BFH VII. Senat
EGV 612/2009 Art 48 Abs 1 Buchst a, EGV 543/2008 Art 15
vorgehend FG Hamburg, 28. November 2011, Az: 4 V 217/11
Leitsätze
1. NV: Die Ausfuhr von gefrorenen Hühnern ist zwar ungeachtet ihres Wassergehalts zulässig. Dass mit der Ausfuhr solcher Ware Ausfuhrerstattung zu verdienen ist, kann daraus jedoch nicht gefolgert werden (Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 7. September 2006 C-353/04, Slg. 2006, I-7357) .
2. NV: Aus dem Verzicht auf eine marktordnungsrechtliche Kontrolle des Wassergehalts zur Ausfuhr bestimmter Schlachtkörper lässt sich ebenfalls nichts anderes folgern.
Tatbestand
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) hat im Zeitraum Februar 2009 bis Juli 2010 diverse Partien gefrorene Hühner (Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 1290 9190) zur Ausfuhr angemeldet und für diese Waren Ausfuhrerstattung beantragt. Den Waren sind bei der Ausfuhrabfertigung jeweils mehrere Kartons als Probe entnommen worden. Deren Untersuchung hat ergeben, dass der im sogenannten Drip-Verfahren ermittelte Wassergehalt über dem Grenzwert von 5,1 % lag, dessen Einhaltung in Art. 15 Abs. 1 Anhang VI Nr. 7 der Verordnung (EG) Nr. 543/2008 (VO Nr. 543/2008) der Kommission vom 16. Juni 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ Nr. L 157/46) vorgeschrieben ist.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) hat daraufhin die Gewährung von Ausfuhrerstattung abgelehnt und gegen die Antragstellerin Sanktionen in Höhe von insgesamt rund … € verhängt. Wegen dieser Festsetzung beantragt die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung (AdV).
Das Finanzgericht (FG) hat den Antrag abgelehnt und dazu unter ergänzender Bezugnahme auf seinen ebenfalls die Beteiligten betreffenden Beschluss vom 8. September 2011 4 V 173/10 (Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: VII B 178/11) im Wesentlichen ausgeführt: Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Sanktionsbescheide, da die von der Antragstellerin ausgeführten Erzeugnisse nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität gewesen seien, wie es Voraussetzung für die Gewährung von Ausfuhrerstattung sei. Zu den bei der Feststellung der gesunden und handelsüblichen Qualität zu berücksichtigenden Normierungen gehöre nämlich auch Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 543/2008 über den zulässigen Wassergehalt solcher Waren und die dabei anzuwendenden Testverfahren. Diesen hätten die Ausfuhrwaren nicht entsprochen. Sie dürften innerhalb der Gemeinschaft gemäß Art. 16 Abs. 6 Unterabs. 1 VO Nr. 543/2008 nur mit einer besonderen Kennzeichnung vermarktet werden. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in seinem Urteil vom 7. September 2006 C-353/04 ‑‑Nowaco‑‑ (Slg. 2006, I-7357, Rz 38) zwar ausgeführt, Vorschriften über die Etikettierung einer Ware seien bei der Beurteilung ihrer handelsüblichen Qualität nicht heranzuziehen. Hier solle jedoch der Verbraucher bei erhöhtem Wassergehalt durch die Etikettierung vor einer Übervorteilung geschützt werden. Dies gehe über die Bedeutung und den Gehalt einer Vorschrift betreffend die bloße Bezeichnung oder Etikettierung von Erzeugnissen deutlich hinaus.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragstellerin. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass die Vermarktungsnormen nicht anzuwenden seien. Nach Anhang XIV B I.2.a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 (VO Nr. 1234/2007) des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (ABlEU Nr. L 299/1) gölten die Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch nicht für zur Ausfuhr aus der Gemeinschaft bestimmten Fleisches. Der 54. Erwägungsgrund der Verordnung bestätige dies und auch im 52. Erwägungsgrund sei nur davon die Rede, dass die "wesentlichen Vorschriften" der Vermarktungsnormen in die VO Nr. 1234/2007 aufgenommen werden sollten; die Vermarktungsnormen seien also nur insoweit zu berücksichtigen, als dies in der VO Nr. 1234/2007 geregelt ist, mithin nicht hinsichtlich des Wassergehalts bei Geflügel, das zur Ausfuhr bestimmt ist. Eine darüber hinausgehende Ermächtigung der Kommission zur Definition der gesunden und handelsüblichen Qualität solchen Fleisches enthalte die Verordnung ebenfalls nicht; daran habe sich die Kommission bei Erlass der VO Nr. 543/2008 gehalten. Dem entspreche, dass nach dieser Verordnung zur Ausfuhr bestimmtes Geflügelfleisch ausdrücklich von den sonst vorgesehenen Kontrollen ausgenommen sei.
Diese Legalausnahme in der VO Nr. 543/2008 bedeute entgegen der Ansicht des FG nicht nur, dass die Höhe des Auftauverlustes keinen Einfluss auf die Möglichkeit der Ausfuhr habe. Vielmehr beeinflusse sie das Recht des Ausführers auf Gewährung von Ausfuhrerstattung ebenfalls nicht. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei zwar eine Ware infolge fehlender Vermarktungsfähigkeit unter "normalen Bedingungen" nicht im Sinne der Ausfuhrerstattungsvorschriften von handelsüblicher Qualität, wenn sie von einem innergemeinschaftlichen "Export" ‑‑wie BSE-verdächtiges Fleisch‑‑ ausgeschlossen oder ihre Vermarktung auf lokale Märkte beschränkt sei ‑‑wie bei notgeschlachteten Tieren‑‑. Bei Hühnern mit erhöhtem Wassergehalt sei indes die Vermarktung weder im Sinne dieser Rechtsprechung ausgeschlossen noch wesentlich eingeschränkt. Die betreffenden Waren müssten nach den einschlägigen Vorschriften nur entsprechend gekennzeichnet werden. Dies sei eine rein formelle Pflicht, deren Zweck es sei, den Verbraucher zu informieren. Die Beschwerde weist in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Urteil des EuGH in Slg. 2006, I-7357, Rz 38 hin, in dem der Gerichtshof darauf hingewiesen habe, dass Bestimmungen, welche sich nicht auf die Qualität der Erzeugnisse beziehen (z.B. diejenigen über die Bezeichnung und die Etikettierung derselben) für die Anwendung des Art. 13 der VO Nr. 3665/87 (heute: Art. 28 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 612/2009 ‑‑VO Nr. 612/2009‑‑ der Kommission vom 7. Juli 2009 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Vorschriften ‑‑ABlEU Nr. L 186/1‑‑) nicht herangezogen werden könnten; sie beschränkten also den Anspruch auf Ausfuhrerstattung nicht.
Ferner begründet die Beschwerde eingehend ihre Auffassung, dass der Fremdwassergehalt eines tiefgefrorenen Schlachtkörpers schon begrifflich dessen "Qualität" nicht bestimme.
Schließlich macht die Beschwerde geltend, der Ausschluss von Schlachtkörpern mit erhöhtem Fremdwassergehalt von der Gewährung von Ausfuhrerstattung stelle eine unzulässige Handelsbeschränkung dar, verletze die Ausfuhrfreiheit, weil sie die Ausfuhr faktisch unmöglich mache, und sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Überdies seien die im Streitfall gewonnenen Untersuchungsergebnisse unter anderem wegen Unzuverlässigkeit des Drip-Verfahrens und fehlerhafter Bildung der Untersuchungsprobe unverwertbar und die in der VO Nr. 543/2008 festgelegten Grenzwerte nach eigener Einschätzung der Europäischen Kommission "unzeitgemäß".
Das HZA beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde (§ 128 Abs. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) ist unbegründet. Die Vollziehung der Sanktionsfestsetzungen ist nicht auszusetzen, weil ihre Rechtmäßigkeit nicht ernstlich zweifelhaft ist (§ 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3, Abs. 2 Satz 2 FGO).
Nach Art. 48 Abs. 1 Buchst. a VO Nr. 612/2009 ist eine Sanktion gegen einen Ausführer festzusetzen, wenn er eine höhere als die ihm zustehende Erstattung beantragt hat. Ausfuhrerstattung steht einem Ausführer u.a. dann nicht zu, wenn die von ihm ausgeführten Erzeugnisse nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität sind (Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 1 VO Nr. 612/2009). Handelsübliche Qualität ist nach dem Unterabs. 2 dieses Artikels gegeben, wenn die Waren im Gebiet der Gemeinschaft unter normalen Bedingungen und der im Erstattungsantrag aufgeführten Bezeichnung vermarktet werden können. Wie bereits in der angegriffenen Entscheidung des FG näher ausgeführt und von der Beschwerde auch nicht in Zweifel gezogen wird, fehlt es daran, wenn eine Vermarktung der Waren in der Union zwar an sich nicht verboten, aber wesentlichen Beschränkungen unterworfen ist, die Vermarktung z.B. auf das Gebiet des Mitgliedstaats beschränkt ist, in dem die Ware erzeugt worden ist, oder ‑‑wie bei in sogenannten Isolierschlachtbetrieben erschlachtetem Fleisch‑‑ nur auf bestimmten Vertriebswegen gestattet ist (vgl. u.a. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-7357), oder wenn z.B. bei einer Ware das auf ihr angegebene Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist (Senatsurteil 22. Juni 2004 VII R 74/03, BFHE 206, 481, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern ‑‑ZfZ‑‑ 2004, 417), was ihre Vermarktung zwar nicht ausschließt, aber zumindest fühlbar erschwert und durch welchen Hinweis der Verbraucher zu seinem Schutz darauf aufmerksam gemacht wird, dass er bei der Ware mit Qualitätseinbußen rechnen muss.
Die von der Antragstellerin ausgeführten Waren hatten, ohne dass dies ernstlich zweifelhaft wäre, in diesem weiten, jedoch hier maßgeblichen Sinn keine handelsübliche Qualität, so dass die vom HZA festgesetzten Sanktionen verwirkt sind.
1. Der Wassergehalt der von der Antragstellerin ausgeführten Waren überschritt nach den vom HZA getroffenen Feststellungen den in Art. 15 Abs. 1 Anhang VI Nr. 7 VO Nr. 543/2008 festgelegten Grenzwert. Wie das FG richtig erkannt und eingehend ausgeführt hat, war deshalb die handelsübliche Qualität der von der Antragstellerin ausgeführten Waren, d.h. deren Vermarktungsfähigkeit innerhalb der Union unter "normalen Bedingungen" nicht gegeben. Die betreffende Vermarktungsnorm gilt zwar nach den einschlägigen Vorschriften ausdrücklich nicht für zur Ausfuhr bestimmte Ware und dementsprechend sind für solche Waren Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung des Wassergehalts-Grenzwerts nicht vorgesehen (unbeschadet dessen, dass solche Kontrollen, worauf das FG mit Recht hingewiesen hat, nicht verboten, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des Zollrechts im Fall der Ausfuhr zulässig sind). Diese Beschränkung der Geltung vorgenannter Vermarktungsnorm bedeutet indes schon wortwörtlich genommen, aber auch nach ihrem Sinn und Zweck lediglich, dass die Ausfuhr ungeachtet des Wassergehalts zulässig ist. Dass mit der Ausfuhr solcher Ware Ausfuhrerstattung zu verdienen ist, kann daraus nicht gefolgert werden. Dafür genügt der Hinweis auf das Urteil in Slg. 2006, I-7357, in welchem der EuGH an sich ebenfalls nur inneruniotär geltenden Vermarktungsnormen "im Licht des Zweckes" der betreffenden Verordnung im nämlichen Sinne erstattungsrechtliche Bedeutung zugemessen hat, weil es im Widerspruch zum gemeinschaftlichen System der Ausfuhrerstattungen stünde, die Ausfuhr von Erzeugnissen zu fördern, die den Vermarktungsbedingungen innerhalb der Union nicht genügten. Aus dem Verzicht auf eine marktordnungsrechtliche Kontrolle des Wassergehalts zur Ausfuhr bestimmter Schlachtkörper lässt sich nicht deshalb etwas anderes folgern, weil, wie die Beschwerde vorträgt, ohne Gewährung von Ausfuhrerstattung in der Union erzeugte Schlachtkörper nicht weltmarktfähig sein mögen; denn bei der Ausfuhrabfertigung der Waren ist die erstattungsrechtlich notwendige Ausfuhranmeldung abzugeben, die den Behörden ohnehin ausreichend Anlass und Gelegenheit gibt, die für die Beurteilung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Kontrollen durchzuführen.
Der beschließende Senat vermag auch nicht entsprechend dem Vorbringen der Beschwerde ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Sanktionsfestsetzung daraus herzuleiten, dass die Versagung von Ausfuhrerstattung für Schlachtkörper mit nach Maßgabe der Vermarktungsvorschriften überhöhtem Fremdwassergehalt ‑‑weil diese die Ausfuhr wirtschaftlich unmöglich machte‑‑ ein Ausfuhrverbot darstellte oder aufgrund internationaler (insbesondere welthandelsrechtlicher) vertraglicher Verpflichtungen der Union von der Antragstellerin mit ihrem Rechtschutzbegehren zu Fall gebracht werden könnte. Das Erste ist abwegig, hinsichtlich des Zweiten genügt der Hinweis auf das Urteil des beschließenden Senats vom 23. Februar 2010 VII R 8/08 (BFHE 229, 442, ZfZ 2010, 163).
