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Urteil vom 25. September 2014, III R 5/12

Anwendung der Tarifbegünstigung auf Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten bei den Gewinneinkünften - Beschwer bei einer vom Kläger eingelegten Anschlussrevision

BFH III. Senat

EStG § 34 Abs 1, EStG § 34 Abs 2 Nr 4, EStG § 34 Abs 2 Nr 2, EStG § 24 Nr 1 Buchst a, AO § 233a, FGO § 100 Abs 2 S 2, FGO § 120, FGO § 145, EStG VZ 2005

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 13. December 2011, Az: 3 K 457/10

Leitsätze

1. "Außerordentliche" Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG können u.a. vorliegen, wenn Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten aufgrund einer vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung atypisch zusammengeballt zufließen.

2. Diese Voraussetzungen können auch bei Steuerpflichtigen gegeben sein, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beziehen und diese durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln.

3. Eine Anschlussrevision ist nur zulässig, wenn der Anschlussrevisionskläger durch das Urteil des FG beschwert ist. Legt der Kläger die Anschlussrevision ein, ist das Vorliegen der Beschwer bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheids nach der Differenz zwischen begehrter und festgesetzter Steuer zu beurteilen.

Tatbestand

I.

  1. Es ist streitig, ob der vom Kläger, Revisionsbeklagten und Anschlussrevisionskläger (Kläger) im Jahr 2005 (Streitjahr) bezogene einmalige Ertrag aus Umsatzsteuer-Erstattungen nebst Erstattungszinsen für die Jahre 1996 bis 2003 nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) tarifbegünstigt zu besteuern ist.

  2. Der Kläger betrieb im Streitjahr eine Spielhalle und erzielte aus dieser Tätigkeit gewerbliche Einkünfte. Er ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Im Jahr 2005 wurde höchstrichterlich geklärt, dass Umsätze aus Glücksspielen mit Geldeinsatz außerhalb öffentlicher Spielbanken nach damaliger Rechtslage von der Umsatzsteuer befreit waren, wenn der Betrieb solcher Glücksspiele in öffentlichen Spielbanken steuerfrei war (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Februar 2005 Rs. C-453, C-462/02 ‑‑Linneweber und Akritidis‑‑, Slg. 2005, I-1131; Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 12. Mai 2005 V R 7/02, BFHE 210, 164, BStBl II 2005, 617). Infolgedessen erstattete der Beklagte, Revisionskläger und Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) dem Kläger die von ihm gezahlte Umsatzsteuer nebst Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von insgesamt 177.089,89 € (Umsatzsteuer: 139.567,89 €; Erstattungszinsen: 37.522 €). Nach Verrechnung mit Steuerrückständen des Klägers und der Einkommensteuer-Vorauszahlung für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 70.980,09 € zahlte das FA im November 2005 hiervon noch einen Betrag in Höhe von 106.109,80 € an den Kläger aus.

  3. In seiner Einkommensteuererklärung für 2005 erklärte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 130.786 €. Er gab an, dass in diesem Betrag tarifbegünstigte Gewinne i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 EStG in Höhe von 177.089 € enthalten seien. Das FA besteuerte diesen Betrag jedoch nicht tarifbegünstigt, sondern mit dem Regelsteuersatz. Es setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 31. August 2006 auf 41.445 € fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 5. November 2007).

  4. Das Finanzgericht (FG) setzte die Einkommensteuer 2005 unter Änderung des Bescheids vom 31. August 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2007 auf den Betrag herab, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG behandelt werden. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Berechnung der Steuer übertrug es dem FA. Die Kosten des Verfahrens legte es dem FA zu 80 % und dem Kläger zu 20 % auf. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 931 abgedruckt.

