BFH IV. Senat
FGO § 40 Abs 2, EStG § 6 Abs 5 S 3 Nr 1, EStG VZ 2005
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 24. March 2012, Az: 14 K 2985/10
Leitsätze
1. NV: Hat das FG die Klage durch Sachurteil abgewiesen, obwohl wegen fehlender Sachurteilsvoraussetzungen ein Prozessurteil hätte ergehen müssen, ist die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage unzulässig war .
2. NV: Ist streitig, ob die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Einzelunternehmen auf eine Mitunternehmerschaft zur Aufdeckung stiller Reserven im Einzelunternehmen geführt hat, können Rechte des betreffenden Mitunternehmers durch den von insoweit erhöhten Anschaffungskosten ausgehenden Gewinnfeststellungsbescheid für die Mitunternehmerschaft nicht verletzt sein .
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, deren Kommanditisten Frau A und deren Söhne sind. A hatte nach § 3 Tz. 2 des Gesellschaftsvertrags vom 7. Dezember 2004 ihre Kommanditeinlage von 150.000 € durch Übertragung von zwei Grundstücken zu Buchwerten zu leisten. Die Grundstücke waren an die X GmbH verpachtet und infolge einer unstreitig bestehenden Betriebsaufspaltung Betriebsvermögen eines von A geführten Einzelunternehmens. Soweit die Buchwerte im Einzelunternehmen höher als die Kommanditeinlage waren, sollten sie "auf das Darlehenskonto übertragen" werden. Auf diesem Konto sollten nach § 4 Tz. 6 des Gesellschaftsvertrags "die von den Gesellschaftern gewährten Darlehen verbucht" werden. Mit notariellem Einbringungsvertrag ebenfalls vom 7. Dezember 2004 übertrug A die Grundstücke mit Wirkung auf den 1. Januar 2005 "zu Buchwerten von nominal 490.583,52 €" auf die Klägerin.
Die Klägerin aktivierte die Grundstücke und die darauf befindlichen Gebäude mit einem Buchwert von insgesamt 514.043,52 € und buchte auf der Passivseite den Differenzbetrag zur Kommanditeinlage von 364.043,52 € auf dem "Verrechnungskonto (Privatkonto)" der A.
Die Einkünfte der Klägerin für das Streitjahr 2005 wurden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zunächst erklärungsgemäß auf 38.335 € festgestellt.
Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Übertragung der Grundstücke habe zur Aufdeckung anteiliger stiller Reserven geführt, weil der Teilwert der Grundstücke die von der Klägerin gewährte Gegenleistung übersteige. Die Gutschrift auf dem Darlehenskonto sei als Leistung eines Entgelts zu verstehen. Die Klägerin bezeichnete die Buchung daraufhin als fehlerhaft und beantragte eine Bilanzberichtigung, nach der die Gutschrift auf dem "Sonderrücklagenkonto" der A stattfinden sollte. Der Prüfer ging gleichwohl von einem Entgelt in Höhe von 364.043,52 € aus, stellte diesem anteilige Buchwerte von 132.028,40 € gegenüber und behandelte die Differenz als (zusätzliche) Anschaffungskosten der Klägerin (Anlagen 13 und 14 des Außenprüfungsberichts vom 30. November 2007). Nach Abzug des Buchwerts fehlerhaft aktivierter (privat genutzter) Garagen von 20.156,11 € ergab sich daraus eine Erhöhung der Aktivposten der Klägerin von 211.858,89 € (Tz. 26 des Außenprüfungsberichts). Die Absetzungen für Abnutzung (AfA) der übertragenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter erhöhten sich infolge der erhöhten Anschaffungskosten um insgesamt 2.248,06 € (Anlage 14 des Außenprüfungsberichts).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dem Prüfungsbericht und erließ am 23. Januar 2008 einen geänderten Feststellungsbescheid, mit dem die Einkünfte auf 41.934,54 € festgestellt wurden. Hiergegen erhob die Klägerin erfolglos Einspruch und Klage.
Das Finanzgericht (FG) entschied, die Einbringung sei zu Recht als teilentgeltlicher Vorgang behandelt und unter Anwendung der "reinen" Trennungstheorie in ein entgeltliches Geschäft mit anteiliger Aufdeckung stiller Reserven und ein unentgeltliches Geschäft mit anteiliger Fortführung der Buchwerte aufgeteilt worden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes. In Bezug auf den die Kommanditeinlage übersteigenden Betrag habe das FG rechtsfehlerhaft allein die Vereinbarung zwischen A und der Klägerin berücksichtigt und die tatsächliche Umsetzung außer Acht gelassen. Im Wege der Bilanzberichtigung sei der Mehrbetrag auf ein Sonderrücklagenkonto für A gebucht worden, das keine Forderung gegen die Gesellschaft ausweise. Daraus folge, dass mit der Buchung nur Kapitalkonten angesprochen worden seien, worauf maßgeblich abgestellt werden müsse. Letztlich könne die Zuordnung der Konten aber dahinstehen, denn die Gegenleistung habe zusammen mit dem Nominalwert der Kommanditanteile den Buchwert der eingebrachten Grundstücke nicht überstiegen. Nach den vom Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteilen vom 21. Juni 2012 IV R 1/08 (BFHE 237, 503) und vom 19. September 2012 IV R 11/12 (BFHE 239, 76, BFH/NV 2012, 1880) aufgestellten Grundsätzen komme es in einem solchen Fall nicht zur Aufdeckung stiller Reserven. Die Trennungstheorie nach dem Verständnis der Finanzverwaltung sei vom IV. Senat des BFH nicht gebilligt worden.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Feststellungsbescheid vom 23. Januar 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 2010 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es schließt sich der Rechtsauffassung des FG an. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats erscheine es angezeigt, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung den Großen Senat des BFH anzurufen.
Vor dem X. Senat des BFH ist unter dem Az. X R 28/12 eine Revision der A wegen Einkommen- und Gewerbesteuer 2005 anhängig. Dort ist ein Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zur Entscheidung des hiesigen Verfahrens gestellt worden, weil der Feststellungsbescheid Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid sei.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist nicht begründet; sie ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage unzulässig war (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist aber nicht unbegründet, sondern bereits unzulässig.
a) Eine Anfechtungsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt, wenn das Klagevorbringen es als zumindest möglich erscheinen lässt, dass die angefochtene Entscheidung eigene Rechte des Klägers verletzt (BFH-Urteil vom 10. Oktober 2007 VII R 36/06, BFHE 218, 458, m.w.N.).
b) Aus dem Vorbringen der Klägerin lässt sich die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch den angefochtenen geänderten Feststellungsbescheid nicht entnehmen. Zwar sind mit diesem Bescheid höhere Einkünfte festgestellt worden als mit dem vorangegangenen Bescheid. Die Feststellung höherer Einkünfte beruht aber auf den gesamten Feststellungen der Außenprüfung, die von der Klägerin bis auf einen Punkt nicht beanstandet werden. Die von der Klägerin beanstandete Rechtsverletzung betrifft allein die Behandlung der Einbringung der Grundstücke durch A. Diese hat aber im Rahmen der Gewinnfeststellung nicht zu einer Erhöhung der Einkünfte, sondern im Gegenteil sogar zu einer Minderung der Einkünfte geführt. Denn eine Gewinnauswirkung ergibt sich aus der Einbringung bei der Klägerin nur insoweit, als durch zusätzliche Anschaffungskosten höhere AfA den Gewinn gemindert haben.
Die eigentlich von der Klägerin beanstandete Gewinnerhöhung hat sich allein in dem Besitzunternehmen der A ergeben, weil die Handhabung des FA dort zu einem Gewinn aus der teilentgeltlichen Übertragung der Grundstücke geführt hat. Die im Einzelunternehmen erzielten Einkünfte gehen unmittelbar in die Einkommensteuerfestsetzung gegenüber A ein und können nur dort Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung sein. Die gewinnerhöhende Besteuerungsgrundlage ist deshalb entgegen der Auffassung der Klägerin nicht Gegenstand eines Grundlagenbescheids; das Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der Klägerin ist in diesem Zusammenhang nur hinsichtlich der Gewinnminderung durch die erhöhte AfA von Bedeutung.
2. Hat das FG die Klage durch Sachurteil abgewiesen, obwohl wegen fehlender Sachurteilsvoraussetzungen ein Prozessurteil hätte ergehen müssen, ist die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage unzulässig war (vgl. BFH-Urteil vom 10. Januar 2007 I R 75/05, BFH/NV 2007, 1506, m.w.N.).