnen Beitragsanteilen und früheren Umsätzen hergestellt. Gleiches gelte für den Umstand, dass der im letztlich in Kraft getretenen AABG kodifizierte Verteilungsschlüssel für den Solidarbeitrag auf die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen des Jahres 2001 Bezug genommen habe.

  6. bb) Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich weder aus dem EuGH-Urteil vom 24. Oktober 1996 C-317/94, Elida Gibbs (Slg. 1996, I-5339) noch aus dem EuGH-Urteil vom 5. Mai 1994 C-38/93, Glawe (Slg. 1994, I-1679).

  7. Im Gegensatz zu dem EuGH-Urteil Elida Gibbs in Slg. 1996, I-5339 bestanden zwischen der Klägerin und den gesetzlichen Krankenkassen keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen, wie sie dann gegeben sind, wenn der Kunde eines Händlers vom Hersteller einen Rabatt erhält. Denn der Klägerin war schon die genaue Anzahl der von ihr belieferten gesetzlichen Krankenkassen nicht bekannt. Demgegenüber erfolgte die Rabattierung durch Hersteller im EuGH-Urteil Elida Gibbs in Slg. 1996, I-5339 für im jeweiligen Einzelfall feststehende Lieferungen.

  8. Das EuGH-Urteil Glawe in Slg. 1994, I-1679 betrifft eine Fallgestaltung, bei dem als Entgeltminderung zu berücksichtigende "Spielgewinne" durch den Automatenbetreiber nur an den unmittelbaren Empfänger der eigenen Leistung auszuzahlen waren. Das Urteil beruht maßgeblich auf dem Umstand, dass eine gesetzlich genau bestimmte Gewinnquote zugunsten der Spieler bestand. Demgegenüber diente die Zahlung des Solidarbeitrags im Streitfall dazu, eine gesetzliche Regelung, die die Höhe des Entgelts beeinflusst hätte, zu verhindern.

  9. b) Die Klägerin ist auch im Hinblick auf später ausgeführte Umsätze nicht zur Steuerberichtigung berechtigt.

  10. aa) Nach dem Urteil des FG hat der Solidarbeitrag auch nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die nach seiner Erbringung erfolgten Leistungen geführt. Auch insoweit fehle es am erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Zuwendung des Leistungserbringers und einem Umsatz oder einer Mehrheit von Umsätzen. Der übereinstimmende Wille der Arzneimittelhersteller sowie der Bundesregierung sei darauf gerichtet gewesen, dass durch die Zahlung von insgesamt 400 Mio. DM ein Finanzierungsbeitrag an die gesetzlichen Krankenversicherungen geleistet werden sollte, der die im ursprünglichen Gesetzentwurf geplante Einführung eines Zwangsrabatts entbehrlich machen sollte. Hieraus ergebe sich, dass mit dem Solidarbeitrag gerade nicht der Zweck einer Entgeltminderung, sondern der Zweck einer sonstigen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zur Abwendung einer Preis- und damit Entgeltverminderung, verfolgt worden sei. Auf die tatsächliche Umsatzentwicklung in der Folgezeit sei es nicht angekommen. Die konkrete Verteilung der Gesamtsumme auf die einzelnen gesetzlichen Krankenkassen sei nicht Gegenstand der "Verpflichtungserklärung" gewesen.

  11. bb) Auch dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Hierfür spricht bereits, dass die Berichtigung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG eine bereits erbrachte Leistung voraussetzt, wie sich auch aus Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ergibt. Zwar geht der Senat in seiner Rechtsprechung auch davon aus, dass es zur Berichtigung noch im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung kommen kann (BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 31/12, BFH/NV 2014, 465). Eine Berichtigung vor der Leistungserbringung kommt demgegenüber nicht in Betracht.

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