  5. Das FA hat Revision, der Kläger Anschlussrevision eingelegt.

  6. Das FA wendet sich mit seiner Revision gegen die Vorentscheidung, soweit das FG die Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 als Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG qualifiziert hat. Es seien keine "außerordentlichen" Einkünfte gegeben. Eine rechtliche Auseinandersetzung könne nur dann zu tarifbegünstigten Einkünften führen, wenn einkommensteuerpflichtige Einnahmen streitig seien. Hieran fehle es, weil die Umsatzsteuer gewinnneutral sei. Außerdem seien bei Gewerbetreibenden Steuererstattungen für mehrere Veranlagungszeiträume kein ungewöhnlicher Vorgang. Ebenso liege den Umsatzsteuer-Erstattungen keine mehrjährige Tätigkeit zugrunde. Dieses Tatbestandsmerkmal beziehe sich auf die Dauer der einzelnen Leistungserbringung. Danach sei es ausgeschlossen, die mit den einzelnen Spielern durchgeführten Geschäfte (Spielumsätze) als mehrjährige Tätigkeit zu qualifizieren. Schließlich sei auch keine Vergütung i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gegeben. Denn die (nachträgliche) Steuerfreistellung führe nicht zu einer teilweisen Rückgewähr der Spieleinsätze. Abgesehen davon entspreche es nicht der Zielsetzung des Gesetzgebers, den Kläger über die Umsatzsteuer-Erstattungen hinaus zusätzlich durch einen begünstigten Steuertarif zu privilegieren.

  7. Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben, soweit das FG die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabgesetzt hat, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG behandelt werden, und die Klage auch insoweit abzuweisen.

  8. Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision des FA zurückzuweisen, sowie im Wege der Anschlussrevision die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn zusätzlich die Erstattungszinsen in Höhe von 37.522 € als außerordentliche Einkünfte nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG behandelt werden.

  9. Der Kläger wendet sich zum einen gegen die Revision des FA. Zum anderen macht er im Wege der Anschlussrevision geltend, dass auch die Erstattungszinsen nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG tarifbegünstigt zu besteuern seien. Diese Zinsen erfüllten sowohl den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als auch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig und daher zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

  2. A. Revision des FA

  3. Nach § 34 Abs. 1 EStG ist für außerordentliche Einkünfte ein begünstigter Steuersatz zu gewähren. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG u.a. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der vom Kläger im Streitjahr 2005 zusammengeballt bezogene Ertrag aus den Umsatzsteuer-Erstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 nach diesen Vorschriften tarifbegünstigt zu besteuern ist.

  4. 1. Die Umsatzsteuer-Erstattungen sind ein betrieblicher Ertrag, der als "außerordentlich" i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG zu beurteilen ist.

  5. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des X. Senats, wonach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG ‑‑sofern im Übrigen eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit vorliegt (dazu 2.)‑‑ anwendbar ist, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfte aufgrund einer vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung atypisch zusammengeballt bezieht (BFH-Urteil vom 25. Februar 2014 X R 10/12, BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 33 ff.).

  6. a) Der Senat hat in seinem Urteil vom 30. Januar 2013 III R 84/11 (BFHE 240, 156) entschieden, dass § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf ein von einem Rechtsanwalt vereinnahmtes berufsübliches Honorar für die Bearbeitung eines mehrjährigen Mandats nicht anwendbar ist. Dabei ließ der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit offen, ob er der Rechtsauffassung des IV. Senats in dessen Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 57/05 (BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180) beitreten könnte, wonach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zur Anwendung kommt, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt (Senatsurteil in BFHE 240, 156, Rz 14). Zudem merkte er an, dass sich der entschiedene Fall nicht mit dem des IV. Senats in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180 vergleichen lasse, selbst wenn ein Rechtsanwalt ein solches Honorar nicht durch eine freiwillige Zahlung, sondern erst aufgrund einer Honorarklage erhalte (Senatsurteil in BFHE 240, 156, Rz 20).

  7. Ungeachtet dessen schließt sich der Senat für den Streitfall ‑‑wie bereits der X. Senat in dessen Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 33‑‑ der Rechtsauffassung des IV. Senats an. Der hier zu entscheidende Sachverhalt unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von dem, der in dem Senatsurteil in BFHE 240, 156 zu beurteilen war.

