BFH I. Senat
AO § 12, EStG § 32b Abs 1 S 1 Nr 3, EStG § 32b Abs 1 S 2 Nr 1, EStG § 32b Abs 1 S 3, DBA NLD Art 4, DBA NLD Art 20 Abs 2, EStG VZ 2008
vorgehend FG Köln, 04. September 2012, Az: 4 K 351/11
Leitsätze
Bewirtschaftete Grundstücksflächen, die zu einem inländischen landwirtschaftlichen Betrieb gehören und im grenznahen Ausland (hier: den Niederlanden) belegen sind, können als Betriebsstätte i.S. von § 12 AO zu qualifizieren und die hierdurch erzielten Einkünfte deshalb gemäß § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. vom sog. Progressionsvorbehalt auszunehmen sein .
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb im Streitjahr 2008 einen grenzüberschreitenden landwirtschaftlichen Mischbetrieb (Ackerbau- und Milchwirtschaft). Von den insgesamt bewirtschafteten Flächen (73,09 Hektar), die sich im Streitjahr ohne Ausnahme im Umkreis von weniger als zehn Kilometern zur inländischen Hofstelle befunden haben, waren 87,10 % (63,64 Hektar) in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und die restlichen Flächen (sog. Traktatland) in den Niederlanden belegen (9,45 Hektar, entspricht 12,90 %). Auf den niederländischen Flächen, die nicht im Eigentum des Klägers standen, wurden im Streitjahr Feldfrüchte angebaut; nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) waren sie teilweise einseitig mit einer Sträucherhecke eingezäunt.
Die vom buchführungspflichtigen Kläger ermittelten Gewinne beliefen sich im Wirtschaftsjahr 2007/2008 auf 44.138 €, im Wirtschaftsjahr 2008/2009 auf 50.992 €. Für das Streitjahr ergaben sich demgemäß nach der Zuordnungsregel des § 4a Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 47.565 € (= 1/2 [44.138 € zuzüglich 50.992 €]). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass hiervon ein Gewinnanteil von 3.068 € den in den Niederlanden belegenen Flächen zuzurechnen ist.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) unterwarf diesen Einkünfteanteil dem sog. Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002, weil der Kläger in den Niederlanden keine Betriebsstätte i.S. von § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 43a Satz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74) ‑‑EStG 2002 n.F.‑‑ unterhalten habe. Der Einspruch gegen den hiernach ergangenen Einkommensteuerbescheid 2008 blieb ohne Erfolg. Der daraufhin erhobenen Klage hat das FG stattgegeben (FG Köln, Urteil vom 5. September 2012 4 K 351/11, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2012, 2288).
Mit der Revision beantragt das FA sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zurückzuweisen. Dem FG ist darin beizupflichten, dass im Streitfall die Voraussetzungen des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. erfüllt sind und deshalb der auf die in den Niederlanden belegenen Parzellen entfallende Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht dem Progressionsvorbehalt untersteht.
1. Der Kläger war im Streitjahr in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG 2002); seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG 2002) unterliegen deshalb nach dem sog. Welteinkommensprinzip des § 2 Abs. 1 EStG 2002 auch insoweit der inländischen Besteuerung, als sie aus der Bewirtschaftung der in den Niederlanden belegenen Grundstücke erzielt wurden. Unerheblich ist hierbei, dass diese Flächen nicht im Eigentum des Klägers standen; ebenso kommt es nicht darauf an, ob sie ‑‑wozu das FG keine Feststellungen getroffen hat‑‑ dem Kläger auf der Grundlage von Pachtverträgen oder unentgeltlich zur landwirtschaftlichen Nutzung überlassen wurden (Schmidt/Kulosa, EStG, 33. Aufl., § 13 Rz 71).
