BFH III. Senat
InvZulG § 6 Abs 1 S 1, InvZulG § 7, GG Art 3 Abs 1
vorgehend Sächsisches Finanzgericht , 18. June 2012, Az: 3 K 1594/11
Leitsätze
NV: Es ist höchstrichterlich geklärt, dass der Anspruch auf Investitionszulage nicht zu verzinsen ist. Dies begegnet im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken .
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet und wird daher durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Die auf grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss. Eine Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (z.B. BFH-Beschluss vom 28. Juni 2006 IV B 75/05, BFH/NV 2006, 2243).
b) Die Rechtsfrage, ob "die Versagung der Verzinsung" des Investitionszulagenanspruchs gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 des Grundgesetzes verstößt, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es fehlt an der Klärungsbedürftigkeit, denn der BFH hat mit Urteil vom 23. Februar 2006 III R 66/03 (BFHE 212, 386, BStBl II 2006, 741) die Frage bereits geprüft und verneint. Danach besteht weder nach einfachem Recht noch nach Maßgabe des Gleichheitsgrundsatzes ein Anspruch auf Verzinsung der Investitionszulage. Der BFH hat es in der genannten Entscheidung insbesondere auch gleichheitsrechtlich gebilligt, dass der Gesetzgeber die Verzinsung lediglich für den staatlichen Rückforderungsanspruch vorsieht (vgl. z.B. § 7 des Investitionszulagengesetzes ‑‑InvZulG‑‑ 1999, § 6 InvZulG 2005, § 11 InvZulG 2007, § 12 InvZulG 2010), nicht aber für den ‑‑umgekehrten‑‑ Anspruch des Steuerpflichtigen auf die Investitionszulage. Der BFH hat des Weiteren ausdrücklich auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 19. September 1977 1 BvR 571/76 (Steuerrechtsprechung in Karteiform, Investitionszulagengesetz 1969, § 1, Rechtsspruch 10) hingewiesen, der zum InvZulG 1969 ergangen ist. § 3 Abs. 5 Satz 5 InvZulG 1969 sah, wie die Nachfolgevorschriften, eine Verzinsung ausschließlich für den staatlichen Rückforderungsanspruch vor. Das BVerfG erblickte in der Verzinsungsregelung des InvZulG 1969 keine Verletzung des Gleichheitssatzes.
c) Neue, vom BFH bislang nicht geprüfte rechtliche Gesichtspunkte ergeben sich aus der Beschwerde(begründungs-)schrift nicht.
aa) Soweit die in der Beschwerde(begründungs-)schrift wiedergegebenen abstrakten verfassungsrechtlichen Maßstäbe den gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss betreffen, sind sie für die vorliegende Problematik nicht einschlägig. Denn die Nichtverzinsung des Anspruchs auf Investitionszulage gilt ausnahmslos für alle Anspruchsinhaber. Die Vergünstigung (Verzinsung des Anspruchs) wird also nicht einer bestimmten Personengruppe vorbehalten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der BFH im Urteil in BFHE 212, 386, BStBl II 2006, 741 eine ausdrückliche Prüfung anhand des Gleichheitssatzes vorgenommen hat.
bb) Soweit die Beschwerde eine Vergleichbarkeit der Investitionszulage mit dem Kindergeld herzustellen sucht, begründet auch dieses Vorbringen keinen neuen Klärungsbedarf. Der BFH hat in seinem Urteil in BFHE 212, 386, BStBl II 2006, 741 auf die Rechtsnatur der Investitionszulage hingewiesen. Hierbei handelt es sich um eine Subvention. Will der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm unter anderem aus wirtschaftspolitischen Gründen erwünscht ist, dann hat er eine große Gestaltungsfreiheit (z.B. BVerfG-Beschluss vom 4. November 2010 1 BvR 1981/07, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2011, 209, m.w.N.). Dagegen dient das Kindergeld in erster Linie (vgl. § 31 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑) der verfassungsrechtlich gebotenen Steuerfreistellung des Familienexistenzminimums. Der Senat vermag daher schon im Ansatz nicht zu erkennen, dass aus seiner Entscheidung zur Unverzinslichkeit des Kindergeldanspruchs (BFH-Urteil vom 20. April 2006 III R 64/04, BFHE 212, 416, BStBl II 2007, 240) Folgerungen für die Frage der Verzinslichkeit des Anspruchs auf Investitionszulage zu ziehen wären. Die verfassungsrechtliche Prüfung des BFH im Urteil in BFHE 212, 416, BStBl II 2007, 240 betraf außerdem eine ganz andere Vergleichsgruppe, nämlich den kindergeldberechtigten Steuerpflichtigen (kein Zinsanspruch) und den kinderfreibetragsberechtigten Steuerpflichtigen (mit Zinsanspruch gemäß § 233a der Abgabenordnung). Kindergeld und Investitionszulage sind nur im Hinblick auf ein formales Kriterium vergleichbar. Denn beide werden vom Gesetzgeber als Steuervergütungen ausgestaltet beziehungsweise entsprechend behandelt (§ 31 Satz 3 EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999). Doch ändert diese rein formale Gleichheit nichts an den völlig unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Vorgaben für den Subventions- und den Steuergesetzgeber. Aus dem BFH-Urteil in BFHE 212, 416, BStBl II 2007, 240 kann hiernach allenfalls ein Erst-recht-Schluss gezogen werden: Wenn schon der Kindergeldanspruch nicht verzinst werden muss, dann erst recht nicht der Anspruch auf Investitionszulage.