BFH XI. Senat
EWGRL 388/77 Art 17 Abs 5 UAbs 3, EWGRL 388/77 Art 19 Abs 1, EWGRL 388/77 Art 20, UStG § 15 Abs 4 S 3, UStG § 15a Abs 1, StÄndG 2003 Art 5 Nr 19 Buchst d
vorgehend FG Düsseldorf, 10. September 2009, Az: 1 K 996/07 U
Leitsätze
1. Der EuGH hat entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG es den Mitgliedstaaten erlaubt, zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Umsatzschlüssel vorzuschreiben, vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes (EuGH-Urteil vom 8. November 2012 C-511/10 ‑‑BLC Baumarkt‑‑, UR 2012, 968, HFR 2013, 79).
a) Müssen bei der Anschaffung oder Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes Eingangsleistungen, deren Bemessungsgrundlage zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten gehören, zur präziseren Bestimmung der abziehbaren Vorsteuerbeträge zunächst den (steuerpflichtigen oder steuerfreien) Verwendungsumsätzen des Gebäudes zugeordnet und lediglich die danach verbliebenen Vorsteuern nach einem Flächen- oder Umsatzschlüssel aufgeteilt werden?
b) Gelten die vom EuGH im Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ (UR 2012, 968, HFR 2013, 79) aufgestellten Grundsätze und die Antwort auf die vorstehende Frage auch für Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes?
2. Ist Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs auch auf einen Sachverhalt Anwendung findet, bei dem ein Steuerpflichtiger die Vorsteuern aus der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes nach der in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen und nach nationalem Recht zulässigen Umsatzmethode aufgeteilt hat und ein Mitgliedstaat nachträglich während des Berichtigungszeitraums vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel vorschreibt?
3. Falls die vorstehende Frage zu bejahen ist: Verwehren die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Anwendung des Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG, wenn der Mitgliedstaat für Fälle der zuvor beschriebenen Art weder ausdrücklich eine Vorsteuerberichtigung anordnet noch eine Übergangsregelung trifft und wenn die vom Steuerpflichtigen angewandte Vorsteueraufteilung nach der Umsatzmethode vom BFH generell als sachgerecht anerkannt worden war?
Tatbestand
I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
Streitig ist im Zusammenhang mit der Errichtung und Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes die Aufteilung der im Jahr 2004 (Streitjahr) angefallenen Vorsteuerbeträge sowie die Berichtigung des Vorsteuerabzugs.
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR, begann (nach Abriss eines alten Gebäudes) Ende 2001 auf ihrem Grundstück mit dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses mit Tiefgaragenstellplätzen. Das Gebäude umfasst insgesamt sechs Wohn- und Geschäftseinheiten und zehn Tiefgaragenplätze. Es wurde teilweise bereits ab Oktober 2002 vermietet und im Jahr 2004 (Streitjahr) endgültig fertig gestellt.
Ursprünglich war geplant, das Erdgeschoss und das 1. Obergeschoss sowie acht der zehn Tiefgaragenstellplätze umsatzsteuerpflichtig an Gewerbetreibende und die Einheiten im 2. und 3. Obergeschoss sowie zwei Tiefgaragenplätze umsatzsteuerfrei für Wohnzwecke zu vermieten. Entsprechend dieser Verwendungsabsicht nahm die Klägerin in den Jahren 1999 bis 2003 den Vorsteuerabzug aus vorsteuerbelasteten Abriss- und Baukosten insoweit in Anspruch, als die Kosten auf umsatzsteuerpflichtig zu vermietende Räume entfielen. Den Anteil der abziehbaren Vorsteuerbeträge ermittelte sie in Höhe von 78,15 % nach dem Verhältnis der voraussichtlichen steuerpflichtigen Ausgangsumsätze zu den voraussichtlichen steuerfreien Ausgangsumsätzen (sog. objektbezogener Umsatzschlüssel).
Der Aufteilungsmaßstab und die Höhe der abziehbaren Vorsteuerbeträge der Jahre 2001 und 2002 waren Gegenstand der finanzgerichtlichen Verfahren 5 K 1192/03 U und 5 K 491/04 U, in denen der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) nach Hinweis des Finanzgerichts (FG) jeweils dem Aufteilungsmaßstab der Klägerin folgte.
Anders als geplant wurden (ab Januar 2004) auch das 1. Obergeschoss hinterer Teil und ein weiterer Tiefgaragenstellplatz sowie (ab November 2004) das 1. Obergeschoss vorderer Teil umsatzsteuerfrei vermietet; zwei Stellplätze blieben im Streitjahr noch unvermietet.
In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2004 erklärte die Klägerin (neben steuerpflichtigen Umsätzen) Vorsteuerbeträge aus Herstellungskosten und aus laufenden Kosten sowie ‑‑wegen der gegenüber der ursprünglichen Planung abweichenden tatsächlichen Nutzung‑‑ einen Vorsteuerberichtigungsbetrag nach § 15a des Umsatzsteuergesetzes ‑‑UStG‑‑ (zu ihren Lasten) in Höhe von ... €, den sie auf der Grundlage des objektbezogenen Umsatzschlüssels errechnet hatte. Insgesamt ergab sich daraus eine Umsatzsteuer für 2004 in Höhe von ... €.
Das FA setzte hingegen mit Änderungsbescheid vom 1. September 2006 die Umsatzsteuer für 2004 auf ... € fest, wobei es der Aufteilung der 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge sowie der Berechnung des Vorsteuerberichtigungsbetrags nach § 15a UStG einen Flächenschlüssel zugrunde legte. Es führte zur Begründung aus, gemäß dem zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG sei eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge bei gemischt genutzten Gebäuden nur dann anhand des Verhältnisses der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, vorzunehmen, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich sei. Bei dem Gebäude der Klägerin sei jedoch eine Zurechnung anhand der Quadratmeterzahlen möglich, so dass diese Aufteilung vorzuziehen sei. Lediglich 38,74 % der "Gesamtquadratmeter" würden zur steuerpflichtigen Vermietung genutzt. Deshalb sei auch bei der Berechnung des Korrekturbetrags nach § 15a UStG nicht nur die von der ursprünglichen Planung abweichende tatsächliche Nutzung des Gebäudes, sondern ebenfalls § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG berücksichtigt worden. In der Vergangenheit habe die Klägerin 78,15 % der Herstellungskosten als Vorsteuer abgezogen; in Höhe der Differenz zu 38,74 % sei der Vorsteuerabzug nach § 15a UStG zu korrigieren. Bei der konkreten Berechnung teilte das FA die in den Jahren 1999 bis 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten auf die einzelnen Wohn- und Gewerbeeinheiten auf und ermittelte für jede Einheit einen Korrekturbetrag nach § 15a UStG ab dem jeweiligen Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung. Dabei setzte es anstelle des von der Klägerin angesetzten Anteils von 78,15 % den Flächenschlüssel von 38,74 % an. Dies führte dazu, dass sich für alle Wohn- und Gewerbeeinheiten ein Vorsteuerberichtigungsbetrag ergab, also auch bei den Einheiten, deren tatsächliche Verwendung nicht von der ursprünglich geplanten Verwendung abwich. Bei den Tiefgaragenplätzen verfuhr das FA entsprechend.
Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage teilweise statt und setzte die Umsatzsteuer für 2004 auf ... € fest.
Hinsichtlich der vom FA im Umsatzsteuerbescheid für 2004 angesetzten Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führte das FG aus, dies sei insoweit rechtmäßig, als die Klägerin entgegen der ursprünglichen Planung das 1. Obergeschoss sowie einen dritten statt der geplanten zwei (der insgesamt zehn) Tiefgaragenstellplätze umsatzsteuerfrei vermietet habe. Das FA habe aber zu Unrecht den Korrekturbetrag des § 15a UStG unter Berücksichtigung der ab 1. Januar 2004 geltenden Neuregelung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ausgehend von einem Flächenschlüssel anstelle des von der Klägerin seit dem Besteuerungszeitraum 1999 als Aufteilungsmaßstab angesetzten objektbezogenen Umsatzschlüssels berechnet. Zwar stehe § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG im Einklang mit dem Unionsrecht. Jedoch sei zum einen allein diese Gesetzesänderung kein Anwendungsfall des § 15a Abs. 1 UStG; zum anderen sei das FA im Rahmen der Vorsteuerkorrektur des § 15a UStG ebenso wie der Steuerpflichtige für den Korrekturzeitraum von zehn Jahren an den einmal gewählten und bestandskräftig festgesetzten ursprünglichen Aufteilungsschlüssel nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den steuerfreien Umsätzen gebunden.
Die im Jahr 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge aus Herstellungskosten des Gebäudes teilte das FG nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel auf und erkannte für die Monate Januar bis Oktober 66,18 % und für die Monate November und Dezember 49,06 % dieser Vorsteuerbeträge als abziehbar an. Von den im Jahr 2004 angefallenen Vorsteuerbeträgen aus laufenden Kosten erkannte das FG unter Zugrundelegung des Flächenschlüssels 38,74 % als abziehbar an.
Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 178 veröffentlicht.
Gegen das Urteil haben sowohl die Klägerin als auch das FA Revision eingelegt.
Die Klägerin trägt vor, § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG stehe nicht mit der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) im Einklang. Jedenfalls ermögliche der Flächenschlüssel im Streitfall gegenüber dem objektbezogenen Umsatzschlüssel keine präzisere Aufteilung der Vorsteuerbeträge, wie dies nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 8. November 2012 C-511/10 ‑‑BLC Baumarkt‑‑ (Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2012, 968, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2013, 79) erforderlich sei. Denn der Herstellungsaufwand für die Errichtung des Gebäudes habe sich nicht gleichmäßig auf das gesamte Gebäude verteilt. Für die beiden Ladenlokale im Erdgeschoss seien höhere Baukosten ‑‑z.B. wegen einer höheren Baugeschosshöhe, wegen des Einbaus von Fußbodenheizungen und wegen des Einbaus deckenhoher, vollständig zu öffnender Ganzglastürelemente‑‑ als für die Wohnungen angefallen.
Deshalb seien die Vorsteuerbeträge gemäß § 15a UStG zwar wegen einer gegenüber der ursprünglichen Planung geänderten Nutzung des Gebäudes ab dem Zeitpunkt der jeweiligen tatsächlichen Nutzungsänderung zu berichtigen. Eine (weitere) Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG wegen des seit 2004 geltenden § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG scheide aber aus.
Weil § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nicht mit der Richtlinie 77/388/EWG im Einklang stehe bzw. im Streitfall nicht anwendbar sei, seien auch die 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge aus laufenden Kosten nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel ‑‑und nicht wie vom FG vorgenommen nach dem Flächenschlüssel‑‑ aufzuteilen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2007 und unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides für 2004 vom 1. September 2006 die Umsatzsteuer für 2004 auf ... € festzusetzen sowie die Revision des FA zurückzuweisen.Das FA beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.Es wendet sich dagegen, dass das FG die im angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 2004 vorgenommene Berechnung der Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG auf der Grundlage des Flächenschlüssels abgelehnt habe und tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
Der Senat hat das Revisionsverfahren im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des V. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. Juli 2010 V R 19/09 (BFHE 231, 280, BStBl II 2010, 1090) mit Zustimmung der Beteiligten bis zum Ergehen des EuGH-Urteils ‑‑BLC Baumarkt‑‑ (UR 2012, 968, HFR 2013, 79) zum Ruhen gebracht und nach Ergehen der Nachfolgeentscheidung (BFH-Urteil vom 22. August 2013 V R 19/09, BFHE 243, 8, BFH/NV 2014, 278) fortgesetzt.