2. Allerdings gebührt das Besteuerungsrecht für die Einkünfte, soweit diese aus der Bewirtschaftung der in den Niederlanden belegenen Flächen resultieren, nach Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16. Juni 1959 (BGBl II 1960, 1782, BStBl I 1960, 382) ‑‑DBA Niederlande 1959‑‑ dem sog. Belegenheitsstaat, hier also den Niederlanden. In Deutschland sind sie deshalb nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 des Abkommens von der inländischen Besteuerung auszunehmen. Das betrifft nach Art. 4 Abs. 2 DBA-Niederlande 1959 alle aus der unmittelbaren und jeder anderen Art der Nutzung des unbeweglichen Vermögens (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebe) erzielten Einkünfte. Nicht von Bedeutung ist, ob die landwirtschaftlichen Einkünfte vom Grundstückseigentümer oder einem Nutzungsberechtigten erzielt werden (Ellsel in Gosch/ Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 6 OECD-MA Rz 322; Mick in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Niederlande Art. 4 Rz 20; Wassermeyer in Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 6 Rz 16, m.w.N.) oder im Quellenstaat die inhaltlichen Anforderungen erfüllt werden, die eine (unternehmerische) Betriebsstätte kennzeichnen (Wassermeyer in Wassermeyer, a.a.O., MA Art. 6 Rz 16a; vgl. zum DBA-Spanien Senatsurteil vom 27. Oktober 2011 I R 26/11, BFHE 236, 6, BStBl II 2012, 457). Auch gibt der Abkommenstext keinen Anhalt dafür, diese Besteuerungszuordnung nicht auf land- und forstwirtschaftliche Einkünfte zu erstrecken, die aus grenznahen Flächen erzielt werden (hier: sog. Traktatländereien; vgl. hierzu Bericht der Bundesregierung zu Reparationsschäden und Regressansprüchen, BTDrucks VI/248; Oberfinanzdirektion ‑‑OFD‑‑ Düsseldorf, Verfügung vom November 1980 1980-11-00 S 2342/7, juris; Mick in Wassermeyer, a.a.O., Niederlande Art. 4 Rz 15; Lieber in Schönfeld/Dietz, DBA, Art. 6 Rz 172).
Nach den Feststellungen der Vorinstanz entfällt von den im Streitjahr gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG 2002 anzusetzenden und nach inländischem Recht zu ermittelnden landwirtschaftlichen Einkünften (47.565 €) ein Anteil in Höhe von 3.068 € auf die niederländischen Flächen. Diese tatsächliche Würdigung ist von den Beteiligten nicht angegriffen worden; sie ist gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für den Senat bindend (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 17. Dezember 1997 I R 95/96, BFHE 185, 16, BStBl II 1998, 260 zur indirekten Gewinnaufteilung). Demgemäß ist im Streitfall auch nicht darauf einzugehen, dass die zur Gewinnaufteilung für sog. Traktatländereien getroffene Verständigungsvereinbarung (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 30. November 2001 IV B 6-S 1301 Ndl-70/01, juris; Hutmacher, Die Information für Steuer und Wirtschaft ‑‑INF‑‑ 2007, 460), auf die das FG bei seiner Würdigung Bezug genommen hat, für sich genommen den Senat nicht bindet (vgl. z.B. Senatsurteil vom 13. Juni 2012 I R 41/11, BFHE 237, 360, BStBl II 2012, 880, m.w.N.; zu § 2 Abs. 2 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑ i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 ‑‑AO n.F.‑‑ vom 8. Dezember 2010, BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394; s. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 2 AO Rz 43b ff.).
3. Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 DBA-Niederlande 1959 werden die Steuern für die Einkünfte, die Deutschland zur Besteuerung überlassen sind, jedoch nach dem Satz erhoben, der dem Gesamteinkommen der steuerpflichtigen Person entspricht.
a) Die Beteiligten gehen dabei zu Recht davon aus, dass auch dann, wenn ‑‑in Einklang mit der Fassung des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 DBA-Niederlande 1959‑‑ der Wortlaut des einschlägigen Methodenartikels eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung den Progressionsvorbehalt für steuerfrei gestellte ausländische Einkünfte ausdrücklich vorschreibt, deren Einbeziehung in das sog. Steuersatz-Einkommen auf dem deutschen Einkommensteuergesetz beruht und deshalb der Gesetzgeber einen abkommensrechtlich vorgesehenen Progressionsvorbehalt ausschließen kann (Senatsurteile vom 17. Oktober 1990 I R 182/87, BFHE 162, 307, BStBl II 1991, 136 zu § 2a EStG (a.F.); vom 20. September 2006 I R 13/02, BFH/NV 2007, 410; Grotherr in Gosch/Kroppen/Grotherr, a.a.O., Art. 23A/Art. 23B OECD-MA Rz 132 f., m.w.N.).
