BFH III. Senat
EStG § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst b, FGO § 142, ZPO § 114, EStG VZ 2009
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 06. May 2013, Az: 8 K 8130/12
Leitsätze
1. NV: Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO, wenn bei summarischer Prüfung für seinen Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Die Erfolgsaussichten sind i.d.R. dann hinreichend, wenn die Gründe für und gegen einen Erfolg als gleichwertig anzusehen sind .
2. NV: Die Rechtsfrage, ob die Übergangszeit von vier Monaten nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zwischen einer Berufsausbildung und dem Wehrdienst erst ab dem Monat nach der Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes beginnt, ist bei summarischer Prüfung nicht eindeutig zu beantworten .
Tatbestand
I. Die Antragstellerin ist die Mutter ihres im Juli 1991 geborenen Sohnes S. Dieser absolvierte zunächst eine Berufsausbildung. Zum 30. April 2009 wurde ihm gekündigt. S meldete sich daraufhin bei der Bundeswehr. Zum 1. Oktober 2009 trat er den Grundwehrdienst an, darauf folgte ein freiwilliger Wehrdienst von 14 Monaten.
Die Beklagte (Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2009 auf. Der Einspruch, mit welchem die Klägerin die Festsetzung von Kindergeld für die Monate August und September 2009 anstrebte, hatte keinen Erfolg, ebenso wenig die anschließend erhobene Klage. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Übergangszeit zwischen dem Ende der Berufsausbildung und dem Beginn des Wehrdienstes habe fünf Monate betragen und sei damit länger als die gesetzlich vorgesehene maximale Übergangszeit von vier Monaten nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG ließ die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zur Klärung der Frage zu, ob der Beginn der Übergangszeit von vier Monaten bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs des Kindes hinauszuschieben sei.
Die Antragstellerin begehrt mit dem innerhalb der Revisionsfrist eingegangenen Antrag die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und die Beiordnung von Rechtsanwältin R als Prozessbevollmächtigte für die noch einzulegende Revision, die als Entwurf dem Antrag beigefügt ist. Ebenfalls beigefügt ist eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH für ein Revisionsverfahren und auf Beiordnung eines Prozessvertreters ist begründet.
1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
2. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für seinen Eintritt eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten nicht überspannt werden. Die Erfolgsaussichten sind in der Regel dann als hinreichend anzusehen, wenn die Gründe für und gegen einen Erfolg als gleichwertig zu bewerten sind; eine abschließende Prüfung darf bei der Abwägung nicht vorgenommen werden (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Juli 2004 XI S 20/03 (PKH), BFH/NV 2005, 216, m.w.N.).
3. Nach diesen Maßstäben ist PKH zu bewilligen. Die Rechtsfrage, ob die Übergangszeit von vier Monaten nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zwischen einer Berufsausbildung und dem Wehrdienst erst ab dem Monat nach der Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes beginnt, ist bei summarischer Prüfung nicht eindeutig zu beantworten.
4. Es ergibt sich folgendes einzusetzende Einkommen:
…5. Die Monatsrate beläuft sich auf … €. Die voraussichtlichen Kosten der Prozessführung von … € übersteigen vier Monatsraten (§ 115 Abs. 4 ZPO).
6. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen.