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Urteil vom 07. November 2013, IV R 13/10

Zustimmung des FA zur Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb eines Land- und Forstwirts

BFH IV. Senat

AO § 130, AO § 131 Abs 2, AO § 164 Abs 1 S 1, AO § 164 Abs 2 S 1, EStG § 4 Abs 1, EStG § 4 Abs 3, EStG § 4a Abs 1 S 2 Nr 1, EStG § 4a Abs 1 S 2 Nr 2, EStG § 4a Abs 1 S 2 Nr 3, EStG § 4a Abs 2, EStG § 13, EStG § 13a, EStDV § 8b S 2 Nr 1, EStDV § 8b S 2 Nr 2, AO § 162, AO § 118, AO §§ 118ff, AO § 155, AO §§ 155ff, AO § 5

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 10. November 2008, Az: 4 K 238/08

Leitsätze

1. Kann ein Land- und Forstwirt erst nach Beginn des Wirtschaftsjahrs für seinen Betrieb erkennen, dass sich aus diesem Betrieb ein Gewerbebetrieb herausgelöst hat, reicht es für die Ausübung des Wahlrechts zur Bestimmung eines dem land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr entsprechenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb aus, wenn er dem FA einen einheitlichen Jahresabschluss für den Gesamtbetrieb verbunden mit einer sachlich nachvollziehbaren Aufteilung des Gewinns auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und den Gewerbebetrieb vorlegt .

2. Das FA erklärt konkludent seine Zustimmung zur Wahl eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb eines Land- und Forstwirts, wenn es im Einkommensteuerbescheid der Steuererklärung folgt, der eine solche Gewinnermittlung für das abweichende Wirtschaftsjahr zugrunde liegt. Die Zustimmung kann nach § 130 Abs. 2 AO zurückgenommen werden, wenn sich nachträglich ihre Rechtswidrigkeit herausstellt .

Tatbestand

I.

  1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Ab dem Wirtschaftsjahr 2000/2001 wurde die Tierhaltung zum Gewerbebetrieb, weil der Tierbestand die Vieheinheitengrenze nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) überstieg.

  2. Den Gewinn des landwirtschaftlichen Betriebs ermittelt der Kläger durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG). Wirtschaftsjahr ist der Zeitraum vom 1. Juli bis 30. Juni (landwirtschaftliches Normalwirtschaftsjahr gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).

  3. Nachdem die Tierhaltung gewerblich geworden war, ermittelte der Kläger zunächst den Gewinn für Landwirtschaft und Gewerbebetrieb weiterhin einheitlich. Von dem so ermittelten Gewinn ordnete er der Landwirtschaft einen Anteil zu, der dem von der landwirtschaftlichen Unternehmensberatung für diesen Betriebszweig ermittelten kalkulatorischen Gewinn entsprach.

  4. Den landwirtschaftlichen Gewinn des Wirtschaftsjahrs 2000/2001 berücksichtigte der Kläger in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 je zur Hälfte (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG). In der Einkommensteuererklärung für 2001 erfasste er den Gewinn aus Gewerbebetrieb des Wirtschaftsjahrs 2000/2001 in voller Höhe (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG) sowie die Hälfte des landwirtschaftlichen Verlusts des Wirtschaftsjahrs 2001/2002.

  5. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) und erließ entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

  6. Während einer Außenprüfung, die im Jahr 2005 stattfand und auch die Jahre 2000 und 2001 umfasste, legte der Kläger nachträglich erstellte Abschlüsse auf den 30. Juni 2001 und 2002 jeweils für den landwirtschaftlichen Betrieb und den Betrieb der gewerblichen Tierhaltung vor.

  7. Der Prüfer war der Auffassung, dass der Gewinn aus der gewerblichen Tierhaltung für das Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr ermittelt werden müsse. Dem entsprechend bildete er ein Rumpfwirtschaftsjahr für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2000 und legte der Gewinnermittlung für das Folgejahr ein mit dem Kalenderjahr übereinstimmendes Wirtschaftsjahr zugrunde. Dem folgend erließ das FA entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001.

  8. In dem auf das erfolglose Einspruchsverfahren folgenden Klageverfahren wies der Berichterstatter des Finanzgerichts (FG) darauf hin, dass die Versagung der Zustimmung zur Umstellung des Wirtschaftsjahrs eine Ermessensentscheidung sei, die das FA durch einen selbstständig anfechtbaren Verwaltungsakt ausspreche (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 23. September 1999 IV R 4/98, BFHE 190, 328, BStBl II 2000, 5). Ein solcher Verwaltungsakt sei im Streitfall aber noch nicht ergangen.