Entscheidungsgründe
II. Die maßgeblichen Vorschriften und Bestimmungen
1. Nationales Recht
Für die Beurteilung des Streitfalls sind die folgenden Vorschriften des UStG in der im Streitjahr 2004 geltenden Fassung maßgebend:
a) § 1 Steuerbare Umsätze
"(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. ..."b) § 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen
"Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: ...
12. a) die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken, ..."c) § 9 Verzicht auf Steuerbefreiungen
"(1) Der Unternehmer kann einen Umsatz, der nach § 4 Nr. ... 12 ... steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. ..."d) § 15 Vorsteuerabzug
"(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
...
(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:1. steuerfreie Umsätze; ...
(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist."e) § 15a Berichtigung des Vorsteuerabzugs
"(1) Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein solcher von zehn Jahren.(2) Bei der Berichtigung nach Absatz 1 ist für jedes Kalenderjahr der Änderung in den Fällen des Satzes 1 von einem Fünftel und in den Fällen des Satzes 2 von einem Zehntel der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen. Eine kürzere Verwendungsdauer ist entsprechend zu berücksichtigen. Die Verwendungsdauer wird nicht dadurch verkürzt, dass das Wirtschaftsgut in ein anderes einbezogen wird.
..."2. Unionsrecht
Unionsrechtlich sind die folgenden Bestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG von Bedeutung:a) Art. 2 Steueranwendungsbereich
"Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt; ..."b) Art. 17 Entstehung und Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug
"(1) Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.
(2) Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen: ...
(5) Soweit Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die nach den Absätzen 2 und 3 ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt. Dieser Pro-rata-Satz wird nach Artikel 19 für die Gesamtheit der vom Steuerpflichtigen bewirkten Umsätze festgelegt.
Jedoch können die Mitgliedstaaten
a) dem Steuerpflichtigen gestatten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden, wenn für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen geführt werden;
b) den Steuerpflichtigen verpflichten, für jeden Bereich seiner Tätigkeit einen besonderen Pro-rata-Satz anzuwenden und für jeden dieser Bereiche getrennte Aufzeichnungen zu führen;
c) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihn verpflichten, den Abzug je nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorzunehmen;
d) dem Steuerpflichtigen gestatten oder ihm vorschreiben, den Vorsteuerabzug nach der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Regel bei allen Gegenständen und Dienstleistungen vorzunehmen, die für die dort genannten Umsätze verwendet wurden;
e) vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist."c) Art. 19 Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs
"(1) Der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach Artikel 17 Absatz 5 Unterabsatz 1 ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält:
- im Zähler den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absätze 2 und 3 berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer
- im Nenner den je Jahr ermittelten Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich der Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten können in den Nenner auch die Subventionen einbeziehen, die nicht in Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a) genannt sind.
Der Pro-rata-Satz wird auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet."d) Art. 20 Berichtigung der Vorsteuerabzüge
"(1) Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt, und zwar insbesondere:
a) wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war;
b) wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben, insbesondere bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten; ...
(2) Für Investitionsgüter wird eine Berichtigung vorgenommen, die sich auf einen Zeitraum von fünf Jahren einschließlich des Jahres, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden, erstreckt. Die jährliche Berichtigung betrifft nur ein Fünftel der Steuer, mit der diese Güter belastet waren. Die Berichtigung erfolgt unter Berücksichtigung der Änderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr, in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden.
Abweichend von Absatz 1 können die Mitgliedstaaten für die Berichtigung einen Zeitraum von fünf vollen Jahren festlegen, der mit der erstmaligen Verwendung der Güter beginnt.
Bei Grundstücken, die als Investitionsgüter erworben wurden, kann der Zeitraum für die Berichtigung bis auf 20 Jahre verlängert werden.
..."III. Zur rechtlichen Beurteilung des Streitfalls
1. Ermittlung des abziehbaren und des nicht abziehbaren Teils der 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge
Die ab dem 1. Januar 2004 angefallenen Vorsteuerbeträge, die auf Herstellungskosten und auf Kosten für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung des gemischt genutzten Gebäudes entfallen, sind gemäß § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen, und zwar gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG vorrangig nach dem Flächenschlüssel.
a) § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2004 in das UStG eingefügt (vgl. Art. 5 Nr. 19 Buchst. d, Art. 25 Abs. 4 des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15. Dezember 2003, BGBl I 2003, 2645). Der Gesetzgeber hat dies wie folgt begründet (vgl. Regierungsentwurf eines Steueränderungsgesetzes 2003, BTDrucks 15/1562, 51 "Zu Buchstabe d"):
"Die Vorschrift dient einer sachgerechten Aufteilung der Vorsteuern beim Bezug von Lieferungen oder sonstigen Leistungen. Mit der Neuregelung wird die Verwendung des Umsatzschlüssels als alleiniger Aufteilungsmaßstab eingeschränkt. Nur dann, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist, ist der Umsatzschlüssel zugelassen.
Die Änderung ist notwendig, weil der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17. August 2001, BStBl 2002 II S. 833, entschieden hat, dass die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen ist.
Die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab würde jedoch insbesondere bei der Herstellung von gemischt genutzten Gebäuden zu unzutreffenden Aufteilungsergebnissen führen und zudem im Hinblick auf die nach § 15a UStG vorzunehmende Vorsteuerberichtigung bei einem sich ändernden Umsatzschlüssel auch nicht praktikabel sein.
Die Anwendung dieses Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab ist durch die 6. EG-Richtlinie jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Eine solche 'Pro-rata'-Regelung (Artikel 17 Abs. 5 Unterabsatz 2 i.V.m. Artikel 19 der 6. EG-Richtlinie) ist für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich, da sie nach Artikel 17 Abs. 5 Unterabsatz 3 der 6. EG-Richtlinie davon abweichende Aufteilungsmaßstäbe festlegen können.
Beim Erwerb von Gebäuden kommt auch weiterhin eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Ertragswerte zu den Verkehrswerten in Betracht, da es sich hierbei nicht um eine Umsatzschlüssel-Methode i.S.d. Neuregelung handelt. Die Regelung entspricht Artikel 17 Abs. 5 Unterabsatz 3 Buchstabe c der 6. EG-Richtlinie."b) Der EuGH hat im Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ zu § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG entschieden, dass diese Vorschrift insoweit nicht dem Unionsrecht entspricht, als sie für sämtliche ‑‑und nicht nur für bestimmte‑‑ Fälle der gemischten Verwendung eine vom Umsatzschlüssel als Regel-Aufteilungsmaßstab (Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG) abweichende Regelung trifft (vgl. Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ in UR 2012, 968, HFR 2013, 79, Rz 17, 19).
Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG erlaube es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union aber, zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Umsatzschlüssel vorzuschreiben, vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleiste eine präzisere Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes (vgl. EuGH-Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ in UR 2012, 968, HFR 2013, 79, Leitsatz).
Es sei Sache der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob dies hinsichtlich der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach einem Flächenschlüssel der Fall ist (vgl. EuGH-Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ in UR 2012, 968, HFR 2013, 79, Rz 24, 25).2. Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus Herstellungskosten
Im Streitfall liegt (unstreitig) eine Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 1 UStG vor, soweit die Klägerin entgegen ihrer ursprünglichen Planung im Streitjahr Gebäudeteile umsatzsteuerfrei vermietete.
Fraglich ist, ob darüber hinaus im Hinblick auf § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG eine weitere Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a Abs. 1 UStG unter Zugrundelegung des vom FA dabei angesetzten Flächenschlüssels vorzunehmen ist.
IV. Zur Anrufung des EuGH
Der Senat legt dem EuGH die im Leitsatz wiedergegebenen Fragen zur Vorabentscheidung vor und setzt das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
1. Zur ersten Vorlagefrage
a) Nach dem EuGH-Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ (UR 2012, 968, HFR 2013, 79) müssen die nationalen Gerichte prüfen, ob bei "einem bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes" (Leitsatz und Rz 26) "die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Flächenmethode" (also § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG) "eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs [gewährleistet] als die Bestimmung anhand der Umsatzmethode" (Rz 24 f.).
aa) Nach Auffassung des BFH kommt bei der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes ein objektbezogener Flächenschlüssel regelmäßig gegenüber einem objektbezogenen Umsatzschlüssel zu einer präziseren Vorsteueraufteilung (vgl. BFH-Urteile vom 20. Juli 1988 X R 8/80, BFHE 154, 225, BStBl II 1988, 1012, unter 1.c; vom 12. März 1992 V R 70/87, BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755, unter 2.b aa; vom 7. Mai 2014 V R 1/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2014, 1162, Rz 31; Abschn. 15.17. Abs. 7 Satz 4 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses ‑‑UStAE‑‑; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 2. Januar 2014 IV D 2-S 7300/12/10002:001, 2013/1156482, BStBl I 2014, 119, unter 3.). Denn Maßstab für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge in abziehbare und nichtabziehbare ist bei Gebäuden in der Regel das Verhältnis der den verschiedenen Zwecken dienenden Grundflächen; denn in der unterschiedlichen Nutzung der Flächen drückt sich die Zuordnung des Gebäudes bzw. der Gebäudeteile zu den mit ihnen ausgeführten Umsätzen aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755, unter 2.b aa).
Auch in dem EuGH-Verfahren ‑‑BLC Baumarkt‑‑ stimmten alle Verfahrensbeteiligten in der Beurteilung überein, dass die auf das Flächenkriterium gestützte Methode der Zuordnung in Fällen wie dem des Ausgangsverfahrens V R 19/09, d.h. in Fällen, in denen es um die Errichtung gemischt genutzter Gebäude geht, ein genaueres Ergebnis hinsichtlich des abziehbaren Teils sicherstellt (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón vom 26. April 2012 ‑‑BLC Baumarkt‑‑, juris, Rz 19, 48; s. dazu auch Marchal/Salder, UR 2012, 968, 972).
bb) Anderes gilt allerdings, wenn die Nutzflächen nicht miteinander vergleichbar sind, etwa wenn die Ausstattung der den unterschiedlichen Zwecken dienenden Räume (z.B. Höhe der Räume, Dicke der Wände und Decken, Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 154, 225, BStBl II 1988, 1012, unter 1.c; in BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755, unter 2.b aa; in DStR 2014, 1162, Rz 32; Abschn. 15.17. Abs. 7 Sätze 6 und 7 UStAE) oder es z.B. um nicht zu einer Gesamtnutzfläche zu addierende Nutzflächen innerhalb eines Gebäudes und auf dessen Dach geht (vgl. dazu BFH-Urteile vom 19. Juli 2011 XI R 29/09, BFHE 234, 556, BStBl II 2012, 430, Rz 48, und XI R 29/10, BFHE 234, 564, BStBl II 2012, 438, Rz 41; vom 14. März 2012 XI R 26/11, BFH/NV 2012, 1192, Rz 37; vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 119, unter 3.) oder wenn eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel aus sonstigen Gründen nicht präziser ist (vgl. BFH-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 36/10, BFHE 234, 542, BStBl II 2012, 77, Rz 23 ff.; vom 5. September 2013 XI R 4/10, BFHE 243, 60, BStBl II 2014, 95, Rz 37).