b) Das ist in § 32b Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 EStG 2002 n.F. geschehen: Hat ein unbeschränkt Steuerpflichtiger Einkünfte bezogen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung steuerfrei sind, so ist auf das nach § 32a Abs. 1 EStG 2002 n.F. zu versteuernde Einkommen ein besonderer Steuersatz anzuwenden. Doch gilt das nicht für Einkünfte aus einer anderen als in einem Drittstaat belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte; Drittstaat in diesem Sinne ist ein Staat, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) ist (§ 32b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2a Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F.), unter der Voraussetzung einer fehlenden wechselseitigen Auskunftserteilung auch ein Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anwendbar ist (§ 32b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2a Abs. 2a Satz 2 EStG 2002 n.F.). Ob eine solche Betriebsstätte allein durch die Bewirtschaftung eines Grundstücks im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebs unterhalten werden kann ‑‑und die Einbeziehung der abkommensrechtlich freigestellten Einkünfte in den Progressionsvorbehalt damit ausgeschlossen wird‑‑, ist indessen kontrovers.
aa) Im Schrifttum wird das zum Teil verneint, weil der Begriff der Betriebsstätte i.S. von § 12 AO regelmäßig eine Summe von Wirtschaftsgütern voraussetze und die bloße Belegenheit landwirtschaftlicher Grundstücke im Ausland hierfür nicht ausreiche (Kuhn/Kühner und Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 32b EStG Rz 128 i.V.m. § 2a EStG Rz 27; Gosch in Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 2a Rz 16; OFD Koblenz, Verfügung vom 30. August 2010 S 2230 A-St 31 1, juris, zu 4.5. mit Hinweis auf die abweichende Behandlung von Gewächshäusern einer Gärtnerei). Nach anderer Ansicht begründen hingegen bei einem grenzüberschreitenden Hof mit Geschäftsleitung im Inland die im Ausland belegenen landwirtschaftlich genutzten Grundstücke eine Betriebsstätte (Blümich/Wagner, § 2a EStG Rz 54, § 32b EStG Rz 67; Hutmacher, INF 2007, 460, 462; Märkle/ Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 11. Aufl., Rz 153; Mössner in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a Rz B 26; Leingärtner/Zaisch, Besteuerung der Landwirte, Kap. 2, Rz 125).
bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Auszugehen ist hierbei davon, dass der Betriebsstättenbegriff des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. nach § 12 AO zu bestimmen ist. Vorrangige Sonderregelungen (vgl. die Zusammenstellung bei Buciek in Beermann/Gosch, AO § 12 Rz 2) sind nicht ersichtlich; sie ergeben sich mit der gebotenen Bestimmtheit (dazu BFH-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 268/82, BFHE 146, 447, BStBl II 1986, 659) auch nicht aus den Gesetzesmaterialien. Zwar wird dort erläutert, dass nach der ‑‑ergänzend zur Neufassung des § 2a EStG getroffenen‑‑ Regelung des § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 (n.F.) für die Einkünfte, die nach den zwischen den Mitgliedstaaten der EU sowie des EWR-Abkommens geschlossenen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung freigestellt werden, der positive und negative Progressionsvorbehalt ausgeschlossen werden soll (BRDrucks 545/08, 77). Gleichwohl kann hierin ‑‑jedenfalls für den Streitfall‑‑ kein Rückgriff auf den Betriebsstättenbegriff des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeleitet werden, da die vom Kläger erzielten landwirtschaftlichen Einkünfte abkommensrechtlich den Einkünften aus unbeweglichem Vermögen (Art. 4 DBA-Niederlande 1959) zugeordnet sind, der Begriff der Betriebsstätte des Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Niederlande 1959 hingegen die Tätigkeit eines gewerblichen Unternehmens i.S. von Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Art. 5 DBA-Niederlande 1959 erfordert (vgl. ‑‑zum DBA-Spanien‑‑ auch Senatsurteil in BFHE 236, 6, BStBl II 2012, 457, m.w.N.). Ein Rückgriff auf das DBA-Niederlande 1959 hätte mithin zur Folge, dass die Regelung des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. keine Anwendung finden könnte und deshalb die aus den Niederlanden stammenden Einkünfte ‑‑entgegen der Absicht des Gesetzgebers‑‑ auch dann dem Progressionsvorbehalt unterfielen, wenn die Anforderungen an eine Betriebsstätte i.S. von § 12 AO erfüllt werden. Dies kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden.
c) Nach § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebsstätten sind nach der beispielhaften Aufzählung in Satz 2 der Vorschrift insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung (Nr. 1) sowie Fabrikations- oder Werkstätten (Nr. 4) anzusehen. Da § 12 Satz 1 ‑‑im Gegensatz zur früheren Regelung in § 16 des Steueranpassungsgesetzes‑‑ nicht mehr die Ausübung eines stehenden Gewerbes, sondern allgemein die unternehmerische Tätigkeit fordert, werden von § 12 AO auch Betriebsstätten erfasst, die einem Betrieb der selbständigen Arbeit oder ‑‑wie vorliegend‑‑ der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 5. Juni 1986 IV R 338/84, BFHE 146, 452, BStBl II 1986, 661; Anwendungserlass des BMF zur AO zu § 12, Nr. 1). Demgemäß sind auch die dem Beispielskatalog des § 12 Satz 2 AO zugrunde liegenden Wertungen bei der Bestimmung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebsstätte zu berücksichtigen.
d) Nach ständiger Rechtsprechung ist als Geschäftseinrichtung i.S. von § 12 Satz 1 AO jeder körperliche Gegenstand bzw. jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände zu behandeln, der (die) geeignet ist (sind), Grundlage einer Unternehmenstätigkeit zu sein. Da dem Betriebsstättenbegriff die Funktion zufällt, unternehmerische Tätigkeiten und damit auch die Besteuerungstatbestände örtlich zuzuordnen, setzt die Betriebsstätte (i.S. von § 12 AO) eine "feste" Geschäftseinrichtung mit einer festen Beziehung zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche voraus, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (z.B. BFH-Urteil vom 30. Oktober 1996 II R 12/92, BFHE 181, 356, BStBl II 1997, 12; Senatsurteile vom 3. Februar 1993 I R 81/91, BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462; vom 17. September 2003 I R 12/02, BFHE 203, 400, BStBl II 2004, 396, jeweils m.w.N.). Eine feste Einrichtung i.S. von § 12 AO erfordert jedoch weder besondere Vorrichtungen noch für den Aufenthalt von Menschen geeignete Räume (BFH-Urteil vom 8. März 1988 VIII R 270/81, BFH/NV 1988, 735; Buciek in Beermann/Gosch, AO § 12 Rz 7, m.w.N.).
aa) Die in den Niederlanden belegenen Grundstücke haben im Streitjahr der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers i.S. von § 12 Satz 1 AO gedient. Die Ackerflächen bilden die eigentliche Grundlage der von § 13 EStG 2002 erfassten Urproduktion (hier Abs. 1 Nr. 1: Pflanzengewinnung mit Hilfe der Naturkräfte); sie machen das Wesen der landwirtschaftlichen Betätigung aus (BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 IV R 73/00, BFHE 195, 551, BStBl II 2001, 673).
bb) Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG ist der Kläger auf den niederländischen Parzellen nachhaltig tätig geworden; sie unterlagen zudem seiner nicht nur vorübergehenden Verfügungsbefugnis.