  8. aa) So ist in Fällen vorliegender Art unerheblich, ob es sich um eine ausschließliche oder eine abgrenzbare Sondertätigkeit handelt, weil diejenigen Gesichtspunkte, die im Regelfall für eine einschränkende Auslegung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG sprechen (insbesondere Vermeidung von Gestaltungs- und Missbrauchsmöglichkeiten, fehlende Praktikabilität), bei der hier zu beurteilenden Fallkonstellation nicht zum Tragen kommen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 34 und 36.

  9. bb) Zudem liegt den im Streitfall zu beurteilenden Umsatzsteuer-Erstattungen gerade kein gewöhnliches Geschehen, sondern ein atypischer Vorgang zugrunde. Selbst wenn bei Gewerbetreibenden Steuererstattungen für mehrere Jahre ‑‑wie das FA ausführt‑‑ kein ungewöhnliches Ereignis sein sollten, handelt es sich hier nicht um eine gewöhnliche Steuererstattung, sondern um einen atypisch zusammengeballten ("außerordentlichen") Ertrag, der daraus resultiert, dass aufgrund der Europarechtswidrigkeit der entsprechenden Vorschrift des deutschen Umsatzsteuerrechts die Glücksspielumsätze des Klägers als umsatzsteuerfrei angesehen werden und dies nachträglich Auswirkungen auf die Höhe der Umsatzsteuer verfahrensrechtlich noch offener Veranlagungszeiträume hat. Eine solche Steuererstattung beruht nicht auf den ‑‑als üblich anzusehenden‑‑ unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzbehörde zu den sich typischerweise stellenden Einzelfragen, sondern auf einer grundlegenden umsatzsteuerrechtlichen Neubeurteilung der Glücksspielumsätze (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 44).

  10. b) Die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG scheitert auch nicht daran, dass es in Fällen vorliegender Art an der erforderlichen ‑‑typischerweise zu erwartenden‑‑ Progressionswirkung fehlt (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 216, 247, BStBl II 2007, 180, Rz 21).

  11. Die Umsatzsteuer-Erstattungen begründeten einen einmalig anfallenden Ertrag, der sich für jedes verfahrensrechtlich noch offene Jahr auf 15 % (1996 und 1997) oder 16 % (1998 bis 2003) der entsprechenden Glücksspielumsätze belief. Danach führen bei Spielhallenbetreibern derartige Umsatzsteuer-Erstattungen, die für (offene) Veranlagungszeiträume geballt bezogen werden, regelmäßig zu einem ins Gewicht fallenden zusätzlichen Gewinn. So ergibt sich im Streitfall aus den Umsatzsteuer-Erstattungen für acht Jahre ein zusätzlicher Gewinn, der den in diesem Zeitraum erwirtschafteten durchschnittlichen Jahresumsatz aus dieser Tätigkeit übersteigt. Damit lassen derartige Fälle typischerweise eine Progressionswirkung erwarten (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 35).

  12. c) Im Übrigen schließt sich der Senat der Rechtsauffassung des X. Senats an, nach der § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in der hier gegebenen Fallkonstellation auch zugunsten der Bezieher von Einkünften aus Gewerbebetrieb anwendbar ist, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln (BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668, Rz 37 ff.).

  13. 2. Die Umsatzsteuer-Erstattungen sind ferner "Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten" i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.

  14. Der X. Senat hat in dem Urteil in BFHE 245, 1, BStBl II 2014, 668 in Rz 45 ff. im Einzelnen dargelegt, dass Umsatzsteuer-Erstattungen der vorliegenden Art sowohl den Vergütungsbegriff als auch das Erfordernis erfüllen, für eine mehrjährige Tätigkeit bezogen zu werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf diese Ausführungen.