Die Auswirkungen der in der VO Nr. 543/2008 enthaltenen Beschränkung der Vorschriften über den Wassergehalt von Gefrierschlachtkörpern im Fall zur Ausfuhr bestimmter Ware auf den Erstattungsanspruch (und damit ggf. auf die Verhängung einer Sanktion bei unberechtigter Beantragung solcher Erstattung) sind auch nicht in einer Weise zweifelhaft bzw. nicht anhand der Ausführungen des EuGH in dem Urteil in Slg. 2006, I-7357 ohne Weiteres in nachvollziehbarer Weise zu beantworten, so dass der beschließende Senat in einem künftigen Verfahren zur Hauptsache eine aus Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Pflicht zur Vorlage der betreffenden Rechtsfrage an den EuGH in Betracht ziehen müsste. Art. 15 Abs. 1 VO Nr. 543/2008 verbietet, gefrorene oder tiefgefrorene Hähnchen in der Gemeinschaft (Union) auf dem Geschäfts- oder Handelsweg zu vermarkten, wenn ihr Wassergehalt den nach dem Analyseverfahren gemäß Anhang VI (Drip-Verfahren) oder Anhang VII (Chemischer Test) bestimmten technisch unvermeidbaren Wert überschreitet, stellt für solche Waren also grundsätzlich ein inneruniotäres Vermarktungsverbot auf. Art. 16 Abs. 6 Unterabs. 1 VO Nr. 543/2008 gestattet allerdings auch im Fall eines überhöhten Fremdwassergehalts ‑‑unbeschadet der allerdings bestehenden Verpflichtung des betreffenden Schlachtbetriebs, unverzüglich die notwendigen technischen Anpassungen des Verfahrens vorzunehmen, um die Grenzwerte künftig einhalten zu können‑‑ die Vermarktung innerhalb der Union, wenn sowohl Einzel- als auch Großpackungen mit den betreffenden Schlachtkörpern von dem Schlachthof unter Aufsicht der zuständigen Behörde durch einen Aufkleber oder ein Etikett gekennzeichnet werden. Der beschließende Senat teilt indes die vom FG zutreffende begründete Auffassung, dass es sich insofern nicht lediglich i.S. des Urteils in Slg. 2006, I-7357, Rz 18 um Anforderungen handelt, die sich nicht auf die Qualität der Ware beziehen, sondern deren alleiniger Zweck es ist, den Verbraucher und die Wirtschaftsbeteiligten durch eine Etikettierung "zu informieren". Der betreffende, besonders auffällig zu gestaltende Aufkleber soll vielmehr den Verbraucher darauf aufmerksam machen, dass es sich nicht um eine den grundsätzlich geltenden Qualitätsnormen der Union entsprechende Ware handelt. Dass deren Missachtung, wie erwähnt, die Ausfuhr aus der Union nicht unzulässig macht ‑‑wenn auch die für die Überschreitung des Grenzwertes verantwortliche Produktionsweise, wie ebenfalls schon erwähnt, unverzüglich zu ändern ist‑‑, besagt nichts darüber, ob bei solcher Ware Anlass besteht, mittels der Gewährung von Ausfuhrerstattung das Ziel zu verfolgen, den Markt von der betreffenden Ware zu entlasten. Vielmehr wäre es in der Tat widersprüchlich, einerseits zu verlangen, dass die Herstellung solcher Ware unverzüglich unterbleibt und die bereits hergestellten Chargen nur unter behördlicher Aufsicht und in einer ihre Absatzfähigkeit beeinträchtigenden Weise (mit einer Kennzeichnung, die den Verbraucher warnt) vertrieben werden, andererseits aber einen Anreiz zur Herstellung solcher Ware zu schaffen, indem für sie (einschließlich des in ihr enthaltenen technisch unnötigen Wassers) eine Ausfuhrsubvention ausgelobt wird.
Dass der überhöhte Wassergehalt einer Ware nichts mit deren (handelsüblicher) "Qualität" zu tun hätte, wie die Beschwerde geltend macht, ist im Übrigen offensichtlich unzutreffend. Mag der Wassergehalt auch die Beschaffenheit und Qualität des Schlachtkörpers als solchen nicht verändern und beeinträchtigen; Gegenstand des Handels ist jedoch nicht dieser Schlachtkörper "als solcher", sondern das betreffende Gebinde, das außer aus dem Schlachtkörper aus dem diesem anhaftenden Fremdwasser besteht und dessen Qualität deshalb auch durch dieses bestimmt wird.