b) Unionsrechtlichen Klärungsbedarf sieht der Senat in folgender Hinsicht:
aa) Nach gegenwärtiger Rechtsprechung und Praxis ist bei Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den Vorsteuerabzug unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 4 UStG auf die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes abzustellen; für den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung des Gebäudes kommt es dagegen darauf an, wie der Gebäudeteil genutzt wird, für den die betreffenden Aufwendungen entstehen (vgl. BFH-Urteile vom 28. September 2006 V R 43/03, BFHE 215, 335, BStBl II 2007, 417, Leitsatz 4 und unter II.2.b bb; vom 22. November 2007 V R 43/06, BFHE 219, 450, BStBl II 2008, 770, unter II.2.a; vom 13. August 2008 XI R 53/07, BFH/NV 2009, 228, unter II.2.a; vom 25. März 2009 V R 9/08, BFHE 225, 230, BStBl II 2010, 651, unter II.2.; vom 10. Dezember 2009 V R 13/08, BFH/NV 2010, 960, Leitsatz 1; vom 18. März 2010 V R 44/08, BFH/NV 2010, 1871, Rz 16; in DStR 2014, 1162, Rz 36). Dem folgt die Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 15.17. Abs. 5 ff. UStAE; BMF-Schreiben in BStBl I 2014, 119, unter 4.).
bb) Hierzu hat der BFH im Urteil in BFHE 215, 335, BStBl II 2007, 417 (Leitsatz 4 und unter II.2.b aa) ausgeführt: "Wird z.B. ein Gebäude (als Gegenstand) angeschafft oder hergestellt, das 'gemischt' für steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze verwendet werden soll, kann nicht darauf abgestellt werden, welche Aufwendungen in bestimmte Teile des Gebäudes eingehen (z.B. Wohnungsteil oder Gewerbeteil). Die Zurechnung der Vorsteuerbeträge ist weder nach einem sog. 'Investitionsschlüssel' (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ... vom 18. November 2004 V R 16/03, BFHE 208, 461, BStBl II 2005, 503) noch nach einer räumlichen (sog. 'geographischen') Anbindung zulässig; maßgebend ist vielmehr die 'prozentuale' Aufteilung der Verwendung des gesamten Gebäudes zu steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen (vgl. EuGH-Urteil vom 4. Oktober 1995 C-291/92, Armbrecht, Slg. 1995, I-2775 RandNr. 21, BStBl II 1996, 392)."
cc) Fraglich ist nach Auffassung des Senats, ob nach Ergehen des EuGH-Urteils ‑‑BLC Baumarkt‑‑ (UR 2012, 968, HFR 2013, 79) an dieser ‑‑auf Rz 21 des EuGH-Urteils ‑‑Armbrecht‑‑ (Slg. 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392) gestützten‑‑ Rechtsprechung des BFH und an der ihr folgenden Praxis festzuhalten ist (vgl. dazu auch Michel, HFR 2014, 348, unter 3.b bb (3)).
Möglicherweise ist zur früheren Praxis zurückzukehren. Danach kamen bei gemischt genutzten Grundstücken als aufzuteilende Vorsteuern i.S. des § 15 Abs. 4 UStG nur die Vorsteuerbeträge in Betracht, die auf die gemischt genutzten Gebäudeteile entfielen. Ein Gebäude war entsprechend seiner Verwendung in unterschiedliche Teile aufzuteilen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Juni 1996 XI R 43/90, BFHE 181, 191, BStBl II 1997, 98). Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG war demnach auf solche Gebäudeteile zu beschränken, die tatsächlich gemischt genutzt werden (z.B. Treppenhaus, Heizungskeller, Dach, Außenanlagen, Fernwärmeanschluss), während die Fenster sowie sämtliche Ausbaukosten den betreffenden Räumen direkt zuzuordnen waren (vgl. z.B. Abschn. 208 Abs. 2 Sätze 12 bis 14 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008).
Diese Methode ermöglicht nach Auffassung des Senats präzisere Ergebnisse bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge im Sinne des EuGH-Urteils ‑‑BLC Baumarkt‑‑ (UR 2012, 968, HFR 2013, 79) als eine "prozentuale" Aufteilung der Verwendung des gesamten Gebäudes zu steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen im Sinne des BFH-Urteils in BFHE 215, 335, BStBl II 2007, 417, Leitsatz 4 und unter II.2.b aa.
c) Ferner besteht nach Auffassung des Senats unionsrechtlicher Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, ob ab dem 1. Januar 2004 angefallene Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG gleichfalls in der Regel nach dem Flächenschlüssel aufzuteilen sind, oder ob das EuGH-Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ (UR 2012, 968, HFR 2013, 79) entgegensteht, wonach diese Vorschrift nur für "bestimmte Umsätze" unionsrechtskonform sein kann (vgl. Rz 17 und 19 des EuGH-Urteils ‑‑BLC Baumarkt‑‑).
aa) Auch bei diesen Vorsteuerbeträgen kommt nach Auffassung des Senats aus den unter IV.1.a dargelegten Gründen ein Flächenschlüssel regelmäßig gegenüber einem Umsatzschlüssel zu einer präziseren Vorsteueraufteilung, weil die diesen Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Eingangsleistungen in der Regel einen engeren Bezug zu den jeweiligen Flächen des Gebäudes als zu den mit den jeweiligen Gebäudeflächen ausgeführten Umsätzen aufweisen.
bb) Die damit vom Senat angestrebte Angleichung der Methoden für die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen einerseits aus Herstellungskosten und andererseits aus laufenden Kosten für die Nutzung, Erhaltung oder Unterhaltung eines gemischt genutzten Gebäudes würde zudem der Vereinfachung dienen.
2. Zur zweiten Vorlagefrage
Im Streitfall stellt sich ferner die Frage, ob die Anordnung in § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG, eine Vorsteueraufteilung vorrangig nach einer anderen Aufteilungsmethode als der in Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Umsatzmethode vorzunehmen, gemäß Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG zu einer Berichtigung von Vorsteuerabzügen, die nach der Umsatzmethode berechnet worden sind, führen kann.
a) Nach dem Urteil des V. Senats des BFH in BFHE 243, 8, BFH/NV 2014, 278 stellt die Neuregelung der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG eine zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 1 UStG führende Änderung der rechtlichen Verhältnisse dar, weil sie sich auf den Umfang des Vorsteuerabzugs auswirke (Leitsatz 3 und Rz 49).