  9. Das FA teilte dem Kläger daraufhin mit, dass es die Abgabe der Gewinnermittlungen für die Wirtschaftsjahre 2000/2001 und 2001/2002 als Antrag gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG ansehe. Dieser Antrag werde abgelehnt. Die mit den Einkommensteuererklärungen erklärten Gewinne für die beiden Betriebe seien geschätzt worden. Eine derartige Schätzung erfülle die Voraussetzungen einer getrennten Buchführung nicht. Gewinnermittlungen durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben seien erst während der Betriebsprüfung im Jahr 2005 eingereicht worden. Da die Umstellung des Wirtschaftsjahrs nicht rückwirkend erfolgen könne, könne dem Antrag auf Ermittlung des Gewinns nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr für die Jahre 2000 und 2001 nicht entsprochen werden.

  10. Die dagegen mit Zustimmung des FA erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg.

  11. Das FG entschied, das FA habe einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr nicht durch die ursprünglich erklärungsgemäßen Einkommensteuerveranlagungen 2000 und 2001 zugestimmt. Denn durch eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bringe das FA zum Ausdruck, dass es noch keine abschließende Prüfung des Steuerfalls vorgenommen habe.

  12. Das FA sei im Streitfall auch nicht verpflichtet, einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr zuzustimmen. Selbst wenn der Kläger ‑‑soweit möglich‑‑ ab dem 1. Juli 2000 getrennte Ertrags- und Aufwandskonten für seine gewerbliche Tierhaltung geführt habe, fehle es jedenfalls an der nach R 25 Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 2000 (jetzt R 4a Abs. 2 Satz 2 EStR 2012) erforderlichen Fertigung getrennter Abschlüsse für die beiden Betriebe. Die in den Einkommensteuererklärungen 2000 und 2001 erklärten Gewinne des gewerblichen Betriebs seien durch Schätzung ermittelt worden, indem die sich aus den zusammengefassten Abschlüssen ergebenden Gewinne um kalkulatorisch ermittelte Ergebnisbeiträge des landwirtschaftlichen Betriebs verringert worden seien. Dieser Mangel habe durch die nachträglich während der Außenprüfung aufgestellten getrennten Abschlüsse nicht mehr behoben werden können. Das Recht zur Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs sei von der regelmäßigen Erstellung von Abschlüssen für den Gewerbebetrieb abhängig. Das Merkmal der Regelmäßigkeit erfüllten die erst im Nachhinein und anlassbezogen gefertigten Abschlüsse für die Wirtschaftsjahre 2000/2001 und 2001/2002 nicht.

  13. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1592 veröffentlicht.

  14. Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG, weil das FG die erklärungsgemäße Veranlagung für das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr des Gewerbebetriebs nicht als Zustimmung zum abweichenden Wirtschaftsjahr beurteilt habe und das FA auch nicht für verpflichtet halte, dem abweichenden Wirtschaftsjahr für die gewerbliche Tierhaltung ab 1. Juli 2000 zuzustimmen.

  15. Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil und den ablehnenden Bescheid vom 23. Juni 2008 aufzuheben und das FA zu verpflichten, der Bestimmung des nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG für das Wirtschaftsjahr des landwirtschaftlichen Betriebs maßgebenden Zeitraums vom 1. Juli bis 30. Juni als Zeitraum des Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb ‑‑gewerbliche Tierhaltung‑‑ ab 1. Juli 2000 zuzustimmen.

  16. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

  17. Es schließt sich im Wesentlichen der Begründung des angefochtenen Urteils an.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des ablehnenden Bescheids vom 23. Juni 2008 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FA hat der Bestimmung des abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb des Klägers (gewerbliche Tierhaltung) bereits durch den Erlass des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheids für 2001 zugestimmt. Eine Rücknahme oder ein Widerruf dieser Zustimmung durch den Bescheid vom 23. Juni 2008 ist rechtswidrig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

  2. 1. Der Kläger hat rechtmäßig die Ermittlung des Gewinns für den Gewerbebetrieb für die Wirtschaftsjahre vom 1. Juli 2000 bis zum 30. Juni 2001 und vom 1. Juli 2001 bis zum 30. Juni 2002 gewählt.

  3. a) Nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG ist Wirtschaftsjahr bei Gewerbetreibenden, deren Firma nicht im Handelsregister eingetragen ist, das Kalenderjahr. Sind sie jedoch gleichzeitig buchführende Land- und Forstwirte, so können sie mit Zustimmung des FA den für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb maßgebenden Zeitraum als Wirtschaftsjahr für den Gewerbebetrieb bestimmen, wenn sie für den Gewerbebetrieb Bücher führen und für diesen Zeitraum regelmäßig Abschlüsse machen.

  4. b) Der Kläger erfüllte in den Streitjahren die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Wahlrechts.

  5. aa) Buchführender Land- und Forstwirt i.S. des § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG sind nach der Legaldefinition in § 8c Abs. 3 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) solche Land- und Forstwirte, die aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung oder ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen. Das Aufstellen einmaliger Abschlüsse, wie etwa einer Eröffnungs- oder Schlussbilanz, ist ebenso wenig ausreichend wie die Durchführung vorbereitender Jahresabschlussarbeiten (BFH-Urteil vom 16. Februar 1989 IV R 307/84, BFH/NV 1990, 632, unter 2. der Gründe, m.w.N.). Das Wahlrecht steht danach solchen Steuerpflichtigen nicht zu, die den land- und forstwirtschaftlichen Gewinn durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG ermitteln; Entsprechendes gilt für Landwirte, die den Gewinn unter Nichtbeachtung der Gewinnermittlungsvorschriften durch Vollschätzung ermitteln (sog. Schätzungslandwirte; s. dazu Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte, Kap. 21, Rz 58; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, C Rz 335 ff.).

  6. bb) Unterhält der Land- und Forstwirt neben dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb auch einen Gewerbebetrieb, ist dem Wortlaut des § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG zufolge Voraussetzung für die Wahl eines mit dem land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb, dass auch für den Gewerbebetrieb Bücher geführt und für den betreffenden Zeitraum regelmäßig Abschlüsse gemacht werden. Kein Wahlrecht zur Bestimmung eines abweichenden Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb besteht also dann, wenn dessen Gewinn durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG oder unter Verstoß gegen die Gewinnermittlungsvorschriften durch Schätzung ermittelt wird.

  7. cc) Das Gesetz geht in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG von der Vorstellung aus, dass der Steuerpflichtige sich der Existenz zweier Betriebe bewusst ist, denn nur in diesem Fall kann der Steuerpflichtige darüber entscheiden, auf welche Weise und für welchen Zeitraum er den Gewinn für den Gewerbebetrieb ermitteln will. Keine Regelung enthält das Gesetz für den Fall, dass dem Steuerpflichtigen die Existenz eines zweiten Betriebs nicht bekannt ist. Unter dieser Voraussetzung kann der Steuerpflichtige naturgemäß nur eine einheitliche Entscheidung über Art und Zeitraum seiner Gewinnermittlung treffen.

  8. So liegen die Dinge auch, wenn der Steuerpflichtige von einem einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgeht, ohne erkennen zu können, dass nach objektiven Kriterien ein Teil der aus seiner Sicht einheitlichen betrieblichen Tätigkeit ein Gewerbebetrieb ist. Die für diesen Fall bestehende Gesetzeslücke ist nach Auffassung des erkennenden Senats dahingehend zu füllen, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts dann erfüllt sind, wenn für den aus Sicht des Steuerpflichtigen bestehenden einheitlichen Betrieb insgesamt Bücher geführt und regelmäßig Abschlüsse aufgestellt werden. Damit ist sichergestellt, dass sämtliche Geschäftsvorfälle ordnungsgemäß buchmäßig erfasst sind und dass das Betriebsvermögen zum Ende des Wirtschaftsjahrs aufgrund einer umfassenden Inventur ermittelt worden ist. Die auf den herausgelösten Gewerbebetrieb entfallenden Teile der Buchführung und Inventur können teils unmittelbar, teils im Wege der Schätzung bestimmt werden. Dass die Aufteilung feststehender Gesamtbeträge teilweise im Wege der Schätzung erfolgt, steht der Ausübung des Wahlrechts nicht entgegen. Derartige Schätzungen werden sich auch bei einer von Beginn eines Gewinnermittlungszeitraums an bestehenden getrennten Buchführung nicht vermeiden lassen, weil landwirtschaftlicher Betrieb und gewerblicher Tierhaltungsbetrieb in vielfältiger Weise eng miteinander verflochten sind und Betriebsausgaben häufig zusammengefasst für beide Betriebe anfallen (z.B. Löhne, Ausgaben für Maschinen, Mieten und Pachten).