  15. B. Anschlussrevision des Klägers

  16. Die Anschlussrevision des Klägers ist mangels Beschwer unzulässig.

  17. 1. Die Zulässigkeit der Anschlussrevision setzt u.a. voraus, dass der Anschlussrevisionskläger durch das Urteil des FG beschwert ist (BFH-Urteil vom 29. Oktober 2002 VII R 48/01, BFHE 200, 66, Rz 23, m.w.N.). Legt der Kläger die Anschlussrevision ein, ist die erforderliche (formelle) Beschwer gegeben, soweit das FG dem Klagebegehren nicht voll entsprochen hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Mai 2013 X R 27/11, BFH/NV 2013, 1583, Rz 5, betreffend die Einlegung der Revision). Bei Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheids ist dies nach der Differenz zwischen der begehrten und der festgesetzten Steuer zu beurteilen (BFH-Urteil vom 15. November 1995 X R 87/92, BFH/NV 1996, 545, unter B I.).

  18. Danach fehlt es im Streitfall an der erforderlichen Beschwer, weil das FG die Einkommensteuer im Ergebnis auf den vom Kläger beantragten Betrag herabgesetzt und damit dem Klagebegehren voll entsprochen hat. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

  19. a) Der Kläger hat vor dem FG beantragt, die Einkommensteuer 2005 auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn die Umsatzsteuer-Erstattungen und Erstattungszinsen für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von insgesamt 177.089 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 EStG behandelt werden. Das FG entschied, dass "... die Einkommensteuer für das Jahr 2005 unter Berücksichtigung der erstatteten Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 139.567,89 € als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG festgesetzt" wird. Im Übrigen wies es die Klage ab. Die Berechnung der Steuer übertrug es gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA. Ausweislich des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2005 vom 31. August 2006 belief sich das zu versteuernde Einkommen (zvE) des Klägers auf 135.695 €.

  20. b) Für die betragsmäßige Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer bedeutet dies:

  21. Nach Abzug der Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567,89 € als tarifbegünstigte Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG von dem (positiven) zvE in Höhe von 135.695 € ergibt sich ein negatives verbleibendes zvE. Für einen derartigen Fall ordnet § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG an, dass die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zvE entfallenden Einkommensteuer beträgt. Demnach ist im Streitfall das gesamte positive zvE des Klägers in Höhe von 135.695 € bereits deshalb nach § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigt, weil die tarifbegünstigten Umsatzsteuer-Erstattungen diesen Betrag übersteigen. Mit einer Erhöhung der außerordentlichen Einkünfte um die Erstattungszinsen lässt sich daher kein weitergehender Entlastungseffekt und somit keine weitergehende Herabsetzung der Einkommensteuer 2005 erreichen.

  22. Zur Verdeutlichung dieses Ergebnisses weist der Senat auf die in der Akte des FG befindliche Probeberechnung des FA vom ... hin, für deren Zwecke offensichtlich tarifbegünstigte Einkünfte des Klägers nach § 34 Abs. 1 und 2 EStG in Höhe von 177.090 € unterstellt wurden (vgl. ...). Das FA errechnete für diesen Fall eine festzusetzende Einkommensteuer 2005 in Höhe von 16.938 €. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn nur die Umsatzsteuer-Erstattungen in Höhe von 139.567 € als tarifbegünstigte Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG behandelt werden (vgl. dazu auch H 34.2 der Einkommensteuerhinweise 2005 und 2010 Beispiel 2):

    zvE:   

    135.695 €

    abzüglich Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 2 EStG

    139.567 €

    verbleibendes zvE:

    - 3.872 €

                    

    tarifbegünstigt nach § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG

    135.695 €

    Steuer auf 1/5 des zvE (27.139 €)

    4.914 €

    tarifliche Einkommensteuer: 4.914 € x 5

    24.570 €

    abzüglich Steuerermäßigung § 35 EStG:

    7.632 €

    festzusetzende Einkommensteuer:

    16.938 €

  23. Somit hat das FG die Einkommensteuer 2005 auf die vom Kläger beantragte Höhe herabgesetzt. Dabei ist unerheblich, dass es die Steuerberechnung gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 1583, Rz 6). Die vom FG im Übrigen ausgesprochene Klageabweisung geht ins Leere.

  24. c) Da Gegenstand des Klagebegehrens (Streitgegenstand) im finanzgerichtlichen Verfahren nicht ein einzelnes Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Einkommensteuer festsetzenden Bescheids ist (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 545, unter B I.), kann die Beschwer auch nicht darin gesehen werden, dass das FG die Erstattungszinsen nicht als außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG qualifiziert hat.