Dagegen lässt sich aber einwenden, dass die von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG angeordnete Rechtsänderung keine materiell-rechtlichen Abzugsgrundsätze betrifft, weil durch eine (bloße) Veränderung des Aufteilungsmaßstabs die Steuerpflicht bzw. Steuerfreiheit der Verwendungsumsätze (Ausgangsumsätze) unverändert bleibt (so das FG Düsseldorf im vorliegenden Rechtsstreit, EFG 2010, 178, Rz 35; ebenso Lausterer, Der Umsatz-Steuer-Berater 2005, 302, 307; zweifelnd Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15a Rz 150; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15a Rz 166).
b) Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG legt das Verfahren für die Berechnung der Berichtigung des Vorsteuererstabzugs fest (vgl. EuGH-Urteil vom 2. Juni 2005 C-378/02 ‑‑Waterschap Zeeuws Vlaanderen‑‑, Slg. 2005, I-4685, BFH/NV Beilage 2005, 323, Rz 38). Der Berichtigungsmechanismus ist Bestandteil der Vorsteuerabzugsregelung (vgl. u.a. EuGH-Urteile vom 4. Oktober 2012 C-550/11 ‑‑PIGI‑‑, UR 2012, 924, HFR 2012, 1309, Rz 24; vom 10. Oktober 2013 C-622/11 ‑‑Pactor Vastgoed‑‑, HFR 2013, 1075, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst ‑‑DStRE‑‑ 2014, 552, Rz 33).
aa) Die Vorschriften über die Berichtigung bei Investitionsgütern sind im Licht ihres Zieles auszulegen, das darin besteht, sicherzustellen, dass der Vorsteuerabzug getreu die dauerhafte Verwendung der Eingangsumsätze für die Zwecke besteuerter Umsätze widerspiegelt (EuGH-Urteil vom 15. Dezember 2005 C-63/04 ‑‑Centralan Property‑‑, Slg. 2005, I-11087, BFH/NV Beilage 2006, 136, Rz 77). Der Berichtigungsmechanismus ist zwingend und soll die Richtigkeit der Abzüge und damit die Neutralität der steuerlichen Belastung sichern (vgl. EuGH-Urteil vom 30. März 2006 C-184/04 ‑‑Uudenkaupungin kaupunki‑‑, Slg. 2006, I-3039, BFH/NV Beilage 2006, 286, Rz 26 und 35). Der Zusammenhang zwischen Vorsteuerabzug und Erhebung der Mehrwertsteuer soll sichergestellt werden (EuGH-Urteile vom 14. September 2006 C-72/05 ‑‑Wollny‑‑, Slg. 2006, I-8297, BStBl II 2007, 32, Rz 33; vom 18. Oktober 2012 C-234/11 ‑‑TETS Haskovo‑‑, UR 2012, 921, HFR 2012, 1215, Rz 31). Dies soll einen engen und unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Vorsteuerabzugsrecht und der Nutzung der betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen für besteuerte Umsätze herstellen (EuGH-Urteile ‑‑Centralan Property‑‑ in Slg. 2005, I-11087, BFH/NV Beilage 2006, 136, Rz 57, 73; vom 29. November 2012 C-257/11 ‑‑Gran Via Moineşti‑‑, UR 2013, 224, HFR 2013, 80, Rz 38; ‑‑Pactor Vastgoed‑‑ in HFR 2013, 1075, DStRE 2014, 552, Rz 34). Darüber hinaus soll verhindert werden, dass dem Steuerpflichtigen ein ungerechtfertigter wirtschaftlicher Vorteil gegenüber dem Endverbraucher verschafft wird (EuGH-Urteil ‑‑Wollny‑‑ in Slg. 2006, I-8297, BStBl II 2007, 32, Rz 35).
bb) Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG umschreibt zu diesen Zwecken eine Reihe von Tatbeständen, die zu einer Berichtigung führen können, wobei die Aufzählung der Tatbestände in Art. 20 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 77/388/EWG nicht abschließend ist: Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG behandelt den Umstand, dass "sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben", während Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, der speziell Investitionsgüter betrifft, für die der Berichtigungszeitraum länger ist, klarstellt, dass die Berichtigung unter Berücksichtigung der "Änderungen des Anspruchs auf Vorsteuerabzug in den folgenden Jahren gegenüber dem Anspruch für das Jahr [erfolgt], in dem die Güter erworben oder hergestellt wurden" (EuGH-Urteil vom 29. April 2004 C-487/01 und C-7/02 ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑, Slg. 2004, I-5337, BFH/NV Beilage 2004, 250, Rz 51 bis 53).
cc) Die in Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG getroffene Regelung über die Berichtigung der Vorsteuerabzüge ist nach der Rechtsprechung des EuGH auf Fälle anwendbar, in denen ein Gegenstand, dessen Verwendung zum Vorsteuerabzug berechtigt, einer Verwendung zugeordnet wird, die kein Abzugsrecht eröffnet (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Wollny‑‑ in Slg. 2006, I-8297, BStBl II 2007, 32, Rz 34, m.w.N.). Werden hingegen Gegenstände oder Dienstleistungen auf der folgenden Stufe für besteuerte Umsätze verwendet, ist ein Abzug der Steuern, mit der sie auf der Vorstufe belastet waren, geboten, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden (EuGH-Urteil ‑‑Wollny‑‑ in Slg. 2006, I-8297, BStBl II 2007, 32, Rz 20).
dd) Als tatsächliche Vorgänge, die eine Berichtigung auslösen können, hat der EuGH z.B. folgende Vorgänge anerkannt:
-
die Nutzung eines Investitionsguts für eine unentgeltliche Zuwendung statt einer wirtschaftlichen Tätigkeit (EuGH-Urteil vom 21. September 1988 50/87 ‑‑Kommission/ Frankreich‑‑, Slg. 1988, 4797, HFR 1990, 275, Rz 21),
-
die tatsächliche Ausführung steuerfreier Lieferungen (EuGH-Urteile vom 15. Januar 1998 C-37/95 ‑‑Ghent Coal Terminal‑‑, Slg. 1998, I-1, UR 1998, 149, Rz 24; vom 8. Juni 2000 C-400/98 ‑‑Breitsohl‑‑, Slg. 2000, I-4321, BStBl II 2003, 452, Rz 52),
-
steuerfreie Ausgangsumsätze (vgl. EuGH-Urteil vom 3. März 2005 C-172/03 ‑‑Heiser‑‑, Slg. 2005, I-1627, BFH/NV Beilage 2005, 183, Rz 59) oder steuerpflichtige Ausgangsumsätze (EuGH-Urteil ‑‑Uudenkaupungin kaupunki‑‑ in Slg. 2006, I-3039, BFH/NV Beilage 2006, 286, Rz 34 und 42),
-
Nutzungsänderungen (EuGH-Urteil vom 8. Juni 2000 C-396/98 ‑‑Schloßstraße‑‑, Slg. 2000, I-4279, BStBl II 2003, 446, Rz 51 f.) sowie
-
die Entnahme eines Gegenstands für den privaten Bedarf, wenn die bezogene Leistung zuvor noch nicht vollständig verbraucht worden war (EuGH-Urteil vom 17. Mai 2001 C-322/99 und C-323/99 ‑‑Fischer und Brandenstein‑‑, Slg. 2001, I-4049, BFH/NV Beilage 2001, 177, Rz 89, 91, 95).
-
Der Diebstahl eines Gegenstands führt ebenso zu einer Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Faktoren i.S. des Art. 185 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (EuGH-Urteil ‑‑PIGI‑‑ in UR 2012, 924, HFR 2012, 1309, Rz 27) wie die spätere Nichtlieferung eines Gegenstands, für den eine Anzahlung geleistet worden ist (EuGH-Urteil vom 13. März 2014 C-107/13 ‑‑FIRIN‑‑, DStR 2014, 65, Mehrwertsteuerrecht 2014, 240, Rz 52).
ee) Auch Gesetzesänderungen können nach der Rechtsprechung des EuGH zu Berichtigungen i.S. des Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG führen, wenn durch eine Gesetzesänderung das Recht, für die Besteuerung eines vorausgegangenen, von der Mehrwertsteuer grundsätzlich befreiten Umsatzes zu optieren, geändert wird oder wenn ein zuvor umsatzsteuerpflichtiges Grundstücksgeschäft von der Umsatzsteuer befreit wird (vgl. EuGH-Urteile ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑ in Slg. 2004, I-5337, BFH/NV Beilage 2004, 250, Rz 51 ff.; s.a. EuGH-Urteil vom 26. April 2005 C-376/02 ‑‑Goed Wonen‑‑, Slg. 2005, I-3445, BFH/NV Beilage 2005, 204, Rz 30 ff., 45). Auch dann wird der Gegenstand nicht zur Ausführung besteuerter Umsätze verwendet.
c) Ausgehend davon hat der erkennende Senat Zweifel, ob die Einführung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG zum 1. Januar 2004 dazu berechtigt, den Vorsteuerabzug der Klägerin aus den Jahren 1999 bis 2003 zu berichtigen, soweit diese das Gebäude zur Erzielung ‑‑nach wie vor‑‑ steuerpflichtiger Umsätze tatsächlich verwendet hat. Daraus ergibt sich die 2. Vorlagefrage.
aa) Der Vorsteuerabzug wurde von der Klägerin als Steuerpflichtige in den Jahren 1999 bis 2003 aus Eingangsleistungen vorgenommen, die sie damals für Zwecke ihrer besteuerten Umsätze verwenden wollte und ‑‑soweit das Gebäude später tatsächlich steuerpflichtig vermietet wurde‑‑ auch gemäß ihrer ursprünglichen Absicht zur Ausführung besteuerter Umsätze verwendet hat. Weder liegen insoweit Unrichtigkeiten bei der Berechnung der ursprünglichen Abzüge noch ungerechtfertigte Vorteile für den Steuerpflichtigen vor, die zu vermeiden wären. Der ursprüngliche Vorsteuerabzug war der Höhe nach zutreffend.
bb) An der Steuerpflicht der Vermietungsumsätze der Klägerin hat sich durch Einführung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG in rechtlicher Hinsicht nichts geändert. Der von der Klägerin in den Jahren 1999 bis 2003 angewendete Aufteilungsmaßstab "objektbezogener Umsatzschlüssel" ist durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG auch für Zeiträume ab 1. Januar 2004 nicht etwa völlig unzulässig geworden, sondern "nur" nachrangig anzuwenden.
cc) Auch wenn nach der Rechtsprechung des EuGH in der Berichtigung des Vorsteuerabzugs keine Rückwirkung liegt (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑ in Slg. 2004, I-5337, BFH/NV Beilage 2004, 250, Rz 62), wird mit einer Berichtigung dennoch der Vorsteuerabzug nach Leistungsbezug und Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs eingeschränkt. Dafür besteht kein Bedürfnis, soweit der Steuerpflichtige ‑‑wie ursprünglich beabsichtigt‑‑ den Gegenstand zur Ausführung besteuerter Umsätze tatsächlich verwendet. Weder die Richtigkeit der ursprünglichen Abzüge noch die Neutralität der steuerlichen Belastung sind dann gefährdet. Der Zusammenhang zwischen Vorsteuerabzug und Erhebung der Umsatzsteuer auf der folgenden Umsatzstufe ist auch ohne eine Berichtigung weiterhin gesichert. Außerdem muss in solchen Fällen nicht verhindert werden, dass dem Steuerpflichtigen ein ungerechtfertigter wirtschaftlicher Vorteil gegenüber einem Endverbraucher entsteht.