  9. dd) Nach den Feststellungen des FG steht für den Senat fest, dass dem Kläger zum Ende des Wirtschaftsjahrs 2000/2001 am 30. Juni 2001 und bei Einrichtung der Buchführung für das am 1. Juli 2001 beginnende landwirtschaftliche Wirtschaftsjahr noch nicht bekannt war, dass seine Tierhaltung nicht mehr Bestandteil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sein konnte, sondern wegen Überschreitens der Vieheinheitengrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG kraft Gesetzes zu einem Gewerbebetrieb geworden war. Denn die Überschreitung der Vieheinheitengrenze konnte frühestens bei Aufstellung des Abschlusses für das landwirtschaftliche Wirtschaftsjahr 2000/2001 und damit nach dem 30. Juni 2001 erkannt werden. Dem Kläger war es danach für den Betrieb der gewerblichen Tierhaltung weder für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 noch für das, wie erforderlich, gesamte Wirtschaftsjahr 2001/2002 möglich, eigenständige Bücher zu führen und auf deren Grundlage Abschlüsse aufzustellen.

  10. Das Wahlrecht zur Bestimmung eines dem landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr entsprechenden Wirtschaftsjahrs für den gewerblichen Tierhaltungsbetrieb stand dem Kläger zu, weil er für den aus seiner Sicht einheitlichen Betrieb Bücher geführt und Jahresabschlüsse aufgestellt hat. Nach den Feststellungen des FG wurden für den landwirtschaftlichen Betrieb einschließlich der zum Gewerbebetrieb gewordenen Tierhaltung Bücher geführt. Die Einnahmen aus der Landwirtschaft und aus der (inzwischen gewerblichen) Tierhaltung waren auf den jeweiligen Konten (gesondert) erfasst worden. Entsprechendes gilt für die Ausgaben, soweit sie nicht beide Betriebe ‑‑die bis zur Gewerblichkeit der Tierhaltung Betriebszweige der Landwirtschaft waren‑‑ betrafen.

  11. c) Der Kläger hat das Wahlrecht zur Bestimmung des Wirtschaftsjahrs für den Gewerbebetrieb entsprechend dem landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr für die Wirtschaftsjahre 2000/2001 und 2001/2002 ordnungsgemäß ausgeübt.

  12. aa) Für die Ausübung des Wahlrechts zur Bestimmung des abweichenden Wirtschaftsjahrs durch den Steuerpflichtigen ist in § 4a EStG keine bestimmte Form vorgeschrieben. Das Wahlrecht wird grundsätzlich durch die Erstellung des Jahresabschlusses ausgeübt (BFH-Urteile vom 16. Dezember 2003 VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936, unter II.1.a der Gründe; in BFH/NV 1990, 632, unter 2. der Gründe). Der Steuerpflichtige kann aber auch außerhalb des Veranlagungsverfahrens die Zustimmung des FA zu einer späteren Umstellung beantragen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1963 IV 46/62 S, BFHE 76, 385, BStBl III 1963, 142; R 4a Abs. 2 Satz 1 EStR 2012; Jahndorf, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 4a Rz A 93, m.w.N.).

  13. Kann der Steuerpflichtige erst nach Beginn eines Wirtschaftsjahrs für einen aus seiner Sicht einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erkennen, dass sich aus diesem ein Gewerbebetrieb herausgelöst hat, kann auch das Wahlrecht erst mit der Kenntnis davon ausgeübt werden. Für das begonnene Wirtschaftsjahr können dann keine eigenständigen Bücher des Gewerbebetriebs mehr geführt werden; in der Folge kann auch kein aus einer eigenständigen Buchführung entwickelter Jahresabschluss für den Gewerbebetrieb aufgestellt werden. Zur Ausübung des Wahlrechts reicht es in einem solchen Fall aus, wenn der Steuerpflichtige dem FA den einheitlichen Jahresabschluss verbunden mit einer sachlich nachvollziehbaren Aufteilung des Gewinns auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und den Gewerbebetrieb vorlegt.

