BFH IX. Senat
EStG § 21 Abs 1 S 1 Nr 1
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 17. June 2013, Az: 8 K 234/11
Leitsätze
1. NV: Hat der Steuerpflichtige schon beim Erwerb einer teils selbst genutzten, teils an wechselnde Feriengäste vermieteten Ferienimmobilie den späteren Verkauf ernsthaft in Betracht gezogen, ist bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht als Prognosezeitraum der Zeitraum der tatsächlichen Vermögensnutzung zugrunde zu legen.
2. NV: Hat der Steuerpflichtige sich hingegen erst in späteren Jahren wegen fehlender Ertragsaussichten des Objektes um den Verkauf bemüht, lässt dies den Prognosezeitraum von 30 Jahren unberührt.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Finanzgericht (FG). Das angefochtene Urteil beruht auf einem Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Demgegenüber ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob "die Vermutung der Einkunftserzielungsabsicht im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in Bezug auf ein mit Hilfe eines vor Ort ansässigen Verwalters ganzjährig zur Vermietung angebotenen Ferienhauses dadurch erschüttert wird, dass der Steuerpflichtige sich eine Selbstnutzung im Maklervertrag zwar nicht vorbehalten, aber auch nicht ausgeschlossen hat, obwohl eine tatsächliche Selbstnutzung nicht feststellbar ist, so dass alleine der fehlende Ausschluss der Selbstnutzung in den Verwaltungsvertrag zu der Annahme einer der Vermutung der Einkunftserzielungsabsicht widersprechenden Selbstnutzungsmöglichkeit führt", hat keine grundsätzliche Bedeutung; denn die genannte Rechtsfrage ist im vorliegenden Streitfall nicht entscheidungserheblich.
Das FG ist im Streitfall aufgrund verschiedener Beweisanzeichen in nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass die maßgebliche Ferienimmobilie eben gerade nicht ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit für diesen Zweck bereitgehalten wurde. Als maßgebliches, im Tatbestand des angefochtenen Urteils ‑‑sowohl durch Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung als auch durch Wiedergabe der Einlassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt)‑‑ festgestelltes Indiz war dabei der Umstand zu werten, dass die Kläger selbst in einem für den Veranlagungszeitraum 2002 vor dem FG geführten Verfahren eine Totalüberschussprognose eingereicht haben, in der eine Selbstnutzung der Ferienimmobilie durch die Kläger berücksichtigt (und insoweit auch unstrittig) war. Vor diesem Hintergrund durfte das FG im Rahmen seiner Gesamtwertung zu dem Ergebnis kommen, dass die im Streitjahr von den Klägern selbst eingeräumten mehrfachen Aufenthalte in der Ferienimmobilie (auch) der Selbstnutzung des Objekts gedient hatten.
Aus den genannten Gründen kommt eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ebenfalls nicht in Betracht.
2. Die Beschwerde ist gleichwohl wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begründet. Die von den Klägern gerügte Verletzung der Sachaufklärungspflicht ist gegeben; auf ihr kann die angefochtene Entscheidung beruhen.
Das FG ist aufgrund seiner aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zutreffend davon ausgegangen, dass bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienimmobilien die Frage, ob der Steuerpflichtige mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht vermietet hat, anhand einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose zu entscheiden ist; es hat sodann aber verfahrensfehlerhaft die Notwendigkeit einer solchen für entbehrlich gehalten.
Denn im Zuge einer Prognoseentscheidung ist insbesondere zu beachten, dass der grundsätzlich zugrunde zu legende Prognosezeitraum von 30 Jahren mit Rücksicht auf den Verkauf im Jahr 2011 nur dann entsprechend abzukürzen wäre, wenn die Kläger schon beim Erwerb den späteren Verkauf ernsthaft in Betracht gezogen hätten. Hätten sie hingegen erst in späteren Jahren wegen fehlender Ertragsaussichten versucht, das Haus zu verkaufen, ließe dies den Prognosezeitraum unberührt, denn dann wäre damit lediglich auf die zwischenzeitlich erkannte Unwirtschaftlichkeit der Vermietungstätigkeit reagiert worden (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 14. Januar 2003 IX R 74/00, BFH/NV 2003, 752; vom 6. November 2001 IX R 44/99, BFH/NV 2002, 773). Ungeachtet dessen weist der Senat darauf hin, dass die Kläger für die die Prognoseentscheidung bestimmenden Einzelumstände die Feststellungslast tragen.
3. Die darüber hinaus geltend gemachten Verfahrensfehler sind nicht gegeben. Der Senat sieht insoweit von einer weiter gehenden Begründung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
4. Der Senat hält es für sachgerecht, gemäß § 116 Abs. 6 FGO die Vorentscheidung wegen des Verfahrensfehlers aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.