3. Zur dritten Vorlagefrage
Falls § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG grundsätzlich geeignet ist, eine Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG auszulösen, stellt sich die Frage, ob die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in Fällen der vorliegenden Art eine solche Vorsteuerberichtigung ausschließen.
a) Die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sind Teil der Rechtsordnung der Europäischen Union und müssen von den Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die Unionsrichtlinien einräumen, beachtet werden (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 3. Dezember 1998 C-381/97 ‑‑Belgocodex‑‑, Slg. 1998, I-8153, HFR 1999, 232, Rz 26; ‑‑Goed Wonen‑‑ in Slg. 2005, I-3445, BFH/NV Beilage 2005, 204, Rz 32). Das gilt auch für Fälle der Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑ in Slg. 2004, I-5337, BFH/NV Beilage 2004, 250, Rz 70, 82).
b) Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit müssen Rechtsakte eindeutig sein und ihre Anwendung muss für die Betroffenen vorhersehbar sein. Dieses Gebot der Rechtssicherheit gilt in besonderem Maße, wenn es sich um eine Regelung handelt, die sich finanziell belastend auswirken kann, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (vgl. EuGH-Urteile vom 27. September 2007 C-409/04 ‑‑Teleos‑‑, Slg. 2007, I-7797, BStBl II 2009, 70, Rz 45, 48; vom 16. September 2008 C-288/07 ‑‑Isle of Wight Council‑‑, Slg. 2008, I-7203, UR 2008, 816, Rz 47 f.).
aa) Bedenken dagegen, dass hier das unionsrechtliche Gebot der Rechtssicherheit gewahrt wurde, bestehen schon deshalb, weil die ‑‑eine Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG möglicherweise rechtfertigende‑‑ Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nach der Rechtsprechung des EuGH über das Unionsrecht hinausgeht, indem § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG für alle ‑‑und nicht nur für bestimmte‑‑ Fälle der gemischten Verwendung eine von der Grundregel in Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG abweichende Regelung trifft (vgl. dazu EuGH-Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ in UR 2012, 968, HFR 2013, 79, Rz 17, 19).
Zudem ist § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur insoweit unionsrechtskonform, als "hinsichtlich eines bestimmten Umsatzes" eine andere Aufteilungsmethode eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes als die Bestimmung anhand der Umsatzmethode gewährleistet - was allerdings nicht von vornherein klar ist, sondern erst geprüft werden muss (vgl. EuGH-Urteil ‑‑BLC Baumarkt‑‑ in UR 2012, 968, HFR 2013, 79, Leitsatz, Rz 24 f.).
Deshalb ist zweifelhaft, ob § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ‑‑als mögliche Grundlage einer Vorsteuerberichtigung nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG‑‑ seinerseits hinreichend klar und eindeutig ist.
bb) Darüber hinaus hat der Gesetzgeber ‑‑anders als in anderen Fällen‑‑ nicht angeordnet, dass § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG eine Anwendung von § 15a UStG auslösen soll; er hat auch keine Übergangsregelung getroffen.
Dies hätte der Rechtssicherheit gedient und deshalb nahe gelegen, weil der BFH die Aufteilungsmethode nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel seit dem Urteil vom 17. August 2001 V R 1/01 (BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833) unter Hinweis auf die Vorgaben des Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG in ständiger Rechtsprechung als sachgerechte Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 UStG anerkannt hat (ebenso z.B. BFH-Beschluss vom 29. Juli 2003 V B 170/02, BFH/NV 2004, 234; vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 1871, Rz 17).
cc) Der EuGH hat zwar in der Sache ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑ entschieden, dass Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG als solcher nicht gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit als Teil der Rechtsordnung der Europäischen Union (Urteil in Slg. 2004, I-5337, BFH/NV Beilage 2004, 250, Rz 57, 69 f.) verstößt.
Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der nationale Gesetzgeber hiergegen verstoßen hat, indem er möglicherweise, ohne auf ein schutzwürdiges berechtigtes Vertrauen der Steuerpflichtigen Rücksicht zu nehmen, plötzlich und unvorhersehbar die Methode zur Aufteilung von Vorsteuerbeträgen geändert hat, ohne den Steuerpflichtigen die zur Anpassung an die neue Gesetzeslage nötige Zeit zu lassen (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑ in Slg. 2004, I-5337, BFH/NV Beilage 2004, 250, Rz 70).
(1) Der EuGH hat insoweit das Motiv des nationalen Gesetzgebers anerkannt, bestimmte Steuerumgehungen zu verhindern (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Gemeente Leusden und Holin Groep‑‑ in Slg. 2004, I-5337, BFH/NV Beilage 2004, 250, Rz 71, 76 ff.) oder unerwünschte Finanzkonstruktionen zu verhindern (vgl. EuGH-Urteil ‑‑Goed Wonen‑‑ in Slg. 2005, I-3445, BFH/NV Beilage 2005, 204, Rz 5, 36, 38, 39).
(2) Um Vergleichbares ging es bei der Einfügung des § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG indessen nicht, wie sich aus der dargelegten Begründung des Gesetzgebers (BTDrucks 15/1562, 51 "Zu Buchstabe d") ergibt.
Ausweislich dieser Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber durch § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG im Wesentlichen der durch das BFH-Urteil in BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833 begründeten Rechtsprechung, dass die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze als sachgerechte Schätzung i.S. des § 15 Abs. 4 UStG anzuerkennen ist, den Boden entziehen. Dabei handelt es sich nicht um ein "im Allgemeininteresse liegendes Ziel" im Sinne der dargelegten EuGH-Rechtsprechung.
4. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
5. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.