BFH II. Senat
ErbStG § 7 Abs 1 Nr 1, ErbStG § 13a Abs 1, ErbStG § 13a Abs 2, ErbStG § 13a Abs 4 Nr 3, BGB § 133, BGB § 157
vorgehend FG Münster, 16. February 2011, Az: 3 K 217/08 Erb
Leitsätze
1. NV: Der Anteil an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft kann Gegenstand einer freigebigen Zuwendung i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein. Dagegen wird mit der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht alle Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, kein Vermögensgegenstand zugewendet, über den der Empfänger schon tatsächlich und rechtlich verfügen kann.
2. NV: Für den Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft sind der Freibetrag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 2 ErbStG) nicht zu gewähren. Das gilt auch, wenn die Personengesellschaft ihrerseits zu mehr als einem Viertel unmittelbar an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist.
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist neben seinem Vater (V), seinen beiden Geschwistern und der Z-GmbH als Gesellschafter an einer GbR beteiligt. Die GbR ist lediglich vermögensverwaltend tätig.
Die Z-GmbH hielt zunächst als Treuhänderin für die GbR als Treugeberin Geschäftsanteile von 1.272.500 € (= 50,9 % des Stammkapitals) an der A-GmbH und einen Geschäftsanteil von 10.200 € an der H-GmbH. Das Vermögen der GbR beschränkte sich auf diese Treugeberrechte. Im Gesellschaftsvertrag der GbR war vereinbart, dass sich die Beteiligung an der A-GmbH in Höhe von 1.272.500 € wirtschaftlich und schuldrechtlich intern zwischen den Gesellschaftern auf den Kläger und seine beiden Geschwister mit jeweils 200.500 € (je 15,76 %) und auf V mit 671.000 € (52,72 %) verteilt. Der Geschäftsanteil an der H-GmbH sollte intern dem Kläger und seinen beiden Geschwistern zu je einem Drittel zustehen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. Juli 2003 wurde das Treuhandverhältnis beendet und das Treugut auf die GbR übertragen. Gleichzeitig übertrug V schenkweise "von seinen ihm als Gesellschafter der GbR intern wirtschaftlich und schuldrechtlich zugeordneten Rechten" betreffend die Beteiligung an der A-GmbH Teilanteile von jeweils 149.500 € auf den Kläger und seine beiden Geschwister. Dadurch sollten sich die Beteiligung des V auf 222.500 € ermäßigen und die Beteiligungen des Klägers und seiner Geschwister auf jeweils 350.000 € erhöhen. V behielt sich an den schenkweise übertragenen Rechten den lebenslänglichen Nießbrauch vor, der auf 50 % der auf die nießbrauchsbelasteten Rechte entfallenden, nach dem 10. Januar 2004 ausgeschütteten Gewinne der A-GmbH beschränkt war. Die geschenkten Anteile sollten bei der Stimmrechtsverteilung, die sich grundsätzlich nach der Zuordnung der jeweiligen Beteiligungen an der A-GmbH richtete, weiterhin dem V zugerechnet werden. Anschließend wurde der Gesellschaftsvertrag der GbR neu gefasst.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte für die freigebige Zuwendung des V im Bescheid vom 23. März 2005, der unter Vorbehalt der Nachprüfung erging, Schenkungsteuer von 116.983 € gegen den Kläger fest, wobei es die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für 2003 maßgebenden Fassung (ErbStG) berücksichtigte. Wegen des Nießbrauchs wurde ein Steuerbetrag in Höhe von 78.623 € zinslos gestundet. Nach einer Betriebsprüfung versagte das FA die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG, weil V nicht zivilrechtlicher Inhaber der übertragenen Anteile an der A-GmbH und damit nicht zu mehr als einem Viertel unmittelbar am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen sei; die Anteile hätten sich vielmehr im Gesamthandsvermögen der GbR befunden. Die Schenkungsteuer wurde im Bescheid vom 13. September 2007 auf 236.683 € erhöht.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass Gegenstand der freigebigen Zuwendung nicht ein Teilanteil des V an der GbR, sondern lediglich Teilanteile von seinen ihm als Gesellschafter der GbR intern wirtschaftlich und schuldrechtlich zugeordneten Rechten betreffend die Beteiligung an der A-GmbH gewesen seien. Der Kläger sei dadurch nicht dinglich am Gesellschaftsvermögen der GbR beteiligt worden. Typisch stille Beteiligungen und typische Unterbeteiligungen vermittelten als rein schuldrechtliche Beziehungen keine dingliche Beteiligung und seien als reine Forderungsrechte zu qualifizieren und zu bewerten. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 643 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 7 Abs. 1, 10 Abs. 1 Satz 3, 13a Abs. 1, 2, 4 Nr. 3 ErbStG sowie eine fehlerhafte Vertragsauslegung.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Schenkungsteuerbescheid vom 13. September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2007 dahin zu ändern, dass die Schenkungsteuer auf 115.273 € herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung beruht zwar insofern auf einer Verletzung bestehenden Rechts, als sie den Erwerbsgegenstand fehlerhaft bestimmt; gleichwohl ist die Revision zurückzuweisen, da sich die Entscheidung aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Gegenstand des Erwerbs des Klägers ist entgegen der Auffassung des FG nicht ein schuldrechtliches Nutzungsrecht am Betriebsvermögen der GbR, sondern ein Gesellschaftsanteil an der vermögensverwaltenden GbR. Für diesen Erwerb sind die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG nicht zu gewähren.
1. Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl. auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑).
a) Der Gegenstand der Schenkung richtet sich nach bürgerlichem Recht. Auszugehen ist grundsätzlich vom Parteiwillen, d.h. davon, was dem Bedachten nach dem Willen des Schenkers geschenkt sein soll (Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 24. August 2005 II R 16/02, BFHE 210, 515, BStBl II 2006, 36, und vom 25. November 2008 II R 38/06, BFH/NV 2009, 772, jeweils m.w.N.). Entscheidend ist, wie sich die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung beim Bedachten darstellt, d.h. worüber der Bedachte im Verhältnis zum Schenker ‑‑endgültig‑‑ tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann (z.B. BFH-Urteil vom 16. Januar 2008 II R 10/06, BFHE 220, 513, BStBl II 2008, 631). Dies ist die den steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG) darstellende Bereicherung des Bedachten, an die die Wertermittlung (§§ 11, 12 ErbStG) anknüpft.
b) Gegenstand einer freigebigen Zuwendung kann ein Anteil an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft sein (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juni 2013 II R 4/12, BFH/NV 2013, 1486). Wird durch die Zuwendung eines Anteils an einer GbR eine bereits bestehende Gesellschaftsbeteiligung des Bedachten erhöht, geht der hinzuerworbene Anteil grundsätzlich in einer einheitlichen Mitgliedschaft mit der bisherigen Beteiligung des Bedachten auf (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2010 II R 42/08, BFHE 228, 184, BStBl II 2010, 555). Gegenstand der Zuwendung ist deshalb die Erhöhung des Anteils des Bedachten am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft und die damit verbundene Verstärkung seiner Gesellschafterrechte. Hat sich der Schenker jedoch einen Nießbrauch an dem zugewendeten Gesellschaftsanteil vorbehalten, bleibt der Gesellschaftsanteil als solcher zur Wahrung der Rechte des Nießbrauchers auch in der Hand des bedachten Gesellschafters bestehen (vgl. Münchener Kommentar zum BGB/ Ulmer, 6. Aufl., § 705 Rz 182, m.w.N.), so dass in diesem Fall der Gesellschaftsanteil Gegenstand der Zuwendung ist.
c) Dagegen wird mit der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht alle Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, kein Vermögensgegenstand zugewendet, über den der Empfänger schon tatsächlich und rechtlich verfügen kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 513, BStBl II 2008, 631). Ihm werden vielmehr lediglich Rechtsansprüche in Gestalt eines Bündels schuldrechtlicher Ansprüche gegen den Zuwendenden eingeräumt. Bereichert ist der Zuwendungsempfänger erst, wenn ihm aus der Unterbeteiligung tatsächlich Gewinnausschüttungen und Liquidationserlöse zufließen.
d) Das FG hat den notariell beurkundeten Vertrag vom 24. Juli 2003 fehlerhaft dahin ausgelegt, dass V dem Kläger keinen Anteil an der GbR, sondern lediglich schuldrechtliche Ansprüche in Bezug auf die Beteiligung an der A-GmbH zugewendet habe. Diese Auslegung lässt wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht und verstößt deshalb gegen gesetzliche Auslegungsregeln (§ 133 und § 157 BGB), so dass der BFH daran nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist. Denn das FG hat nicht den Willen der Vertragsparteien berücksichtigt, die Beteiligung des V an der GbR zu vermindern und die Beteiligung des Klägers an der GbR entsprechend zu erhöhen. Dieser Wille der Vertragsparteien wird aus dem Schenkungsvertrag und der anschließenden Neufassung des Gesellschaftsvertrags deutlich.