cc) Auch waren die Grundstücke aufgrund ihrer Bewirtschaftung in den Streitjahren als Geschäftseinrichtung anzusehen. Dies setzt nicht die Zusammenfassung mehrerer Wirtschaftsgüter voraus; vielmehr kann hierfür auch nur ein körperlicher Gegenstand ausreichend sein. Demgemäß hat bereits der Reichsfinanzhof (RFH) einen einzelnen Lagerplatz als Betriebsstätte angesehen, wenn er der nicht nur vorübergehenden unternehmerischen Betätigung dient (RFH-Beschluss vom 8. Oktober 1941 VI B 11/41, RStBl 1941, 814; zustimmend z.B. Buciek in Beermann/Gosch, AO § 12 Rz 7: abgrenzbare unbebaute Flächen, z.B. Lager, Bauplätze; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 181, 356, BStBl II 1997, 12). Nichts anderes gilt demgemäß für die vom Kläger bewirtschafteten niederländischen Flächen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um mehrere Grundstücke gehandelt hat, kann der Senat nicht erkennen, weshalb gerade für die Annahme einer landwirtschaftlichen Betriebsstätte weiter gehende Anforderungen gelten sollen (z.B. eine besondere Herrichtung von Zufahrtswegen oder die Errichtung von Gewächshäusern). Vielmehr spricht die Grundwertung des § 12 Satz 2 Nr. 4 AO, nach dem (gewerbliche) Fabrikationsstätten als Betriebsstätten anzusehen sind, dafür, die vom Kläger bewirtschafteten Grundstücke nicht nur als die landwirtschaftliche Urproduktion kennzeichnende Betriebsgrundlagen, sondern ‑‑davon umfasst‑‑ als Geschäftseinrichtung i.S. von § 12 Satz 1 AO zu qualifizieren.
dd) Nicht durchgreifen kann die Erwägung des FA, die Geschäftseinrichtung setze eine feste Verbindung zum Grund und Boden voraus und könne deshalb "denklogisch" nicht mit diesem gleichgesetzt werden. Der Einwand verkennt bereits im Ausgangspunkt, dass das Regelmerkmal der festen Beziehung zur Erdoberfläche nicht unmittelbar dem Wortlaut des § 12 AO zu entnehmen, sondern aus dem Tatbestandsmerkmal der "festen Geschäftseinrichtung" abgeleitet worden ist, um das Erfordernis der örtlichen Verwurzelung der unternehmerischen Tätigkeit zum Ausdruck zu bringen (BFH-Urteil in BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462). Demgemäß hat der BFH einen für den Tatbestand des § 12 AO hinreichenden örtlichen Bezug für eine unterirdisch verlegte Rohrleitung bejaht, obwohl diese keinen Bezug zur Erdoberfläche habe; maßgeblich sei, dass die unterirdische Geschäftseinrichtung in besonders qualifizierter Weise mit dem Erdboden verbunden ist (BFH-Urteil in BFHE 181, 356, BStBl II 1997, 12). Ebenso ist für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke zu entscheiden; sie erfüllen in jeder Hinsicht die von § 12 AO geforderte örtliche Verwurzelung. Nur dies erklärt auch, weshalb Lagergrundstücke zu den Geschäftseinrichtungen gehören können. Hiernach bedarf es auch keiner Erörterung, ob ‑‑wie vom Kläger geltend gemacht‑‑ im Rahmen von § 12 AO zwischen der bei bewirtschafteten Flächen regelmäßig bearbeiteten Ackerkrume (Geschäftseinrichtung) und dem darunterliegenden Erdreich (als Bezugspunkt der festen Verbindung) zu unterscheiden sein könnte.
ee) Eine abweichende Beurteilung ergibt sich schließlich nicht daraus, dass zu den ausländischen Einkünften i.S. von § 34d EStG 2002 nach Nr. 1 der Vorschrift die Einkünfte aus der in einem ausländischen Staat betriebenen Land- und Forstwirtschaft gehören (vgl. auch § 49 Abs. 1 Nr. 1 EStG 2002). Auch wenn diese Bestimmung vom Belegenheitsprinzip bestimmt wird (vgl. Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 34d Rz 6), kann hieraus keine auf die Einschränkung des in § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG 2002 n.F. verwendeten Betriebsstättenbegriffs gerichtete Erwägung abgeleitet werden. Abgesehen davon, dass hierfür jeder Anhalt im Gesetz fehlt, gibt auch im Streitfall der offenkundige Gesetzeszweck des § 32b Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 n.F. keine Veranlassung, dessen Regelungszusammenhang zu § 12 AO aufzubrechen und damit die in den anderen Mitgliedstaaten der EU erzielten Einkünfte dem Progressionsvorbehalt des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 2002 zu unterstellen.
4. Die Sache ist spruchreif. Da zwischen den Beteiligten lediglich die Einbeziehung der in den Niederlanden erzielten landwirtschaftlichen Einkünfte in das Steuersatz-Einkommen umstritten ist und im Übrigen keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids bestehen, hat das FG der Klage zu Recht stattgegeben. Die Revision ist demnach zurückzuweisen.