  14. bb) Mit den Steuererklärungen für die Streitjahre hat der Kläger jeweils die Jahresabschlüsse für den einheitlichen Betrieb auf den 30. Juni 2001 und 2002 vorgelegt. Beigefügt waren Betriebszweigabrechnungen einer landwirtschaftlichen Unternehmensberatung, aus denen sich die Aufteilung des Gewinns auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und den Gewerbebetrieb ergab. Die dort ausgewiesenen Beträge hatte der Kläger in die Anlagen L und GSE der Einkommensteuerklärungen für die Streitjahre übernommen. Damit hat er sein Wahlrecht zur Bestimmung des abweichenden Wirtschaftsjahrs erkennbar ausgeübt.

  15. 2. Das FA hat der Wahl des Wirtschaftsjahrs wirksam zugestimmt.

  16. a) Die Zustimmung des FA zu der Wahl eines Wirtschaftsjahrs ist nach ständiger Rechtsprechung eine Ermessensentscheidung (u.a. BFH-Urteile in BFHE 190, 328, BStBl II 2000, 5, unter 2.b der Gründe, m.w.N.; vom 12. Juli 2007 X R 34/05, BFHE 218, 349, BStBl II 2007, 775, unter II.3. der Gründe; zu § 7 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes BFH-Beschluss vom 31. August 2009 I B 215/08, BFH/NV 2010, 57, unter II.2.c der Gründe, sowie zur entsprechenden Regelung in § 2 Abs. 5 EStG a.F. BFH-Urteile in BFHE 76, 385, BStBl III 1963, 142; vom 12. März 1965 VI 109/64 U, BFHE 82, 113, BStBl III 1965, 287; anderer Ansicht Jahndorf, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4a Rz B 141 ff.).

  17. aa) Bei der Ausübung seines Ermessens hat das FA die betriebswirtschaftlichen Erwägungen des Steuerpflichtigen für die Umstellung des Wirtschaftsjahrs und die gegen die Umstellung sprechenden öffentlichen Belange ‑‑die Vermeidung nicht gerechtfertigter Steuervorteile‑‑ gegeneinander abzuwägen (u.a. BFH-Urteile vom 8. Oktober 1969 I R 167/66, BFHE 97, 257, BStBl II 1970, 85, unter 1. der Gründe; vom 24. April 1980 IV R 149/76, BFHE 131, 292, BStBl II 1981, 50, unter 1. der Gründe). Allein der Umstand, dass der Steuerpflichtige durch die Umstellung des Wirtschaftsjahrs eine "Steuerpause" erlangt, reicht jedoch für eine Versagung der Zustimmung nicht aus (BFH-Urteil in BFHE 82, 113, BStBl III 1965, 287). Zwar verwendet das Gesetz in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG ("Einvernehmen") und in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG ("Zustimmung") unterschiedliche Formulierungen. Gleichwohl gelten nach gefestigter Rechtsprechung in beiden Fällen dieselben Voraussetzungen (BFH-Urteile in BFHE 131, 292, BStBl II 1981, 50, unter 1. der Gründe; in BFHE 97, 257, BStBl II 1970, 85, unter 1. der Gründe; in BFHE 76, 385, BStBl III 1963, 142).

  18. bb) Die Ausübung des Ermessens bei Umstellung des Wirtschaftsjahrs nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG hat die Finanzverwaltung in R 25 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStR 2000 (jetzt R 4a Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStR 2012) geregelt. Danach ist dem Antrag zu entsprechen, wenn der Steuerpflichtige Bücher führt, in denen die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und für den Gewerbebetrieb getrennt aufgezeichnet werden und der Steuerpflichtige für beide Betriebe getrennte Abschlüsse fertigt. Die Geldkonten brauchen nicht getrennt geführt zu werden. Keine Regelung enthalten die EStR allerdings zu der erstmaligen Wahl eines Wirtschaftsjahrs in einem Fall, in dem aus einem einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ein Gewerbebetrieb herausgelöst wird.

  19. cc) Für die Entscheidung über die Zustimmung bzw. Ablehnung durch das FA ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Das FA kann die Zustimmung durch schlüssiges Verhalten des für die Veranlagung zuständigen Sachbearbeiters erklären (vgl. BFH-Urteil vom 9. Januar 1974 I R 141/72, BFHE 111, 307, BStBl II 1974, 238, unter 2. der Gründe; Jahndorf, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 4a Rz A 95). Es versagt die Zustimmung durch selbstständig anfechtbaren Verwaltungsakt (BFH-Urteile in BFHE 190, 328, BStBl II 2000, 5, unter 2.b der Gründe; vom 15. Juni 1983 I R 76/82, BFHE 139, 146, BStBl II 1983, 672, unter II.1. der Gründe).

  20. b) Entgegen der Auffassung von FA und FG hat das FA im Streitfall bereits dadurch der Bestimmung des abweichenden Wirtschaftsjahrs zugestimmt, dass es in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid 2001 der Erklärung des Klägers gefolgt ist.

  21. aa) Mit der erklärungsgemäßen Veranlagung hat das FA aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers konkludent seine Zustimmung zum abweichenden Wirtschaftsjahr erklärt. Auch wenn dieser Verwaltungsakt mit der Steuerfestsetzung verbunden war, ändert das nichts daran, dass es sich hierbei um eine gesonderte Entscheidung handelt (s. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2012 I R 32/11, BFHE 237, 307, Rz 15, zur Verbindung mit einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑). Da der Kläger die Erklärung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das FA erkennbar aus dem mit der Steuererklärung eingereichten einheitlichen Jahresabschluss mit beigefügten Betriebszweigabrechnungen abgeleitet hatte, konnte er die erklärungsgemäße Veranlagung dahin verstehen, dass das FA mit der Zugrundelegung der Gewinnermittlung dem Grunde nach einverstanden war.

  22. bb) Zwar hat das FA durch den Vorbehalt der Nachprüfung zum Ausdruck gebracht, dass es keine abschließende Entscheidung über die Festsetzung der Einkommensteuer treffen wollte und getroffen hat (vgl. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO). Ein Vorbehalt der Nachprüfung ist jedoch nur für die Steuerfestsetzung (§ 164 Abs. 1 Satz 1 AO) bzw. die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zulässig (§ 181 Abs. 1 Satz 1 AO). Um einen solchen Bescheid handelt es sich aber bei der Zustimmung zur Gewinnermittlung für ein abweichendes Wirtschaftsjahr nicht. Die mit dem Vorbehaltsvermerk verbundene Suspendierung der materiellen Bestandskraft des Steuerbescheids berührt den von der eigentlichen Steuerfestsetzung abzugrenzenden Gegenstand der Entscheidung über die Zustimmung zum abweichenden Wirtschaftsjahr nicht (s. BFH-Beschluss in BFHE 237, 307, Rz 18, zur Verbindung mit einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO). Insofern richtet sich die Rechtmäßigkeit der Zustimmung allein nach §§ 118 ff. AO; die für das Festsetzungs- und Feststellungsverfahren geltenden Regelungen in §§ 155 ff. AO sind nicht anwendbar. An den unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Grundlagen für die Zustimmung einerseits und den Steuerbescheid andererseits kann sich auch dann nichts ändern, wenn die Zustimmung konkludent im Zusammenhang mit dem Erlass eines Steuerbescheids erteilt wird.

  23. 3. Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 23. Juni 2008 steht im Widerspruch zu der konkludent erteilten Zustimmung. Das FA konnte sich mit dem Bescheid nicht wirksam von der Zustimmung lösen. Der Bescheid kann nicht in eine Rücknahme der Zustimmung gemäß § 130 AO oder einen Widerruf der Zustimmung gemäß § 131 AO umgedeutet werden. Denn die Voraussetzungen der §§ 130, 131 AO liegen nicht vor.

  24. a) Nach § 130 AO kann die Finanzbehörde einen rechtswidrigen Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit unter näher bezeichneten Voraussetzungen zurücknehmen.

  25. aa) Das FA kann die Erteilung einer Zustimmung nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO zurücknehmen, wenn es nachträglich erkennt, dass die Zustimmung, ein Recht i.S. des § 130 Abs. 2 AO, rechtswidrig war. Dem Interesse der Finanzverwaltung an einem zügigen Verwaltungsvollzug ohne Notwendigkeit einer sofortigen abschließenden Prüfung wird damit hinreichend Rechnung getragen, auch ohne dass die Zustimmung unter einen ausdrücklichen Nachprüfungsvorbehalt gestellt werden muss oder kann.