  25. d) Die Anschlussrevision ist auch nicht deshalb zulässig, weil sie ‑‑anders als (selbständige) Rechtsmittel (vgl. § 145 FGO)‑‑ auf die Anfechtung der Kostenentscheidung des FG beschränkt werden kann (BFH-Urteil vom 22. April 2004 V R 72/03, BFHE 205, 525, BStBl II 2004, 684, unter II.2.a, m.w.N.).

  26. Eine solche Beschränkung kann nur dann zulässig sein, wenn der Anschlussrevisionskläger auch tatsächlich eine entsprechende Beschwer durch die Kostenentscheidung der Vorinstanz geltend macht (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, BStBl II 1995, 353, unter B.). Hieran fehlt es.

  27. 2. Zur Sache weist der Senat ergänzend daraufhin, dass nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH Erstattungszinsen gemäß § 233a AO keine außerordentlichen Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG sind. Solche Zinsen erfüllen weder den Tatbestand des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG noch den des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG (BFH-Urteil vom 12. November 2013 VIII R 36/10, BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168, Rz 33 ff.).

  28. 3. Wird neben einer zulässigen Revision eine unzulässige Anschlussrevision eingelegt, kann der Senat insgesamt über beide Revisionen durch Urteil entscheiden (BFH-Urteil vom 11. September 2013 II R 37/12, BFHE 243, 1, BStBl II 2014, 114, Rz 39).

  29. C. Kostenentscheidung

  30. Die Kosten des gesamten Verfahrens sind vom FA zu tragen.

  31. 1. Dabei kann hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens dahinstehen, ob die Entscheidung insoweit nach § 136 Abs. 1 oder § 135 Abs. 2 FGO zu treffen ist.

  32. Haben beide Beteiligte Rechtsmittel eingelegt und bleiben beide erfolglos, ist über die Kosten des Revisionsverfahrens grundsätzlich nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO unter Zusammenrechnung der Streitwerte der Revision und Anschlussrevision zu entscheiden (vgl. BFH-Urteile vom 2. Februar 1967 IV 224/64, BFHE 88, 23, BStBl III 1967, 274; vom 24. März 1988 V R 126/81, BFH/NV 1989, 33, unter C.; vgl. auch Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 136 Rz 18). Setzte man hiervon ausgehend für die Anschlussrevision, der mangels Beschwer erkennbar keine Bedeutung zukommt, den Eingangswert der Streitwerttabelle von 300 € an (§ 34 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. Anlage 2; vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 17. Oktober 2005 V 286/99, EFG 2006, 440), wären dem FA die Kosten nach § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO ganz aufzuerlegen.

  33. Wollte man hingegen die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 2 FGO stützen, weil sich das Rechtsmittelbegehren des Klägers in der Hauptsache bereits vollumfänglich in seinem Antrag auf Zurückweisung der Revision des FA wiederfindet, käme man zum gleichen Ergebnis.

  34. 2. Die Kostenentscheidung des FG ist unrichtig und deshalb unabhängig vom Ausgang des Revisionsverfahrens von Amts wegen durch den Senat richtigzustellen (Senatsurteil vom 27. September 2012 III R 70/11, BFHE 239, 116, BStBl II 2013, 544, Rz 34; Brandt in Beermann/Gosch, FGO § 143 Rz 90); die Kostenentscheidung kann im Revisionsverfahren auch zum Nachteil des Rechtsmittelführers berichtigt werden (z.B. BFH-Urteil vom 10. August 1989 V R 36/84, BFH/NV 1990, 386, unter II.3.).

  35. Die vom FG vorgenommene verhältnismäßige Teilung der Kosten ist unzutreffend. Insoweit ist die Kostenentscheidung nicht nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, sondern nach § 135 Abs. 1 FGO zu treffen. Danach sind die Kosten des Klageverfahrens allein dem FA aufzuerlegen, weil es vor dem FG voll unterlegen war (vgl. oben B.1.b).

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