Laut Schenkungsvertrag vom 24. Juli 2003 übertrug V dem Kläger von seinen ihm als Gesellschafter der GbR "intern wirtschaftlich und schuldrechtlich" zugeordneten Rechten betreffend die anteilige Beteiligung an der A-GmbH einen Teilanteil von je 149.500 € auf den Kläger und seine beiden Geschwister. Dadurch sollten sich ‑‑wie in Tz II.1. des Vertrags ausgeführt ist‑‑ die anteilige Beteiligung des V auf 222.500 € ermäßigen und die des Klägers auf 350.000 € erhöhen. Nach dem Wortlaut war der Vertrag auf die Änderung der jeweiligen Beteiligung der Gesellschafter und nicht auf eine bloße Einräumung von schuldrechtlichen Rechten am Gesellschaftsanteil des V gerichtet. Dafür sprechen auch die Bestimmungen des neu gefassten Gesellschaftsvertrags. Dort ist in § 4 festgelegt, dass für die Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen und Ertrag der GbR die internen schuldrechtlichen und wirtschaftlichen Zuordnungen der beiden Gegenstände des Gesellschaftsvermögens, also die Zuordnungen der Geschäftsanteile an der A-GmbH und an der H-GmbH maßgebend sind. Die Beteiligung des Klägers an der A-GmbH ist mit 350.000 € und die des V mit 222.500 € angegeben. Nach diesen Zuordnungen richten sich sowohl die Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen der GbR, insbesondere im Falle der Liquidation der GbR sowie bei der Verteilung des Erlöses im Falle der Veräußerung von Gegenständen des Gesellschaftsvermögens, als auch die Beteiligung der Gesellschafter am Gewinn der GbR.
Durch die schenkweise Übertragung des Teilanteils in Höhe von 149.500 € wurde dem Kläger ein ‑‑wegen des vorbehaltenen Nießbrauchs‑‑ weiterer Gesellschaftsanteil an der GbR zugewendet. Mit der Übertragung wurde die Gesellschafterstellung des Klägers als solche verstärkt. Eine Erhöhung der Beteiligung des Klägers wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich V ein beschränktes Nießbrauchsrecht an dem schenkweise übertragenen Teilanteil vorbehalten hat und die Vertragsparteien vereinbart haben, dass der geschenkte Anteil bei der Stimmrechtsverteilung weiterhin dem V zuzurechnen ist.
e) Die freigebige Zuwendung des Anteils an der vermögensverwaltenden GbR unterliegt der Schenkungsteuer.
2. Für den Erwerb des Klägers sind die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG nicht zu gewähren.
a) Bei der GbR handelt es sich nicht wie von § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG vorausgesetzt um eine Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die GbR ist lediglich vermögensverwaltend tätig und erfüllt daher nicht die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) oder einer selbständigen Arbeit (§ 18 EStG). Sie ist auch nicht nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG gewerblich geprägt; denn bei ihr sind nicht ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter. Vielmehr sind auch V, der Kläger und seine Geschwister persönlich haftende Gesellschafter der GbR.
b) Die Voraussetzungen des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG sind hinsichtlich der im Vermögen der GbR befindlichen Anteile an der A-GmbH nicht erfüllt.
Der Freibetrag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und der verminderte Wertansatz (§ 13a Abs. 2 ErbStG) gelten nach § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn neben weiteren Voraussetzungen der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Ein Erblasser oder Schenker war nur dann i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG unmittelbar am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt, wenn er zivilrechtlich deren Gesellschafter war (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 1486). Es genügt nicht, wenn ein Anteil an einer Personengesellschaft erworben wird, die ihrerseits Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Personengesellschaft ertragsteuerrechtlich Privatvermögen oder Betriebsvermögen hat.
Im Streitfall war nicht der Schenker V, sondern die GbR zivilrechtlich an der A-GmbH beteiligt. Eine zivilrechtliche Beteiligung des V an der A-GmbH kann nicht deshalb angenommen werden, weil im Gesellschaftsvertrag der GbR die Anteile an der A-GmbH intern schuldrechtlich und wirtschaftlich auch dem V zugeordnet waren.