  26. bb) Die Zustimmung war im Streitfall jedoch rechtmäßig. Wie oben ausgeführt, lagen die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts und damit für die Erteilung der Zustimmung vor. Das Zustimmungserfordernis dient dazu, im öffentlichen Interesse ungerechtfertigte Steuervorteile zu vermeiden. Solche Vorteile kommen jedoch grundsätzlich nicht in Betracht, wenn der Zeitraum des landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahrs (auch) für die zum Gewerbebetrieb gewordene Tierhaltung beibehalten wird. Dass infolge der gesetzlichen Regelung durch § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG der gewerbliche Gewinn (erst) als in dem Veranlagungszeitraum bezogen gilt, in dem das Wirtschaftsjahr endet, und dass dadurch der Gewinn des ersten Halbjahrs des Gesamtgewinns aus dem verselbstständigten Gewerbebetrieb erst im folgenden Veranlagungszeitraum besteuert wird, bewirkt zwar insoweit eine "Steuerpause". Diese ist aber keine Folge einer Gestaltung durch den Steuerpflichtigen, sondern zwangsläufige Folge der gesetzlich bestimmten Herauslösung eines Gewerbebetriebs aus einem einheitlichen Betrieb. Sie steht deshalb einer Zustimmung nicht entgegen.

  27. cc) Ein Ermessensfehlgebrauch des FA ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil war im Streitfall die Zustimmung des FA die allein ermessensgerechte Entscheidung (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Anderenfalls wäre, wie der Kläger dargelegt hat, zunächst ein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden, um zu dem in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 EStG vorgeschriebenen Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr überzugehen (§ 8b Satz 2 Nr. 1 EStDV). Da die Möglichkeit, von dem Wahlrecht des § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG Gebrauch zu machen, unverändert bestehen bliebe und eine Umstellung aus den der Regelung zugrunde liegenden Erwägungen (weiterhin) sinnvoll wäre, müsste der Steuerpflichtige das Wirtschaftsjahr sodann erneut umstellen, so dass wiederum ein Rumpfwirtschaftsjahr zu bilden wäre (§ 8b Satz 2 Nr. 2 EStDV). Ein solches Ergebnis führte daher gerade bei (buchführenden) landwirtschaftlichen Betrieben, deren Tierhaltung durch Strukturwandel zu einem Gewerbebetrieb geworden ist, zu unnötigen Komplizierungen.

  28. b) Ein Widerruf der rechtmäßig erteilten Zustimmung nach § 131 AO kommt ebenfalls nicht in Betracht.

  29. aa) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf nach § 131 Abs. 2 AO mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
    (1) wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
    (2) wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
    (3) wenn die Finanzbehörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.

  30. bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Die Zustimmung zur Wahl des abweichenden Wirtschaftsjahrs ist ein begünstigender Verwaltungsakt. Dieser war ‑‑wie oben dargelegt‑‑ rechtmäßig.

  31. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass weder ein Widerruf der Zustimmung durch Rechtsvorschrift zugelassen war, noch damit eine Auflage verbunden war, noch nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die die Finanzbehörde zur Wahrung des öffentlichen Interesses berechtigen könnten, die Zustimmung zu widerrufen.

  32. Der Verwaltungsakt enthielt auch keinen Widerrufsvorbehalt. Zwar wurde die Zustimmung konkludent durch die Übernahme der in dem Jahresabschluss zum 30. Juni 2001 für den Gewerbebetrieb enthaltenen Besteuerungsgrundlagen in den Einkommensteuerbescheid 2001 erteilt, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen wurde. Der Vorbehaltsvermerk nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO kann jedoch nicht zugleich als Widerrufsvorbehalt i.S. des § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO für die Zustimmung nach § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG ausgelegt werden. Das folgt aus der Wirkung des Vorbehaltsvermerks und der gesetzlichen Beschränkung seiner Zulässigkeit auf die Verfahren der Steuerfestsetzung und der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

  33. Ein Widerruf wäre schließlich selbst bei Existenz eines Widerrufsvorbehalts schon deshalb unzulässig, weil die Zustimmung infolge einer Ermessensreduzierung auf Null geboten war.

  34. 4. Die Revision des Klägers hat danach in vollem Umfang Erfolg. Der Senat entscheidet in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das angefochtene Urteil und der ablehnende Bescheid vom 23. Juni 2008 waren aufzuheben.

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