2. Warum die mithin nach den einschlägigen Vorschriften gebotene Versagung der Ausfuhrerstattung und infolgedessen die Verhängung einer Sanktion den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen sollen, wie die Beschwerde einwendet, ist für den beschließenden Senat nicht erkennbar. Die Wirksamkeit der Sanktionsregelung ist durch die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11. Juli 2002 C-210/00, Slg. 2002, I-6453) und des Senats (Urteil vom 21. November 2002 VII R 67/98, BFH/NV 2003, 358) ebenso geklärt, wie es nicht unverhältnismäßig ist, sondern dem eben erläuterten System der Ausfuhrsubventionen entspricht, Herstellung und Handel mit inneruniotär nicht marktfähiger Ware nicht durch Ausfuhrerstattung zu fördern, sondern diese bei Missachtung der einschlägigen Vermarktungsnormen ‑‑zur Gänze‑‑ zu versagen.
3. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Sanktionsfestsetzungen ergeben sich schließlich auch nicht daraus, dass es möglicherweise an der vom HZA behaupteten Überschreitung des Grenzwertes von 5,1 % fehlen könnte. Dass das in diesem Zusammenhang angewandte Analyseverfahren ‑‑wie es jedem Messverfahren eigen zu sein pflegt‑‑ nicht frei von Unschärfen und Unsicherheiten sein mag, ändert nichts daran, dass die Anwendung dieses Messverfahrens vorgeschrieben ist, der Unionsgesetzgeber also ‑‑in zulässiger Weise‑‑ diese Unsicherheiten in Kauf nimmt. Dass die strittige Vermarktungsnorm auch nicht mit dem Einwand erfolgreich angegriffen werden kann, der vom Verordnungsgeber festgelegte Grenzwert sei nicht "zeitgemäß", bedarf keiner Ausführung.
Auch mit dem Vorbringen der Beschwerde, der Wassergehalt der Waren sei "offenbar" fehlerhaft geprüft worden, und zwar "von der Probenziehung über den Transport der Proben bis zur Analyse", sind ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Sanktionsfestsetzungen nicht dargetan; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der beschließende Senat verfügt ‑‑ebenso wie die Antragstellerin selbst‑‑ nicht über detaillierte Informationen, wie der Wassergehalt bei den einzelnen Schlachtkörpern bzw. den nach Maßgabe der VO Nr. 543/2008 zu bildenden Durchschnittsproben untersucht worden ist. Dass die daran beteiligten Zolldienststellen die einschlägigen rechtlichen Vorgaben missachtet oder die Kontrollen sonst nicht sachgerecht durchgeführt hätten, ist folglich ersichtlich nur eine Mutmaßung der Antragstellerin, wenn es dafür auch vereinzelt Anhaltspunkte geben mag. Dem mag vom FG, dem die tatsächliche Aufklärung obliegt, im Hauptsacheverfahren nachgegangen werden, sofern die Antragstellerin dazu hinsichtlich der den einzelnen Bescheiden zugrundeliegenden Partien Substantiiertes vorbringt. Das kann indes nicht Anlass sein, in diesem Verfahren die Richtigkeit der von der Behörde festgestellten Untersuchungsergebnisse pauschal als (ernstlich) zweifelhaft anzusehen, zumal ‑‑worauf das FG mit Recht hingewiesen hat‑‑ diese Ergebnisse nicht nur eine Überschreitung, sondern großenteils eine erhebliche Überschreitung des Grenzwertes zeigen.
4. AdV ist schließlich auch nicht deshalb zu gewähren, weil die Vollziehung der Sanktionsbescheide eine unbillige Härte darstellte. Es kann unerörtert bleiben, ob die Antragstellerin ausreichend dargelegt hat, dass ihre wirtschaftliche Existenz ‑‑unbeschadet dessen, dass sie ihre Liquiditätslage selbst lediglich als "angespannt" einschätzt‑‑ bedroht ist. Denn jedenfalls ist dem FG darin zu folgen, dass eine etwaige Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin die Gewährung von AdV nur dann rechtfertigen könnte, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, mögen diese auch an sich kein die Gewährung von AdV rechtfertigendes Gewicht haben, nicht auszuschließen sind. Das ist hier indes nicht der Fall. Der Senat hält insbesondere die der Entscheidung zugrundezulegende Auslegung des Unionsrechts für durch das Urteil des EuGH in Slg. 2006, I-7357 ausreichend geklärt, so dass er im Verfahren zur Hauptsache zur Einholung einer Vorabentscheidung nicht nach Art. 267 AEUV verpflichtet und der Ausgang des Rechtsstreits folglich schon aus diesem Grunde offen wäre.